Über schlagloch

Er hat es sich zur Aufgabe gemacht mehrmals die Woche eine kleine Studie zu verfassen und teilt dies per Weblog „schlagloch“ einer stetig wachsenden Internetgemeinde mit. Einzelne Leser treten auf der Internetplattform mit ihm auch in eine Diskussion über das Geschriebene ein. Vom Deutschen Literaturarchiv Marbach werden ausgewählte Online-Publikationen, so auch das Blog „schlagloch“ auf der Plattform Literatur-im-Netz langzeitarchiviert. Einige „Schlaglöcher„ hat er materialisiert und zu Büchern gemacht: Zeitenwandel (2009); Die Beobachtungen (2011); Bruchstellen (2015).

ZWERG:bumsti

Ich kann mich nicht  erinnern, ob ich in meinen Kindertagen einen Adventkalender besessen habe, wenn, dann hätten wir mehrere Geschwister gemeinsam Einen besessen. Es könnte sein, dass wir vom Lagerhaus, oder von  einem Landmaschinenhändler Einen geschenkt bekommen haben. Auf keinen Fall die heute weitverbreiteten Adventkalender, welche mit Schokolade gefüllt sind. Aus dem Weihnachtssonderheft der „Wunderwelt“ haben wir eine Weihnachtskrippe gebastelt. Die Wunderwelt war für uns Kinder eine Fundgrube, mit vielen Geschichten zum Lesen und verschiedenen Bastelbögen. Gut erinnern kann ich mich  an die Bildgeschichte in Fortsetzungen: „ Zwerg Bumsti“  Später hat dann die Mutter für ihre Enkel einen Adventkalender in der kleinen Auszugsküche aufgehängt und sich über deren Besuch gefreut und es zugelassen, dass sie ein Fenster öffnen. In der Küchenkredenz oder in der Tischschublade,  zwischen den alten Ausgaben des „Kärntner Bauern“, der „Wochenschau“ und dem Bauernkalender hatte sie Schokolade, Kekse und Erdnüsse zum Mitgeben.

Dafür, dass ich die Hühnereier im Rucksack vom Berg in das Gemischtwarengeschäft ins Tal  gebracht habe, durfte ich mir die Zeitschrift „Fix und Foxi“ kaufen. Vom „Eiergeld“ musste ich nach Mutters Einkaufsliste, Zucker, Öl, Maggi, Salz, Backpulver und Kaffee kaufen. Am Heimweg, der etwa zwei Stunden dauerte, habe ich bei jeder Rast ein paar Seiten im “Fix und Foxi” gelesen. Darin gab es auch die Geschichten vom Erfinder Daniel Düsentrieb, der es mir mit seinem Einfallsreichtum angetan hatte. Weiters  Berichte über Kinder aus  fernen Ländern.  Bin ich in die Nähe der Materialseilbahn, die das Magnesit von Radenthein nach Ferndorf zum Heraklithwerk befördert hat gekommen, dann bin ich in Gedanken mit dem einen oder anderen Waggerl in eine ferne Welt mitgefahren.   

Nicht gefallen haben mir die Micky Maushefte, weil dort Dagobert Duck die beherrschende Figur war und ich für seine Vorliebe für Geld kein Verständnis hatte. Außerdem wurden von ihm seine zwei Neffen unter Druck gesetzt. Mir war sein Baden in einem Geldspeicher zuwider. So betrachtet  war er in seiner Gier ein Anstifter zu den Spekulationsgeschäften, welche die Banken- und Wirtschaftskrise ausgelöst haben.

Münzenallergie.

WISSENS:lücke

Es vergeht kein Tag an dem nicht von den öffentlichen Stellen, von einem Bildungspolitiker beteuert wird, dass die Zukunft unserer jungen Generation in einer guten Ausbildung liegt, dass die Mittel für den Unterrichts- und Forschungsbereich gesichert sind. Die nächsten Jahrzehnte werden ein Leben in einer Informationsgesellschaft sein. Studien über das Ausbildungsniveau von heute sagen, dass es noch nie eine Generation gegeben hat, die so lange studiert hat, wie die Heutige. Vielfach handelt es sich um spezielles Fachwissen, weniger um eine gute Allgemeinbildung. Heute wird nicht mehr verlangt, das man alles weiß, heute zählt ein Internetanschluss und das Zauberwort heißt Wikipedia. Es ist erstaunlich wieviel Kinder im Volksschulalter wissen, oftmals ist es ein Wissen, welches in “der Luft hängt”. Es wurde von den Erwachsenen, aus dem Fernsehen und dem Internet aufgeschnappt. Sie versuchen mit Hartnäckigkeit recht zu behalten, mit  viel Einfallsreichtum werden neue Argumente hervorgezaubert. Eine Gleichwertigkeit von verschiedenen Meinungen existiert für sie nicht, dies dürfte mit der Familienpraxis zusammenhängen. Es löst Freude aus wenn man vom Kind gefragt wird: „Woher kommt der Almdudler“.

