schul:zeit ll

Aus alter Gewohnheit stelle ich bei den philosophischen LVS an der Uni Fragen, nicht um vom Lehrinhalt abzulenken, sondern um einen besseren Praxisbezug herzustellen. Von der Philosophie und von der Religion erwarte ich eine ähnliche Wirkung. Es ergibt für mich keinen Sinn, sich in die Lehre der Bibel oder in die Philosophie zu vertiefen und diese Gesinnung nicht beim Umgang mit dem Nächsten spürbar werden zu lassen.

Aus meiner Schulzeit in Tanzenberg plagt mich immer noch die Angst, dass ich vergesse von den Schulutensilien etwas einzupacken. Manches Mal aus einem Traum aufwache, dass ich den Stundenplan verloren habe und mit den falschen Heften im Unterricht sitze. So  packe ich auch heute meine Unterlagen, einen Collegblock, Fachliteratur, Schreibzeug und Ersatzschreibzeug, am Abend vor der Lehrveranstaltung in meine Aktenmappe. Man möchte annehmen, dass das wirkliche Arbeitsgerät bei den Vorlesungen der Laptop ist und dafür habe ich mir ein extra leichtes Notebook zugelegt. Es überrascht mich immer wieder wie viele mit Kuli und Notizblock die Ausführungen festhalten. Wohl auch, weil die Professoren die Lehrfolien nach der Vorlesung im Moodle hochladen. Es kommt mir so vor, dass das Mitschreiben die Aufnahme vom Lehrinhalt fördert. Ich habe einen drei Stufenplan zum Lernen entwickelt. Von der Mitschrift der Vorlesung zuhause eine Reinschrift verfassen, dann von der Reinschrift eine Zusammenfassung und zu guter Letzt ein Stichwortblatt. So kann ich mir die wesentlichen Dinge gut einprägen. Es wird gerne behauptet, dass man sich Daten und Fakten im Alter nicht mehr so gut merken kann, dass dies in der Jugend leichter sei. Es soll das Kurzzeitgedächtnis nachlassen, das Langzeitgedächtnis ist beständiger. Dieser Beitrag könnte als Beispiel für das Langzeitgedächtnis stehen.

Gedächtnistraining

schul:zeit l

In diesem Monat beginnt in vielen EU- Ländern ein neues Schuljahr. Dabei werden in mir fröhliche und zähe Vorkommnisse geweckt. Gerne wird behauptet oder ist dies eine Schutzbehauptung, dass die Schulzeit zu den schönsten Jahren im Leben eines Erwachsenen gehört. Es gibt wohl niemanden, der sich nicht an quälende Schulstunden, besonders in den Hauptfächern Mathematik und Deutsch, bei mir war es Latein, erinnert. Wobei man für jede Abwechslung, welche die Schulstunde verkürzt oder unterbrochen hat, dankbar war. Es gab verschiedene Möglichkeiten, man beschäftigte sich mit etwas anderem, wie belanglose Strichmännchen zu zeichnen und dazu lustige Texte zu erfinden oder, dies war mit gewissen Risiken verbunden eine Karikatur vom Professor zu skizzieren und diese an einen Mitschüler, der vor einem saß, weiterzureichen. Die Schüler in den ersten Bankreihen konnten wenig oder gar nicht vom Unterricht abschweifen, da waren diejenigen, welche  in den mittleren oder hinteren Reihen saßen, besser dran. Bei allen Aktivitäten musste man zwischendurch einen Blick auf den Professor am Lehrerpult werfen um zu sehen, in welche Richtung er gerade schaute. Nebenbei war es leicht möglich, dass man aus der Reihe aufgerufen wurde, um einen  bzw. den nächsten Satz in das Lateinische zu übersetzen. Unser Lateinprofessor war ein Mensch mit einer gutmütigen Art und frisch im Lehramt. Er war frisch verheiratet und hatte sich in Klagenfurt sesshaft gemacht. Ein Mitschüler, mit Talent zum Bildhauer, hat ihm eine Madonna geschnitzt. Dieser lebt heute als freischaffender Künstler in Kärnten.

