DRUCK:ausgleich

Heute geht es mir besser als vor einigen Jahren. Mir wird immer mehr bewusst, dass ich mich um verschiedene Dinge nicht mehr kümmern muß. Keine Vorbereitungen für die nächsten Monate, keine Bedarfserhebungen, keine Bestellungen für den nächsten Schulanfang. Kein Vorsprechen für Aufrträge bei Institutionen die glauben, dass  größere Firmen automatisch eine größere Leistung bringen. Die Leistungsfähigkeit einer Firma, ob groß oder klein, hängt vom Einsatz und dem Können jedes einzelnen Mitarbeiters ab. Es gibt keinen Erfolgsdruck um die Aufträge zu erhalten. Oft weiss dies das Gegenüber und versucht ein Katz- und Mausspiel, wer gewinnt. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum man sich im Berufsleben gegenseitig das Leben schwer macht, mehr, als es die  Arbeit mit sich bringt.

Während dieser Gedanken blicke ich vom Drau-Radweg auf das Kloster Wernberg, ein Kraftort für die Seele. Zwei Schwäne schwimmen in Richtung der Eisenbahnbrücke, in der Sonne beginnen sie ihr Gefieder zu reinigen.

Schwanenschloss.

LETZT:malig

Nähert sich der Tag der Betriebsübergabe so werden viele Arbeiten letztmalig durchgeführt, wie die Bestellung von Malbücher. Ist es ein Saisonartikel, wie der Verkauf von Erinnerungsalben zur Firmung, dann weis man genau, dies sind die letzten Erinnerungsalben die man verkauft. Manche Kunden haben sich schon vor Monaten  verabschiedet, weil sie nicht wussten, ob dies ihr letzter Einkauf im Geschäft sein wird. Letztmalig besucht man Kunden und nimmt an einer Sitzung der Fachvertretung teil. Das Prinzenpaar bedauert es, dass es letztmalig zu einem Glas Sekt eingeladen wird. Die Burschenschaft von Möselstein gebraucht das Wort letztmalig, um eine Spende für eine Veranstaltung zu erhalten. Sie will auf zwanzig Euro nicht verzichten.

Es ist ungewiß ob sich die Bräuche in Zukunft erhalten werden oder kommt es zu einem Tabubruch, einem Umbruch, der schon fällig ist?

Die letzte Stunde.

UN.gewiss

Nähert sich der letzte Arbeitstag, dabei ist es egal ob man freiwillig oder zwangsläufig aus dem Berufsleben ausscheidet, so wissen viele nicht, was sie in der arbeitsfreien Zeit erwartet. Von einem Tag auf den Anderen befindet man sich in der Pension, nicht in einer Fremdenpension, sondern in der Alterspension. Früher gab es den Begriff “man geht in die Rente”, man war Rentner.  Man kann sich vorher einen Tag ohne regelmäßige Arbeitszeit schwer vorstellen. Man wird sich im Dunkeln vorwärts tasten, bis Licht in den Alltag kommen wird. Manche haben vage Vorstellungen, wie Zeitungsausschnitte und Schriftstücke zu ordnen oder die  Foto- und Büchersammlung zu katalogisieren. Entsprechend der Jahreszeit  im Garten oder am Balkon Sträucher und Blumen zu pflanzen. Männer denken daran, Reparaturen in der Wohnung durchzuführen und im Kellerabteil aufzuräumen.

Über die Vorhaben liegt ein Nebel  wie im November, es ist eine Ungewissheit, die auf das Gemüt und auf das Herz drückt. Langjährige Rentner geben Einblick in das künftige Rentnerparadies, wobei Fernreisen oder das Überwintern auf einer Insel im Süden eine gut dotierte Rente voraussetzen. Viele suchen statt der Fernreisen um einen Zuschuss zu einem Kur- oder Erholungsaufenthalt an. Sie müssen jeden Termin akzeptieren, weil man hat jetzt Zeit. So wird man bei verschiedenen Institutionen und bei Behandlungsterminen zurückgestuft, weil man muss nicht an den Arbeitsplatz zurückkehren. Der Pensionsalltag besteht für manche darin, dass sie viel Zeit in den Wartezimmern der Fachärzte verbringen. Die Wahrscheinlichkeit, dass man nur mehr eine kurze Lebenszeit vor sich hat, wird von den anderen nicht wahrgenommen.

Gewissenslos.

ARBEITS:markt

Hat man eine lange Berufslaufbahn hinter sich, dann hofft man, dass man den Arbeitsplatz nicht kurz vor der Pensionierung verlieren wird. Gehört man keiner bevorzugten Berufsgruppe, wie Eisenbahner oder Beamte an, von denen viele um die Fünfzig in Pension gehen, kann man es nicht riskieren, die eine oder andere Krankheit auszukurieren. Selbstständige verschieben, weil sie vom Betrieb nicht fernbleiben können,  manche Operation in die Zukunft. Man hofft, mit den Beschwerden einige Jahre weiterarbeiten zu können, dann werden es zehn Jahre. Die Politik hat Einsicht  mit denen, die fünfundvierzig Jahre ohne Unterbrechung gearbeitet haben, denen wird ein früherer Pensionsantritt ermöglicht. Die Arbeitslosenunterstützung kann beansprucht werden, sodass man in einer Warteschleife den Pensionsantritt abwartet.

Hat man nie eine Sozialhilfe in Anspruch genommen, dann muß man sich überwinden eine Auskunft auf dem  Arbeitsamt einzuholen. Schon in der Früh warten die Ersten vor dem Amt. Öffnen sich die Türen, dann stürmen alle los, ohne Nummer geht nichts. Jetzt ist man nicht der Herr oder die Frau sowieso, man ist eine Nummer. Der Beamte begrüßt einen nicht, keine Aufforderung Platz zu nehmen, ein kurzes „geben sie her“, gemeint sind die Unterlagen. Man will eine Auskunft. Der Beamte macht einen als erstes darauf aufmerksam, dass man eine Arbeitslosenunterstützung nur in Anspruch nehmen kann, wenn man arbeitswillig ist. Ist jemand arbeitswillig, wenn er die letzten fünfundvierzig Jahre durchgehend ohne Krankenstand, bei wenig Urlaub, gearbeitet hat?  

Das bessere Service.

AL.mosen

Man kann schnell an Bedeutung verlieren und als Mensch uninteressant werden, auch dann, wenn man über Jahrzehnte Kundschaft bei einem Großhändler war. Man muß erleben, dass man nur noch als Kontaktperson von Bedeutung ist, um den Kontakt mit dem Nachfolger herzustellen. Man wird als eine Auskunftsperson und als eine Hemmschwelle angesehen, die im Weg steht und über die man hinweg muss, um an den Nachfolger heran zu kommen. Von Interesse ist man solange, bis man den Namen und die Telefonnummer des Nachfolgers bekannt gegeben hat. Dieses Ansinnen wird mit dem Hinweis versehen, man möchte sich beim Zukünftigen  vorstellen, man will ihm nichts verkaufen. Als Kaufmann habe ich nicht erlebt, dass ein Großhändler Almosen verteilen will, er will verkaufen. Wo liegt die Grenze, zwischen einer Hilfestellung  oder man wird zu etwas gedrängt? In Zukunft will man sich nicht mehr drängen lassen,  das, was man sagen und vorbereiten will, selbst entscheiden. Die neue Freiheit geht dahin, dass ich mir  für die Zeit in der Pension nichts vornehme und nichts wünsche. Ich bin für alles offen, was noch kommen wird.

Dankbarkeit.