in:opatija II

Der Blick fällt auf das Meer und den gezackten Küstenverlauf von Istrien, vorgelagert  die Insel Cres. Ab und zu quert ein Kreuzfahrtschiff  den Horizont, dort wo sich das Meer mit dem Himmel vermählt. Meinem Küstenbeobachtungsposten nähert sich ein Ausflugsschiff auf dem Weg von Lovran nach Volosko. Das Wasser wird durch die Schiffsschrauben aufgewirbelt und flacht je näher es zur Küste kommt wieder ab. Das Meer beruhigt sich, bestehen bleiben die spiegelnde Sonne auf der Wasseroberfläche und ein paar Bojen. Die Stille ist zerbrechlich, wird unterbrochen durch einen Handy Klingelton, das Geklapper eines Kinderfahrrads, einem schlurfenden  Rollstuhl, am Steuer ein Herr mit Sonnenbrille. Großgewachsene Männer, mit und ohne Bart, am Kopf Kappen oder Hüte, die einen in bodenlangen Mäntel, die anderen in hellgrünem oder orangen T-Shirt.

Für Momente durchqueren Touristen meinen Blick, mit Hund und Handy, Kindern und Kinderwagen, Rucksäcken und Elchmützen am Kopf. Sprachfetzen in Italienisch, Kroatisch und Deutsch schwirren an mein Ohr. Die Kinder laufen, hüpfen und springen, andere werden getragen oder geschoben. Die Frauen spazieren mit einem Hund im Arm, in der Größe von der Undine, einer gut gewachsenen Katze, vorbei. Die Kosmetikerin im Haus besitzt einen kleinen Hund.

Von einem Felsvorsprung, zwischen Opatija und Icici, blicke ich auf Rijeka. Im entfernten Rijeka liegen zwei Frachtschiffe auf Mole und warten darauf gelöscht zu werden. Der Reiz von Rijeka entfaltet sich nachts, wenn die Straßenlaternen mit ihrem eigelbem Licht die Bucht und den Berg hinauf, ausleuchten. Der ganze Küstenstreifen ist in gelbes Licht getaucht. Die Sonnenstrahlen wandern nach Westen, die Intensität lässt nach, ich wechsle die Bank. Stolpernd eilen die Menschen zurück in den Ort, zu Cafe und Kuchen. Der Unterschied zwischen den Umlandgemeinden und dem Zentrum wird auch im Preis vom Cappuccino deutlich. Im Cafe Arche in Ika und  im Cafe Kontiki in Volosko gibt es ihn um acht Kunar, beim Cafe Wagner in Opatija  kostet derselbe Cappuccino zwanzig Kunar. Der Unterschied liegt in der geografischen Lage, nicht in der Qualität.

Abenteuer Kontiki

in:opatija I

Beim Blick aus dem Hotelfenster im sechsten Stockwerk  zeigt sich eine Landschaft, wie für ein Bühnenbild zu einem Piratenstück. Diese Kulisse dient im Mittelmeerraum  auch als Rückwand von Krippen. Am Fuße des Hotels liegt der alte Fischerhafen von Opatija, kleine Segel- und Ruderboote. Die Schiffe, eingemottet mit einer Plane, schaukeln auf dem Wasser, längs des Kais stehen drei Ausflugschiffe. In der Zeit von Weihnachten bis zum Dreikönigstag hoffen sie auf das Geschäft mit den Touristen, den Weihnachtsurlaubern. Die meisten Sitzplätze der Hafenkneipe befinden sich im Freien, notdürftig durch Plastikplanen vor der Meeresbrise geschützt. Daneben eine Tankstelle für den Treibstoff, Wasser und Strom, sowie ein Shop mit Gebrauchsartikeln. Geht der Blick die Bergseite hoch, reihen sich Villen und Hotels bis in die mittlere Hanglage. Vorgelagert ein Park mit Palmen, Kiefern und exotischen Bäumen, allesamt immergrün. Meine Augen streifen der gegenüberliegenden Insel entlang, auf den schmalen Einlass zu, bis am Ende ein Tor offen bleibt. Ein Fluchtweg in die Welt, der vom Meer immer offen gehalten wird. Von Zeit zu Zeit quert ein Schiff die Passage, wie eine Flaschenpost aus einer fernen Zeit. Es macht nicht halt, gibt nur Kunde von einer fernen Welt. Die Option aus dieser Welt auszubrechen bleibt, aufbrechen in eine gekrümmte, endlose Welt.

