selbst:bestimmt

In einer Lehrveranstaltung der AAU  beschäftigten wir uns damit, inwieweit sind wir als Menschen noch natürlich,  was ist in der heutigen Zivilisation noch natürlich. Wieweit hat der Mensch die Natur verändert und ist der Mensch Teil der Natur, dann ist letztendlich alles was der Mensch herstellt natürlich. Egal ob es sich dabei um Autos, Megacitystädte oder chemische Waffen handelt. Es gibt dabei den Aspekt, ob wir alles was uns möglich ist auch tun sollen oder uns beschränken sollten. Im Sinne von Giorgio Agamben der meint, dass die größte Freiheit des Menschen darin besteht, etwas nicht zu tun. Vertritt man die Position des Nichtstuns, dann sei dies nicht eine Form der Schwäche, sondern die größte Potenz die dem Menschen zur Verfügung steht. Beim  Aspekt des Nichtstuns kommt man schnell zum persönlichen Bereich, zum eigenen Körper. Muss ich mich dem medizinischen Zwang, den Empfehlungen für die Impfprogramme anschließen? Bei den Volksschulkindern stehen eine Reihe von Impfungen auf den Stundenplan, wozu die Zustimmung der Eltern einholt wird. Wer kann sich dem Kollektiv entziehen und eine Masern- oder Kinderlähmungsimpfung ablehnen. Dabei ist zu bedenken, dass man für ein drittes Wesen entscheidet, dass bei einer Erkrankung die Frage stellen könnte: Warum man der Impfung  nicht zugestimmt hat.

Anders ist die Situation als Erwachsener, dem verschiedene gesundheitliche Vorsorgemaßnahmen empfohlen werden. Ich meine Behandlungen, welche nicht durch einen akuten Krankheitsausbruch notwendig sind.

Eigennutzen.

specku:lation II

Wer akute Schmerzen hat und sich untersuchen lässt, kann in den meisten Fällen mit einer klaren Diagnose rechnen. Zumindest erwartet man sich nach einer Reihe von Untersuchungen einen genauen Befund und Behandlung. Ein großes Feld für viele Spekulationen eröffnet eine Vorsorgeuntersuchung.  Im besten Vertrauen begibt man sich in die Ordination von Fachärzten.  Bei einer Vorsorgeuntersuchung werden auch mögliche Krankheitsbilder, von denen niemand genau sagen kann ob sie akut werden können, angezeigt und mitgeteilt. Es ist wie in der Genforschung, wo man sagt, dies und jenes Gen könnte später eine Krankheit verursachen. Ist dies jetzt ein medizinischer Fortschritt oder sehen die meisten Menschen dies als Belastung für die nächsten Jahre?  Wüssten wir, was uns in den kommenden Jahren erwartet, so würden dies die Meisten nicht als Glück sondern als Unglück empfinden. Es kann schnell vorkommen, dass im Kopf immer wieder die Frage auftaucht, wie wird sich dieses Gen entwickeln?  Für was wird es sich entscheiden, für Stillhalten, für die guten oder die schlechten  Eigenschaften?

Ein Ausweg ist, die immer wieder auftauchenden Fragen zu personalisieren, den einzelnen Fragen einen Namen zu geben, Michael, Fritz,  Fina, Hanna usw.  Die Fragen gerecht zwischen männlichen und weiblichen Vornamen aufzuteilen, im Sinne der Gleichberechtigung. Es könnten auftretende Fragen auch geschlechtslos oder beiderlei Geschlechts sein.  Ich zähle nicht zu jenen, die über die Information von vermeintlichen Risiken glücklich ist. Glück ist für mich anders. Es ist schlimm, dass im finanziellen Bereich spekuliert wird, noch schlimmer finde ich es, dass bei den Diagnosen spekuliert wird.

Genforschung.

speku:lation l

Schon immer hat das Wort Spekulation einen schlechten Beigeschmack. Die damalige Situation war so, dass bei einer Lebensversicherung und beim traditionellen Sparbuch akzeptable Zinsen gezahlt wurden und Sicherheit bestand. Im 21. Jahrhundert wurden vielen Menschen von eifrigen Börsengurus und Bankangestellten überredet, Anleihen,  Fonds und Aktien zu kaufen.  Um die Jahrtausendwende gab es die Internetblase, wo viele Wertpapiere innerhalb kurzer Zeit zwei Drittel von ihrem Wert eingebüßt haben. Nach dem Platzen der Internetblase wurde bald munter weiterspekuliert, die Konjunktur sprang wieder an. Auch der sogenannte kleine Mann kaufte auf Grund der Gewinnversprechungen Aktien. Der Euro wurde zur Weltwährung  hochgelobt und es ging bei den Fonds  wieder bergauf. Von Amerika hat sich vor einigen Jahren die Immobilienblase wie ein riesiger Feuerball über den ganzen  Globus ausbreitet und dabei viele Banken, Anleger und Staaten zu Fall gebracht. Das große Bankenerdbeben  war auch in der EU zu spüren und die maroden Staatskassen einiger Mitgliedsstatten waren überfordert. Heute verliert das Geld auf dem Sparbuch täglich an Wert. So werden die Menschen fast systematisch zu spekulativen Geldgeschäften getrieben. Zu  Aktienkäufen von Firmen,  dabei weiß man oft nicht, wer die Firmen sind sind. Wie es wirtschaftlich  weiter geht ist alles Spekulation, man hofft auf das nächste  Halbjahr, auf den Herbst 2014.

