um:schwung

Hinter der Aussicht auf einen Umschwung verbirgt sich manches Mal eine große Hoffnung. Nach Monaten der Therapie mit Ultraschall, Kältebehandlung und Gymnastik hofft man, dass sich die Beschwerden im Kniegelenk bessern. Die letzten Verhandlungen mit dem Bauunternehmer führten zu einem Umschwung in der Auftragslage bei den Liefermöglichkeiten für Stahlträger. Der junge Mitarbeiter in der Entwicklungsabteilung, frisch von der Fachhochschule, bringt neuen Schwung in die Konzipierung einer effektiveren Art von Absaugvorrichtungen. Einen Umschwung erhofft man sich bei den Beziehungen zu den Nachbarn in der Wohnstraße, dass es nicht wegen Lappalien zu gegenseitigen Anfeindungen kommt. Die Parteispitzen, die Parteisekretäre und die Parteistrategen befürchten, dass es bei der nächsten Wahl zu einem Wandel im Wählerverhalten kommen könnte. Ein Umschwung im Wählerverhalten bedeutet für die etablierten Parteien einen Stimmenverlust und damit verbunden einen Mandatsverlust. Dies ist nicht nur eine Rechenaufgabe, sondern bedeutet auch Einkommen- und Machtverlust von verschiedenen Parteisoldaten.

Die hochsommerlichen Temperaturen im März führten zu einem Umschwung in der Wahrnehmung bei der Klimaveränderung. Wer immer noch nicht wahrhaben will, dass wir mit unseren Umweltbelastungen Mitverursacher sind, der verhindert den Wandel und es wird für einen Umschwung zu spät. Die Wetterumschwünge im Gebirge, an heißen Sommertagen können plötzlich schwarze Wolken aufziehen, Blitze und das Echo vom Donner, können den Umkehrschwung beschleunigen. Das Wandervergnügen kann in eine Belastung umkehren.

Der Föhn brachte aus der Sahara Sand, warme und trockene Luft in unsere Breiten. Die Hitze und der Sandsturm sind ein Vorbote für den Bevölkerungsumschwung, zuerst die Hitze aus Afrika und dann tritt der Umschwung bei den Einwanderern auf den Plan. Jahrhunderte lang strömten wir nach Afrika, jetzt kommt der Umkehrschwung und die Afrikaner kommen zu uns. Zuerst schickten sie uns den Sandsturm und die Hitze, jetzt kommen sie nach. Wir Alpenländer ziehen uns in die Hochtäler und Berge zurück, die Neuzugezogenen besiedeln die Ebenen und Becken. Sie kommen mit der Hitze bestens zurecht.

Prognosen sollte man immer mit Vorsicht zur Kenntnis nehmen, vielleicht gibt es einen Umschwung und wir haben uns unnützerweise Sorgen gemacht.

Der Hofer woars…

nitzky:dorf I

Eine engagierte Initiative von Villachern bringt Kleider, Schuhe, Spielzeug und Schulartikel nach Nitzkydorf in Rumänien. Damit werden die Menschen vor Ort unterstützt und angehalten, dass sie im Dorf bleiben. Für diesen Zweck hat es sich gelohnt manches aus dem Kleiderschrank auszusortieren und Schulartikel zu besorgen. Für literarisch Interessierte, es ist der Geburtsort der Literaturnobelpreisträgerin vom Jahre 2009, Herta Müller. Wer erinnert sich noch an sie? Bestimmt könnte man aus dem Umstand, dass aus dem winzigen Ort eine Literaturnobelpreisträgerin hervorgegangen ist,eine touristische und wirtschaftliche Initiative entwickeln. Nach Aussage der Projektbetreuerin die schon mehrmals vor Ort war, verläuft das Leben dort sehr apathisch. Die Hilfsgüter waren, zum Teil von den Handelstreibenden im Dorf, nicht gern gesehen. Sie sahen in der Spendenaktion ein Hineinpfuschen in ihr Geschäft. Dabei werden die Warenspenden unter den Bedürftigsten verteilt, die sich die Kleider und Schulartikel nicht ausreichend kaufen können.

Es wäre interessant zu wissen, ob Herta Müller vom jetzigen Elend in ihrem Geburtsort Bescheid weiß? Genügt es ihr, ihre Kindheit in literarischer Form verarbeitet zu haben und will von den aktuellen Verhältnissen Abstand halten?  Für das Schreiben braucht sie die Bilder aus der Kindheit, immer wieder von neuem. Diese Erinnerungen dürfen nicht durch neue Eindrücke zerstört werden. Kryptisch der Titel eines ihrer Bücher: Immer derselbe Schnee und immer derselbe Onkel. So, als ändert sich in den Dörfern des Banat bis heute nichts. Leben noch einige Personen aus ihren Kindheitserinnerungen, dann hat sich bei denen bis heute an ihrem Jahresrhythmus nichts geändert. Auch in diesem Sommer werde ich wieder Marmelade einkochen, im Herbst den Kurs Mitten im Leben besuchen und im Winter Socken stricken.

