alle:zeit

Nachdem einige Lebensjahrzehnte hinter mir liegen erkenne ich, wie viel Sorgen und Leid die Zeit verursacht. Diese Einsicht habe ich heute, im letzten Drittel des Lebens, zurückblicken war früher kein Thema. Im ersten Drittel des Lebens, die ersten dreißig Jahre, gab es kein  Zeitproblem. Im Vergleich zu heute wurde vieles in der halben Zeit erledigt. Ich orientierte mich an Dingen, die mir Spass gemacht haben und dafür war keine Zeit zu kostbar und es gab keinen ungünstigen Zeitpunkt. Ist es um Unterhaltung gegangen, dann war jede Tages- und Nachtzeit recht. Die Zeit für die dringenden Arbeiten sah ich in der nahen Zukunft, nicht in der Gegenwart.

Den größten Ärger mit der Zeit gab es im zweiten Drittel des Lebens. Dort ging es um  den Erwerb, den Aufbau, ich hatte das Gefühl anderen hinterherzuhinken. Ich dachte an Dinge die ich auf keinen Fall versäumen wollte, dies hat zu Zeitproblemen geführt.  Einige  berufliche und menschliche Wünsche waren in meiner voraussichtlichen Lebenszeit nicht mehr unterzubringen. Für manche Wünsche gab es biologische Grenzen, andere Vorhaben können im Alter rein körperlich nicht mehr durchgeführt werden. Dieser Lebensabschnitt hatte auch seine gesundheitlichen Tücken, dabei konnte ich zuschauen, wie die Zeit den Berg hinab rinnt.

Wo vieles geglückt ist, ist der Moment gekommen, mit der Zeit Frieden zu schließen. Über manches, was ich  erreicht habe staune ich, ich habe nicht mehr damit gerechnet. Heute betrachte ich jeden Tag als Geschenk, der nicht ungenützt verstreichen soll, aber ich will keine Forderungen stellen. Zum bisherigen Erlebten das Eine und das Andere neu dazu fügen. Meine Einstellung zur Zeit hat sich verändert. Ich denke daran, dass sich einige Dinge durch die Zeit selbst erledigen, aber auch von mir verschiedene Handlungen und Entscheidungen verlangt werden. Ich führe keinen Streit mehr mit der Zeit, kein Hadern, einmal hat die Zeit für mich ein Ende.

Alles hat seine Zeit.    

faschen:trauma

In den sechziger Jahren wurden die Babys in den ersten Lebensmonaten nach dem Füttern und dem Trockenlegen „eingefascht“. Dies war ein Vorgang, als ob man bei einem offenen Fuß eine Wunde mit einer Binde versorgt hat. Dabei wurden auch die Beine eingewickelt,  es waren nur die Hände frei. Die Babys hatten das Aussehen von Modepuppen. Als Volksschüler  musste  ich in den Sommermonaten, wenn die Eltern und die Geschwister bei der Heuernte waren, auf meinen jüngsten Bruder, der ein paar Monate alt war, aufpassen. Nach dem Füttern schlief er, aber nach dem Aufwachen wurde er unruhig. Er fing an zu greinen, beim Raunzen das Gesicht zu verziehen, die Hände zu  bewegen und versuchte es auch mit den Füßen. Kaum hatte ich die Faschen von seinen Füßen entfernt, beruhigte er sich und fing zum Lachen an. Sofort strampelte er mit beiden Füßen auf das Heftigste. Wahrscheinlich war ich als Baby in einer ähnlichen Lage. Heute bezeichnet man solche  Erfahrungen schnell als Kindheitstrauma.