rück:tritt II

Lässt sich zwischen einem Papst und einem Landeshauptmann eine Parallele herstellen? Beide sind Fürsten, der Kirchenfürst und der Landesfürst. Beide werden gewählt, der Eine von einer Elite, der Andere vom Volk. Der Eine auf Lebenszeit und unfehlbar, der Andere abwählbar und fehlbar. Der Sündenfall ist im Kärntnerparadies oftmals vorgekommen, durch die Schlange haben sie die Politiker und viele Wähler und Wählerinnen verführen lassen. Auch durch den Hochmut, die Überheblichkeit, sie wollten sein wie Gott. Sie waren geleitet von der Gier, von den möglichen Spekulationsgewinnen der Landesbank in den südosteuropäischen Ländern. Vom Machtbewusstsein,  für zwei Spiele der Fußballeuropameisterschaft wurde ein Stadion für ca. 30tausend Zuschauer gebaut. Dieses Stadion wird seitdem kaum benützt, weil kein Kärntner Fußballverein in der Bundesliga spielt. Für eine sechsseitige Expertise  eines Steuerberaters war man bereit zwölf Millionen Euro zu zahlen. Nach einem medialen Aufschrei gab es dafür einen „Patriotenrabatt“ von sechs Millionen Euro. Bei einem Gerichtsverfahren hat ein Gutachter festgestellt, dass diese Expertise maximal 300tausend Euro wert ist.

Ist man ehrlich, dann hat sich der Großteil der Kärntner an diese Verhältnisse gewöhnt. Die Aussagen, Ausreden und Versprechungen der Amtsinhaber hatten einen gewissen Unterhaltungswert.  Aber es gab Vorkommnisse, die bringen das Fass zum Überlaufen.

Aus dem Tagebuch, 28.2.13

rück:tritt l

Die Frau, mit zerzausten Haaren, vom mobilen Kiosk auf dem Villacher Hauptplatz reicht mir mit einer Serviette den letzten großen Bierbrezen. Kaiserbrezen wie Kaisersemmel und bekomme dazu eine warme Tasse Tee. Ich befinde mich auf dem Weg in ein Cafe zum Zeitungslesen. Seit ein paar Tagen weht der Föhn von Oberitalien. Die Winterkälte wurde gebrochen, jetzt abends ist es noch kühl. In den letzten Februartagen hat der Südwind die kalte Luft und den Bodennebel aus dem Villacher Becken vertrieben.Auf der Ladefläche eines Lkw, wenige Meter vom Kiosk entfernt, die zu einer Bühne umfunktioniert wurde, bestreitet der amtierende Landeshauptmann von Kärnten seine Abschlusskundgebung vor dem Wahlsonntag. Heute weiß noch niemand, wer in drei Tagen der neue Landeshauptmann sein wird.

Die Wahlrede ist vorbei, einige Leute stehen, mit Losen in der Hand, vor der Bühne. Zum Abschluss der Wahlkundgebung werden Geschenkkörbe verlost. Der Landeshauptmann erzählt Witze und nebenbei werden die Kärntner Schmankerln verlost. Ein heimisches Bier und Kärntner Brettljausen, dafür lohnt es sich länger auszuharren.

In Folge des Papstrücktrittes beginnen um 20 Uhr von allen Stadtpfarrkirchen die Glocken zu läuten. Die Wahlveranstaltung wird rasch zu Ende gebracht, der Landeshauptmann verschwindet von der Bühne und die Musik wird abgedreht. Die Kirchenglocken haben die Funktionäre der Landeshauptmannpartei erschreckt. Es sind Töne des Abschieds, in einer Umkehrung  könnte man sagen, die Sterbeglocken läuten. Läuten sie auch den politischen Abschied der Landeshauptmannpartei ein?  Müssen sie in Kärnten abdanken, wie der freiwillig zurückgetretene Papst?  Von sich aus verlassen Politiker nicht ihre Ämter, sie müssen von den Sesseln gestoßen werden. Dies liegt im Ermessen der Wähler, in drei Tagen haben sie dazu Gelegenheit.

Aus dem Tagebuch, 28.2.13