Über schlagloch

Er hat es sich zur Aufgabe gemacht mehrmals die Woche eine kleine Studie zu verfassen und teilt dies per Weblog „schlagloch“ einer stetig wachsenden Internetgemeinde mit. Einzelne Leser treten auf der Internetplattform mit ihm auch in eine Diskussion über das Geschriebene ein. Vom Deutschen Literaturarchiv Marbach werden ausgewählte Online-Publikationen, so auch das Blog „schlagloch“ auf der Plattform Literatur-im-Netz langzeitarchiviert. Einige „Schlaglöcher„ hat er materialisiert und zu Büchern gemacht: Zeitenwandel (2009); Die Beobachtungen (2011); Bruchstellen (2015).

kirche:handy

In  allen europäischen Ländern wird derzeit von einem Mitgliederschwund und von Kirchenaustritten berichtet. Die Gläubigen bleiben an den Sonntagen der Kirche fern, weil der Ritus der Messfeier nicht mehr zeitgemäß ist und sich im Laufe der Jahrhunderte leergelaufen hat. In einzelnen Fällen werden die leerstehenden Gotteshäuser vermietet, zu Schwimmbäder und Sporthallen umgebaut, oder abgetragen. Weit verbreitet ist die Meinung die katholische Kirche ist zu wenig fortschrittlich. Dabei sollten wir unterscheiden, geht es um den Fortschritt in der Lehre, in der Modernisierung der Messfeier oder um den technischen Fortschritt? Bei den Dogmen und der Lehre ist ein Großteil der Christen dafür, diese an die Erfordernisse der Zeit anzupassen. Bei einem Gottesdienstbesuch in Wien erlebte ich im technischen Bereich eine Innovation. In der Peterskirche haben die Messebesucher die Möglichkeit am Handy die aktuellen Liedtexte herunterzuladen und mitzusingen. In dieser Kirche muss man sich von der Vorgabe, dass während der Messfeier die Smartphone tabu sind, verabschieden.

Ob die Handynutzung die Aufmerksamkeit der Kirchenbesucher an der Messfeier senkt oder am spirituellen Inhalt steigert, sei dahingestellt. Was ist das Wesentliche an der Eucharistiefeier? Die einen Priester meinen, das Essentielle sei nicht die Kontemplation, sondern das Gemeinschaftserlebnis. Vor, während und nach der Messe. Dazu gehört das gemeinsame Abendmahl und danach das Pfarrcafé. Die Predigt, sofern sie persönlich und nicht vorgedruckten Predigbüchern oder diözesanen Webseiten entnommen ist.

glück:kosmos

Betritt man durch eine schmale Tür das siebente Lebensjahrzehnt kann man nachdenklich werden. Man schätzt es, wenn man bei altersbedingter Gesundheit ist und Freude am Leben hat. Mit der Partnerin durch Frohsinn verbunden, interessiert am Tagesgeschehen im Inland und darüber hinaus. So wähnt man sich in einem kleinen Glückskosmos, da man in den letzten Jahren vor gravierenden Unglücksfällen, Krankheiten, sowie persönlichen Verlusten verschont geblieben ist. Gab es Todesfälle, so sind diese bei einigem persönlichen Abstand nicht so zu Herzen gegangen. Bekannte aus dem Geburtsort, dem Berufsleben, Mitschüler aus der Schulzeit mit denen man keinen regelmäßigen Kontakt hatte, lösen nur teilweise Betroffenheit aus. Zeigt sich dadurch eine coole Art mit dem Tod umzugehen, ist es Gefühlslosigkeit oder Selbstschutz? Wüssten wir um unsere Gebrechlichkeit, würden wir dann so sorglos in den Tag hinein leben? Uns beim Überqueren der Straße oder beim Autofahren auf einer Schneefahrbahn auf das Buchgefühl verlassen? Es ist erwiesen, dass sich viele Unfälle bei Reinigungs- und Reparatur Arbeiten im und am Haus ereignen. Trotzdem nimmt man Reparaturen am Haus in fünf Meter Höhe vor. Ich kenne schwere Zwischenfälle, bei denen der Gartenbesitzer versucht hat die letzten drei Äpfel vom Baum zu pflücken und dabei vom Baum gestürzt ist. Bei Arbeiten, wo eine Leiter notwendig ist, kommt es oft zu Unfällen, auch im Haushalt.

