Wenn heute jemand die Absicht hat ein Geschäft zu übernehmen oder einen Betrieb zu gründen, dann wird mit einem Steuerberater, einem Notar und einem Kreditberater vorher alles besprochen. Bei der Wirtschaftskammer gibt es dafür das Gründerservice, handelt es sich um eine Betriebsübergabe, dann gibt es eine Beratungsstelle für Übergeber und für Übernehme. Man versucht die Erfolgsaussichten anhand von Kennzahlen zu berechnen. Oft wenden sich Jungunternehmer an einen Persönlichkeitstrainer der sie mental stärkt. Geht etwas zu Ende, dann erinnert man sich gerne an die Anfänge:
“Mit einem Inserat wurde Anfang Dezember 197.. in der „Volkszeitung” ein Nachfolger für ein Papiergeschäft in Möselstein gesucht. Dies war der Auslöser für meine Selbstständigkeit. Ich hoffte als eigenständiger Buchhändler viel Zeit mit dem Lesen zu verbringen. Nach einem Telefongespräch mit dem Verpächter fuhren wir am 24. Dezember, der Vater, der Bruder und ich, mit einem VW Käfer nach Möselstein um das Geschäft zu besichtigen und mit dem Verpächter zu verhandeln. Der Verkaufsraum hatte eine Fläche von ca. 30 m2. Heute würde diese Größe gerade für eine Würstelbude oder einen Süßwarenkiosk am Bahnhof ausreichend sein. Das, im Ortszentrum gelegene Geschäft, war ein Zubau bei einem Wohnhaus. Der Schnee am Straßenrand reichte bis in den ersten Stock. Bei einem Glas Wein wurden wir handelseinig und mit ein paar schriftlichen Unterlagen fuhren wir nach Hause. Wir wollten rechtzeitig zur Fütterung der Kühe und zur Weihnachtsbescherung zu Hause sein.
Zu Jahresbeginn nahm ich einen Kredit auf und kaufte einen gebrauchten R4, der in der Art einer alten Bauerntruhe bemalt war. Der Vorbesitzer war ein Möbelrestaurator. Bei einem Papiergroßhändler bestellte ich Waren nach dem Bauchgefühl. Zu dieser Zeit war ich bei der Firma Gabor als Schuhfacharbeiter, „Absatzschrauber“, beschäftigt. Pro Schicht verschraubte ich etwa 2800 Stück Damenabsätze. Am Freitag vor der geplanten Geschäftseröffnung sagte ich dem Personalchef Bescheid, dass ich am Montag nicht mehr zur Arbeit kommen werde. Von diesem wurde ich aufgefordert die vierzehntägige Kündigungsfrist einzuhalten. Kurze Zeit später hat mir der Betriebsleiter gedroht: „Wenn ich die Kündigungsfrist nicht einhalte wird mir jeder Schuh, der durch meinen plötzlichen Abgang weniger produziert wird, von meinem Lohn abgezogen und notfalls bei Gericht eingeklagt“. Einen Tag vor der Geschäftseröffnung bin ich mit dem R4, beladen mit einem Ölofen und einem Diwan, nach Möselstein gefahren. Am 20. Jänner habe ich das Geschäft wiedereröffnet.”
Frühstart.
ALLEN LESERINNEN und LESERN EINE FRIEDVOLLE UND ERHOLSAME WEIHNACHTSZEIT!