digital:amme

Während eines Aufenthaltes im Hotel oder bei einem Besuch einer Jungfamilie erlebt man, dass das Smartphone oder Tablett bei Kleinkindern als digitale Amme dient. Heute die ideale Kinderbetreuung. Beim Abendessen verlangt das einjährige Mädchen vehement nach dem Smartphone, es liegt mehrfach in Griffweite auf dem Familientisch. Es gibt nicht Ruhe, bevor es nicht eingeschaltet wird. Das Mädchen starrt auf das Display des Handys, während die Mutter mit einem Kaffeelöffel versucht einen Brei in den Mund des Kindes zu stopfen. Das Kleinkind hat den Mund halb offen, bemüht sich aber nicht nach dem Brei zu schnappen, den Löffel abzuschlecken. So eingenommen ist es von den Figuren und Bildern auf dem Bildschirm. Der Versuch das Smartphone zu entfernen, endet jedes Mal mit einem Zornesausbruch.

Vor kurzem mahnte eine Kinderärztin in einer Zeitung, Kleinkindern unter zwei Jahren ein Smartphone zur Beschäftigung zu überlassen. Ein digitales Gerät kann kein Ersatz für eine spielerische Beschäftigung mit dem Kleinkind sein. Die Realität ist in den Jungfamilien und im öffentlichen Raum eine andere. Welche Folgen dieser frühe Konsum von digitalen Medien für die Wahrnehmung der Realität und der sozialen Kommunikation in späteren Jahren einmal haben wird, bleibt offen. Ich bin froh darüber, dass in meiner Kindheit Bilderbücher, Märchenbücher und Kinderbücher die wichtigsten Quellen zur Beschäftigung und Unterhaltung waren.

Kartoffelbrei

früh:geburt

Zu den Auswirkungen des übermäßigen Internet- oder Handykonsum gibt es viele Studien, Zeitungsartikel und Bücher, unübersehbar. Was den Internet- und Handykonsum betrifft, befindet sich die Generation über sechzig in einer glücklichen Lage. Sie befindet sich in der Gnade der frühen Geburt.  In Zusammenhang mit den Kriegs Greul im Zweiten Weltkrieg spricht man von unserer Generation von der Gnade der späten Geburt. Durch die extensive Internet- und Handybenützung und damit folgende Entwicklungsschäden im Kindesalter oder digitales Suchtverhalten, haben die vor den siebziger Jahren Geborenen das Glück der frühen Geburt. Wir waren schon erwachsen und sind dem Überkonsum des Handy und Internet entgangen. In einer entscheidenden Entwicklungsphase, im Kleinkindalter, wurden wir noch nicht von einer digitalen Amme betreut.

Mit Autos zum Aufziehen, Teddybären, Holztraktor und Bilderbücher wurde versucht unsere Aufmerksamkeit und Stillverhalten zu erwirken. Ältere Geschwister haben Märchen vorgelesen. Zum Büldl schauen genügte ein alter Bauernkalender oder Reimmichlkalender vom verflossenen Jahr. Teilweise waren sie schon mit einem Bleistift oder Buntstiften vom älteren Bruder vollgekritzelt. Um einzelne Blätter zu zerreißen und später um einzelne Bilder herauszuschneiden waren sie immer noch zu gebrauchen.

Märchenkubus

grün:bereich II

In vielen spirituellen Seminaren zur geistigen Gesundheit wird Bezug auf die Mutter Erde genommen, bei den Atemübungen soll man sich erden. Es macht einen großen Unterschied ob diese Übungen in einem Innenraum stattfinden oder ob es möglich ist dieselben auf einer Wiese auszuüben. In den Dörfern gibt es Menschen die viel barfuß gehen, nur soweit es die Arbeit erfordert ein festes Schuhwerk tragen. Diese Bloßfüßler, wie sie abschätzig genannt werden, zeichnet eine robuste Gesundheit aus. Heute ist es teilweise Trend barfuß unterwegs zu sein. Vor sechzig und mehr Jahren war es einer finanziellen Notlage geschuldet. Die Kinder sind bloßfüßig über die Wiesen, Plätze und Feldwege getobt, weil sich manche Familien für jedes Kind nur ein paar Schuhe leisten konnte. Diese waren für den Sonntag reserviert. Alles konnte bloßfüßig erledigt werden, in die Schule gehen, auf dem Hof bei der Arbeit helfen, etwas im Gemischtwarengeschäft holen. Für den Kirchgang am Sonntag gehörte es sich, dass man die Schuhe anzog.