Im Betrieb wurde ich von den Inspektoren der Unfallversicherungsanstalt aufgefordert, den Mitarbeitern die richtige Handhabung der Stehleiter zu erläutern. In einem Datenblatt musste das Datum der Unterweisung, mit Unterschrift des Mitarbeiters, festgehalten werden. Diese Vorgaben habe ich in der Berufszeit als Belästigung wahrgenommen. Möglicherweise haben mich diese Unterweisungen bis heute vor einem Absturz von einer Stehleiter bewahrt, sei es bei der Obsternte oder dem Reinigen der Dachrinnen. Freischwebend.

land:verdichtung

Ein neues Schlagwort, nachdem bei der Coronapandemie die Schlagwörter ausgehen, ist die Versiegelung von Boden in Österreich. Teilweise erfolgt dies durch Infrastrukturprojekte wie Bahn- und Autobahnbau, aber auch, dass außerhalb der Stadt- und Dorfzentren Einkaufszentren entstehen. Die Zu- und Abfahrten sowie die nötigen Parkplätze verbrauchen ein Vielfaches an Bodenfläche von der Verkaufsfläche. Gerne wird argumentiert die Menschen sollen auf die öffentlichen Verkehrsmittel umsteigen. Zumeist liegen die neuen Supermärkte in kleinen Ortschaften, wie in Feistritz an der Gail, weit außerhalb der Siedlung. Den Supermarkt für den täglichen Einkauf zu nützen ist nur für Menschen die gut zu Fuß sind möglich. Für einen größeren Einkauf ist dies selbst für agile Menschen ohne Auto nicht möglich. Ältere Menschen scheitern an der Lage der Lebensmittelmärkte, da sie diese nicht zu Fuß erreichen können. Von dem Transport der gekauften Lebensmittel ganz zu schweigen. Fast gleichzeitig mit dem Supermarkt auf der grünen Wiese hat sich der Trend zum Einfamilienhaus auf der grünen Wiese entwickelt. Vielfach, dies war in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert gängige Praxis, wurden den scheidenden Bauernkinder mit einem Baugrund ihr Pflichtteil abgegolten. Diese Praxis hat sich über die Jahrtausendwende erhalten, es ist keine andere Möglichkeit in Sicht. Grünfläche ist vorhanden, während Bargeld am Bauernhof zumeist Mangelware ist. Eine Alternative gibt es, gehört zur Landwirtschaft ein respektabler Waldbesitz. Geht es um Besitz und scheidende Bauerskinder weiß ich aus unserer Familie, dass der Hoferbe seinen Mitgeschwistern einen Baugrund überschreibt.

Der neueste Fokus in den Städten heißt Bau Verdichtung, dies bedeutet renovierungsbedürftige Häuser zu revitalisieren und sogenannte Baulücken zu schließen. In gewissen Lebenslagen oder Lebensalter ist es sinnvoll sich vom Haus- und Grundbesitz zu trennen. Erleichtert wird das Abstoßen einer Liegenschaft, wenn ein konkretes Bedürfnis herangetragen wird. Der Verkauf ist eine einmalige Angelegenheit, während eine Vermietung oder Verpachtung einem lebenslang ein Zubrot sichert. Anderseits können bei einem Gebäude, abhängig vom Baujahr und dem Bauzustand, kleine und große Erhaltungsarbeiten anfallen. Der Interessentenkreis, für wen ein Objekt geeignet und erstrebenswert ist, kann an Größe variieren. Hierbei gilt es zwischen maximalen Verkaufspreis und einmaliger Gelegenheit abzuwägen.

caram:ba II

Bei Schönwetter herrscht auf der Terrasse vom Café Central viel Betrieb, vor allem bei Fahrradfahrern und Motoradfahrern ist die Strecke durch den Ort Arnoldstein beliebt. Am Vormittag treffen sich hier die Pensionisten um über die Menschen zu tratschen, welche hier von der Gemeinde, Post und Bank oder von der Bäckerei Selitsch kommend, vorbeigehen. Dabei stelle ich fest, es sind fast immer die gleichen Frauen und Männer, nur etwas älter.