Die Schiffe, welche vorüberziehen sind für kurze Zeit sichtbar, so ist auch mein Leben für andere eine kurze Zeit sichtbar. Um dann aus ihrem Gesichtskreis und aus ihrem Horizont zu verschwinden. Keiner weiß wo ich dann sein werde, was ich erlebe.

Das Gesicht von Opatija unterscheidet sich von vielen anderen kroatischen Küstenstädten. Es ist zum Meer viel offener, es musste sich gegen Angreifer niemals verteidigen. Das Zentrum ist nicht die Altstadt sondern der Küstenstreifen, welcher sich wie eine Schlange, wie ein Aal, von Volosko nach Lovran windet. Am Lungomare tummeln sich bei Sonnenschein Spaziergänger, Hundeführer und Kinderwagen. Das Fell der Hunde gibt es in allen Farben, schwarz, weiß, grau, die Hundemäntel in rot, beige und crem.

Aus dem Tagebuch…

reise:abenteuer II

Hätten wir in Mailand den Bahnsteig verlassen, hätten wir ihn im schlimmsten Fall nicht mehr betreten dürfen, weil wir keine gültigen Fahrscheine für diese Strecke hatten. Eine Rarität im italienischen Bahnverkehr ist, dass bei den großen Bahnhöfen bevor man den Bahnsteig betreten kann kontrolliert wird, ob man eine gültige Fahrkarte hat. Damit sollen Schwarzfahrer abgeschreckt werden. Anderseits braucht es in den Fernverkehrszügen eine Platzreservierung, die wir nicht hatten. Zu unserem Glück war der Zug von Mailand nach Savona überfüllt und der Schaffner hat unsere Fahrscheine nur oberflächlich kontrolliert. Einen Teil der Zugstrecke mussten wir am Gang sitzen, dann lichteten sich die Plätze und wir fuhren entspannt Savona entgegen.

Während der Zugfahrt hatten wir ausführlich Zeit uns über unsere Herkunft und die kommende Reise zu unterhalten. Dem jungen Paar konnten wir einige nützliche Tipps zum Einchecken und zum Bordleben  geben. Im Gespräch steckten wir den gemeinsamen lokalen Raum ab, das Beziehungsgeflecht zwischen uns, von dem wir vorher nichts wussten. Der junge Herr hat seine Schulferien bei einer Familie in Arnoldstein verbracht, umgekehrt waren die Kinder dieser Familie bei ihnen in der Steiermark. Da ich vierzig Jahre in Arnoldstein gelebt habe, war ich auf den Familiennamen neugierig. Möglicherweise kenne ich sie, obwohl ich kein Namensgenie bin. An den Namen konnte er sich nicht mehr erinnern. Handy sei Dank, hat er mit seiner Schwester telefoniert, die mit der Arnoldsteinerfamilie  immer noch sporadisch Kontakt hat und nach dem Namen gefragt. Es war eine Familie aus dem Ort, deren Tochter in meiner Papierhandlung eine Lehre absolviert hat. Mit dieser hat er als Kind im Sandkasten gespielt. So schloss sich der Bogen. Am Bahnhof  in Savona bestiegen wir gemeinsam ein Taxi, welches uns zum Schiff brachte.

Heimathafen

reise:abenteuer I

In vielen Köpfen ist das Bonmot abrufbar, wer eine Reise macht, der kann etwas erzählen. Trotz sorgfältiger Planung kann etwas Unvorhergesehenes passieren. Oft sind es die unerwarteten Begegnungen mit Mitreisenden. Zu einer Mittelmeerkreuzfahrt ab Savona  reisten wir von Villach mit dem Zug an und strandeten um halb fünf Uhr morgens in der Unterführung vom Bahnhof Bologna. Der Nachtzug von Wien nach Rom hatte über eine halbe Stunde Verspätung und so versäumten wir in Bologna den Anschlusszug nach Savona. Wie es sich bald zeigte, waren wir nicht das einzige Strandgut. In der Unterführung schliefen entlang der Mauern eine größere Anzahl von Obdachlosen auf Pappkartons. So betrachtet waren wir mit unseren Reisekoffern in der vornehmeren Position. Der Blick auf den Fahrplan verhieß nichts Gutes. Es gab nur diesen einen Frühzug, der uns nach Voghera und nach nochmaligem Umsteigen nach Savona bringen sollte. Bei einer fixierten Schiffabfahrtszeit eine beunruhigende Feststellung.

