VER:spannt

Schnell kann eine fordernde Arbeitssituation zu Verspannungen führen, dies habe ich beim Saisongeschäft gespürt. Die andauernde einseitige Haltung und Bewegungen, das Verharren in einer nach vorne geneigten Position haben im Bereich der Schultern zu Schmerzen geführt. Die Tage sind geschäftlich gut verlaufen, aber auch die Befürchtungen, dass etwas passieren könnte, führen zu Verspannungen. Obwohl alles zufrieden erledigt, halten die Spannungen an. Bei der Entspannung im Liegestuhl lösen diese noch Beschwerden aus. Niemand kann von sich sagen, dass sein Leben beschwerdefrei sein wird und das man immer einsatzbereit sein wird. Genau diese Anforderung stellt man an Kleinunternehmer. Eigentlich  müssten diese um Jahre früher in Pension gehen, weil sie wenig bis keine Arbeitszeit durch Krankenstand, Stempeln oder Urlaub verloren haben, dafür müsste es einen Bonus geben. Die Wirklichkeit ist, dass viele um einige Jahre länger arbeiten.

Überstundenabbau.

PARA:dies II

Eine der Ambitionen die wir Österreicher haben, wenn wir nicht mehr ganz jung sind, ist die Aussicht auf die Pension. Es ist noch nicht lange her, da hat man sich vor der Auswahl des Arbeitsplatzes darüber Gedanken gemacht, nach wie vielen Jahren kann ich bei diesem Job und bei dieser Firma in Pension gehen. Auch nach dem Kriterium wie sicher ist der Arbeitsplatz. Bei staatlichen Unternehmen hat man ab dem ersten Arbeitstag gewusst, an welchen Tag man in Pension gehen kann. Trotz des geringeren Anfangsgehalts im öffentlichen Bereich, hat man sich gerade wegen dieser Pensionsaussichten um eine Anstellung beworben.

Steuert man auf die Pension zu dann hört man schon Jahre vorher von Freunden, dass man sich darauf freuen soll. Es wird vorgeschwärmt was man alles machen kann. Im engsten Familienkreis wird davon gesprochen, dass sich vieles bessern wird, wenn der Tag der Pension da ist. Selbst denkt man auch daran, dass man seinen Leidenschaften und seinen Hobbys nachgehen kann, die im Arbeitsalltag zu kurz gekommen sind.

Im Vorfeld werden die Schwierigkeiten der Umstellungsphase, von der Berufswelt in die Pensionswelt, unterschätzt.  Es kann sich auch nach Monaten das Pensionsparadies nicht einstellen. Es ist niemand in der Nähe der sagt: „Noch heute wirst du mit mir im Paradies sein“,  im irdischen Paradies. Dabei werden Dinge, die sich angenehm von der Berufsphase unterscheiden, übersehen: Die tägliche Verpflichtung zur Arbeit, die Forderungen der Kunden und des Arbeitgeber voll zu erfüllen.

Die Altersweisheit und die Dankbarkeit an den Schöpfer lassen auf sich warten. Ohne Arbeitsleistung wird eine wertbeständige Pension ausbezahlt.

 Paradiesverdächtig.

PARA:dies

In verschiedenen Lebenssituationen beneidet man den Schächer der mit Jesus am Kreuz hingerichtet wurde. Ihm hat Jesus versprochen: „Noch heute wirst du mit mir im Paradies sein“. Hinzufügen muss man, dass diesem Versprechen der Tod vorausgegangen ist. Auch wir kommen in Situationen, von denen es im vornhinein geheißen hat, das wird das Paradies sein. Die Prospekte der Reiseveranstalter versprechen uns für die Urlaubswochen einen Aufenthalt wie im Paradies. Für den Urlaub den man zu zweit verbringt erhofft man sich dies erst recht, auch dann, wenn es zuhause Probleme gegeben hat. Paare erzählen, dass es auch dann im Urlaub Unstimmigkeiten gegeben hat, obwohl man zu Hause  miteinander gut zusammen gelebt hat. Eine andere Paradiesvorstellung ist ein Arbeitsplatz, der einem Spass macht. Er soll an einem Ort mit einer schönen Umgebung, an einem See oder an einem interessanten Ort, wie in der Innenstadt, gelegen sein.  Plätze, wo durch den ständigen Wechsel von  Menschen die Welt ins Haus kommt. Schöne Plätze haben oft nichts mit dem Paradies zu tun, meistens befindet sich das Paradies dort, wo wir nicht sind, auf der gegenüberliegenden Seite.

Der Bezug einer neuen Wohnung ist der Einzug in ein Paradies, bis es mit den Nachbarn zu Meinungsverschiedenheiten kommt. Schon bei der Frage der Belüftung des Stiegenhauses oder ob es im Stiegenhaus Blumen geben darf, kann das gute Einverständnis scheitern. Verschiedene Meinungen können zu einem Glaubenskrieg ausarten. Man hat den Eindruck, dass die Menschen darauf drängen aus dem Paradies vertrieben zu werden. Den Frieden im Paradies gegen die Wirrnisse der Wildnis tauschen. In uns steckt ein Stück Steinzeitmensch, dessen Reflexe auf Angriff ausgerichtet sind, von Harmonie war damals noch keine Rede. So laufen wir in vielen Bereichen, sei es in der Freizeit, im Beruf und im Alltagsleben dem Paradies hinterher. Auf die Idee, dass das Paradies in uns selbst liegt, in unserer Ausgeglichenheit und Zufriedenheit, kommen die wenigsten.

Klosterregeln.   

