navi:gerät I

Ich bin nicht der Einzige welcher sich darüber Gedanken macht, wie die Gesellschaft sich in der Navigation entwickeln wird. Es gibt zwei sich widersprechende Erscheinungen. Die eine Strömung  setzt darauf, dass jeder mit jedem vernetzt  und überall erreichbar ist. Die Generation bis Dreißig plus vertraut voll dem Handy und dem Internet. Bei diesen Jahrgängen kommt es niemanden in den Sinn, sich bei der Fahrt durch Österreich oder in das benachbarte Ausland einer Straßenkarte oder der Straßenschilder zu bedienen. In der Stadt braucht man nicht die Unterstützung eines Stadtplanes, viel lieber lässt man sich von einem sprechenden Handy leiten. Gehen dadurch nicht viele natürliche Instinkte und Fähigkeiten verloren? Der Orientierungssinn, die Fähigkeit sich bestimmte markante Merkmale einer Stadt einzuprägen.

Mit einem gewissen Stolz habe ich festgestellt, waren wir in einer fremden Stadt unterwegs, dass ich mir bestimmte Gebäude und Lokalitäten gut merken kann. So konnten wir immer wieder problemlos in die Unterkunft zurückfinden. Ebenso bei einem Ausflug  mich an besondere landschaftliche Gegebenheiten zu erinnern, um so eine Rückfahrt ohne Umwege zu ermöglichen. Bei Bergwanderungen mit Hilfe einer Wanderkarte zielstrebig den richtigen Weg einzuschlagen, die Kunst des Kartenlesens zu beherrschen. Diese Kenntnisse habe ich mir während der Bundesheerzeit in der Belgierkaserne in Graz  angeeignet. Eine der spannenden Aktivitäten im Ausbildungsprogramm war der Orientierungslauf.  Dabei wurden wir mit einem Militärtransporter  in die umliegenden Wälder von Graz gebracht und dort mit einer Wanderkarte ausgesetzt.  Auf dieser waren fünf Kontrollpunkte  eingezeichnet, die wir passieren mussten.

Instinktlos.

ferra:gosta III

Wer diesem Spektakel ausweichen will muss sich vom Damm entfernen und hat die Möglichkeit den Stausee entlang zuwandern. Der Musik kann man nicht entkommen. In der  etwa eine Stunde entfernten Gedenkstätte hört man noch etwas von der Musik und die Ansagen des Sprechers. Mit einem schneckenförmigen Bau gedenkt man der vierundzwanzig Toten, welche es beim Kraftwerksbaus während der Jahre 1971 bis 1978 gegeben hat.  Man betritt das Schneckenhaus durch einen offenen Bereich, um dann im Zentrum vor den Tafeln, mit den Namen der Toten und einer Marmorstatue, zu stehen. Es ist für mich das Abbild einer Mutter die ihr Baby in die Arme schließt oder ein Wesen, welches die Verunglückten aufnimmt? Aus dem Gedenkraum trete ich hinaus auf eine Brüstung und erblicke das türkisfarbene Wasser des Stausee, eingerahmt von den felsigen Gipfeln. Dreitausender, mit vereinzelten Schneefeldern. Das letzte Drittel der Berge ragt in den Himmel, der Rest bleibt in den Fluten verborgen. Bei den Namen der Toten gibt es kein Geburts- und kein Todesdatum, als hätte das Wasser diese Daten für immer verschluckt. Auf welche Art sie beim Kraftwerksbau um das Leben gekommen sind, wird an keiner Stelle erwähnt.

Tal auswärts ist das Berghotel und auf der Dammkrone der Felbermayerkran sichtbar, von dem sich, unter dem Beifall und dem Gejohle der erlebnishungrigen Zuschauer, die Freiwilligen in den Sekundentod stürzen. Vorbei an denen, die beim Bau der Staumauer zu Tode gekommenen sind, wie es ein Vater seinem Sohn erklärt. Der dem Sohn bei seiner Frage, wie und wodurch die Menschen beim Bau zu Tode gekommen sind, antwortet:  Manche sind beim Betonieren vom Gerüst in den Tod gestützt und wohl im Beton begraben. Ich sage es dem Vater nur nach, innerlich bezweifle ich es. Meinem Dafürhalten kam es wohl bei den Sprengarbeiten, den Tunnelbohrungen, beim Gerüstbau oder auch durch Lawinenabgänge zu den Todesfällen.