Der Professor war vor seinem Lehramt als Archäologe in Ägypten und Griechenland beschäftigt. Er war, neben seinem Sprachwissen, in  der lateinischen, griechischen und ägyptischen Geschichte bestens bewandert. Als Schüler hatten wir den Eindruck, dass er bildhafter, weil er vieles aus eigenem Erleben gekannt hat, über römische und griechische Geschichte erzählen konnte, als der Geschichtsprofessor. Zu unseren Tricks, die Lateinstunde zu unterbrechen gehörte es, lasen wir einen lateinischen Text mit geschichtlichem Hintergrund, eine dazu passende geschichtliche Frage zu stellen. Meistens ist er auf die Frage eingegangen und hat zum Erzählen begonnen, dass seine Wangen geglüht haben. Uns war wichtig, dass wir vom Lateinunterricht eine Auszeit hatten. Bis er sich selbst unterbrach und sagte, jetzt müssen wir aber beim Lehrstoff weitermachen. Im dritten Schuljahr wurde es schwieriger, eine Auszeit einzuleiten, er wusste bereits dass wir ihn auf das Glatteis führen wollten.

Schlittschuhfahren

aus:bürger ll

Man gesteht heute jedem ein Burnout zu, ihn dieses nichtssagende, schönfärbende Wort haben sich viele geflüchtet. Depressiv klingt abstoßend und ekelerregend. Gerade wenn man sagt, sie liegt in der Psychiatrie. Beim Krankenbesuch bleibt man zurückhaltend, man hält das Burnout  für ansteckender als eine Grippeinfektion.  Am besten umgeht man dies, wenn man in der Neurologie aufgenommen wird. Dort kann man davon ausgehen, dass es mit einer organischen Erkrankung zusammenhängt. Eine Einweisung in die Psychiatrie erscheint als großes Manko. Der Hausarzt verschreibt einem ein Schlafmittel oder ein Beruhigungsmittel gegen Herzbeschwerden oder bei Reizdarm. Alles ist besser als ein Besuch bei einer Psychologin oder Psychotherapeuten.

In der Konsumgesellschaft gibt es kaum noch Werte, alles ist austauschbar geworden. Auf Ebay kann man  alles kaufen und verkaufen, Emotionen, Glück, Zufriedenheit. Die Zeit des Anstands liegt Jahrzehnte zurück, hinter dem sich auch viel verborgen hat. Wo der menschliche Wert, mit dem Besitztum gestiegen ist. Man gab sich lustig und fidel, dass Erbe der Väter und der Großväter wurde hochgehalten. Man will ebenso erfolgreich sein und im Ort seinen Status verteidigen, zur gesellschaftlichen Oberschicht dazugehören. Im Ort gehört einem ein Hotel, der Hotelbetrieb im Ort. Suchte ein ranghoher Politiker oder ein Medienjournalist eine Unterkunft im Ort, so  gehörte das Hotel zur ersten Adresse. Der Zeitgeist fand sich im Hotel wieder, der Besuch der Hotelbar  bildete den Abschluss nach einem Konzert, einer Festveranstaltung oder einer Ausschusssitzung. Das Warnsignal hat man missachtet, den äußeren Glanz auf Kredit am Glänzen erhalten. Die Bank hat ihre Jahreshauptversammlung  im  Speisesaal des Hotels abgehalten und ihren Kredit fällig gestellt.

Im Polizeibericht ist zu lesen, dass am frühen Morgen des 26.8. in der Nähe der Waldsiedlung ein Spaziergänger mit seinem Hund den Hotelier vom Ort tot aufgefunden hat. Neben ihm die Tatwaffe, sein Jagdgewehr, Fremdverschulden ausgeschlossen. Über  die Theke wird ein Partezettel gereicht.

