Über schlagloch

Er hat es sich zur Aufgabe gemacht mehrmals die Woche eine kleine Studie zu verfassen und teilt dies per Weblog „schlagloch“ einer stetig wachsenden Internetgemeinde mit. Einzelne Leser treten auf der Internetplattform mit ihm auch in eine Diskussion über das Geschriebene ein. Vom Deutschen Literaturarchiv Marbach werden ausgewählte Online-Publikationen, so auch das Blog „schlagloch“ auf der Plattform Literatur-im-Netz langzeitarchiviert. Einige „Schlaglöcher„ hat er materialisiert und zu Büchern gemacht: Zeitenwandel (2009); Die Beobachtungen (2011); Bruchstellen (2015).

Meine Leidenschaft…

… für das Zugfahren.

Der letzte Halt vor Salzburg ist die Bahnstation Golling-Abtenau, danach liegt die kleine Ortschaft Bad Vigaun. Dort habe ich zwei Kuraufenthalte absolviert, zur Stärkung der Rücken- und Hüftmuskulatur. Schlussendlich bedurfte es nach Jahren das Implantat einer Hüftprothese. Eine Besonderheit der Kur war die Ausgangsregelung für das Wochenende. Um den Kurgästen mehr Freiraum in der therapiefreien Zeit zu ermöglichen, hatten wir die Möglichkeit samstags und sonntags dem Mittag- und dem Abendessen fernzubleiben. Voraussetzung dafür war, am Samstagmorgen beim Frühstück ein Vitalpaket für das Wochenende mitzunehmen. Das Vitalpaket umfasste Äpfel, Birnen, Bananen, Müsli Riegel und eine kleine Flasche stilles Mineralwasser. Mir verschaffte dies die Möglichkeit mit dem Fahrrad die Stadt Salzburg zu besuchen, dort zu flanieren und gustieren. Bei der zweiten Kur benützte ich den Zug um die Sonntagskonzerte in der Großen Aula der Theologischen Universität zu besuchen. Die Jahre um die Jahrtausendwende verbrachte ich gemeinsam mit der Lebensgefährtin die Weihnachtsfeiertage in Salzburg.

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Von der Stationsschwester…

…ein Salamibrot bekommen.

Manche sind in der digitalen Welt so versunken, dass sie die Zugfahrt nicht wahrnehmen. Dies erschwert es mit ihnen ein Gespräch anzuknüpfen.  Werden sie angesprochen, löst dies dieselbe Ablehnung wie zu Corona Zeiten aus. Spannend wird es sage ich, ich war so und so lange Buchhändler in Arnoldstein. Es kann sein, dass jemand aus dem Viererblock ein wenig über den Ort Arnoldstein Bescheid weiß oder Bekannte von ihnen im Ort wohnen. Im mittleren Drautal fährt der Zug hautnah an den Verladerampen vom Heraklithwerk in Ferndorf vorbei, wo seit Anfang des zweiten Jahrtausends viele der Werkshallen leerstehend. In der Jugendzeit führte mein täglicher Weg zum Bahnhof durch das Holzlager vom Werk und über allem thronte der Werkskran. Die Mischung aus ein paar dieser Konstellationen reicht für Gesprächsstoff bis in das Salzburgerische. Ein Brennpunkt auf der Fahrt nach Salzburg ist der Bahnhof Schwarzach / St. Veit. Einstmals war er für mich auf der Fahrt nach Bludenz der Umsteigebahnhof. Weiter ging es vorbei an Zell am See und Kitzbühel, bis die Bahn bei Wörgl durch das Inntal Richtung Innsbruck Fahrt aufnahm. Neuerdings werden die meisten Züge über den Bahnhof Salzburg geführt.

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Kriegsversehrte,

… welche ein Bein oder eine Hand im 2. Weltkrieg verloren haben.

