DIE:krise

Auf den Frühjahrsmessen gehören die Vertriebsstände von regionalen Tageszeitungen dazu. Dort wird versucht mit der Verteilung von kleinen Werbegeschenken, wie einer Parkscheibe, einem Kugelschreiber oder einem Chip für den Einkaufswagen, die Leute anzusprechen. Als Einstieg in ein Zeitungsabo wird die kostenlose Lieferung für drei Monate angeboten. Begründen, warum man sich für diese Zeitung entscheiden soll, können die Hostessen meistens nicht. Es handelt sich um StudentenInen, die diesen Job als Nebenverdienst ausüben. Meiner Bitte, ob es möglich ist, dass  ihre Zeitung nicht täglich über „die Krise” schreibt,  können sie nicht zustimmen. 

Um „die Krise” dreht sich auch das Gespräch bei einem Imbissstand. Jeder kennt in seiner Verwandtschaft einen Fall, wo Verwandte kurzarbeiten oder stempeln müssen. Erleichterung macht sich breit, wenn jemand sagt, dass er vor kurzem in Pension gegangen ist oder in einem anderen Fall, kurz vor der Pensionierung steht. 

Wege aus der Krise.

VER:rat

Betritt man die Marienkirche in Bad Schönau zieht  sofort das große Altarbild, „Das letzte Abendmahl“ die Aufmerksamkeit auf sich. Es füllt die ganze Breite des Altarraumes aus. Es ist eine aufgeregte Tischgesellschaft, welche das Essen schon hinter sich hat, aber von einer Nachricht erschüttert und getroffen ist. Einige Personen sind aufgestanden, zeigen mit der Hand nach jemandem und sind ratlos. Einige wenden sich Jesus zu, der gelassen, mit leicht ausgebreiteten Armen und mit nach oben gedrehten Handflächen, in der Mitte sitzt. Es ist der Moment danach, wo er seinen Jüngern mitgeteilt hat, dass einer von ihnen, ihn, für dreißig Silberlinge verraten wird. Seine Jünger wollen wissen, wer von ihnen es ist. Er weis, wer ihn verraten wird, trotzdem wird er an der Situation nichts ändern und den Verrat nicht vereiteln. Er sagt, dies muss geschehen, damit sich die Heilsgeschichte erfüllt. Gehört also Verrat zum Leben und zur Geschichte, geht es ohne Verrat nicht, wenn auch beim Plan Gottes der Verrat eingeplant ist?

In der Menschheitsgeschichte oder im persönlichen Leben wird der Verrat erst im Nachhinein erkannt. Julius Cäsar sagte, als er hinterrücks erstochen wird im Augenblick des Todes, „auch du Brutus“. Wo beginnt der Verrat in der eigenen Lebensgeschichte, der Verrat von Vater und Mutter, vom Bruder oder vom besten Freund. Am schmerzlichstem trifft es einen, wenn man vom Partner verraten wird. Bei niemandem öffnet man sich so weit, als wie beim Partner und Öffnung bedeutet verwundbar zu sein. Im Berufsalltag ist der Verrat an der Tagesordnung, er hat einen schönen Namen, das bessere Angebot oder der leistungsfähigere Mitarbeiter. In der Geschäftswelt wird gerechnet, da geht es nicht um Gefühle, Beziehungen oder Partnerschaft. Es geht um den Vorteil und ist dieser noch so klein. Jeder jagt jeden, man ist Gejagter und Jäger. Was man auf der einen Seite gewinnt, verliert man auf der anderen Seite. Am Ende des Weges kommt man ausgelaugt und ausgebrannt an.

Verraten werden.

WA(H)RE:krise

Die Bezeichnungen für die jetzige Krise sind vielfältig: Finanzkrise, Bankenkrise, Autokrise, Beschäftigungskrise, Konsumkrise, Warenkrise, Sinnkrise. Wahrscheinlich wird soviel über die Krise geschrieben und gesprochen, weil uns der Sinn abhanden gekommen ist. Unser Konsumverhalten wird infrage gestellt, die Säule unseres Selbstbewusstsein, Erwerb und Erfolg. Die wenigsten wollen  andere Wege gehen. Man hofft, dass es bald so sein wird wie früher. Bei vielen geht es um den Arbeitsplatz, um das Geld für die täglichen Besorgungen.