Hier komme ich mit einem Radfahrer während meiner Pause in das Gespräch. Er hat in die Runde gefragt, ob sich jemand an die Mobiltankstelle erinnern kann.? Nach seiner Pensionierung gönnt er sich eine Radtour von Wien nach Grado, er will sich aus seinem Berufsleben freifahren. Er wollte wissen ob ich mich an den Tankwart Horstl erinnern könne, der ein Neffe von ihm war. In Villach hat er das Grab vom Horstl besucht. Inzwischen ist der Lehrer Willi eingetroffen, er war schon zu seiner Zeit als Hauptschullehrer hier Stammgast. Nicht aus dem Ortsbild wegzudenken ist der Buchhalter N., welcher verlässlich vor Mittag in die Raiffeisenbank und zur Post geht die geschäftlichen Dinge zu erledigen, um dann wieder schnurstracks sein Büro aufzusuchen. Mit gekrümmten Rücken kommt er daher, aber freundlich beim Grüßen und für ein spontanes Gespräch immer bereit. Der Rücken und die Knie machen ihm Probleme, aber dies muss man im Alter akzeptieren. Auf Grund seiner bedächtigen und ausgewogenen Art schwankt er noch oder scheut er, obwohl Risikopatient, die Coronaimpfung. Ein Grund zu seiner Vorsicht ist der Umstand, dass bei einer Sekretärin aus dem Büro die Impfreaktionen nach der Covid Schutzimpfung sehr stark waren.    

caram:ba

Das Kaubonbon Caramba genießt unter den Süßigkeiten einen Kultstatus. Es ist eine Mischung aus Karamell und Kakao. Es gibt sie auch in Geschmacksrichtungen wie Zitrone und Orange. Der Ursprung liegt in den fünfziger Jahren in Frankreich und die längliche Form verdankt es einem technischen Gebrechen. Statt runder Bonbonform produzierte die Maschine längliche Stangerln. Die Firma entschloss sich diese in den Handel zu bringen und es wurde ein Verkaufsschlager. Ein Hit waren diese wegen des günstigen Preises, auch in meinem Geschäft, zur Zeit  als Kaufmann in Arnoldstein.

Bei meinen Radausflügen in der Rente komme ich auch nach Arnoldstein und im Café Central mit Arnoldsteinern in das Gespräch. Einige erinnern sich daran, dass sie vor Schulbeginn bei mir Caramba Stangerln gekauft haben. In der Ortsmitte, an der Bundesstraße gelegen, hieß das Café Central früher Cafe Nessmann. Dazu gehörten in den siebziger Jahren auch eine Mobiltankstelle und ein Verkaufslokal mit Autozubehör. Vor einigen Jahren wurde das Café Nessmann an “Italiener” verpachtet und von diesen renoviert. Geschmackvoll eingerichtet, der Kontrast von weißem und dunklem Holz. Die Vitrinen mit italienischen Weinflaschen verströmen südliches Flair. In einem Stüberl ist die Wand mit alten Ansichten behängt. Viele, die heute das Café frequentieren, kennen die Tankstelle nicht mehr, welche fast in der Mitte der Straße gestanden ist. Ende der 70er Jahre wurde die Ortsdurchfahrt wegen des immer stärker werdenden Verkehrsaufkommens verbreitert und begradigt. Arnoldstein erlebte einen Vorgeschmack auf die Urlauberlawine an die obere Adria, eine Ortsautobahn geschaffen. Etwa acht Jahre später wurde die Autobahnumfahrung von Arnoldstein eröffnet. Wochenweise konnten die Kinder nach der Autobahneröffnung auf der ehemals stark frequentierten Bundesstraße Fußball spielen. In den letzten Jahren wurde die Bundesstraße in vielen Bereich wieder rückgebaut, der Zeitenwandel.