Ungeklärt.

ferra:gosta II

Hierzulande verbreitet sich der Trend, die Wochenenden am Wasser zu verbringen. Größtenteils im Strandbad unter einem schattigen Baum und vermehrt im hochalpinen Bereich. Zum Großteil sind diese Regionen in Kärnten durch Seilbahnen und sogenannte Hochalmstraßen zu erreichen. Davon gibt es viele. Für manche ist die Fahrt auf der Malta Hochalmstrasse und ein Spaziergang rund um den Kölnbreinspeicher eine willkommene Auszeit. Sind in den Nachrichten landesweit 33 Grad angesagt, so herrschen in zweitausend Meter Seehöhe kühle 22 Grad. Der Zustrom zur Mautstelle der Hochalmstraße ist in den frühen Morgenstunden recht zahlreich, darunter sehr viele italienische Urlauber. Der Besuch zählt mit ihren spektakulären Wasserfällen zu den Top Ausflugszielen im Lande. Die Wasserfälle werden nachtsüber dem Stausee zugeleitet. Auf Knopfdruck werden sie am frühen Morgen wieder eingeschaltet, die Naturparkverwaltung.

An den Sommerwochenenden kommt zu den Naturgewalten ein anderer Publikumsmagnet, der Bungee-Jumping-Sprung von der 200 Meter hohen Staumauer. Dabei springt man auf spektakuläre Weise in die Tiefe und hat eine gewaltige Zuschauermenge. Viele wollen sich den freien Fall der mutigen Kandidaten und Kandidatinnen keineswegs entgehen lassen. Das Handy ist als Fotoapparat oder als Filmkamera immer live dabei. Dazu gibt es lautstarke Musik  und ein Sprecher kündigt den 165 Meter Sprung an: Fünf, vier, drei, zwei eins, los.  Die Wagemutigen springen schon bei drei aus der Kabine, welche von einem Kran gehalten wird. Der Sprung endet knapp über dem Boden der Talsperre, um den Klienten noch einmal bis an die Oberkante  der Dammkrone hochzuschleudern und dann langsam auszupendeln. Mit der Kabine wird er/sie dann am Talboden abgeholt.

Schwindelfrei.

ferra:gosta I

In Italien war es für die begüterte Bevölkerungsschicht aus den Städten wie Florenz, Venedig oder Mailand möglich, die heißen Sommermonate  im kühleren Hinterland zu verbringen und erst wieder im Herbst in die Städte zurückzukehren. In eigens dafür errichteten Landhäusern. Die adelige Gesellschaft verbrachte diese schwüle Jahreszeit noch weiter nördlich, im Gebirge, bei ihren Verwandten in Südtirol oder in Kärnten. Teilweise errichteten sich hier Schlösser und Residenzen, die einzig dem Zweck dienten,  im Sommer einen Hitzefluchtpunkt zu haben.

Die Tage um Christi Himmelfahrt sind für die Italiener die Haupturlaubszeit. Zu Ferragosta, wie der 15. August bezeichnet wird, machen viele Firmen Betriebsurlaub und auch die öffentliche Verwaltung arbeitet auf Sparflamme. Die meisten italienischen Urlauber in Kärnten trifft man im August an. Die Temperaturen bei uns, im Juli und jetzt wieder im August liegen bei 33 Grad. Diese empfinden sie noch für erholsam. Es ist nicht verwunderlich, dass von den südlichen Nachbarn die Besserverdienenden in einigen Gebirgstälern Zweitwohnsitze erworben haben. Wobei die Nachfrage, nachdem es in Italien wirtschaftliche Probleme gibt, etwas ins Stottern geraten ist. Es herrscht jetzt ein Überangebot. Manche Zweitwohnungsbesitzer meldeten sich einfach nicht mehr und stellten die Zahlungen für die Betriebskosten ein. Wer es nicht so laut und schrill wie an der oberen Adria will, wo ein Event dem anderen die Hand gib, der urlaubt an den vergleichsweise beschaulichen Kärntner Seen. Hier findet man echte Abkühlung und bei einer Vorliebe für die Berge bietet sich die Südtiroler Bergwelt, die Dolomiten, an. An der oberen Adria sind es jetzt die teuersten Urlaubstage des Jahres.

