corona:siebzig II

Diskutiert wird, bislang ist es noch nicht entschieden, sollen Genesene danach eine oder zwei Corona Impfungen erhalten? Diese sollen die Immunabwehr verstärken, eine Super Immunität schaffen. Anderseits für Long Covid Patienten eine Chance, durch Stimulation des Immunsystem einen Neustart des Immunsystem herbeizuführen. Beim PC würde man sagen, einen Neustart durchzuführen um Software Probleme zu beheben.

Meine Corona Impfung habe ich zwei Monate nach der Genesung erhalten. Jetzt gelte ich für neun Monate immunisiert. Für meine mentale Genesung war förderlich, dass ich nach einigen Radtouren, sei es Villach – Nötsch oder Villach- Arnoldstein und retour an meine Vorjahres Kondition andocken konnte. Eine starke Radfahrsaison war für mich das Pandemiejahr 2020.  Mit dem Rad bin ich etwa 1500 Kilometer gefahren, an anderen Jahren waren es etwa fünfhundert. Etwas hat sich unter den Radfahrern verändert, mindestens zwei Drittel der Radfahrer sind mit einem E-Bike unterwegs. Diese Gruppe umfasst alle Altersstufen. E-Bike sind kein Alleinstellungsmerkmal mehr für Pensionisten. Den Rentnern geht es darum Kraft zu sparen und den Bewegungsradius auszuweiten, nicht nur die Wohnungsstraße entlang zu fahren. Den Jungen wahrscheinlich darum die Bergwelt und die Almen zu erobern. Dabei dürften die nächsten Konflikte bevorstehen, weil wie sinnvoll und vertretbar ist es, dass jeder Alm Weg für jeden mit dem E-Bike befahrbar sein soll. Der Wald und die Almen sind ein Ökosystem, welche nicht unserer Selbstbestätigung geopfert werden sollen.

Was bringen die Corona Vorschriften und die angekündigten Lockerungen für jene, welche in diesen Sommer einen Geburtstag, eine Hochzeit oder eine Taufe feiern wollen? Je näher mein siebzigster Geburtstag rückt, umso weniger fühle ich mich wie siebzig. Mit sechzig war meine Befindlichkeit schlechter, bis zum Befreiungsschlag aus dem Berufsleben als Selbstständiger. Die späteren Jahre danach, nachdem ich Ballastabgeworfen habe und die Geschäftsübergabe geklappt hat, fühlte ich mich in meine Fünfziger Jahre zurückversetzt. Jetzt gibt es ein befreiendes Gefühl, weil ich eine Corona Infektion mit minimalen Langzeitfolgen hinter mir habe. Es ist gerade so, als ob ich einen Berg durchstoßen habe, welcher sich vor mir aufgebaut hat. Eine siebzig Zentimeter dicke Ziegelmauer durchlöchert habe und jetzt stehe ich vor einem neuen Jahrzehnt. Ich werfe einen Blick durch die Mauer, wo noch einiges möglich sein kann. Aus dem Tagebuch…

