FINANZ:markt III

Ich habe keine Erfahrung wie weit religiöse Praktiken, Meditation- und Klosterregeln, im Alltag umsetzbar sind. Wir leiden unter unserer Abhängigkeit vom Arbeitsplatz, vom Verdienst, von anderen Menschen, wir sind nicht wirklich frei. Freiheit würde bedeuten nicht anhaften, eine der wichtigen Regeln des Buddhismus. Die Umsetzung dieser Regel würde uns wirklich frei machen, von Besitz, Beruf und Beziehung, dies würde uns Autonomie verschaffen. Yoga- und Zenmeister bieten immer öfter Seminare zur Erlangung von Gelassenheit und für ein neues Denken in Wirtschaftsfragen an.

Exerzitienmeister und Äbte sind heute gefragte Vortragende bei Seminaren für Manager oder die Manager ziehen sich für Besinnungstage in das Kloster zurück. Die Klöster müssen sich wirtschaftlich selbst erhalten und können nicht mehr mit Zuschüssen vom Orden oder vom Bistum rechnen. Die Äbte appellieren für eine Wirtschaft die dem Menschen keinen Schaden zufügt. Ich selbst habe keinen Einblick in die Wirtschaftlichkeit der Klöster. Meine Kontakte beziehen sich darauf, dass ich bei einem Seminarbesuch im Klosterladen eine Flasche Wein oder ein Glas Marmelade aus dem klostereigenen Anbau kaufe. Dabei hatte ich schon den Eindruck, dass der oder die Verkäufer geruhsam und in ausreichender Zahl zur Verfügung standen.

Anders im Verkaufsraum von einem Lebensmittelsupermarkt, dort herrscht in den ersten Vormittagstunden bei den Verkäuferinnen rege Betriebsamkeit, an allen Enden und Ecken werden Waren nachgefüllt. Überall stehen Container mit Ware, welche in die Regale geschlichtet werden. Die Leerkartons und die Plastikverpackungen füllen die Mittelgänge. Die Supermarktangestellten gehören zu den minderbezahlten Arbeitskräften, meistens haben sie nur einen Teilzeitjob. Anders die Patres in den Klöstern, sie arbeiten für Gottes Lohn und für ein kleines Taschengeld. Sie bekommen Unterkunft und Verpflegung gratis. Manche von ihnen betreuen eine Pfarrei in der Umgebung und unterrichten in einer öffentlichen Schule. So bringen sie von auswärts Geld in die Klosterkasse.

Den Bonus der Freiwilligkeit gibt es in der realen Wirtschaft nicht, daher ist das Tempo und das Klima, egal ob Mittel- oder Großbetrieb ein anderes. Etwas vom klösterlichen Miteinander könnten die Betriebe übernehmen. Oft ist es die Konkurrenzsituation unter den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, welche das Betriebsklima verschärfen.

Gewaltfreiheit

FINANZ:markt II

Auf den Wirtschaftsseiten von Zeitungen liest man, wie Staaten zahlungsunfähig werden, wie selbst ernannte Ratingagenturen über die Zukunft, die Zinsen, eines Staates entscheiden. Dazu muss man anmerken, dass von einzelnen Staaten, im Einverständnis mit den Staatsbürgern, enorme Schulden angehäuft wurden. Das Schuldenmachen ist zu einer Selbstverständlichkeit geworden, selbst hat man auch vieles auf Kredit gekauft. Der Staat hat einen Freibrief ausgestellt, alle Wünsche sofort. Den Wohlstand wollen alle sofort haben, warten und sparen, zwei Worte aus dem vorigen Jahrhundert. Hört man sich in der Bekanntschaft und in der Verwandtschaft um, dann leben solche die Schulden haben, fröhlicher und besser als solche, die in alter Tradition sparen. Diese sind aussterbende Artgenossen.

Das Sparen war dafür gedacht, dass man sich eine größere Anschaffung ohne einen Kredit erfüllen kann und bei einem unvorhergesehenem Schicksalschlag, diesen finanziell abfangen kann. Heute bangen die Sparbuchbesitzer um ihr Ruhekissen, obwohl der Staat für die Einlagen haftet. Fröhlicher leben jene, die darauf hoffen, dass durch eine Inflation oder ähnliche finanzielle Ereignisse ein Teil ihrer Schulden abgedeckt wird. Ihnen geht es um den Spass, hier und jetzt.

Fun alle Tage.

SCHUL:grippe

Übt man einen Beruf aus, der mit dem Ablauf des Schuljahres eng verknüpft ist, egal ob es sich um eine kaufmännische Tätigkeit oder um eine Lehrtätigkeit handelt, so kennt man die Anspannung die sich einstellt, wenn die Sommerferien zu Ende gehen. Dies gilt auch für Handwerker die in den Schulen Reparaturarbeiten durchführen und dies bis zu Schulbeginn bewerkstelligen müssen. Jener Handwerker, der zuletzt kommt gerät am meisten unter Druck, andere vor ihm haben oft die Zeit überschritten oder schlampig gearbeitet.

