BASEN:fasten

Es gibt eine kleine Notiz in den „Oberösterreichischen Nachrichten“, dass der Primar der Internen im Bezirkskrankenhaus mit vierundsechzig Jahren überraschend, für alle unerwartet und mitten aus dem Leben gerissen wurde. Über die genaue Todesursache konnte die Krankenhausverwaltung noch keine Angaben machen. Mitten aus der attraktivsten Schaffensperiode, wo man darüber nachdenkt, wie viele Jahre man noch schaffen wird, wann man in Pension gehen wird. Sich darüber Gedanken macht wer ein würdiger Nachfolger wäre. Schon hinter vorgehaltener Hand gehört hat, dass man von Seiten der Stadt mit einer Auszeichnung in die Pension verabschiedet wird. Den Schritt in die Pension mit dem Abschluss der Sanierungsmaßnahmen in der Abteilung in das Auge gefasst hat. Er hat die inneren Organe des Menschen besser gekannt als die Meisten, die Funktionen, die Stärken aber auch die Schwachstellen. Vielen Menschen hat er die Beschwerden erklärt, sie vor Gesundheitsgefahren gewarnt. Sich darüber geärgert, dass diese die Gefahren nicht ernst nehmen, er hatte es mit Sturheit und Dummheit zu tun. Sogenannte Besserwisser und Unbelehrbare, die die Alarmzeichen des Körpers nicht wahrhaben wollen. Vielleicht hat er die Krankheitssymptome seines Körpers nicht ernst genommen, sie unterdrückt, wie wir es beim digitalen Radioempfang kennen, dass das Rauschen unterdrückt wird.

Basenfasten ist eine Willenssache. Gestärkt durch ein Haferbreimüsli am Morgen, folgen die Anwendungen, dies wird belohnt mit einem Gemüseteller zu Mittag und gekrönt mit einer Basensuppe am Abend. Kann mir jemand versprechen, dass das Basenfasten zur Verlängerung meines Lebens beiträgt, dann wiederhole ich nächstes Jahr die Basenfastenwoche.

Röntgenblick.

ZEIT:spanne IV

Unsere Datumaufzeichnungen werden immer präziser, zum Jahr, Monat und Tag fügt man heute die Stunde und die Minute dazu. Wir haben es in dieser Disziplin zu einer neuen Fertigkeit gebracht. Beim Bezahlen, sei es eine Tasse Kaffee, der Einkauf von Lebensmittel oder beim Tanken, wird auf dem Kassenbon auch die Sekunde ausgedruckt. Was hat der Genuss einer Tasse Kaffe, der Kauf von Lebensmittel und das Tanken mit den Sekunden zu tun ?

Die Namen der verschiedenen Zeitalter hat man erst Jahrhunderte später festgelegt. Heute wählt man eine schnellere Variante und spricht schon jetzt vom Automobilzeitalter, dem Fernsehzeitalter oder dem Computerzeitalter. Es ist fraglich was von diesen Begriffen übrigbleiben wird ? Die persönliche Lebensgeschichte hat ihre eigene Zeitrechnung: Wie die Zeit nach der Berufsausbildung, die Zeit vor der Ehe, die Zeit nach der Deutschlandreise. Manche nehmen die Essgewohnheiten, die sich je nach der gesundheitlichen Befindlichkeit verändern können, als Maßstab für Zeitrechnung. Bei mir ist es die Zeit nach dem Basenfasten.

Entlastungstag.

ZEIT:spanne III

Wir können uns ein Leben ohne Zeitrechnung nicht vorstellen, wir sind ständig dabei die Vergangenheit immer weiter nach hinten aufzurollen. Es gibt seit Jahrtausenden Aufzeichnungen von dem, was die Menschen gemacht haben. Bei den frühen Aufzeichnungen geht es darum, was die Herrscher gemacht haben, welche Kriege sie geführt, welche Frauen sie geliebt und welche Bauwerke sie errichtet haben. Es ist eine Sucht die bei den Aufzeichnungen anhält, unter welchen Regenten eine Burg, eine Hafenanlage, eine Brücke, eine Kirche gebaut wurde. Meistens ist der Name auf einer Tafel, die im Bauwerk integriert ist, eingraviert. Das Ritual, den Namen unter welcher Person der Bahnhof, das Kraftwerk oder das Schulgebäude errichtet wurde, auf einer Tafel festzuhalten, hat bis heute nichts von seiner Faszination verloren. Es verewigen sich Minister, Landeshauptleute und Bürgermeister in solchen Inschriften. Dabei kann es sich um die Errichtung von einem Vereinshaus für den Fußballklub, den Stiegenabgang zum Kulturhaus oder um eine öffentliche WC Anlage handeln. Oft verkommt der Ort zur Bedeutungslosigkeit.

