zünd:funke II

Nach den vielen Spekulationen rund um das Schreiben ist es angebracht vom eigenen Schreiben, vom Nachdenken, vom Prozess bis zur Verschriftlichung zu erzählen. Der Auslöser für meine Literaturminiaturen ist häufig ein Satz während einer Unterhaltung, von jemandem anderen oder von mir geäußert. Im weitesten Sinne auch eine Meinung oder eine Feststellung, welche in einem Gespräch getroffen wird. Ausgangspunkt für einen Text kann eine völlige Nebensächlichkeit sein, Begebenheiten die keines Blickes wert sind. Diese bilden die Grundlagen für meine Texte. Zumeist werden sie in einer kurzen, handschriftlichen Notiz in meinen Tageheften (A6 Notizheft) festgehalten. Diese Notizen werden durch Fantasie, Erinnerungen und die Möglichkeiten erweitert. In der Wohnung ist es immer derselbe Schreibplatz, das sogenannte Schreib-und Katzenzimmer. Tagsüber, zumeist am Nachmittag wird diese Kammer von mir zum Schreiben benützt, nachtsüber dient es der Wohnungskatze als Schlafraum. Das Geheimnis,wie ich zu diesem Text gekommen bin, soll gelüftet werden. Die Initialzündung liegt in einer kurzen Notiz in meinen Tageheften. Dort habe ich festgehalten, dass von Berufstätigen mir gegenüber der Wunsch geäußert wurde, im Ruhestand möchten sie auch Schreiben. Zumeist denken sie dabei an eine Autobiographie. Sie bewerten ihre Erlebnisse und Tätigkeiten für so interessant, dass es auch andere interessieren könnte. Sie  wissen nicht, dass erfundene Geschichten zumeist spannender klingen, als die Tatsächlichen. Von einigen, die über etwas Schreibtalent verfügen, ist es ein konkretes Vorhaben für den Ruhestand, zu schreiben und ein Buch zu veröffentlichen.

Noch etwas erweckt die Neugier von Bekannten, von Zuhörern und Lesern meiner Webseite und meiner Bücher, wie ich zum Namen Schlagloch für mein Blog gekommen bin. Da bin ich in der genüsslichen Lage auf den ersten Eintrag in meinem Blog zu verweisen. Heute würde ich es noch genauso definieren, vielleicht etwas phantasievoller formulieren.

Taggedanken

zünd:funke I

Wie kann man sich die Arbeit, den Arbeitstag eines Schriftstellers vorstellen, werde ich oftmals gefragt? Meistens vor oder nach einer öffentlichen Lesung, auch wenn ich von meinem Blog oder den veröffentlichten Büchern berichte. Ich erzähle wie meine Literaturminiaturen, die Texte, welche ich seit dreizehn Jahren auf  diesem Weblog veröffentliche, zustande kommen. Manche kennen die abenteuerlichsten Anekdoten von Schriftstellern, wie sie der Intuition nachgeholfen haben, wie sie in ihrem Gehirn den Schreibimpuls ausgelöst haben.So gibt es eine Anekdote von einem Autor, der in einer Schublade des Schreibtisches faule Äpfel liegen hatte und durch den Fäulnisgeruch zum Schreiben angeregt wurde. Ein Anderer braucht eine Dose gespitzter Bleistifte, damit seine einmal in Fluss gekommenen Gedanken nicht abreißen. Es gibt Literaten, welche nach einem Viertel Wein von der Muse geküsst werden oder sich genüsslich an den PC setzen und eine Pfeife anzünden. Wahrscheinlich kann jeder der Texte verfasst mit einem persönlichen Schreibimpuls aufwarten. Möglich, dass nach diesem Aufruf  einige ihren ganz persönlichen Schreibimpuls preisgeben? Die Kommentarfunktion ist für alle offen. Dazu gesellen sich die unterschiedlichen Tageszeiten, welche beim Schreiben eine Rolle spielen. Ähnlich wie für andere Tätigkeiten gibt es Morgen-, Abend- oder Nachtmenschen.

Die Ameisenschriftsteller, benützen täglich ihre Notizhefte, die Schreibmaschine oder den PC um ihre Gedanken, Phrasen, Erinnerungen und Spekulationen festzuhalten. Wieder andere warten auf den göttlichen Moment, auf eine spontane Eingebung um diese dann niederzuschreiben. Eine wichtige Rolle spielt auch der Platz zum Schreiben. Ist es immer derselbe Ort oder zieht man es in der Wohnung vor den Ort zu wechseln? Löst erst das Unterwegs sein, die Wartehalle von einem Bahnhof, die Zugfahrt oder ein fremder Ort den Schreibimpuls aus?  Ziehen am Zugfenster die Landschaften und Häuser vorbei trägt dies dazu bei, dass im Kopf die Gedanken zu fließen beginnen.

Explosion

eigen:heim

Mit den verlebten Jahren gehen die Bewohner eine innige Gemeinschaft mit ihren Häusern ein. Dies trifft bei einem Einfamilienhaus stärker zu, als bei einem Mietshaus. Durch die Schicksalsstunden welche man dort erlebt hat, verstärkt. Mit dem Älterwerden sieht man im Hausbesitz keinen Ruhepol mehr, sondern einen Unruhepool im Leben. Der Besitz hält einen ständig auf Trapp, ein Mühlrad welches immer in Bewegung ist. Man wünscht sich sehnlichst den Tag herbei nicht länger das Mühlrad zu sein. Die Funktion des Mühlrades abzugeben und das Haus zu vermieten. Danach gibt man sich mit weniger Wohnraum zufrieden, um die Ruhe  zu genießen. Monate später steht man bei einem Besuch vor einem neuen Gartentor und einem fremden Namen daran. Der Eingang hat sich total verändert. Die Skulpturen im Innenhof und die Dekorierung der Veranda zeugen von einem andersartigen Geschmack. Dem bodenständigen Empfinden entspricht die Ausstaffierung nicht, sie wird als nicht vertraut angesehen. Der Wind weht aus dem Südosten. Ab und zu verreist man mit Goethe in den Süden, besser noch mit Montaigne, dort wo die Zitronenbäume blühen.

