Besucht man die Biennale in Venedig, dann hat man den Eindruck, dass in einem Planquadrat „Katzentod“ die Stadt von den umherstreunenden Katzen gesäubert wurde. Geht man durch den Park Giardini, zum Eingang des Biennalegeländes, dann begegnet man keiner Katze. Vor Jahren war es umgekehrt. Der Grund dafür könnte sein, dass sich viele Venezianer einen Schoßhund zugelegt haben. Katz und Hund vertragen sich in den engen Gassen nicht. Die stärkere Lobby wird den Ausschlag gegeben haben. Die Dogen waren Hundefreunde. Vielleicht sitzt heute noch ein Hund in der Stadtverwaltung und hat das Schicksal der Katzen besiegelt.
Durch die Installation im deutschen Pavillon, „Eine Küchenkatze spricht“, sind die Katzen zurückgekehrt. Der Künstler Liam Gillick lässt eine Küchenkatze, die auf der Kredenz einer „Frankfurter Küche“ sitzt, zu den Besuchern sprechen. Es kommen immer mehr Menschen, um die sprechende Katze zu hören. Auf die sprechende Katze sind alle stolz. Die Leute lesen der Katze aus der Zeitung vor und die Katze äußert zum Weltgeschehen ihre Meinung. Eines Tages gilt eine sprechende Katze als völlig normal und niemand kommt mehr zu Besuch. Da wird die Katze depressiv. Es kommen zwei Kinder zu Besuch. Die Kinder sagen zur sprechenden Katze: „Du hast einen schlechten Atem“. Es ist der schlechte Atem des Pavillon, Zahnfleischentzündung.
Charly steht mit erhobenem Kopf und aufgestelltem Schwanz in der Küche und schaut mich fragend an. Ich sage zu ihm: „Charly sprich halt“. Charly: „ Euer Vorteil ist, dass ihr längere Beine habt, unsere Beine nehmen an Länge zu, wir wachsen. Die Beine von euch beginnen sich, durch das viele Sitzen, das Autofahren, das Fliegen zu verkümmern. Ihr gebraucht eure Beine immer weniger. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ihr wieder auf allen Vieren daherkommt, wir brauchen nur zu warten.“ Ich : „Soll ich eine Dose öffnen?“ Charly: “Wenn wir wollen, können wir uns selbst ernähren, wir finden in der Natur alles was wir brauchen. Wir haben euch vor dem Verhungern gerettet, wir haben die Ratten und Mäuse gejagt, die eure Getreidevorräte aufgefressen haben. Wir brauchen keinen Supermarkt, ihr ernährt euch aus der Dose, ihr seid dosenabhängig.“ Ich: „Willst du Keksi fressen“? Charly: „Ja“.
Ich rufe: „Undine, wo bist Du, komm halt“. Undine: „Ein höherer Platz bringt mir neue Einsichten. Wir können unseren Standpunkt frei wählen. Eure Kopflastigkeit, euer Kopf, auf einem schmalen Hals wird zu einem Problem werden. Die Halswirbelsäule ist euer schwächster Punkt. Die Bildschirme zerstören eure Halswirbelsäule. Für viele von euch sind die PC die neuen Götter“. Ich: „Die PC sind unsere Sklaven, unser Personal“. Undine: „Wir haben uns in eure Wohnungen eingeschlichen. Wir halten die Küchen, die Wohnzimmer, die Schlafzimmer, die Terrassen besetzt. Ihr seid unser Personal. Unsere Krallen sind unsere Waffen, aber wir machen unsere Pfoten nicht schmutzig. Wir lassen Krieg führen. Der nächste Krieg wird ein Krieg zwischen Katzen- und Hundebesitzer sein, ein Stellvertreterkrieg. Dann werden wir eine katzengerechte Welt einfordern, ohne Türen und Fenstern, alles offen“. Ich: „Willst du Stangele fressen“? Undine: „Ja“.
Das Sprachzentrum.