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Man fragt sich wie geht dies zusammen, Valentinstag, Faschingssamstag, Faschingssonntag und auf der Sonnseite findet um 14 Uhr ein Begräbnis statt. Die Betroffenheit bei den Angehörigen und Bekannten ist groß. Eigentlich unfassbar, auch unter den Freundinnen und Freunden. Einige Jahre vor ihrem fünfzigsten Geburtstag erleidet eine Frau, ohne deren Mithilfe kein Fest in der Gemeinde stattgefunden hat, vor dem Gottesdienst einen  Zusammenbruch. Eine klaglos funktionierende Rettungskette bringt sie in das Landeskrankenhaus, dort wird sie in einen Tiefschlaf versetzt. Diagnose Gehirnschlag. Nach einer Woche, bevor sie aus dem Tiefschlaf geholt werden soll, stirbt sie. Fassungslosigkeit beim Ehemann, den Kindern und den pflegebedürftigen Eltern, um die sie sich die letzten Jahre gekümmert hat. Eine lebenslustige Person, die als Lektorin während der Messfeier das Evangelium vorgetragen hat. Bei der katholischen Frauenbewegung mitgearbeitet und im Kirchenchor gesungen hat. Zum anderen war sie in der Dorfgemeinschaft bei der Theatergruppe und bei den Kinderfreunden aktiv tätig. Sie war bei vielen Vereinen eine verlässliche Mitarbeiterin.Wie kann Gott dies zulassen?

Bestürzt über den plötzlichen Tod ist auch ihre beste Freundin. Von ihr wurde gerade erst das Schlimmste abgewendet. Ihr Mann erlitt bei einem Arbeitsunfall schwere Verletzungen. Gerade verbringt er den letzten Teil seines Reha Aufenthalt in Niederösterreich. Ihr wurde eine Verschnaufpause  geschenkt. Nach dem Arbeitsunfall des Mannes trifft sie der nächste Schicksalsschlag, der plötzliche Tod ihrer Zwillingsschwester. Sie waren wie Zwillinge, beide haben im selben Jahr geheiratet und zur selben Zeit ihre Kinder geboren. In der Pfarre und in den Vereinen waren sie gemeinsam aktiv.

Aus dem Tagebuch…

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Auch wer welches Mädchen hofierte gab es feine Unterschiede. War es standesgemäß, passte es zum Berufsstand der Eltern und dem Eigenen, dies wurde nicht nur in Adelskreisen thematisiert. Für den überwiegenden Teil der katholischen Einwohner gab es die Abgrenzung und das Verbot sich mit den Lutherischen zu unterhalten oder eine Lutherische zu umwerben. Man konnte beobachten, ging ein Katholischer an einer Lutherischen vorbei, so machte er schnell ein Kreuzzeichen. Um dem Teuflischen keine Möglichkeit zu geben sich auszubreiten. Die Voraussetzung für eine Partnerschaft zwischen den beiden Konfessionen war, dass der oder die evangelische Partner-in zum katholischen Glauben übergetreten ist. Die Eheschließung in Form einer ökumenischen Feier war damals unbekannt. Die Lutheraner wurden im Dorf von manchen als etwas Minderwertiges betrachtet. Sie hatten nur ein Bethaus und keine Kirche mit dazugehörigen Kirchturm.

Als Einzelkind hatte der Cousin immer die schicksten Pullover und Schuhe. Er besaß ein Paar Ski und eine Skiausrüstung, für keinen von uns war dies aus finanziellen Gründen möglich. Bei den Spielsachen übertrumpfte er uns mit seinen Batterieautos und der elektrischen Eisenbahn. An den Nachmittagen war er oft am Bauernhof zum Spielen da. Seine Jausenbrote, bestrichen mit Butter und belegt mit feiner Salami, tauschten wir gegen unsere Speckbrote mit Stangenkäse ein. Als Volksschüler unterhielten wir uns darüber, wer von woher kommt, was der Vater macht? Über die Mutter gab es bei allen sozialen Schichten wenig zu erzählen, die meisten waren Hausfrauen. In der Zeit des Erwachsenwerdens lehnten wir uns gegen die Eltern auf, aber zumeist geschah dies mit beiderseitigen Abstrichen. Die Eltern zeigten sich an dem technischen Fortschritt interessiert. In der Regel waren die Meisten dankbar, dass es wirtschaftlich besser ging und sie sich manches leisten konnten.

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Wir, die Großelterngeneration, erinnern uns zwischendurch an Situationen wie es in unserer Kinderstube war. Ich will  nicht versuchen diese mit denen der Enkelkinder zu vergleichen. Keineswegs, dies wäre rückschrittlich oder wie der Enkel sagt, ihr mit eurer alten Zeit. Mit der Formel, früher war dies so und so. Vor allem wenn es erzieherisch und nicht erzählerisch gemeint ist. Schon bei uns hat sich gezeigt, war ein Freund oder eine Freundin ein Einzelkind, dies war in den sechziger Jahren eher selten, besaß er oder sie zumeist eine schönere Jacke oder eine buntere Schultasche. Seine Hemden und Hosen waren zumeist neu, während die Kinder aus einer größeren Familie die Kleider und die Schultaschen von den größeren Geschwistern aufgetragen haben. Diese Kleidungsstücke sahen nicht mehr so schön aus, von modisch keine Spur. Dazu gab es Langzeitkleidungsstücke, bei uns Burschen war es die Lederhose. Diese hatten schon mehrere Kinder vor mir getragen. Mit jedem Kind wurde sie stabiler und schöner. Um das Leder geschmeidig zu halten wurde am Bauernhof das natürlichste Lederpflegepalsam verwendet, die Speckschwarte. Das ständige Einreiben mit der Speckschwarte war am Leder nicht zu übersehen, es glänzte wie eine Alufolie. Bekam die Lederhose einen Riss oder verlor einen Knopf, war dies eine Arbeit für den ortsansässigen Schuster. Zumeist gab es am Hof auch ein paar Schuhe, welche repariert  werden mussten. Die Schuhe zum Schuster zu bringen und dort abzuholen war eine Beschäftigung für uns halbwüchsige Kinder. Vorher wurden wir von den Eltern darauf aufmerksam gemacht, die Schuhe beim richtigen Schuster  abzugeben. Im Ort gab es zwei Schuster, den Oberen und den Unteren. Wir gingen zum Unteren Schuster.

Egal ob es sich um den Schuster, das Gemischtwarengeschäft oder um eine Gastwirtschaft handelte, die Trennung verlief zwischen Arbeiterschaft und Bauernschaft. Die Arbeiterschaft kaufte die Schuhe beim Oberen Schuster und die Bauernschaft beim Unteren. Ähnliches passierte beim Einkauf der Lebensmittel. Die Landbevölkerung kaufte beim Gemischtwarenhändler Bacher, die Arbeiterschaft im Werkskonsum des Heraklithwerkes. Die Menschen waren im Gemeindegebiet einander nicht Feind, es gab nur die feinen Unterschiede, wer wo was einkaufte.

Peternell