Ähnliche Erfahrungen macht man bei einer Kneippkur und ich nehme an, dass man bei bestimmten Anwendungen auf ein Kindheitstrauma stößt.  So wehrt  man sich bei manchen Therapien ganz fest eingeschnürt zu werden. Dabei ist dies bei Moorpackungen, egal ob für die Hüfte, die Lenden oder für die Schultern,  unerlässlich. Wurde es mit den Faschen ganz eng,  dann habe ich mich dafür stark gemacht, dass ich eine meiner Extremitäten im Freien lassen durfte. Keine Möglichkeit sich zu wehren besteht,  wenn man zur Stärkung des Immunsystems um fünf Uhr morgens aus dem Bett geholt wird und der Oberkörper mit einem Frotteehandschuh und  mit kaltem Wasser abgerieben wird. Dabei gibt es keinerlei „Nachsicht“. Ähnlich überfallsartig wird frühmorgens ein kalter Salzwickel zur Anregung und Entgiftung  der Leber  angebracht. Danach wird man bei beiden Anwendungen mit Decken  und Tüchern eingefascht.

Kaltwasseranstalt

papst:wahl II

Nachdem die Kardinäle einen neuen Papst, Franziskus, gewählt haben,  blicke ich zurück, unter welchen Umständen ich vom Rücktritt des Papst Benedikt XVI erfahren habe. Es war um die Mittagszeit, am Faschingsmontag den 11.2. 2013, ich war mit dem Auto zwischen Arnoldstein und Villach unterwegs. Dabei hörte ich das Mittagsjournal und der Nachrichtensprecher betonte, dass die Meldung vom Papstrücktritt, von heute Vormittag, bestätigt wurde. Ich habe dies zuerst für einen etwas komischen, aber guten Faschingsscherz gehalten. Nie habe ich mir vorstellen können, dass ein Papst sein Amt freiwillig niederlegen könnte, freiwillig zurücktreten wird.  Er ist Papst auf Lebenszeit und wenn er zurücktritt, ist er dann noch unfehlbar und was macht ein Papst in Pension?  Fragen über Fragen. 

Im Radio meldete sich eine Korrespondentin des österr. Rundfunk aus Rom und sie sprach von einer zuerst nicht verstandenen und dann mit ungläubigem Staunen aufgenommenen Meldung, die wie eine Bombe im Vatikan eingeschlagen hat: Der Papst hat seinen Rücktritt erklärt.  Diese Meldung ist mir noch immer unwahrscheinlich vorgekommen, dazu an einem Faschingsmontag verlautbart, wo rund um den Globus Karneval gefeiert wird.  Mir saß der Schalk im Nacken und beim Mittagessen habe ich gegenüber der Lebensgefährtin so nebenbei die Bemerkung fallen gelassen, dass der Papst zurückgetreten ist. Sie hat darauf ungläubig reagiert und dies für einen Faschingsscherz meinerseits gehalten. Einen Blöden, wie sie meinte. Ich habe bis zu den Fünfuhrnachrichten geschwiegen, dann haben wir  gemeinsam die Fernsehnachrichten angesehen, die Meldung stimmte. Kurze Zeit später ging das  Bild von einem Gewitter und wie ein Blitz in die Kuppel des Petersdoms einschlägt um die Welt. 

Kein Faschingsscherz.

pferde:fleisch

Vieles ist in den letzten Wochen über den Fleischskandal in Kärnten berichtet worden. Produkte einer Lavantaler Fleischerei, wie Kärntner Hauswürstel und Lavanttaler Bauernsalami haben etwa zu 25 Prozent Pferdefleisch enthalten. Auf dem Etikett wurde dies aber verschwiegen. Diese Wurstwaren wurden in den großen Lebensmittelmärkten österreichweit verkauft. Die Beimengung von Pferdefleisch bei der Herstellung der Hauswürstel und der Bauernsalami bedeutete keinerlei Gefahr für die Gesundheit. In unserem Haushalt haben wir vor kurzem diese Wurstsorten gegessen und festgestellt, dass die Würste einen sehr guten Geschmack haben.