KAUFEN:haben II

Gibt es bei den Konsumenten neue Bedürfnisse die einen Gewinn versprechen, so werden sie von den Handelsketten aufgegriffen und umgesetzt. Einer dieser Trends sind Biolebensmittel und Produkte aus heimischer Landwirtschaft, diese findet man jetzt vermehrt in den Supermärkten. Dabei hat es in den Orten vor Jahren noch Bäckereien, Fleischereien,  Bauernmärkte und ab Hof Verkauf gegeben, wo man sich mit  naturnahen Produkten eindecken konnte. Es bedurfte der Werbung: „ Ja natürlich“. Ein großer Unterschied herrscht zwischen der  Stimmung  auf dem Villacher  Wochenmarkt  und der Stimmung in  einem „Ja natürlich Supermarkt“. Am Wochenmarkt läuft der Schmäh, der kleine Tratsch, die persönliche Ansprache. Eine kleine Kostprobe gefällig und nicht klinische Verpackung. Über den neuen „Menschenschlag“ den die EKZ hervorbringen schreibt Pfarrer Dr. Deibler: „Die Geschäfte haben keine Eingangstüren, daher grüßt auch niemand beim Betreten oder beim Verlassen des Geschäftes. Die Angestellten sitzen wie betäubt an der Kassa oder schlichten stumm und unbeteiligt Ware in die Regale. Ich habe in Einkaufszentren immer den Eindruck, als ob die Menschen hier in Hypnose wären, ferngesteuert, von Bildern und Markennamen hierhin und dorthin gezogen, ihre menschlichen Qualitäten vergessend.“

Eine Perspektive für die Zukunft könnte sein, dass wie beim Straßenverkehr ein Umdenken einsetzt. Vor Jahrzehnten wurden immer mehr und immer breitere Straßen durch die Landschaft und durch die Orte gebaut. Heute ist man um eine Verkehrsberuhigung bemüht, es werden Straßen rückgebaut. Es hat nicht mehr die größtmögliche Mobilität den Vorrang, sondern Lebensqualität und Wohnqualität. Werden auch die EKZ in Zukunft nicht mehr und noch größer, sondern werden sie  zurückgebaut? In der Innenstadt, im Ortskern der umliegenden Gemeinden würde es dann wieder mehr Nachhaltigkeit, Wertschöpfung und Leben geben.

KAUFEN:haben

Im Handel gibt es für die meisten Branchen im Oktober eine Verschnaufpause, soweit es in den Einkaufszentren eine Verschnaufpause gibt. Das Sommergeschäft ist vorbei, das Herbstgeschäft hängt, so im Textil- und im Schuhhandel, stark von der Wetterlage ab. Herrschen im Oktober sommerliche Temperaturen, dann überlegen sich viele, ob sie eine Herbstgarderobe kaufen sollen oder ob sie auf die Wintermode warten. Vom Bikini in den Wintermantel. Anders im Baumarkt, da möchten viele vor dem Winter noch dieses und jenes am Haus fertigstellen. Jetzt konzentriert sich der Handel auf die nächsten Monate, fragt sich, was können wir für Weihnachten anbieten. Wie steigern wir das Weihnachtsgeschäft. Den Lebensmittelhandel stören die hohen Temperaturen nicht, der Lebkuchen, der Weihnachtsstollen und der Christbaumbehang liegt in den Verkaufsschütten. Die erste Weihnachtswerbung flimmert über den Bildschirm.

In Villach versuchte die Pfarre Völkendorf mit einer Veranstaltungsreihe, „Essen-kaufen-Haben“, unser Konsumverhalten zu hinterfragen. Der Center Manager des Atrio Einkaufszentrum, hielt in der Pfarrkirche ein Statement: „Wie ein Einkaufszentrum zum Wahrzeichen der Stadt wird“. Einige seiner Thesen sind: „Das Atrio entwickelt sich zu einem Treffpunkt für die Bevölkerung der Stadt, für die umliegenden Regionen und das benachbarte Ausland. Die Atmosphäre im EKZ zieht am Vormittag die Senioren und am Nachmittag die Jugendlichen ab. Auf dem künstlichen Marktplatz, der Piazza, stillen die Mütter ihre Babys. Das Atrio entspricht den modernen Bedürfnissen des mobilen Menschen.“  

Diese schöne Konsumwelt wurde von einigen Zuhörern in Frage gestellt, durch andere Sichtweisen ergänzt und erweitert. Die Besucher des EKZ fehlen anderswo, sie werden aus der Innenstadt, aus den Gemeinden der umliegenden Regionen abgeworben. Hier treffen sich die Leute auf einer künstlichen Piazza, die in  Rekordbauzeit geschaffen wurde. In der Region veröden die in Jahrzehnten, manchmal in Jahrhunderten gewachsenen Ortskerne. Es ist oft so, dass sich Initiativen und Vereine aus den Umlandgemeinden bemühen im Atrio einen Auftritt zu erhalten, weil sie hier mehr Leute aus dem Ort ansprechen können, als wenn sie im Heimatort auftreten würden. In den Ortschaften um Villach, in den Stadtteilen, haben sich die privaten Lebensmittelhändler und Fachgeschäfte, mit dem Entstehen der EKZ am Stadtrand verabschiedet. Sie haben schließen müssen, weil die Kaufkraft abgezogen wurde. Am Land beklagt man sich heute darüber, dass viele Fachgeschäfte aufgegeben haben, man müsse wegen jeder Kleinigkeit in die Stadt fahren. Eine selbsterfüllende Prophezeiung. In den Umlandgemeinden sind Ortsentwicklung, Dorferneuerung zusammengebrochen, weil Mitarbeiter, meistens waren es Menschen aus dem Handel, Gewerbe und Gastronomie, ausgestiegen sind. Es ist  ein Zeitenwandel, den man achselzuckend hinnimmt.

Tagebuch.