Das rote Herz.

aus:bürger l

Am Beginn eines Entfremdungsprozesses steht die Ausbürgerung aus der Gesellschaft, dann die innerliche Abmeldung von den Mitmenschen und zuletzt steht man außerhalb der Gemeinschaft. Der Selbstmord ist in unserer Gesellschaft ein Tabuthema, er ist nicht diskutabel. Er existiert außerhalb des Wahrnehmungsgeflechts, er wird gerne verleugnet. Man akzeptiert ihn in Künstlerkreisen, bei Schauspielern oder Musikern, nicht bei Alltagsbürgern. Ist jemand gescheitert bedeutet dies, dass etwas in der Gemeinschaft nicht funktioniert hat. Niemanden gesteht man ein Scheitern zu, dies ist immer ein gesellschaftliches Manko, erst recht in der modernen Hochleistungsgesellschaft. Es gibt diesen Überfluss, wie soll man da an Selbstmord denken. Nie würde man sich gegenüber anderen dazu äußern, dass man selbst mit Selbstmordgedanken spekuliert hat. Der besten Freundin würde man bestenfalls anvertrauen, dass man den hübschen Mann aus dem nächsten Stiegenaufgang verführt hat. Wie aufregend es am Wochenende mit dem Freund nach dem Besuch des Schwimmbades in der Umkleidekabine gewesen ist.

Heute gibt es Fluchtmöglichkeiten, man kann aus der Ehe ausbrechen, den Mann verlassen und sich scheiden lassen, man muss nicht beim Mann bleiben bis zum bitteren Ende. Die Lieblosigkeit, die Gefühlskälte ertragen, wo für den Jagdhund und für das Kalb mehr Gefühle und Streicheleinheiten frei werden, als für die Ehefrau. Während der Ehejahre ist man durch die Arbeit unansehnlich geworden, hat etwas an Körperformen eingebüßt. Die Bekleidung ist mit den Jahren gealtert. Neu hinzugezogen ist in der Nachbarschaft eine junge Jägerin, welche den Männern schöne Augen macht.

Bei einer Frau ist der Tod weiblich. Die großen Gewässer haben eine magische Anziehungskraft auf  Frauen. Vom Wasser geht eine Geborgenheit aus, im Wasser fühlt man sich aufgehoben. Drei von mehreren Drautaler Selbstmörderinnen sind in die Drau gegangen. Eine Scheidung kam nicht in Frage,  es ist ehrenhafter den Ausweg des Selbstmordes zu wählen.

Badesaison.

wohn:turm ll

In Villach gibt es bescheidene Wohnsilos, im Judendorfer Feld stehen mehrere zehngeschossige Hochhäuser, Wohnblöcke mit bis zu vierzig Parteien. Menschen, die aus Großstädten hierher kommen sagen, dies hat den Charakter eines kleinen Dorfes. Dazwischen finden sich kleinere Wohnanlagen, mit einer Eingangshalle, wie wir sie von Familienhotels kennen. Sie sind, passend zur Jahreszeit, dekoriert. Mit Weihnachtskugeln und Krippe, mit Girlanden und Faschingsmasken oder ein Strauß mit Sonnenblumen und Getreidehalmen. Dazu gibt es am Tisch Leckerli, die von den Hausfrauen zur Verfügung gestellt werden. Auf dem Weg zum Briefkasten können sich die Männer an den Süßigkeiten bedienen. Über einen längeren Zeitraum werden diese immer aufgefüllt.

Bei  den Mahlzeiten verhält es sich immer wieder so, dass die Männer das normale Menü und die Frauen das Seniorenmenü wählen. Die Frauen bestellen bei einer Hauptspeise, sei es ein Schweinebraten oder eine Pizza,  zumeist eine kleine Portion und die Männer normal.  Dies ist wohl noch ein genetisch geprägtes Verhalten, wo die Männer körperlich schwer arbeiten mussten und eine größere Essensration brauchten. Dies trifft nur mehr in wenigen Fällen zu. Zumeist behalten die Männer ihre Essgewohnheiten auch in der Pension bei und der Leibesumfang nimmt schnell zu. Bei den süßen Verführungen, welche die Frauen den Männern bereitstellen sollten sie zugreifen, anderseits aber abnehmen. Ein Teufelskreis, wie im Paradies bei Adam und Eva.

Sündenfall.