Kräuterlimonade.

URBAN:IX

Beim zweitem Spaziergang hatte er die Möglichkeit, eine Wahrnehmung aus dem ersten Spaziergang zu überprüfen, ob sie mit der Wirklichkeit übereinstimmte und nicht nur seinem Bewusstsein entsprungen war. Er konnte es nicht erwarten, an der Futterhütte vorbeizugehen, um zu überprüfen, ob seine Erinnerung an die Futterhütte nur ein Fantasiegebilde gewesen war, Schlussfolgerungen von Wahrnehmungen, die sich in vielen Jahren im Gehirn gesammelt und nichts mit seinem Spaziergang gemeinsam hatten. Urban freute sich, weil er erkannte, wie nahe er der Beantwortung, ob seine Beschreibungen der Wirklichkeit im wörtlichen sinne entsprachen, anhand der Futterhütte kam. In diese Erwartungen mischten sich die Windgeräusche eines Laubbaumes. Die Beantwortung der Frage, ob die Bilder aus dem Bewusstsein die Wirklichkeit waren, wurde immer verschwommener, bis keine Hoffnung mehr bestand, die Frage zu beantworten. Dies bedeutete den Anfang der urbanischen Hoffnungslosigkeit. 

Aus den Windgeräuschen war es ihm möglich, das Geräusch eines einzelnen Laubbaumes herauszuhören. Er hatte sich auf diesen einen Laubbaum konzentriert, der noch das Laub vom Herbst getragen hatte. Der belaubte Laubbaum war ein Außenseiter unter den anderen kahlen Laubbäumen. Der Laubbaum hatte an diesem Umstand selbst keine Schuld. Urban kann sich mit diesem Laubbaum identifizieren. 

Das Klicken beim Kraftwerk hat auch heute nichts von seiner Faszination auf ihn verloren. Er versucht über den Spaziergang hinaus in seinen Erinnerungen zurückzugehen, ob er diesem Geräusch schon einmal begegnet ist. Aus der starken Beziehung zu dem metallischen Klicken schließt Urban, dass es in ihm aufgrund eines angenehmen Erlebnisses in seinem Unterbewusstsein bereits vorhanden ist. Urban hört ein Wort und kann sofort sagen: Dies ist die Briefträgerin, das sind die Wohnungsnachbar, das ist die Drogistin, ohne die betreffende Person mit den Augen gesehen zu haben. Eine Stimme sagt einem alles über eine Person. Jedes Geräusch wird jemandem zugeordnet, zu ganz bestimmten Bewusstseinsbildern. Für das Klicken findet Urban keinen Gegenstand, dem er es hätte zuordnen können.

PISTEN:raupe

Nach den ersten Schneefällen wird in den Skigebieten eifrig an der Präparierung der Skipisten gearbeitet, die Schneekanonen werden zum Einsatz gebracht, um die Abfahrten zusätzlich künstlich zu beschneien, obwohl vieles durch den Föneinbruch fraglich geworden ist. Blicke ich abends aus dem Fester sehe ich in der Ferne die Lichter der Pistenraupe den Berg hinauf- und herunterfahren. Es gilt den Schnee neu zu verteilen, den Naturschnee mit dem Kunstschnee zu vermengen. Am Wochenende werden die Skihungrigen die Pisten stürmen. Diese wollen unter ihren Skiern einen weichen, griffigen Schnee spüren, keinen harten, eisigen Kunstschnee. Vieles hängt vom Geschick des Pistenraupenfahrers ab, wie die Schneeverhältnisse sein werden. Eine  gute Präparierung der Skipiste entscheidet oft über  den Verbleib der Wintergäste.

Was in unseren Breiten die gepflegte Skiabfahrt im Winter ist, dass ist im Sommer an der oberen Adria der feine Sandstrand. Bei Einbruch der Dunkelheit gleiten die Scheinwerfer der Sandraupe über den Strand. Mit einem, der Schneeraupe ähnlichen Gefährt wird der Sand durchpflügt und gelockert, um am nächsten Tag den Badegästen optimale Liegeplätze zu bieten. Verstummen die Geräusche der Strandraupe, kann man das Rauschen des Meeres hören. Es begleitet einen in den Schlaf.

Muscheln.