Spaziert man durch die Altstadt von Schärding, dann findet man an vielen Häusern Inschriften und studiert sie als Besucher mit Interesse. Je älter das Datum auf der Gedenktafel, umso höher der Stellenwert des Gebäudes. Eine Variante ist, dass auf der Tafel vermerkt ist, dass dieser Herzog und jener Kaiser auf der Durchfahrt in diesem Haus übernachtet hat. Mit solchen Tafeln schmücken sich Gasthöfe. Hat es ein Physiker oder Musiker, ein Botaniker oder Dichter zu einiger Berühmtheit gebracht, so wird in einer Inschrift darauf hingeweisen, dass der oder diejenige hier geboren wurde.

Anschauungssache.

ZEIT:spanne II

Befindet man sich auf einer Kur zur Wiederherstellung der Gesundheit, dann gibt es zwischen den Kurgästen eine Reihe von Benimmregeln. Es hängt auch davon ab, welches Publikum das Kurhaus hat. Man begegnet Menschen die man nicht kennt, die eine andere Herkunft und Ausbildung und ein anderes Schicksal haben, als man es selbst hat. Es spielt eine Rolle wie gesprächsbereit man ist und wie viel man bereit ist, von sich zu erzählen. Eine andere Sache ist, wie neugierig darf man anderen Personen gegenüber sein. Die gemeinsame Mahlzeit führt zu einem ersten Abtasten der Neuen. Ich bin in der besseren Situation, weil ich vom Aufenthalt aus betrachtet der ältere Kurgast bin. Im Kneipp-Kurhaus in Schärding wurde beim Abendessen an unseren Tisch eine Dame mit weißen Haaren zugewiesen. Sie war Bibliothekarin in der nahen Bezirksstadt und ist seit fünfundzwanzig Jahren in Pension. Sofort hat mir eine Frage auf der Zunge gebrannt und ich habe sie ausgesprochen: „Wie erlebt man die Zeitspanne zwischen sechzig und fünfundsiebzig Jahren.“ Die Jahre seitdem sie in Pension ist. Ihre Antwort ist schnell und offen gekommen: „Man soll die Zeit und die Möglichkeiten im Ruhestand nützen und vieles was man sich in der aktiven Arbeitsphase gewünscht hat umsetzen, soweit es die Gesundheit erlaubt.

Unruhestand.

ZEIT:spanne

Selten spürt man es, dass man in seinem Leben einen Wendepunkt erreicht hat. In jungen Jahren geht man damit meist sorglos um und hält diese für wiederholbar. Mit sechzig Jahren ändert sich dies und ich wünsche mir, dass es wie am PC einen Wiederherstellungspunkt geben würde, die Möglichkeit Ereignisse der letzten Jahrzehnte rückgängig zu machen. Dabei sollte das Wesentliche bleiben, die dunklen Tage, die Einsamkeit, das Gefühl der Überforderung, die hohen Ansprüche an mich selbst, das Horchen auf das Echo der Anderen. Eingespannt im System der Abhängigen, der wahrgenommen wird, weil man von ihm etwas fordern kann.

Es ist gut, wenn man solche Wendepunkte zu feiern weis. Der sechzigste Geburtstag ist ein neuer Lebensabschnitt. Man sollte ihn nicht übergehen, auch wenn man das Altersetikett bekommt. Bei einer Feier kann man die Verwandtschaft, denen man bisher ein schönes Bild von sich präsentiert hat, ein Bilderbuchleben, darauf aufmerksam machen, was man nicht erreicht hat und für immer offen bleiben wird. Auch erklären, dass man mit dem öffentlichen Bild nicht eins zu eins übereinstimmt.

Jubilar.