villach:fasching

Zumeist verbinden wir mit einem Menschen, einem Beruf, einem Bundesland und mit einem Volk bestimmte Vorstellungen. Diese sind kaum zu verändern. Auch wenn oft über Globalisierung geredet wird, so verändern sich manche Ansichten über Generationen nicht. Gespürt habe ich dies in Wien, als ich mit der U- Bahn vom Hauptbahnhof zum Stephansdom gefahren bin. Am Bahnsteig war die Henne nicht zu übersehen. Ein Herr trug ein rosarotes Federkleid, auf dem Kopf eine Kappe mit einem Hahnenkamm und an den Füßen trug er weiße Stutzen. Manche Wartende haben ihn belächelt, andere haben an ihm vorbeigeschaut. Wer regelmäßig U-Bahn fährt  ist sicher einiges gewöhnt und schenkt solchen exotischen Auftritten kaum Beachtung. Vorsätzlich zieht es Eigenbrötler und Selbstdarsteller in die Stiegenhäuser der U-Bahnen. Für ihre Aktivitäten, außerhalb des normalen Empfindens, finden sie hier ein breites Darstellungsfeld. Beherrscht auch der Eindruck, Menschen haben es nirgends eiliger als in den Auf- und Abgängen zur U-Bahn, so fällt doch der eine und andere Blick auf die Selbstdarsteller. Egal was passiert, ob jemand mit Tixo an den Säulen kurze Texte und Gedichte befestigt oder in einer Passage Mini Bibeln für unterwegs verteilt werden.

Die rosarote Henne war ein tolles Faschingskostüm. Der Dialekt hat ihn verraten. Auf meinen Zuruf sagte er:  “Er stammt aus Villach”. Der Fasching ist ein Fixpunkt im Jahreskreislauf der Draustadt. Der Villacher Fasching ein Werbebotschafter für Kärnten. Beim Aussteigen hat er mir zugerufen: „Sehen wir uns am Faschingssamstag beim Faschingsumzug in Villach?

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nasch:markt

Am Wiener Naschmarkt gibt es eine Vielzahl von Restaurants und Lebensmittel, für alle Geschmacksrichtungen. Gemüse und Obst aus allen Himmelsrichtungen. Gleich ist man mit dem Prädikat orientalischer Wochenmarkt bei der Hand. Bei den Herkunftsländern der Marktverkäufer hinter den Verkaufsständen dürfte dies der Fall sein. Bei einer Tasse Cappuccino behauptet ein Tischnachbar, dass hinter den gepflegten und umfangreichen Gewürz-, den Obst- und Gemüseständen eine Gemüse Mafia steckt, welche die Geschäfte und die Preise kontrolliert. Die fähigsten Händler, mit marktschreierischem Gehabe, sind die Südländer. Bei jedem dritten Marktstand werden den Vorbeieilenden gebratene Mandeln angeboten.

Dazwischen gibt es Verkaufsstände, die für Produkte aus den Bundesländern werben. Eine Bauerninitiative lädt zu einer Käseverkostung mit Vorarlberger Sauerkäse, Hartkäse, Surekäse und Reskäse. Die Marktbesucher langen bei dem Käse zu, welcher am stärksten riecht. Frei nach dem Mythos, ein guter Käse riecht stark.

Am Wochenende gehören am Vormittag die Gastlokale den Langschläfern, welche hierher zum Frühstücken kommen. Das Frühstücksangebot ist keine Domäne der Cafés, auch Restaurants, Pizzeria, Sushis und Kebabbuden werben mit einer Tafel vor der Tür für ein Frühstück. Neben dem Wiener Frühstück klein und groß, gibt es griechisches und türkisches Frühstück.

Stangenkäse.

senior:chefin

Am Eingang zum Montafon liegt die kleine Bezirksstadt Bludenz. In der Bahnhofstraße befindet sich eine Papierhandlung traditioneller Machart. Als Papierhändler in Muse werde ich neugierig, wenn vor dem Geschäft zwei Billettständer stehen. Ich benötige eine Geburtstagskarte. Ich suche nach einer Karte, von der ich noch nicht weiß, was sie darstellen soll. Das kleine Glück ist mir hold. Im Geschäft sehe ich alles, was man sich von einem Papiergeschäft erwartet. Von den Schultaschen bis zu den Mappen, eine Vielzahl an einzelnen Papieren, sowie eine schöne Auswahl an einzelnen Stiften. Einerlei ob es sich um Bleistifte, Farbstifte oder einzelne Gelschreiber handelt. In den Supermärkten findet man diese Artikel, wohl auch zur Vermeidung eines Diebstahles, nur mehr in einer Großpackung. Irrtümlich wird dies Vorteilspackung genannt, weil zumeist braucht man nur eine Farbe, die anderen Stifte trocknen aus. In einer Lokalzeitung habe ich unlängst gelesen, dass die Farbstifte einer österreichischen Bleistiftfabrik von Gefangenen in der Justizanstalt Klagenfurt einsortiert und verpackt werden.