 

Beim Besuch einer Warenmesse in Salzburg fällt mir auf, dass einige Firmen diesmal nicht ausstellen. Andere Firmen haben aus Kostengründen einen kleineren Messestand. Am Sonntagvormittag kann ich mich ungehindert in den Messehallen bewegen, ansonsten habe ich mir einen Weg durch die Besucher bahnen müssen. An vielen Verkaufsständen ist zu viel Personal am Stand. Bei einem Aussteller musste ich mich in anderen Jahren selbst bedienen, das heißt, eine Bestellliste nehmen und die ausgesuchten Artikel eintragen. Diesmal hat sich der Chef angeboten, mit mir die Bestellung durchzuführen.

 

Das ganze Ausmaß der Krise spüre ich am Stand eines Hobbyartikellieferanten. Statt einer Theke, wo Getränke und belegte Brötchen serviert wurden, stehen diesmal auf einer Stellage drei Schüsseln mit verschiedenen Brotaufstrichen und daneben ein Brotkorb. Die Besucher müssen sich die Brötchen selbst richten. Daneben Mineral und Orangensaft, zum selber einschenken. Die Krise kommt auf leisen Sohlen. 

 

Alle Wege führen nach Rom.    

AUS:zeit

Es gibt jetzt die Möglichkeit in einem Arbeitsverhältnis eine „Auszeit” zu nehmen. In der Praxis bedeutet dies, dass man für ein halbes oder für ein ganzes Jahr Urlaub machen kann, um sich einen Lebenstraum, meistens ist es eine lange Reise, zu erfüllen. Die Firma garantiert, dass man nach der Auszeit weiter beschäftigt wird und geht dafür ein Jahr später in Pension. Bei vielen Firmen wird die Auszeit von den Arbeitsabläufen und den Aufstiegsmöglichkeiten nicht möglich sein. Andere können sich ein Jahr Auszeit finanziell nicht leisten. Oft bleibt der Wunsch ein Land, die Orte und die Bevölkerung besser kennen zu lernen, ein unerfüllter Traum. Bereist man als Junger mit dem Zug ein Land, fährt mit dem Fahrrad oder ist zu Fuß unterwegs, dann ist der  Kontakt mit der Bevölkerung sehr intensiv. Viele erhoffen sich diese Reise wenn sie in Pension sind, dann wird die Zeit vorhanden sein und das Geld. Eine organisierte Busreise hat nur den halben authentischen Charakter. Ist man über sechzig, dann ist man bei den Busreisen manchmal einfach müde und kann nicht alles aufnehmen. Oft sind Busreisen einseitig. Man glaubt, wenn man viele so genannter Sehenswürdigkeiten besichtigt hat und mit einer Fülle von Fakten und Zahlen gefüttert wurde, dann hat man die Stadt gespürt. Versteht man die Sprache, dann erfährt man bei einem Marktbesuch mehr über die Stadt, als bei einer fünfstündigen Führung. 

Der schönste Ort in einer Stadt anzukommen ist der Bahnhof. Bei den Kiosken in der  Bahnhofshalle begegnete man den ersten typischen Stadtbewohnern, nicht immer der Mittelschicht. Die Kioske verkaufen auch regionale Speisen. Durch den Trend in den Bahnhofsgebäuden Einkaufszentren zu errichten droht  eine Einheitskultur. 

Fischmarkt in Triest.      

TAG:wache

Am Morgen aus dem Schlaf zu erwachen erlebt jeder anders. Die einen können das  Aufstehen kaum erwarten, sie haben eine Nacht mit Schmerzen, Schlaflosigkeit und Alpträumen hinter sich. Nach einer solchen Nacht ist man froh, wenn man aufstehen kann, auch wenn man unausgeschlafen ist. Andere haben einen gesunden Schlaf, sie  schlafen bis in die frühen Morgenstunden, um mit neuer Energie und Lebensfreude aufzustehen. Andere fühlen sich am Morgen abgeschlagen und müde und weigern sich aufzustehen. Ihre tiefste Schlafphase erleben sie in der Früh und stehen erst spät am Vormittag auf. Die Genussschläfer leisten sich den Luxus den ganzen Vormittag zu verschlafen und beginnen den Tag mit einem Frühstück um die Mittagszeit.
 