Es ist kein Zufall, dass Parteien, welche unter dem Sammelbegriff Grün bekannt sind, in den letzten Jahren mehr Zulauf haben. Man bezeichnet sie als das grüne Gewissen,  den Wald als die grüne Lunge der Erde.

Atembeschwerden

grün:bereich

Mit dem Farbton grün verbinden uns einige Emotionen. Vorne weg, entdeckt man auf der Wiese die ersten grünen Gräser und Blätter, schon beginnt man vom Frühling zu schwärmen. Wer etwas Geld auf die Budel legt, kann sich Wochen vorher aus einer Blumenhandlung einen Frühlingsboten in die Wohnung stellen. Über die Wintermonate mussten wir uns mit immergrünen Pflanzen begnügen. Sie haben nicht die dieselbe Strahlkraft wie die ersten Blumen, welche unter der Schneedecke hervorlugen. Bevorzugt setzt man im Wohnbereich, bei der Wandfarbe, bei den Vorhängen, den Polstermöbel auf einen Grünton und bringt so die persönliche Stimmung in den grünen Bereich. Salopp begrüßt man sich heute mit dem Spruch, alles im grünen Bereich?  So heißt es, trifft es vielerorts auch nicht zu. Dies verschweigt man gerne. Wer outet sich, dass bei ihm das Signal auf Rot steht, das Gegenteil vom grünen Bereich. In den Städten gibt es ein Gezeter und Gezerre um mehr Grünflächen. Vieles ist Kosmetik, zuerst werden Flächen zubetoniert, etwas weniger brutal, dem Zeitgeist entsprechend zugepflastert.

Zur Behübschung werden Betoncontainer oder Betontröge mit Grünpflanzen auf den Asphalt oder die Pflastersteine gestellt. Wer ein Gespür für Pflanzen hat spürt, wie unwohl sich diese in den Betontrögen fühlen. Um sich voll zu entfalten fehlt ihnen der Kontakt mit der Erde. Erde nicht als Material in einem Gefäß, sondern in Kontakt mit unserem Planet Erde.

Erdhügel

rail:jet

Stehend verfolgen wir im Railjet gespannt die ständig wechselnde Anzeige auf dem Monitor. Unter den Fahrgästen herrscht eine nervöse Spannung, da es darum geht, die Anschlüsse von Regionalzügen zu erreichen. Die Anzeige am Monitor revidiert die planmäßige Ankunft des Railjet im Salzburg Hauptbahnhof nach oben. Aus fünf Minuten werden zehn Minuten und mehr an Verspätung. Die Nervosität und der Unmut unter den Reisenden war im Großraumwagon zu spüren. Die Situation wurde verschlimmert, da bereits am späten Nachmittag die Dämmerung einsetzt und dadurch das subjektive Zeitgefühl um einiges gestört wird. Einige Reisende telefonierten lautstark mit Bekannten, welche sie am Bahnhof erwarteten und teilten ihnen die Verspätung mit. Dramatischer hörten sich die Gespräche bei den Leuten an, welche den Anschlusszug versäumen und zu einem viel späteren Zeitpunkt im Heimatort eintreffen werden. Dabei wurden wartende Kinder oder die Oma welche noch versorgt werden soll, genannt.

In diese aufgebrachte Stimmung mischte ich mich ein, auch bei mir wird der Anschlusszug bereits das Weite gesucht haben. Selbst wenn ich durch die Bahnhofshalle stürmen würde und die Stiege in Riesenschritten nehme, würde ich nur die roten Schlusslichter meines Zuges nach Villach sehen. Meine einzige Wahl ist, in zwei Stunden den nächsten Fernverkehrszug von Salzburg nach Villach zu nehmen. Insofern bin ich in der besseren Situation, da ich mit niemanden telefonieren und meine Verspätung ankündigen muss. Zuhause wartet auf mich unsere Wohnungskatze Sissi. Bei all ihrer Intelligenz und den Fähigkeiten die wir ihr zuschreiben, weiß sie nicht, ob ich zum geplanten Zeitpunkt ankomme. Einerlei ob ich zu Hause zwei Stunden später eintreffen werde. Sissi orientiert sich an den Liftgeräuschen und steht rechtzeitig bei der Wohnungstüre, wenn ich eintrete. Sie verzeiht es mir allemal, wenn ich später nach Hause komme und hat sich diesbezüglich kein einziges Mal beklagt, respektive miaut.