VER:ständigung

Wie breit soll die Basis der Verständigung zwischen einem Übergeber und einem Übernehmer bei einer Betriebsübergabe sein?  Was und wie viel soll man voneinander wissen. Manches wird durch die Öffentlichkeit zugetragen und mit manchen Informationen wird man überrascht. Wie soll man sich austauschen, wenn sich der Anrufbeantworter mit der Ansage meldet: „Hinterlassen sie nach dem Signalton eine Nachricht“. So werkt auf der Baustelle jeder auf seiner Seite, nach seiner Sicht, an der Betriebsübergabe. Zum Schluß soll ein gemeinsames Haus entstehen.

Es ist wie auf einer Brücke, wo jeder von einer anderen Seite kommt, um sich in der Mitte zu treffen. Der eine bewegt sich unter der Brücke, der andere im Schatten des Brückengeländers, um unerwartet den anderen damit zu überraschen, wie weit man schon vorgedrungen ist. Man bewegt sich durch gegenseitige Zurufe aufeinander zu.   

Ein Weg.

VER:spannt

Schnell kann eine fordernde Arbeitssituation zu Verspannungen führen, dies habe ich beim Saisongeschäft gespürt. Die andauernde einseitige Haltung und Bewegungen, das Verharren in einer nach vorne geneigten Position haben im Bereich der Schultern zu Schmerzen geführt. Die Tage sind geschäftlich gut verlaufen, aber auch die Befürchtungen, dass etwas passieren könnte, führen zu Verspannungen. Obwohl alles zufrieden erledigt, halten die Spannungen an. Bei der Entspannung im Liegestuhl lösen diese noch Beschwerden aus. Niemand kann von sich sagen, dass sein Leben beschwerdefrei sein wird und das man immer einsatzbereit sein wird. Genau diese Anforderung stellt man an Kleinunternehmer. Eigentlich  müssten diese um Jahre früher in Pension gehen, weil sie wenig bis keine Arbeitszeit durch Krankenstand, Stempeln oder Urlaub verloren haben, dafür müsste es einen Bonus geben. Die Wirklichkeit ist, dass viele um einige Jahre länger arbeiten.

Überstundenabbau.

KUR:haus IV

Nach den Kneippanwendungen gehe ich in der Wandelhalle des Kneipp-Kurhauses in Schärding auf dem roten Teppich auf und ab um die Füße warm zu laufen.  Dabei blicke ich auf den, nach zwei Regentagen, angeschwollen und schmutzigen Inn. Für die Dauer des Kuraufenthaltes verkörpert er für mich den Fluss des Lebens. Der Inn fragt nicht welchen Zweck sein Fließen hat, welche Aufgaben auf ihn warten. Er weis auch nicht wohin er fließt. Wir verhalten uns anders, wir stellen den ganzen Tag über Fragen. Die Fragerei lässt keine geordnete Arbeit zu, sie verhindert, dass man den Fragen Anderer zuhört. Manche werden auch in der Nacht ihre Fragen nicht los, die offenen Fragen lassen keinen Schlaf zu. Im Allgemeinen lobt man die Fragesteller, aber es gibt ein Übermaß an Fragen. An der Beantwortung der Fragen:  „Wozu und warum leben wir, wohin gehen wir und was ist der Sinn unseres Leben“,  scheitert man.

Als Krönung der Schöpfung bemühen wir uns diese Fragen zu erörtern. Wir sind das einzige Lebewesen, dass die Chance hat, diese komplexen Fragen zu beantworten. Die Ungewissheit in diesen Fragen ist  geeignet die Schulter- und Nackenmuskeln zu verspannen, die Fragen sind Ballast für den Schulterbereich. In der Kur befinden sich Menschen, die sich diese Fragen gestellt haben und sich von den Massagen, den Nackengüssen und – wickel Linderung versprechen. Im Innersten erwarten sie sich eine Antwort auf diese Fragen. Nach der Linderung der körperlichen Beschwerden werden die Fragen wieder kommen.  

