speck:seiten II

Das Aufschneiden des Speckes gehört seit meinen Kindheitstagen zum täglichen Ritus. Heute noch wird von mir der Speck händisch, mit einem scharfen Messer, in feine Scheiben geschnitten. Nie würde ich dafür eine elektrische Schneidmaschine benützen. Die Lust am Schnippseln fördert die Essenslust eines gschmackigen Speckes. Der selbstgemachte Speck war auf dem Bauernhof ein fester Bestandteil der täglichen Jause. Bis der Speck am Bauernhof  auf den Teller, auf das Jausnbrettl kam, habe ich als Jugendlicher meinen Teil beigetragen. Nach dem Schlachten eines Schweines, dies geschah nach dem ersten Kälteeinbruch, wurden Teile vom Schwein zum Speckselchen vorbereitet. Die Speckseiten wurden mit einem Gemisch aus Gewürzen und Salz eingepökelt und in dieser Surr mehrere Wochen gelagert.

Am Dachboden des Bauernhauses befand sich eine aus Ziegeln errichtete Selch, deren Abzug an den Hauskamin angeschlossen war. Die Speckseiten und die Hauswürstel wurden in der Selch aufgehängt und die Selch stundenweise eingeheizt. An den Wochenenden überwachte ich das Feuer und gab dabei Obacht, dass sich das herabtropfende Fett nicht am Feuer entzündete. Auf die  Buchenscheite wurden zwei bis drei Kranewittzweige gelegt, das Feuer köchelte in der Selch vor sich hin. Diese Sonntagnachmittage liebte ich, beim Hüten des Feuers konnte ich in Ruhe die Wochenendausgabe der Volkszeitung lesen und vor mich hinträumen. Von Mittag bis zum Einbruch der Dunkelheit. Am Sonntagnachmittag ruhte die schwere Arbeit am Bauernhof und im Dorf. Gab es Mitte Dezember bereits Schnee, herrschte rundum eine zauberhafte Stille. Der Dachboden war nicht beheizt, aber die Selch versprühte ein wenig Wärme. Das Selchen war eine bäuerliche Einstimmung auf das Weihnachtsfest. Ein paar Kränze der Hauswürstel wurden nur vorgeselcht, als grüne Hauswürstl waren sie erst nach dem Erhitzen genießbar. Sie bildeten mit Sauerkraut serviert die Hauptspeise am Heiligen Abend.

Schlittenfahrt

speck:seiten I

Die bäuerlichen Direktvermarkter gerieten im letzten Jahrzehnt in den Verruf, dass ihr Angebot nicht gesundheitskonform ist, dass viele Produkte zu fett und kalorienreich sind. Versteckte Fette in den Lebensmitteln sind ein rotes Tuch. Die meisten Speisen würden uns ohne Fettgehalt nicht schmecken oder sind wir seit Kindheitstagen darauf trainiert? Ähnliches sagt man vom Zucker, vieles was wir zu uns nehmen enthält zu viel Zucker. Einstmals war es üblich den Kleinkindern ein  Stück Schokolade oder einen Lutscher in den Mund zu schieben und sie waren beruhigt. Heute wenden sich die meisten Eltern mit Grauen ab wenn man fragt, ob man dem Nachwuchs ein Stück Schokolade geben darf.

Um das Image von fetten und deftigen Lebensmittel zu verlieren schließen sich immer mehr Bauern unter der Dachmarke Biobauern zusammen. Dazu gibt es eigene Biobauernmärkte und Biobauernerntedankfeste. Wer sonst liefert uns natürliche Produkte, außer die klein strukturierten Landwirtschaften? Die Lebensmittelindustrie macht damit Werbung, dass ihr Gemüse frisch nach der Ernte verarbeitet wird. In der freien Natur wächst es unter kilometerlangen Folientunnel heran.