Für Kärntner sind dies die Hundstage. Noch können sich die heimischen Firmen nicht dazu entschließen von ihren üblichen Öffnungs- und Arbeitszeiten abzurücken. Im Süden ist es üblich, dass die Geschäfte  bis 13 Uhr und dann erst wieder ab 17 Uhr  geöffnet haben.

Der Hund.

brief:kasten

Im Zeitalter des Internet und der Handykultur verschwinden immer mehr praktische Einrichtungen aus dem öffentlichen Raum, ohne das dies zunächst auffällt und wir sie vermissen. Dies betrifft den ländlichen Bereich genauso wie die Innenstädte. Wer ist im Dorf oder in der Stadt noch darauf angewiesen, dass er für seinen Alltag eine öffentliche Uhr benötigt?  Außer an der Fassade oder in der Eingangshalle  vom Bahnhof  gibt es im öffentlichen Bereich kaum noch Uhren. Einen großen Chronometer, auf dem man vom Gehsteig aus, die Uhrzeit ablesen kann. Fast ausnahmslos hat jeder sein Handy in der Jackentasche und blickt zwischendurch immer wieder darauf. Vielen Handybenützer geht es einfach um die Uhrzeit. Je weniger die traditionellen  Armbanduhren von den Jugendlichen getragen werden, umso größer ist das Angebot in den Schaufenstern bei den Juwelieren. Vor Jahrzehnten war es üblich, dass die Mädchen und die Burschen zur Heiligen Firmung von der Firmpatin oder dem Firmpaten nebst einem Rosenkranz eine Armbanduhr als Geschenk erhalten haben. Danach war lange Zeit ein Fahrrad das passende Geschenk.

Eine öffentliche Uhr am Hauptplatz oder im Stadtpark diente vielen Verliebten als Treffpunkt für eine Verabredung. Damit wurden zwei Fliegen auf einen Streich erledigt. Zum Einem wusste jeder unmissverständlich wo sich der Treffpunkt befand, zum Anderem konnte man die Pünktlichkeit des Partners im Auge behalten. Vor der Jahrtausendwende konnte man sich eine Woche vorab für den Samstag um 14 Uhr bei der Weikhard Uhr am Grazer Hauptplatz verabreden und der Termin war bombensicher. Dazwischen gab es keine Telefonate und keine Terminverschiebungen, wie wir es heute, Dank oder Fluch des Handys, stündlich erleben. Die Weikhard Uhr zählt auch heute noch zu den wenigen Relikten öffentlicher Uhren. Diesen Treffpunkt gibt es seit vielen Generationen. Auch bei meinem Präsenzdienst in Graz diente der Platz rund um diese Uhr als Stelldichein. Inzwischen liegt die Amokfahrt eines 26jährigen durch die Grazer Innenstadt einige Monate zurück, wobei diese auch an diesem Treffpunkt vorbeiführte. Eventuell hatten sich Personen zu dieser Zeit, an dieser Stelle, verabredet und mussten die Amokfahrt mit den tödlichen Folgen mit ansehen.

Das gleiche Schicksal wie den öffentlichen Uhren ereilt die Briefkästen. Früher hat es an jeder Straßenecke einen gegeben, mit der leuchtend gelben Farbe haben sie einem sofort in das Auge gestochen. Mit dem Aufkommen von FAX und Email, mit dem verschicken von SMS per Handy,  wurden viele der Briefkästen abmontiert. Befindet man sich nicht in der Nähe des Haupt- oder Bahnhofpostamtes, dann bedarf es Adleraugen, um heute noch einen Briefkasten auszumachen. Da nützen auch die flotten Sprüche, welche die Briefkästen zieren, nichts: „Wenn es sicher sein soll, dann lieber mit der Post“ oder „Die Post bringt jeden etwas“. Um in den Genuss von Sozialleistungen zu kommen, ist es heute von Amtswegen unerlässlich, dass man über eine feste Post- und Wohnungsadresse verfügt. Für Zahlungsüberweisungen ein fixes Bankkonto. In naher Zukunft wird auch dafür eine Handynummer oder ein Googlekonto genügen, wohin man die Post schickt und das Geld überweist.

Staatsbürgerschaftsnachweis.