Bettlerdynastie

be:obachten II

Eine direktere Ebene besteht in der Wahrnehmung der Aktivitäten von den Wohnungsnachbarn oder den Hausnachbarn. Gerne wird beteuert, dass man zufrieden und stolz auf seine Nachbarn ist, wenn diese ein Auge auf die Wohnung oder auf das Haus werfen. Vor allem, ist man verreist und kann so die Reise um vieles unbeschwerter genießen. Man kann damit rechnen, dass der Nachbar das eigene Anwesen im Auge behalten wird und man über undefinierbare Vorkommnisse oder Bewegungen rund um das Haus informieren wird. In akuten Fällen die Polizei verständigen wird. Vor einem Pensionistenforum über wirksame Schutzmaßnahmen gegen Einbruch und Diebstahl wird vom Polizisten auf die Einbrecherprophylaxe durch die Nachbarn hingewiesen. Heute handelt es sich zumeist um organisierte Einbrecherbanden aus dem Ausland. Die wirksamste Vorbeugung gegen Einbrecher ist ein Wachhund, vor einem Hund fürchten sich die meisten Einbrecher. Schon der Warnhinweis an der Gartentür Vorsichtig scharfer Hund  lässt manchen Dieb umkehren, auch wenn sich hinter der Gartentür gar kein Hund befindet. Denselben Rang wie ein guter Wachhund nimmt ein aufmerksamer Nachbar ein. Auch für diese Prävention wurden schon passende Aufkleber und Schilder entwickelt: Vorsicht wachsamer Nachbar. So sehr es gewünscht ist, dass der Nachbar während der eigenen Abwesenheit öfter einen Blick auf das verwaiste Haus oder auf die Wohnungstüre im Mietshaus macht, so kann diese Gefälligkeit anderseits das Zusammenleben vermiesen. Nicht von allen ist es erwünscht, dass der Nachbar täglich Bescheid weiß, wer einen besucht oder welche geschäftlichen Kontakte man hat. Dann bleibt am nächsten Tag die Frage, „wie lange war die Tante Erika gestern bei dir“, aus.

Von heranwachsende Teenagern wird es verabscheut, wenn die Nachbarin akribisch die Besuche von Freundinnen oder von Freunden beobachtet. Nach dem Wochenende der Vater im Stiegenhaus darauf hingewiesen wird, dass sie es ihrer jugendlichen Tochter nicht erlauben würde, dass der Freund hier schläft. Die meisten Vorhänge und Gartenhecken dienen wohl dem einen Zweck, zu verhindern, dass der Nachbar alles mitbekommt. Obwohl man das Gefühl hat, dass man nichts zu verbergen hat.

Wohnungsnachbarn.

be:obachten I

Als heranwachsendes Kind findet man es normal, dass man von den Eltern dabei beobachtet wird, was man gerade spielt oder lernt. Es gehört zum Kindesalter dazu, von den Eltern, der Kindergärtnerin, Lehrern, Tanten und Onkels beaufsichtigt zu werden. Diese Personen, Erziehungsberechtigte wie es im Amtsdeutsch heißt, beschützen einen auch vor Verletzungen und Unfällen. Sie warnen einen, bevor man sich mit der Schere oder dem Messer verletzt, auf die Balkonbrüstung steigt oder auf einen hohen Baum klettert. Dass man beim Spielen am Wildbach vorsichtig ist. In der Schule gibt es in den Unterrichtspausen die Gangaufsicht durch einen Lehrer. Je größer die Gruppe der spielenden und lärmenden Kinder, umso größer die Unfallgefahr. Den Mädchen will man beweisen, dass man schneller laufen und über mehr Stiegen stufen springen kann, als die anderen Buben. Dabei passiert es schnell, dass man gegen eine Mauerkante prallt oder sich den Knöchel beim Aufprallen auf den harten Fliesenboden verstaucht. In der Pubertät will man sich den Beobachtungen der Eltern und der Erziehungspersonen entziehen. Mit seinen Kumpeln trifft man sich an geheimen Orten, unter einer Brücke, im Schrebergarten, in der Burgruine oder in einer ungenützten Garage. Zumeist heckt man dabei etwas Verbotenes aus. Einer von der Runde bringt eine Flasche Bier aus Mutters Kühlschrank mit, ein anderer ein paar Marlboro aus der Zigarettenpackung vom Onkel. In der Garage wird getestet, wer Alkohol und Zigaretten besser verträgt und darüber spekuliert, wie groß der Busen der Klassenältesten sein wird? Ob sie unten schon Haare hat, wie die jungen Fotomodelle in der Praline. Mit jedem Jahr kann man sich aus den Beobachtungen der Erwachsenen mehr herausschälen. Die Abnabelung endet mit der Bitte der Mutter : „Möchtest du mir nicht erzählen, mit wem du das Wochenende verbracht hast“?

Wie viel Überwachung verträgt der Mensch, ab wann fühlt man sich unwohl? Dies ist eine Diskussion, die auf verschiedenen Ebenen geführt wird. Heute denkt man an erster Stelle an die Videokameras auf dem Bahnhof, auf öffentlichen Plätzen, am Bankschalter und in der Tiefgarage. Die Diskussion über die digitale Überwachung jedes Einzelnen ist ein Dauerbrenner in der Öffentlichkeit. Einerlei was man benützt, das Handy, den Laptop, den Krankenkassenchip oder die Stammkundenkarte beim Einkauf, alles wird irgendwo gespeichert. Einige versuchen ihre digitalen Spuren zu verwischen oder zu verschlüsseln. Die Meldung, dass die Nachrichtendienste wahllos die Daten von Millionen unbescholtenen Bürgern speichern, schlägt wie eine Bombe ein.

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