corona:siebzig

Sehr viel wird weiterhin über die Risiken und Intensität einer Corona Erkrankung geschrieben. Es gibt Berichte von Infizierten mit dramatischen Situationen. Zeiten, wo sie nicht mehr bei Bewusstsein waren und nur mit fremder Unterstützung atmen konnten. Einige sind tageweise mit hohem Fieber darniedergelegen und wurden durch Hals- und Gliederschmerzen, im wörtlichen Sinn, an das Bett gefesselt. Bei mir hat die Corona Infektion einen milden Verlauf genommen, ähnlich einem Schnupfen. Monate danach spüre ich ein wenig von der oft beschriebenen Müdigkeit oder mute ich mir für mein Alter zu viel zu? Das Alter glaubte ich bis jetzt keinesfalls zu spüren. Wird für mich, was für viele während der aktiven Zeit Sache ist, dass es im Tagesablauf verschiedene aktive Zeiten gibt, Wirklichkeit. Seit Jahrzehnten ist bekannt, dass der Tag für einen Menschen unterschiedliche Leistungsebenen bereithält. Man ist überzeugt von produktiven Vormittagsstunden und rechnet am späten Nachmittag mit einem Leistungsknick. Über Jahrzehnte konnte ich mich dieses Schema erwehren, war tagsüber gleichmäßig belastbar. Nach der Corona Infektion frage ich mich, ob die Müdigkeit am frühen Nachmittag der Infektion oder dem fortschreitenden Alter geschuldet ist? Meistens trifft die Müdigkeit ein, wenn ich vormittags körperlich oder sportlich sehr aktiv gewesen bin, ein natürlicher Prozess? Dazu manchmal spontan Hals- und Kopfweh. In den nächsten Monaten wartet eine Herkules Aufgabe auf mich. Die zumeist kaufmännischen und gesellschaftlichen Schriftstücke, welche ich dem Kärntner Landesarchiv übergeben habe durch Mitteilungen aus privater Sicht, aus den Tageheften, zu ergänzen. Bei diesem Gedanken wird mir schwankend, könnte auch daran liegen, dass dies ein Mamut Projekt für mein Alter werden könnte. Eine Aufgabe, wo ich keine konkrete Aussage darüber machen kann, wieviel Zeit ich dafür beanspruchen werde. Die Übergabe der Tagehefte an das Kärntner Landesarchiv habe ich bereits angefragt.

corona:tag II

Ein wenig spielen dabei die Erinnerungen an die Jugend am Bergbauernhof eine Rolle. Dort war es auch an Sonntagen die erste Pflicht die Schweine, Hühner und Pferde zu füttern. Die Kühe am Morgen zu tränken und zu melken. Um nicht im Werktag haften zu bleiben war der Kirchgang der Anlass um sich schön herzurichten, das Sonntagsgewand und die Sonntagsschuhe anzuziehen. Uns Jugendlichen ging es auch darum, mit anderen aus dem Ort zusammen zu treffen. Nach der Heiligen Messe und vor dem Mittagessen war noch Zeit für einen Besuch im kirchennahen Landgasthof.

Als am Bergbauernhof ein blaues Puchmoped, Puch DS 50 – Zweisitzer mit Schutzblech angeschafft wurde, haben dieses alle benützt.  Der Vater, für die Fahrt nach auswärts in den Holzschlag, wir Jugendliche brachten damit die Milch zur Sammelstelle, zur Walderkathl, egal ob Sommer oder Winter. Zum Eierliefern zur Bachermitze, danach besorgten wir auf dem Rückweg die notwendigen Lebensmittel beim Kerschbaumertone. Im Sommer für die Fahrt in die Kirche, so schnell was das Moped hergab, dabei immer ohne Mopedhelm unterwegs.

In den Lockdown Zeiten entfielen diese alltäglichen Termine, Volkshochschule, Rückenstudio, Therme und der Kirchgang, alles geschlossen. So war es schwer der Woche eine Struktur zu geben, manchmal wussten wir nicht welcher Wochentag ist heute, in welcher Woche befinden wir uns. Es fehlten auch die Außenreize, dadurch Gesprächsthemen die nicht unausweichlich das Corona Thema zum Inhalt hatten. Obwohl seit einem Jahrzehnt außer Gefecht, damit will ich sagen nicht mehr aktiv im Wirtschaftsleben, berührt es mich, wenn es um wirtschaftliche Einbußen im Zusammenhang mit der Pandemie geht. Die Gastronomie, Thermalbäder und Rückenstudios, weil sie ungezählte Wochen geschlossen hatten. Wie die kleinen Handelsgeschäfte wirtschaftlich überleben können, weil viele Fachhändler Saisonware verkaufen, wo der Saisonartikel nach einem Monat Lockdown unverkäuflich wird.