Vierzehn Tage vor dem Schulanfang erhöht sich die Kundenfrequenz in den Kinderabteilung der Textil- und Schuhgeschäften. Größeren Zulauf haben die Buch- und Papierhandlungen, welche die Kinder mit Schulbüchern und Schulartikeln versorgen. Hier soll der Bedarf innerhalb einer Woche abgedeckt werden, weil die  Lehrern verlangen,dass in der zweiten Schulwoche alle mit den benötigten Utensilien ausgestattet sind. Genügt im Normalbetrieb eine Verkäuferin, so braucht es für kurze Zeit mehrere. Diese sollen Grundkenntnisse vom Schulbedarf haben. Manche Papierdiskonter lösen diese Aufgabe dadurch, dass sie mit Anfang September Papierverkäuferinnen einstellen, um sie mit Ende des Monats wieder zu entlassen. Das „Probemonat“ lassen sie sich durch das AMS finanzieren.

Trotz sorgfältiger Vorbereitung und langjähriger Erfahrung blickt man dem  Schulanfang mit gemischten Gefühlen entgegen. Bei vielen Papierhändler kommt es  Anfang September zu Grippesymptome wie Schnupfen, Müdigkeit und Gliederschmerzen, obwohl keine Grippewelle oder Verkühlung vorliegt. Nach den ersten gut verlaufenen Schultagen sind die Symptome vorbei, ohne das es einer Behandlung durch den Arzt oder Medikamente bedurfte.

Schulsyndrom.

AUS:radiert

Mit dem Wort „ausradiert“ verbinden wir verschiedene Vorstellungen. Am häufigsten denken wir daran, dass ein  falsch geschriebenes Wort ausradiert wird. Auch bei diesem so selbstverständlichen Vorgang hat es in den letzten Jahrzehnten einige Entwicklungen gegeben. Vor Jahrzehnten gab es zum Ausradieren nur den rotblauen Radiergummi, den wir alle kennen. Zu den Kautschukradiergummis sind die sogenannten Plastikradiergummis dazugekommen. Für die mechanische Schreibmaschine wurde der Radierstift und der Korrekturroller entwickelt. Bei den elektronischen Schreibmaschinen konnte man die Fehler mit Hilfe eines Korrekturbandes ausbessern. Am Computer gibt es den “virtuellen Radiergummi”, es war noch nie so einfach Fehler zu beseitigen.

Das Wort „Ausradiert“ benützen die Zeitungen bei Katastrophenfällen, wie Verkehrsunfall, Lawinenabgang, Tsunami oder Erdbeben, wenn dabei eine ganze Familie umkommt, oder ein ganzer Ort zerstört wird. Ein Name, eine Familie, ein Ort wurden für alle Zeiten gelöscht. Bei uns macht sich tiefe Betroffenheit breit, soweit wir bei der Fülle von Katastrophen die aus dem Radio, dem Fernseher und dem Internet in das Wohnzimmer schwappen, noch Zeit und Mitgefühl haben.

Wird  nach vierzig Jahren der Firmenname auf der Hausfassade übermalt, dann wird mit Farbe und Pinsel ausradiert. Der Name wird aus dem Gesichtsfeld gelöscht, oder schimmert noch das Negativ durch, obwohl ein neuer Name auf der Hauswand steht?  Verzögern kann man den Vorgang, wenn man einen Ordner anlegt und darin Werbebriefe, Prospekte, Fotos und Leserbriefe aufbewahrt und sich vornimmt, in fünf Jahren den Ordner zu durchforsten. Dann kann man neu entschieden, was man behalten will und von was man sich trennen will.

Bedeutungslos.

ARBEITS:markt

Hat man eine lange Berufslaufbahn hinter sich, dann hofft man, dass man den Arbeitsplatz nicht kurz vor der Pensionierung verlieren wird. Gehört man keiner bevorzugten Berufsgruppe, wie Eisenbahner oder Beamte an, von denen viele um die Fünfzig in Pension gehen, kann man es nicht riskieren, die eine oder andere Krankheit auszukurieren. Selbstständige verschieben, weil sie vom Betrieb nicht fernbleiben können,  manche Operation in die Zukunft. Man hofft, mit den Beschwerden einige Jahre weiterarbeiten zu können, dann werden es zehn Jahre. Die Politik hat Einsicht  mit denen, die fünfundvierzig Jahre ohne Unterbrechung gearbeitet haben, denen wird ein früherer Pensionsantritt ermöglicht. Die Arbeitslosenunterstützung kann beansprucht werden, sodass man in einer Warteschleife den Pensionsantritt abwartet.

Hat man nie eine Sozialhilfe in Anspruch genommen, dann muß man sich überwinden eine Auskunft auf dem  Arbeitsamt einzuholen. Schon in der Früh warten die Ersten vor dem Amt. Öffnen sich die Türen, dann stürmen alle los, ohne Nummer geht nichts. Jetzt ist man nicht der Herr oder die Frau sowieso, man ist eine Nummer. Der Beamte begrüßt einen nicht, keine Aufforderung Platz zu nehmen, ein kurzes „geben sie her“, gemeint sind die Unterlagen. Man will eine Auskunft. Der Beamte macht einen als erstes darauf aufmerksam, dass man eine Arbeitslosenunterstützung nur in Anspruch nehmen kann, wenn man arbeitswillig ist. Ist jemand arbeitswillig, wenn er die letzten fünfundvierzig Jahre durchgehend ohne Krankenstand, bei wenig Urlaub, gearbeitet hat?  

Das bessere Service.