Südtirol, eine Region die auf derselben geografischen Höhe wie Kärnten liegt und durch das mediterrane  Klima eine von gottgesegnete Gegend bildet. Bei einem Besuch im Spätherbst waren im Norden die Bäume übervoll von leuchtenden roten und gelben Äpfeln. Weiter südlicher, die Reben behangen mit weißen und blauen Weintrauben. Die Südtiroler produzieren auch den unverwechselbaren Südtiroler Speck. In Südtirol ist  alles zweisprachig, Speck Alto Adige. Beim Erwerb von einem Stück Speck gab es dazu eine Broschüre über die Herstellung und den richtigen Genuss des Speckes. Erwähnenswert ist, dass der Speck fünf Monate reift, wechselnd zwischen geräuchert und luftgetrocknet. Es wird auch beschrieben wie man den Speck richtig aufschneidet, ihn am besten genießt. Die Feinschmeckerkultur betrifft nicht nur den Verzehr von Wein und Käse, bei diesen Produkten kennen wir dies schon länger, jetzt erfasst die Sommelierleidenschaft auch den profanen Speck. Inzwischen ist ein würziger Speck ein Genussmittel, auf gleicher Augenhöhe mit dem Prosciutto.

Schneidbrettl

fest:essen II

Zu Weihnachten kann das Schicksal einem robusten Jugendlichen die Freude am Festessens vergällen. Am Bergbauernhof, wo die Delikatessen keinesfalls reichlich gesät sind. Einige Wochen vor dem Weihnachtsfest verursachte mein Bruder einen Verkehrsunfall und wurde dabei unbestimmten Grades verletzt. In den siebziger Jahren waren die Ärzte mit der Diagnose unbestimmten Grades verletzt, schnell bei der Hand. Man diagnostizierte bei ihm eine schwere Gehirnerschütterung und setzte in einem abgedunkelten Zimmer auf Bettruhe. Bei einem Besuch im Krankenhaus, in der Mittagszeit, zeigte er sich mir gegenüber ganz erschrocken. Er erzählte, dass der Pfarrer bei ihm war und ihm die Letzte Ölung verabreicht hätte. Bedeutet dies, dass sein Zustand sehr kritisch sei und er sterben müsste? Ich war selbst verunsichert, beruhigte ihn aber und meinte, dies war wohl ein Routinebesuch des Geistlichen. Er klagte darüber, dass er vieles doppelt sieht, der zugezogene Augenarzt stellte einen Kieferbruch fest. Eine Woche lang wurde dies von den behandelten Ärzten übersehen.

Einen Tag später wurde er auf die Kieferstation nach Klagenfurt verlegt, wo das gebrochene Kiefer chirurgisch versorgt wurde. Mit vielen Schrauben und Drähten im Mund fixiert. Ein paar Tage vor Weihnachten konnte er das Spittal verlassen, aber die nächsten drei Wochen nichts Festes essen. So saß er am Weihnachtsabend und zu den Feiertagen am Esstisch und hat mit traurigem Blick auf die weihnachtlichen Köstlichkeiten geschaut. Er durfte nur Flüssiges und Breiartiges zu sich nehmen. Die einzige Freude die wir ihm bereiten konnten war, dass wir ihm die verschiedensten Sorten von Säften auf den Tisch stellten. So hatte er diesbezüglich viel Abwechslung. Woraus seine breiartige Nahrung, darunter Suppen, genau beschaffen war, kann ich mich im Detail nicht mehr erinnern.

Wie schrecklich müssen jene leiden, die hungern. Wir dürfen in unserem Bemühen, alle Menschen satt zu machen, nicht lockerlassen.