Bei allem spielt die Sorge mit, das Haus könnte einen fremden Geruch annehmen. Obwohl man darin Jahrzehnte gewohnt hat, kommt es einem fremd vor. Es ist vernünftiger in einem kleineren Umfeld zu leben, als von der Erhaltung eines Hauses erdrückt zu werden.

Heimat ist nur geliehen 

auf:wiedersehen

Außer mit dem üblen Nachruf, Einen schönen Tag noch, wird man in manchen Geschäften noch mit dem traditionellen Auf Wiedersehen  verabschiedet. Üblicherweise wenn man sich zum Gehen wendet, auf die Ladentür zuschreitet. Das Gegenstück, wenn man beim Eintreten in das Geschäftslokal mit einem Grüß Gott begrüßt wird. Im ersten Moment war mir nicht klar, lag das Auf Wiedersehen der Backwarenverkäuferin sofort nach dem Bezahlen ihrer Absicht zu Grunde in die Mittagspause zu entschwinden? Ich war gerade dabei aus meiner Jacke eine kleine Plastiktragtasche zu ziehen, um die Backwaren zu verstauen. Ich ordnete den Gruß der Verkäuferin der Absicht zu, nach Hause zu gehen. Heutzutage arbeiten viele Frauen als Teilzeitkräfte, war für sie Dienstschluss? Dies war nicht der Fall. Zur Erklärung bekam ich die Bemerkung, stehe ich vor der Tür, wäre es für einen Abschiedsgruß zu spät. Meinem Empfinden nach war ich von der Absicht, die Bäckerei zu verlassen, weit entfernt. Es dürfte die Art der Verkäuferin sein, alles in einem Aufwaschen zu erledigen. Den Willkommensgruß, die Bedienung, das Kassieren und die Verabschiedung, alles non Stop. Ohne darauf zu achten in welchem Stadium sich der Kunde, die Kundin gerade befindet. Meinem Gefühl nach schlimmer als bei einem österreichischen Lebensmitteldiscounter, dort habe ich Gefühl, ich soll möglichst schnell aus dem Kassenbereich verschwinden.

Die Kassiererinnen und Kassierer bei manchen Nahversorgern sehen es als Rallysport die Lebensmittel so schnell als möglich am Scanner vorbei zu schleusen. Es ist ein sportlicher Wettbewerb, den Warenberg möglichst rasch von einer Seite auf die andere zu schaffen. Hier trifft in umgekehrter Reihenfolge das Sprichwort, wie man es manchmal in einer Werkstatt sieht, zu: Wir sind hier bei der Arbeit und nicht auf der Flucht. Hierzu könnte ich bemerken, wir sind hier Kunden und keine fliehenden Bankräuber.

Selbstbedienung

miet:wohnung

Mit welchen Gefühlen kämpft jemand, wenn er aus der Wohnung auszieht, in welcher er jahrzehntelang gewohnt hat? Am nächsten Morgen in einem anderen Haus, in einem anderen Schlafzimmer aufwacht? Nach dem Aufwachen nicht sofort weiß, wo er ist und warum er in diesem Zimmer ist. Möglicherweise befindet sich die Schlafzimmertür nicht mehr dort, auf der linken Seite vom Kopfpolster aus, wo sie jahrelang war. Vergleichbar mit der Situation in einem Hotelzimmer aufzuwachen, wo man nicht sofort weis, wo sich die Tür in das Bad befindet.

Bekannte erzählen gerne ihre Episoden über das Eingewöhnen in einem fremden Wohnhaus, einerlei ob es sich um eine Mietwohnung oder eine Eigentumswohnung handelt. In den ersten Wochen horcht man aufmerksam auf die verschiedenen Geräusche, welche in die eigene Wohnung dringen und zu welchen Uhrzeiten. Manches Geräusch ähnelt dem der letzten Wohnung, manches ist ungewohnt. Wann erwacht das Haus am Morgen zu neuem Leben? Ich schreibe absichtlich, Wann erwacht das Haus? Es sind die neuen Wohnungsnachbarn, welche morgens zu unterschiedlichen Zeiten aktiv werden. Die einen haben einen Job der um sechs Uhr morgens beginnt, andere einen klassischen Job, bei dem sie um acht Uhr in der Firma sein müssen. So orientiert sich der Tagesbeginn in der Wohnanlage nach dem Arbeits- und Schulbeginn. Irgendwo fließt das Wasser in das Bad, eine Entlüftung wird eingeschaltet, die Spülung von der Toilette rauscht durch die Abflussrohre. Absätze klappern über die Marmorstufen, im Stiegenhaus sind Stimmen zu hören. Ist es ein Guten Morgen Gruß? Dieser gilt nicht einem selbst, sondern einem Nachbarn, welchen man nicht näher kennt. Bevor man wieder eindöst wird eine Wohnungstür geräuschvoll zugezogen, das weitere Erwachen verschläft man.

Morgendämmerung.