ROST:ansetzen II

Wer rastet der rostet, dies gilt auch für die Beweglichkeit der Gelenke. Vergleicht man den Körper mit der Karosserie eines Autos, so ist die Gefahr beim Älterwerden groß, dass man Rost ansetzt. Bei einem Auto kann man die Lackschäden jederzeit ausbessern, beim Nachlassen der Beweglichkeit hilft nur Training. Die Fachärzte sagen, dass man auch bei Schmerzen die Gymnastik fortsetzen soll, ansonsten würden sich die Gelenke versteifen. Genauso wie beim Auto rosten wir mit den Jahren von innen heraus und plötzlich bricht der Rost an verschiedenen Stellen nach außen durch. Drückt man auf bestimmte Stellen der „Karoserie„, dann schmerzt es. Es braucht immer mehr Schminke, wenn man äußerlich glänzen will. Wie beim Auto treten an der Haut „Roststellen“ auf, die, wie der beschädigte Lack, abgeschliffen werden und dann hofft man, dass sich die Haut erneuert.

Betrachtet man den Körper als ein Fortbewegungsmittel, dann gibt es für das menschliche Fahrwerk, wie für das Auto, eine Überprüfung. In Österreich nennt man dies Vorsorgeuntersuchung. Dabei ist der Ablauf ähnlich wie beim Ankaufstest eines Gebrauchtwagens. Man wird von allen Seiten begutachtet und dann gibt es einen Testbericht, dabei stellt es sich heraus, dass man von vielen Roststellen und Getriebeschäden bis jetzt nichts gewusst hat. Es verwundert einen, welche Arten von Beschwerden möglich sein können. Mit dem Austausch gibt es ein Problem, dabei wird man auf Grenzen stoßen, nicht was den Verstand betrifft. Verkündet der Facharzt als Resümee, dass man über einen altersbedingten Gesundheitszustand verfügt, ist dies die beste Diagnose. Im schlimmeren Fall heißt es, dass einen nur noch der „Rost“ zusammenhält. Über die Fahrtauglichkeit entscheidet jeder selbst, etwas dazu beitragen kann der Wille, er ist der Treibstoff des menschlichen Körpers. Dabei sollte man aufpassen, dass man rechtzeitig nachtankt. Ist der Wille nicht mehr vorhanden, dann können sich die Defekte schnell  ausbreiten.

Herr dein Wille geschehe.

ROST:ansetzen

Früher hörte man oft  den Ausspruch: „Dieses Auto hält nur noch der Rost zusammen“. Die Autos begannen an den Unterkanten der Autotüren und an den Kanten der Kotflügel zu rosten. Ist man näher an das Auto herangetreten konnte man manches Mal ein Loch in der Karoserie erkennen. Es hat oft ein Fingerdruck genügt und das Blech ist eingebrochen. Heute ist der Zustand der Autos durch die jährliche, gesetzlich vorgeschriebene, Überprüfung der KFZ um vieles besser. Die Verkehrstauglichkeit wird von der Autowerkstätte bestätigt. Versucht man im Rahmen eines Neuwagenkaufes sein Auto einzutauschen, kann man eine Überraschung erleben.

Vor Jahren hatte ich einen zehn Jahre alten Mitsubishi Kombi, der meinem  Gefühl nach seinen Zweck als Transporter für das Geschäft erfüllte. Beim Besuch einer Automesse sah ich die neuen Modelle mit den Extras, wie Servolenkung, Bremskraftverstärker und Klimaanlage. Dabei kam der Wunsch, ein neues Fahrzeug anzuschaffen. Als Erstes erkundigte ich mich welchen Preis ich bei einem Neukauf für mein altes Auto bekommen würde. Das Autohaus verlangte einen Ankaufstest, das Auto sollte in der Werkstatt durchgecheckt werden. Ich fuhr mit meiner Lebensgefährtin nach Spittal/Dr., um diesen Check durchführen zu lassen. Das Ergebnis war ernüchternd, der Autoverkäufer legte uns eine Mängelliste vor, wonach am  Auto nur noch der Motor funktionierte. Weder Bremsen, Getriebe, Lenkung und Karosserie entsprachen, nach Aussage des Verkäufers,  der Verkehrssicherheit. Bei einem Neuwagenkauf wollte er für das alte Auto maximal fünftausend Schilling geben, das sind heute dreihundert Euro. Mir war dies wirtschaftlich zu wenig, die Lebensgefährtin hatte einen technischen Schock. Sie hatte Bedenken in das Auto einzusteigen und bat mich, mit reduzierter Geschwindigkeit nach Hause zu fahren. Bei einem anderen Autohändler gab es für dasselbe Auto, das Fünffache.

Die derzeitige Praxis ist, dass jedes Autohaus beim Eintausch von einem Gebrauchtwagen einen Ankaufstest macht. Dabei liegen die Prioritäten bei jedem Autohändler woanders. Die einen legen ihr Augenmerk auf das Fahrgestell, andere auf Getriebe und Motor und wieder andere auf die Karosserie. Bei den Schätzungen kann es zu Unterschieden zwischen ein-bis zweitausend Euro kommen.

Würde ich alle Mängel zusammen zählen, dann hätte das derzeitige Auto gerade noch Schrottwert. Im schlimmsten Fall müsste ich für die Entsorgung des „Autowracks“,  mit dem ich flott unterwegs bin, etwas zahlen.

Autosommer.