Kletzenbrot

fest:essen I

Ob den bevorstehenden Feiertagen mit reichlichem Essen vergessen wir oft, dass viele Menschen wenig, bis gar nichts zu essen haben. Diesen Umstand müssen wir zur Kenntnis nehmen. Jeder ist dazu aufgefordert sein Scherflein  beizutragen, damit es besser wird. Gelegenheiten gibt es dazu das ganze Jahr über, vermehrt appellieren karitative Organisationen in der Vorweihnachtszeit auf unser Mitgefühl. Ich denke, vielen von uns geht es gut und da darf es schon etwas mehr sein. Im Umkreis von den Kirchen entgeht man den Spendensammlern auf keinen Fall, hier wird für fast alles gesammelt. Eine Spende für die neue Orgel, die Dachziegel und es braucht Lebensmittel für den Sozialmarkt. Natürlich wird auch für eine Krankenstation in der Mission, die Einrichtung einer Schülerküche in Westafrika und für die Erdbebenopfer gesammelt. In den aktuellen Flüchtlingslagern sind Zehntausende vom Hungertod bedroht. Es gibt konkrete Aktionen für die Schicksal hart getroffenen Personen im Inland.

Aus Dankbarkeit für ein zumeist sorgenfreies Leben spende ich gerne dort und da. Ist es sinnvoller jedem ein wenig zu geben oder macht es mehr Sinn, einige wenige großzügiger zu unterstützen und andere abzulehnen? Bis heute habe ich es nicht geschafft  eine Liste anzulegen, was ich im Laufe des Jahres an Spenden und Unterstützungen ausgebe. Dies könnte ein Vorsatz für das neue Jahr sein.

Erlagschein

plan:los II

Von den vielen Ereignissen des Jahres ist bei mir der Terroranschlag in Barcelona hängen geblieben. Es liegt einige Jahre zurück, da sind wir bei einer Stadtbesichtigung  auf der Rambla Promenade flaniert. Im Gedächtnis geblieben wohl auch deshalb,weil wir mehrheitlich die negativen Vorfälle behalten und weil die Hausärztin  in dieser Woche in Barcelona auf Urlaub war. Dabei hat sie den gewaltigen Polizei- und Militäreinsatz miterlebt. Orakelhaft war das Eintreffen einer Ansichtskarte aus Barcelona,die genau am Tag des Terroranschlages abgesandt wurde. Der Absender war mein Bruder, von dem wir wissen, dass er kaum Urlaub macht. Keine weiter entferntere Reisen, lieber arbeitet er in seinem Urlaub in seiner eigenen Firma. Dieser Bruder befand sich mit der Familie zu der Zeit des Terroranschlages in Barcelona und hätte ein mögliches Opfer sein können. Einen unwahrscheinlicheren Zufall kann ich mir nicht vorstellen.

Da stelle ich mir die Frage, gibt es so etwas wie einen Plan, der unser Leben steuert? Wer hat diesen Plan, von dem wir selbst nichts wissen, festgelegt? Wir planen zwar, können aber gegen das Schicksal oder wie es pathetisch heißt, gegen die Vorsehung nichts ausrichten. Sind wir die Erfinder unseres eigenen Planersteller und halten alles, was wir für unvorhersehbar erleben, als dessen Absicht? Erfreulich, wenn die Ereignisse besser sind, als wir es uns vorstellen. Zerknirscht müssen wir uns fügen, wenn der Plan für uns ein Desaster ist. Zumeist retten wir uns mit der Ansage, es wird schon für etwas gut sein. Wir können uns mental helfen, wenn es nicht nach unseren Absichten verläuft.

Oft weitet man, wenn es nicht mehr nach Plan läuft, den Plan auf andere aus. Man bezieht ihn eigennützig in seine Vorhaben ein. Ein Beispiel dafür ist, dass man das Autofahren an den Nagel gehängt hat. Das Autofahren bedarf einer regelmäßigen Übung. Gibt es keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen, kann man es bis in das hohe Alter ausüben. Dazu muss man feststellen, verliert man die Sicherheit beim Autofahren oder es wird einem der Verkehr auf der Straße zu viel, sollte man auf das Autofahren verzichten. Schon im Interesse der anderen Verkehrsteilnehmer. So ist es verständlich, ist man  selbst nicht mehr fahrtauglich, dass man nach einem Ersatzfahrer sucht. Somit kann man auch andere Aktivitäten delegieren, vor allem unangenehme  Aufgaben.

Verkehrshölle.