In den letzten zehn Jahren, wo das Thema Barrierefreiheit hochgekocht ist, wäre es im Zuge einer Renovierung möglich gewesen, das Vier Sterne Hotel und Restaurant dementsprechend zu adaptieren. Auch das WC und die Rezeption ist für einen Gast mit Mobilitätseinschränkungen alleine nicht erreichbar. Der junge Ober war offen für ein Gespräch. Die Seniorchefin am Nebentisch, mit der Freundin bei einem Cappuccino, reagierte auf meine Anfrage ungehalten. Ob mir bewusst ist, was die Umgestaltung in Barrierefreiheit kostet und ob ich die angespannte finanzielle Lage im Hotelgewerbe kenne?  Diese Auffassung gibt es, warum sollten wir für eine kleine Minderheit einen solchen baulichen Aufwand betreiben? Vor allem, solange man selbst davon nicht betroffen ist. Dies ist kurzsichtig und entspringt der Hoffnung, so etwas werde ich nie brauchen. In diese missliche Situation werde ich nie kommen. Soweit ich mich erinnern kann, habe ich in den 60er Jahren in der Öffentlichkeit wenige Menschen mit einer Behinderung getroffen. Im Sommer manches Mal im Spittaler Schlosspark. In diesem Jahrzehnt gab es in der Berufswelt noch Kriegsversehrte, welche ein Bein oder eine Hand im 2. Weltkrieg verloren hatten. Sie fanden Beschäftigung als Nachtportier bei großen Firmen oder in der Gemeindeverwaltung.

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Eine Behinderung…

auf dem Präsentierteller.

Das große Sesselrücken beginnt, wenn man in der Gaststube mit dem Rollstuhl einen Sitzplatz ansteuert. Einen Vorteil haben diejenigen, welche über einen Wendigen verfügen, der Kostenlose von der Gesundheitskasse zeigte sich als sehr sperrig. Eine Möglichkeit wäre, dass es in der Nähe des Speisesaaleinganges einen Sitzplatz für Behinderte gibt. Wie auf den Parkflächen vor den Einkaufszentren. In den Lokalitäten wird jeder Quadratmeter mit Tischen und Sesseln ausgenützt, da wird es manchmal eng. Die besten Plätze in den gehobenen Restaurants, für Menschen mit eingeschränkter Mobilität, könnten so platziert sein, dass sie etwas beobachten könnten. Nicht jeden Tag kommen die Räderstuhlfahrer aus den eigenen vier Wänden hinaus. Sie möchten etwas erleben, zumindest optisch. Das Land Kärnten ist reich an Seen und wirbt damit, aber zugänglich sind nur wenige Meter Seeufer. Das unmittelbarste Seeerlebnis bekommt man, wenn ein Restaurant mit einer Seeterrasse besucht wird.

In Millstatt am Millstätter See verspricht ein Hauben Lokal einen unverbauten Blick auf den See. Bei der Frage nach einem behindertengerechten Zugang wird der Rezeptionist etwas unsicher. Eine Möglichkeit besteht durch die Liegewiese auf die Seeterrasse zu kommen. Die Liegewiese entpuppt sich als barrierearm, hinterrücks ist sie zu bewältigen. Zum Scheitern verurteilt erweist sich der Kiesel auf der Terrasse. Den Vorschlag einen Tisch in der Liegewiese zu platzieren und dort zu Speisen, ist gut gemeint, stört sich an meiner Empfindlichkeit. Seitdem ich öfters mit einem Sitzmobil unterwegs bin, sehe ich das Angebot nicht als hilfreiche Geste an, sondern als Absonderung. Eine körperliche Einschränkung auf dem Präsentierteller.  Mit gemeinsamen Kräften, Ober und wir, erreichen wir einen Tisch auf der Terrasse, direkt am Ufer. Jeder Pflaster- oder Kieselweg bedeutet eine starke Belastung für meine Brustwirbelsäule. Das Gericht, Hendlbrust mit Eierschwammerl Soße, war ausgezeichnet. Beim Bezahlen konnte ich auf die Frage des Obers, ob alles in Ordnung gewesen ist, den Hinweis, dass ein barrierefreier Zugang zum Restaurant und der Terrasse fehlt, nicht unterdrücken.