Im Kneippkurhaus gibt es im Erdgeschoss einen Gang mit vielen Türen, die alle  kein Türschild haben, sie führen in die Hauskapelle. Dort, so wird es versprochen, findet sich für alle diese Fragen eine Antwort. Es gibt auch eine Antwort  auf die Frage: “Nach dem Leben nach dem Tod”.

Alle fragen.

KUR: haus III

Vor einem Kuraufenthalt bemühte ich mich Angelegenheiten,  welche  das Geschäft betroffen haben, im Vorfeld zu erledigen. Ich war ein Hellseher der verschiedene Geschäftsfälle vorausahnte und diese mit der Mitarbeiterin besprochen hat. Trotzdem war es nicht  zu vermeiden, dass bei einer dreiwöchigen Kur manche Vorfälle  telefonisch abgeklärt werden mussten. Bei einem Kuraufenthalt in den neunziger Jahren, in Baden bei Wien, musste ich aus einer öffentlichen Telefonzelle  im Geschäft anrufen,  um mich nach dem Geschäftsverlauf zu erkundigen. Im Kurhaus der Gewerblichen Wirtschaft gab es in den  Zimmern kein Telefon und keinen Fernseher. Nur die Möglichkeit  aus drei österreichischen Radioprogrammen zu wählen. Das oberste Gebot der Kurhausleitung  war, die Patienten von allen äußeren Einflüssen abzuschirmen. Streng geregelt war auch  die Auswahl bei der  Verpflegung.  Es gab spezielle Diäten bei Übergewicht, bei Galle- und Nierenerkrankungen und zu hohen Cholesterinwerten. Im Kurcafé und im Speisesaal gab es keinen Alkohol und überall Rauchverbot. Der Haupteingang vom Kurhaus wurde um 22 Uhr  abgesperrt und um sechs Uhr wieder geöffnet.  Als Kurgäste waren wir nachts eingesperrt, eine Vollzugsanstalt für Erwachsene.

Ein Jahrzehnt später hatte ich das Handy mit auf der Kur. Im Zimmer gab es Telefon und Fernsehen, das Radio musste ich selbst mitnehmen.

Wendekur.

 

STIMMEN:hören

Es ist einerlei wo man sich aufhält, ob am Hauptplatz, in einem Geschäft oder in einem Café, auf einem Bauernmarkt oder im Einkaufszentrum, überall hört man Musik und Werbedurchsagen. Diese sogenannte Hintergrundmusik soll die Einkaufsstimmung stimulieren. Oft fällt uns die Musik nicht mehr auf, es ist umgekehrt, es fehlt uns etwas, wenn keine Musik zu hören ist. Ist es in einer Gaststätte zu ruhig, dann löst diese Ruhe bei den Menschen Nervosität aus. Der Spruch, „mit Musik geht alles besser“, hat sich tief in unseren Kopf eingeprägt. Bei der Feststellung, „ich habe Musik im Kopf“, wird niemand weiter nachfragen. Sagt jemand, „er kann Stimmen hören“, dann wird man dies mit Argwohn zur Kenntnis nehmen. Von manchen Entscheidungen sagen wir: „Ich bin der inneren Stimme gefolgt“. Die innere Stimme gilt als Indikator, dass man die richtige Wahl getroffen hat. Es ist notwendig, aus den vielen inneren Stimmen, die Richtige zu wählen. Verzichten kann auf die innere Stimme niemand.

Die Kulturgeschichte ist voll mit Zeugnissen von Propheten und Prophetinnen die eine innere Stimme hörten und diese Offenbarungen aufgeschrieben haben. Mit dem gesprochenen Wort fühlen wir uns stärker verbunden, als mit dem geschriebenen Text.  Zu den Zeiten, als man beim Telefonieren noch die Wählscheibe benutzte, hat man ausgerufen: „Wie schön deine Stimme zu hören und ruf doch bald wieder an“. Dagegen ist das SMS eine anonyme Angelegenheit. Wir fühlen uns bei einer Wanderung in unbewohnten Gegenden gleich sicherer, wenn wir plötzlich Stimmen hören. Die Stimmen hört man meistens schon lange vorher, bevor man die Menschen sehen kann.

Stimmbruch.