Auch wenn die Stadt erwacht ist nicht jeder Morgen gleich. Es gibt Unterschiede, je nach Jahreszeit und Wochentag. An Werktagen ist die Stadt eine Frühaufsteherin, die es nicht erwarten kann in den neuen Tag zustarten. Am Samstag schläft sie sich aus, um später umso kräftiger durchzustarten. Am Sonntag ist die Stadt eine Genussschläferin, welche erst gegen Mittag aufwacht.
 
An einem Wintersamstag beginnt das Leben in der Draustadt um neun Uhr, da sperren die meisten Geschäfte auf. Zu den Frühaufstehern gehören die Bäcker, das hat eine lange Tradition. Vor neun sieht man einzelne ältere Personen, die nicht schlafen können, eingehüllt in einen Mantel und mit einer Kappe auf dem Kopf ihre Runden drehen. Manche benützen die wenigen offenen Geschäfte dazu, um sich kurz aufzuwärmen und ein paar Worte mit der Verkäuferin zu wechseln. In einer Seitengasse wird ein ebenerdiges Fenster geöffnet und die Katze springt aus dem Fenster zum Morgenspaziergang. Das Frauerl folgt mit dem Hund. Eine Frau im Rollstuhl hat jetzt freie Fahrt über den Hauptplatz und kann an jedes Schaufenster nahe ran fahren. Die ersten Sonnenstrahlen wärmen die Seitengassen, die Jugend schläft. Um neun Uhr kommen die Jungunternehmer in das Cafehaus zur ersten Session und stören die Zeitungsleser. Vereinzelt kommen Personen mit gefüllten Tragetaschen aus der Fleischhauerei. Ein Ladeninhaber kehrt vor seinem Geschäft den Gehsteig, die ersten Handytelefonierer gehen vor dem Schaufenster auf und ab. Alle haben den Kopf noch gesenkt, es wird ein langer Samstag.Müde gehe ich zur Ruh. 
 

5 Kommentar(e)     

Gerhard Hallo Schlagloch,
Ein Genussschläfer zu sein ist einem nicht immer gegeben.
Zur Zeit bin ich Genussschläfer, tauche auch manchmal abends für 2 Stunden genüsslich ab.
Ich kenne auch das andere deutlich: Stetes Aufwachen mit Horror im Kopf. Da möchte man sich schon garnicht mehr hingelegt haben…
Anna / Feuerstelle / Website
Hallo Schlagloch 😉
Das ist ja mit dem Kommentieren bei dir nicht immer einfach. Sonntag ging gar nichts .. der Kommentar war einfach weg .. und 20six dann auch 😉 Habt ihr da öfter Probleme oder waren zuviele online 🙂
Ich habe einen tiefen – und wie ich finde – sehr erholsamen Schlaf, worüber sich besonders mein Schätzelchen freut: er schnarcht ein bissel, doch ich höre es nicht 😉
Liebe Grüße 🙂
schlaglochHallo Gerhard!

Die Nacht kann Traum- und Alptraumphase sein.

SCHREIBN
Nit fir olle scheinan in
da Nocht de helln Stern,
monche firchtn sich
vur da Dunklheit,
vur da Zukunft,
vur de schlechtn Tram.
Wonns um mi gonz still weard
fong i on zan Schreibn…

HOND
Mei Lebn is a Wondarung
iba greane Wiesn,
iba Schottaschtroßn
und iba Felsbrockn.
Wonn i hinfoll und ma
weah tua hülft ma
dei Hond ban Aufsteahn.
Wonn i nochts schlecht
tram und woch wear,
leg i mei Hond
in deine…

Aus meinem neuem Mundartbuch “Gsund bleibn.

Gruss schlagloch.

schlagloch / Der Bloganbieter “20six” ist so gut oder schlecht wie die Anderen auch. SystemAusfälle gibt es bei allen Bloganbietern. Manches mal müssen sie die “Lucken dicht machen” , weil sie von Hackern oder Spammails angegriffen werden. Der normale Internetwahnsinn.Gruss schlagloch.Hallo Anna!