Über die Stiege kommt ein jüngeres Paar mit denselben Kofferanhängern, von der Schifffahrtsgesellschaft, wie wir. Plötzlich hatten wir Leidensgefährten, die ebenfalls dieselbe Zugverbindung nützen wollten. Wir tauschten uns über unsere missliche Lage aus und beschließen ein Team zu bilden. Das Paar kam aus der Steiermark, es war ihre erste Kreuzfahrt. Wir waren Kärntner und hatten schon auf zwei Kreuzfahrten Erfahrungen gesammelt. Wir änderten unsere Route und bestiegen den nächsten Zug nach Mailand, um von dort den Zug nach Savona zu nehmen. Auf diesen Transitstrecken gab es im Stundentakt schnelle Zugsverbindungen. Die Bedenken der Steirer, wir hätten für diese Strecke keine gültigen Fahrkarten, schob ich zur Seite. Wir befanden uns sozusagen in einer Notlage. Ich lehnte es auch ab in Mailand einen Fahrkartenschalter aufzusuchen, um die Fahrscheine umzutauschen oder Neue zu lösen. Wir sprachen nur bruchstückhaft italienisch und der Herr am Fahrkartenschalter in Mailand konnte voraussichtlich kein Deutsch. Keine gute Voraussetzung um unsere Situation zu erklären.

Umsteigen bitte.

glück:spiel II

Eltern, die abends mit Klein- oder Schulkindern in der Fußgängerzone von Bibione unterwegs sind, müssen vor allem standhaft sein und Nein sagen können. Jeder dritte oder fünfte Laden ist ein Spielsalon für Jugendliche. Die  Sala Gioca sind mit ihren blinkenden, glitzernden und akustischen Reizen ein Magnet für Kinder. Die Auswahl an Automaten ist groß, mit viel Elektronik, aber  mit wenigen Gewinnchancen. Bären, Puppen oder tolle Uhren, alles sehr verlockend. Zumeist glaubt man einen tollen Sachpreis mit dem Greifarm erfasst zu haben, dann entwischt das Glück  im letzten Moment. Der nächste Versuch gelingt bestimmt, alles was es dafür braucht ist ein neuer Jeton von Mama. Bei einem Blick in die Spielsalons kann ich beobachten mit welchem Ehrgeiz und Verbissenheit die Kids dem Glück nachjagen. Dabei werde ich etwas nachdenklich. Lebt diese Spielleidenschaft in späteren Jahren wieder auf, wenn sie selbst einmal über Geld verfügen? Oder ist dies ein kindlicher Hype, der in Vergessenheit gerät? Wer im allabendlichen Flanieren, besser gesagt im Gewühl noch das Gefühl hat, zu kurz gekommen zu sein, der findet am Strand in eigenen Spaßzelten Unterhaltung bis in die frühen Morgenstunden.

In den Badeorten von Oberitalien sind viele Kleiderläden, um nicht zu sagen Fetzenläden, Schuhläden und die Habenallesläden, fest in chinesischer Hand. Die neue Händlergeneration in den italienischen Tourismusorten kommt aus dem Fernen Osten. Dieser Trend setzt sich auch bei den Kebab und den Schnellimbissstandln fort.  Der Trend macht auch nicht vor Touristen Hochburgen wie Venedig halt. Auch dort haben sich die bei uns üblichen Ein Euro Shop etabliert. Nippes, Figuren aus Muranoglas, Made in China, gibt es hier für zwei bis drei Euro. Die Orginalfiguren aus Murano  erhält man für dreißig bis fünfzig Euro. Die Realitäten verschieben sich bisweilen radikal.

Zero