VER:laufen IV

Verlässt man in Venedig den markierten Weg ist die Gefahr groß, dass man sich verläuft. Dies kann dazu beitragen, dass man etwas Neues entdeckt, was für das Begreifen der Stadt förderlich ist. Dies können persönlich gestaltete Fenster von kleinen Werkstätten oder Mauernischen mit religiösen Motiven sein, die einen Blick in die Seele des Viertel gewähren.

Kann man sich auch im Leben verlaufen? Unsere Lebensläufe lehnen sich an die Routen der Eltern an, die an die Kinder weitergegeben wurden, der pädagogische Routenplaner. Bei den Routenplanern hat man die Wahl zwischen der schnellsten oder der kürzesten Route. Gleich bleiben der Abfahrtsort und der Zielort. Vor Jahrzehnten konnte man mit diesem oder jenem Schulabschluss den Einstieg in einen bestimmten Beruf und die vorgegebenen Aufstiegsmöglichkeiten planen.  Zuweilen wusste man bei Betriebseintritt in welcher Position man zum Berufsende in Pension gehen wird. Dabei hat es immer Aussteiger und Ausreißer gegeben. Heute wäre eine solche Lebensplanung absurd, das Schlagwort heißt Flexibilität. Immer flexibel sein bedeutet in steter Anspannung zu leben, den Augenblick nicht zu versäumen.

Da stellt sich die Frage, wann man sich eine Pause gönnen soll, wann braucht es die Flexibilität nicht mehr. Oft werden für das Alter, wenn man aus dem Berufsleben ausscheidet, Forderungen gestellt, dass man alles daran setzten soll um flexibel zu bleiben. Es geht darum, den Lebensfaden nicht zu verlieren. Meine Losung für die Pension heißt, so flexibel wie möglich und stabil wie notwendig.

Plexiglas.           

VER:laufen III

Hat man sich in einer Stadt verlaufen, dann kann die Neuorientierung sehr mühselig werden. Auch bei alltäglichen Dingen kann man sich verlaufen, wie beim Konsum von Nachrichtensendungen. Wo ist die Zeit, da im Radio nur dreimal pro Tag Nachrichten gesendet wurden, einmal um acht Uhr Früh, um zwölf Uhr Mittag und um zwanzig Uhr am Abend. Heute gibt es stündlich Nachrichten, bei den meisten halbstündlichen Kurznachrichten. Dazu kommen Radiojournale in Stundenlänge. Ähnlich hat es sich beim Fernsehen entwickelt. In Österreich war einst die „Zeit im Bild“ um 19.30 Uhr ein Pflichttermin. Zu dieser Uhrzeit hat ein Großteil der Erwachsenen vor dem Fernseher Platz genommen und die Einnahme des Nachtmahl wurde nach diesem Termin ausgerichtet. Aus heutiger Sicht muss man anmerken, dass wir  beim Verlesen der Nachrichten getäuscht wurden. Wir  haben angenommen, dass die Politiker, Wissenschaftler oder Fachleute, im Fernsehen die ganze Wahrheit sagen. In den fünfziger und sechziger Jahren haben die Reporter keine kritischen Fragen an die Politiker und Fachleute gestellt, wir waren zum Glauben verurteilt.

Heute gibt es sogenannte Nachrichtensender die rund um die Uhr Nachrichten, Bilder und Fotos, aus allen Teilen der Welt senden. Man kommt, verfügt man über sehr viel Zeit, sei es Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Pension, leicht in den Sog dieser Bilder. Stimulierend ist dabei, werden Nachrichten aus Katastrophengebieten und von Katastropheneinsätzen gesendet, wenn man feststellen kann, dass Andere schlechter dran sind,  als man selbst. So zieht man sich nicht aus dem Sumpf, so werden die eigenen Aktivitäten durch die Bilderflut abgewürgt. Eine Erweiterung der Bilderflut sind die Wetterkameras mit den Panoramabildern aus den Tourismusgebieten.

Eine Pensionistin ist täglich um zehn Uhr Vormittag in das Geschäft gekommen, hat die Bildzeitung gekauft und dabei erzählt was sie im Wetterpanorama gesehen hat. Sie hat von mindestens zehn Regionen gewusst, welches Wetter dort herrscht.

Wetterwarte.

VER:laufen II

Eine besondere Erfahrung beim Gehen macht man in der Lagunenstadt Venedig, wo man neben der Benützung der Vaporetto auf dem Canale Grande, sehr viel zu Fuß unterwegs ist. Nach den sogenannten Ameisenstraßen, wo sich die Fülle der Besucher durchschlängelt, kann man sich leicht orientieren. Sie führen verlässlich zu den Sehenswürdigkeiten wie Markusplatz, Rialtobrücke, Guggenheimmuseum oder Palazzo Grassi. Besteht die Absicht ein unbekanntes Stadtviertel zu erforschen wie, Cannaregio oder Castello, dann steckt die Tücke bei der Besichtigung im Detail. In den schmalen und verwinkelten Gassen, die oft nur körperbreit sind, kann man sich schnell verlaufen. Viele Gassen sind nicht beschriftet, die Häuser haben eine Hausnummer. Die Gassen machen oft einen Hacken und plötzlich geht es nicht mehr weiter oder sie enden an einem Kanal, aber es gibt keine Brücke. Sie  sind meist dann nicht vorhanden, wenn man dringend eine sucht. In dieser Situation hilft auch kein Stadtplan, weil man durch die Winkelzüge die Orientierung verloren hat. In so einem Fall ist es empfehlenswert umzukehren, zurück zu gehen, bis man sich an einem bekannten Ort neu orientieren kann und es noch einmal versuchen. Wie im Märchen, von einem Knaul Wolle den Faden hinter sich abspulen, damit man weis, von wo man gekommen ist.

Labyrinth.