Der Betrug an der Sache ist, dass die Fleischhauerei bei der Inhaltsangabe das Pferdefleisch verschwiegen hat. Weiters, dass sie die Würste als ein heimisches Produkt, mit heimischen Fleisch von Rind und Schwein verkauft hat. Aller Wahrscheinlichkeit stammt das beigemengte Pferdefleisch aus Polen, wurde in Zypern verarbeitet, von einem holländischen Fleischgroßhändler importiert und von diesem hat der Fleischhauer das Pferdefleisch bezogen. Man fragt sich, ist es sinnvoll, dass das Fleisch kreuz und quer durch Europa gekarrt wird? Es gibt eine merkwürdige Verordnung, die besagt, dass stammen 50 % der Rohstoffe für ein Produkt aus Österreich, darf dieses als ein österreichisches Produkt bezeichnet werden. Es ist egal woher die übrigen Rohstoffe stammen. Diese Regelung gilt auch für andere Lebensmittel, wie Käse, Brot, Wurst, Marmelade usw.

In einem Supermarkt hat mir eine Wurstverkäuferin erzählt, dass neben der Entrüstung einiger Kunden über die falsche Etikettierung, andere Kunden es bedauert haben, dass besagte Würste mit Pferdefleisch nicht mehr erhältlich sind. Auch sie fanden, dass der Geschmack sehr gut war. Sie wurde gefragt, ob sie nicht unter der „Budel“ noch etwas von den „Pferdewürsten“ lagernd hat.

Unser Gespür für den Wert der Lebensmittel wird von den Diskontern täglich untergraben.  Sie werben damit, dass es soundso viele Prozente auf Fleisch- und Wurstwaren, auf Käse und Brot, Marmelade und Konserven, gibt. So, als hätten die Nahrungsmittel keinen moralischen Wert, sondern sind eine Ware die nur dazu dient, um mit satten Rabattaktionen neue Kunden zu werben.

Jetzt schlägt es 13.

fuku:shima

Während der Messfeier wurde aus dem Alten Testament die Stelle vorgelesen, wo Gott zu seinem auserwählten Volk Israel, kurz nach der Sintflut, spricht. Durch die Sintflut wurde alles was sündig war vernichtet. Nur Noah mit einer Schar auserwählter Menschen und Tiere überlebte. Nach der Sintflut sprach  Gott zu den Menschen: „Ich schließe mit euch einen neuen Bund, ich verschone euch mit Sturmflut und Sprintflut, wenn ihr meinen Gesetzen und Geboten gehorcht“. Es sind gerade zwei Jahre vergangen, seitdem durch ein Erdbeben im indischen Ozean eine Sturmflut, ausgelöst wurde und einige Küstenstreifen von Japan verwüstet wurden. Dabei wurde auch  der Atomreaktor in Fukushima beschädigt und es kam zu einer Kernschmelze. Dadurch wurde die ganze Gegend verstrahlt und unbewohnbar. Bis heute ist es ungewiss, wie viele Menschen dabei gestorben sind und wie man das verseuchte Kühlwasser entsorgen kann.

Dabei frage ich mich, wo bleibt der Bund, den uns Gott versprochen hat, wir haben ja bis heute das Wort Gottes verbreitet. Milliarden Menschen zählen zu den Gläubigen,  wenn auch in verschiedene Religionen aufgeteilt. Hat Gott bei der Katastrophe von Fukushima  sein Wort gebrochen? Der Pfarrer, den ich nach der Messe angesprochen habe, ließ anklingen, dass wir zu sündig leben. Das Gott immer einmal eine Sturmflut schickt um uns zu bestrafen, manche Katastrophen eine Folge unserer Sündhaftigkeit sind.

Da niemand von Schicksalsschlägen verschont bleibt, auch ich nicht, schimpfe ich im geheimen und auch öffentlich mit Gott. Ich bin traurig über Unglücke die mir durch Zeitungen, Fernsehen oder Nachbarn zugetragen werden. Mein Zorn richtet sich gegen Gott, weil welcher Mitmensch diesen Zorn ertragen würde. Ich erzähle ihm von meinem Leid und meiner Verzweiflung, aber auch von meinen Freuden, wer sonst ist zu jeder Tages- und Nachtzeit erreichbar. Wir Menschen sind, trotz sozialer Bindungen einsam.  Bei der Größe des Universums, bei der Fülle der Nachbarplaneten, sind wir als Menschheit auf der Erde erst recht einsam. In diesem gigantischen Weltall ist Gott der einzige Ansprechpartner, den wir außerhalb unserer Erde haben.

Das DU-Wort.