corona:tag

Bei unserer Einschätzung der wirtschaftlichen Folgen für das Kleingewerbe durch die Pandemie unterstützt uns, dass wir im Wirtschaftsleben vor der Jahrtausendwende es am eigenen Leib miterlebten. Heute mit unseren Einsichten und Ansichten trotz aufmerksamem Studium der Wirtschaftsberichte in den Zeitungen nicht mehr ganz update sind. Wir können wohl auch nicht immer den Gedankengängen heutiger, junger Unternehmer folgen. Vieles ist in Fluss geraten und Jungunternehmer nähern sich heute mit einer anderen persönlichen Einstellung den Aufgaben im Handel, in der Gastronomie oder im Friseurgeschäft. Eine solche Situation wie es im letzten Jahr war, auch wenn wir verschiedene Schwierigkeiten, Umsatzausfälle bewältigen mussten, dies haben wir nicht erlebt.

Die Zeit, welche schon in normalen Zeiten nicht genau zu bestimmen ist war für uns in Pandemiezeiten noch weniger greifbar. Die alltäglichen, die gewöhnlichsten Verrichtungen an denen wir die Tage festhalten konnten, gab es nicht mehr. gibt. Ich denke, dass in der Coronapandemie die Zeitwahrnehmung außer Kraft gesetzt wurde. Wie werden wir die Zeit nach der Eindämmung der Coronakrise wahrnehmen, wieder normal wie früher? Dazu gibt es ein interessantes Bonmot. Auf die Frage: „Werden wir nach der Pandemie wieder zur alten Normalität zurückkehren“, kam zur Antwort: „Ich fürchte ja“.

Alltäglichen Tätigkeiten haben wir vor Corona keine Beachtung geschenkt, diese waren etwas Nebensächliches. In der Vorcoronazeit orientierten wir uns an Brauchtumsfesten, Konzerte oder Museumsbesuche. Dem Jahr gaben ein Meeraufenthalt und Studienwoche eine Struktur. Auch die kirchlichen Feste wie Weihnachten, Ostern oder Pfingsten, mit ihrer besonderen Liturgie waren Zeitstempel.

corona:pate II

Für alle die am Drauuferweg spazieren oder Radfahren ist ersichtlich, wer einen frisch gepflanzten Baum gesponsert hat. Ein tolles, öffentliches Erlebnis als Baumpate von Vielen identifiziert zu werden. Etwas Beständiges ermöglicht, was über den Tod hinaus von einem Zeugnis abgeben könnte, gerade für ältere Personen aktuell. Über den Tod hinaus oder vor dem Tod, stellte ich mir die Frage, als ich an einem frisch gepflanzten Baum am Drau Weg vorbeikam. Auf der Sponsor Plakette las ich: „Franz, in Liebe deine Familie und Bekannten“. Zweimal musste ich hinsehen und nochmals lesen: „Franz in Liebe deine Familie und Bekannten“. Mein Vorname ist Franz.

Mein spontaner Gedanke war, sehr nett von meiner Familie und Verwandtschaft, dass sie so früh, zu Lebzeiten, mir schon einen Baum widmen. Für meinen Geschmack ein bisschen zu früh, aber warum nicht zu Lebzeiten? Ein bisschen vor dem Ableben, als zu spät oder überhaupt in Vergessenheit zu geraten. Ein kleiner Hinweis auf mein fortgeschrittenes Alter, da ich dieses Jahr einen runden Geburtstag begehe. Ob gefeiert wird oder wegen der Coronapandemie abgesagt werden muss, ist noch offen. Wann ist das richtige Alter dafür, um sich eine Grabstätte oder einen Gedenkbaum zu erwerben, mit sechzig, siebzig oder achtzig?

Das Coronavirus hat uns gelehrt, das Alter kann viel überraschendes bereithalten. Mehr, als das Alter bereits von jeher an Überraschungen reich ist.  Der Baum dürfte nicht mir gewidmet sein, in der Draustadt gibt es eine große Zahl Männer mit dem Vornamen Franz. Die Verwandtschaft kontaktieren