Noch arbeitet die Senior Chefin im Papiergeschäft mit und bietet mir zur Glückwunschkarte eine Breitfüllfeder von Lamy an. Der gute Umsatz wäre die Breitfüllfeder gewesen. Eine geschäftstüchtige Dame, trotz ihres fortgeschrittenen Alters. Seit über fünfzig Jahren steht sie schon im Geschäft, erzählt sie mir auf Nachfrage, nachdem ich mich als Branchenkollege geoutet habe. Sie will noch ein Jahrzehnt dazulegen oder länger, zumindest so lange es ihre Füße erlauben. Während meiner Papierhandelslehre ist jeden Vormittag die Seniorchefin in den Laden gekommen.Sie hat dabei immer etwas entdeckt, was sich seit ihrer Zeit verändert hat. Sie war Mitte achtzig, manchmal eine Frage gestellt oder nur unverständlich den Kopf geschüttelt. Was würde diese Generation zu den Veränderungen, welche sich heute innerhalb von zehn Jahren abspielen, sagen?

Turbozeit

jung:unternehmer

Das zahlenmäßige Alter wird heute nicht mehr als das Alter empfunden und verstanden, wie es noch vor fünfzig Jahren war. Diese Veränderung gibt, der Zeit der Jugend einen immer größeren Spielraum. Was man vor fünf Jahrzehnten als ein gesetztes Alter betrachtet hat, gilt heute noch als jung. In den achtziger Jahren konnte man sich bis zum fünfunddreißigsten Lebensjahr, nach Definition der Wirtschaftskammer, als Jungunternehmer bezeichnen. Solange konnte man Mitglied der Jungen Wirtschaft sein. Heute werden frischgebackene Unternehmer, Ende vierzig, als Jungunternehmer bezeichnet. In einer Presseaussendung werden zwei Firmengründer und Entwickler für ein Sportgerät, um die fünfzig, als Jungunternehmer bezeichnet. Dieser Terminus ist ganz selbstverständlich, weil heute Siebzigjährige noch als die Jungen bezeichnet werden.

Meine Selbstständigkeit, das Jungunternehmertum, begann mit zwanzig Jahren. Nach dem damaligen Gesetz war ich noch nicht Volljährig. Mit der Zustimmung des Vaters erklärte mich der Bezirksrichter für volljährig. Mit diesem Bescheid wurde ich aus der elterlichen Gewalt und Obsorge, wie es damals hieß, entlassen. Ich konnte einen Gewerbeschein lösen, einen Kredit aufnehmen, Heiraten und kaufmännische Geschäfte im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches abschließen. Für die Ausstellung des Gewerbescheines, Kleinhandel mit Waren aller Art, bedurfte es zusätzlich einer Alters Dispens von Seiten der Gewerbebehörde, weil für die Erteilung einer Gewerbeberechtigung das Mindestalter von vierundzwanzig Jahren galt. Rückblickend auf vierzig Jahre Selbstständigkeit sehe ich mich damals als Jungunternehmer.

Reifeprüfung

park:platz II

Ich hatte einen italienisch Sprachkurs gebucht und fuhr mit dem Pkw nach Florenz. Bislang kannte ich nur den Stadtverkehr der Kleinstadt Klagenfurt, die Stadteinfahrt in Florenz war faszinierend. Die Autobahn mündete in eine Stadtautobahn mit fünf Fahrstreifen. Ich fuhr am äußersten Fahrstreifen und versuchte, schaltete die Ampeln auf grün, einen Formel eins Start hinzulegen, wie meine Autonachbarn. Mit hoher Geschwindigkeit steuerte man auf die nächste Ampel zu, um dann bei Rot Grand Prix reif abzubremsen. Bei Grün startete man mit qualmenden Reifen in den nächsten Rennabschnitt. Meinem geografischen Gedächtnis folgend, erwischte ich die passende Ausfahrt, um vor dem nächsten Rätsel zu stehen. Statt drei Straßen, wie auf dem Stadtplan eingezeichnet, gab es sechs Straßen. Instinktiv benützte ich die Straße ganz rechts und hatte Glück. Auf dieser Straße war es ruhiger und ich konnte mich entspannen. Ich fand einen Parkplatz, für die nächsten vierzehn Tage, ganz in der Nähe meiner Unterkunft.

Es war ein Privatzimmer, von der Sprachschule vermittelt. Ich wohnte mit anderen Studenten bei zwei älteren Damen. Als erstes machten sie mich darauf aufmerksam, beim Zusperren der Wohnungstür alle Riegel vorzuschieben. Als nächstes zeigten sie mir Urlaubsfotos von ihrer Fahrt durch Österreich. Die Reise lag einige Jahrzehnte zurück. Unter anderem waren sie auch am Fuße des Großglockners, in Heiligenblut. Die Unterrichtssprache war ausschließlich italienisch, weil es von der Herkunft der Sprachschüler keine gemeinsame Sprache gab. Mexikaner, Schweden, Holländer, Franzosen, Österreicher, ein bunter Haufen.

Um die zugeparkten Parkflächen zu reinigen wandte man in Florenz folgendes Verfahren an. Am Wochenende musste ich mein Auto auf die andere Kanalseite stellen, da zu Wochenbeginn der hiesige Parkplatz gereinigt wurde, danach wieder zurückstellen.

Hüben und Drüben.