Im Handel gibt es für die meisten Branchen im Oktober eine Verschnaufpause, soweit es in den Einkaufszentren eine Verschnaufpause gibt. Das Sommergeschäft ist vorbei, das Herbstgeschäft hängt, so im Textil- und im Schuhhandel, stark von der Wetterlage ab. Herrschen im Oktober sommerliche Temperaturen, dann überlegen sich viele, ob sie eine Herbstgarderobe kaufen sollen oder ob sie auf die Wintermode warten. Vom Bikini in den Wintermantel. Anders im Baumarkt, da möchten viele vor dem Winter noch dieses und jenes am Haus fertigstellen. Jetzt konzentriert sich der Handel auf die nächsten Monate, fragt sich, was können wir für Weihnachten anbieten. Wie steigern wir das Weihnachtsgeschäft. Den Lebensmittelhandel stören die hohen Temperaturen nicht, der Lebkuchen, der Weihnachtsstollen und der Christbaumbehang liegt in den Verkaufsschütten. Die erste Weihnachtswerbung flimmert über den Bildschirm.
In Villach versuchte die Pfarre Völkendorf mit einer Veranstaltungsreihe, „Essen-kaufen-Haben“, unser Konsumverhalten zu hinterfragen. Der Center Manager des Atrio Einkaufszentrum, hielt in der Pfarrkirche ein Statement: „Wie ein Einkaufszentrum zum Wahrzeichen der Stadt wird“. Einige seiner Thesen sind: „Das Atrio entwickelt sich zu einem Treffpunkt für die Bevölkerung der Stadt, für die umliegenden Regionen und das benachbarte Ausland. Die Atmosphäre im EKZ zieht am Vormittag die Senioren und am Nachmittag die Jugendlichen ab. Auf dem künstlichen Marktplatz, der Piazza, stillen die Mütter ihre Babys. Das Atrio entspricht den modernen Bedürfnissen des mobilen Menschen.“
Diese schöne Konsumwelt wurde von einigen Zuhörern in Frage gestellt, durch andere Sichtweisen ergänzt und erweitert. Die Besucher des EKZ fehlen anderswo, sie werden aus der Innenstadt, aus den Gemeinden der umliegenden Regionen abgeworben. Hier treffen sich die Leute auf einer künstlichen Piazza, die in Rekordbauzeit geschaffen wurde. In der Region veröden die in Jahrzehnten, manchmal in Jahrhunderten gewachsenen Ortskerne. Es ist oft so, dass sich Initiativen und Vereine aus den Umlandgemeinden bemühen im Atrio einen Auftritt zu erhalten, weil sie hier mehr Leute aus dem Ort ansprechen können, als wenn sie im Heimatort auftreten würden. In den Ortschaften um Villach, in den Stadtteilen, haben sich die privaten Lebensmittelhändler und Fachgeschäfte, mit dem Entstehen der EKZ am Stadtrand verabschiedet. Sie haben schließen müssen, weil die Kaufkraft abgezogen wurde. Am Land beklagt man sich heute darüber, dass viele Fachgeschäfte aufgegeben haben, man müsse wegen jeder Kleinigkeit in die Stadt fahren. Eine selbsterfüllende Prophezeiung. In den Umlandgemeinden sind Ortsentwicklung, Dorferneuerung zusammengebrochen, weil Mitarbeiter, meistens waren es Menschen aus dem Handel, Gewerbe und Gastronomie, ausgestiegen sind. Es ist ein Zeitenwandel, den man achselzuckend hinnimmt.
Tagebuch.