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Jetzt erleben wir, dass die COVID Neuerkrankungen und die COVID Patienten in den Spitälern zurückgehen. Daneben gibt es immer mehr Menschen, welche von einer COVID Infektion genesen sind. Einige klagen darüber, dass sie noch Wochen, andere einige Monate nach dem Ende der Quarantäne noch immer an einer alles lähmende Müdigkeit leiden. Dafür gibt es auch schon ein Modewort Long Covid Symptome. Neben der Antriebslosigkeit gibt es noch andere langanhaltende Beschwerden, wie Mängel beim Geruch- und Geschmackssinn, wie aus heiterem Himmel anfallsartige Hals- und Kopfschmerzen. Die Müdigkeit kann mannigfaltig sein und so weit gehen, dass manche Berufstätige es nicht schaffen ihrer Arbeit nachzugehen. Sie haben schon ein Problem ihren Arbeitsplatz aufzusuchen. Man könnte meinen diese Erschöpfungszustände seien ein Problem für Berufstätige, es betrifft auch Hausfrauen und Pensionisten. Wie soll die Hausarbeit und die Versorgung von Kindern verlaufen, wenn schon die Fertigung des Frühstücks Beschwerden macht?  

Senioren müssen altersbedingt bei ihren Aktivitäten einen Schritt zurückgehen und da fällt die COVID Müdigkeit stark in das Gewicht. Manchmal fehlt auch der Wille und die Kraft sich gegen die Antriebslosigkeit zu wehren. Wie soll es weitergehen, wenn man nach der Morgentoilette und dem Ankleiden so erschöpft ist, dass man sich am liebsten wieder ausziehen und in das Bett legen möchte. Weiterschlafen, ein Schlafen ist es zumeist nicht, ein dahindösen und warten, dass der Schlaf kommt. Ein Warten auf den nächsten Tag, dann könnte es besser werden. Zu guter Letzt findet man Trost und eine Erklärung für die Müdigkeit darin, dass diesmal das Wetter im Mai, die Kälte und der Schneefall auf den Bergspitzen, dem Monat März entspricht. Vom warmen Mailüfterl ist das Wetter meilenweit entfernt und der Spruch, alles neu macht der Mai, hat für das Abklingen der Long COVID Symptome keine Gültigkeit.

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Bescheiden ist das Stichwort, werden wir beim Kontakt mit Verwandten, Bekannten oder Freunden gefragt, wie es uns jetzt zwei Monate nach einer überstandenen COVID Infektion geht? Ich zähle so selbstverständliche Handreichungen auf, denen sonst kaum Beachtung geschenkt wird. Wir können uns selbst waschen und ankleiden, haben keine Probleme beim Aufstehen und Niedersitzen. Die notwendigen Einkäufe an Lebensmittel erledigen wir selbst und sind auf keine fremde Hilfe, wie Essen auf Räder, angewiesen. Für viele mag dies banal klingen, auch für uns war dies vor der Infektion keine Silbe wert. Sobald es die Pandemie erlaubt möchten wir wieder ein Fest, ein Schwimmbad oder eine Ausstellung besuchen. Diese Vorhaben waren während der Infektionsphase nicht selbstverständlich. Wir hoffen, dass die neue Bescheidenheit uns erhalten bleibt und wir mit dem Zustand der Unvollkommenheit und Gebrechlichkeit liebevoll umgehen.

Eine Bekannte hat vor kurzem ihren sechsundsechzigsten Geburtstag gefeiert. Wir konnten sie leider nicht besuchen und haben ihr fernmündlich unsere Glückwünsche übermittelt. Sie soll das Lied von Udo Jürgens, „mit 66 Jahren fängt das Leben an“, nicht als eine schöne Phrase, als Schnulze sehen, es steckt darin ein wahrer Kern. Dabei denke ich nicht an einen in Zahlen gegossenen Termin, sondern auch daran, dass das Pensionsantrittsalter in den EU-Staaten bei 66 Jahren liegt. Angeglichen an die längere Lebenszeit kommt ein Vorschlag von David Precht, dass sich alle nach dem Pensionsantritt für ein Jahr in einem sozialen, gemeinnützigen Verein einbringen sollen. „Mit 66 Jahren“ sollte man für sich reale und utopische Wünsche formulieren und schrittweise realisieren. Dies ist nicht allein von den finanziellen Mitteln oder dem körperlich Befinden abhängig, auch die mentale Verfassung und der eigene Wille spielt eine Rolle. Der Bogen kann weit gespannt sein, von Bergwanderungen, dem Garten neuen Glanz verleihen, einen Fotokurs zu besuchen oder das angrenzende Ausland zu erkunden. Spannende Orte bedürfen nicht immer einer Fernreise, viel historisches, architektonisches und botanisch Interessantes findet man in Kärnten oder eine Autostunde von der Grenze entfernt. Gezielte Aktivitäten können die Lebenserwartung um einiges verlängern. Die Bekannte hat vor ein paar Monaten ein himmlisches Geschenk erhalten, ihr erster Enkel wurde geboren. Dies dürfte derzeit ihr größter Motivator sein, der Sohn kommt in den nächsten Tagen mit der Familie für eine Woche zu Besuch.

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Der Passivität darf man keinen Raum geben und annehmen, man wird zu der Gruppe der über Hundertjährigen gehören. Auf dem Weg zur Bank bin ich einer über hundertjährigen Frau begegnet, mit Unterstützung ihres Gehstocks war sie unterwegs zur Corona Test Station. Am nächsten Tag hatte sie einen Friseurtermin für eine Dauerwelle. Für den Friseurtermin brauchte sie einen Antigen Test. Zum Pfingstsonntag möchte sie sich fesch herrichten und dazu gehört für sie eine tolle Frisur. Ein Bekannter in Deutschland musste 2020 seine Feier zu seinem runden Geburtstag Corona bedingt absagen. Geplant war, dieses Jahr die Geburtstagsfeier nachzuholen und wieder gibt es Corona bedingt eine Absage. Seinen Verwandten und Bekannten hat er versprochen, sie zu seiner Renteneintrittsparty einzuladen, dann sollte das Virus vorbei sein.

Wir haben die magische Zahl 66 hinter uns und möchten uns nach dem Abbau von Long COVID Beschwerden den Außenaktivitäten zuwenden. Ganz oben in meiner Wunschliste steht ein Spaziergang in der Draustadt und im renovierten Parkcafé einen Cappuccino zu trinken. Dort kann ich bei einem Cappuccino unbehelligt in einigen Tageszeitungen lesen. Guter Hoffnung, dass die Atmosphäre stimmt, wie ich sie zuletzt vor einem halben Jahr erlebt habe. Bei einem Lächeln von der Serviererin Sonja geht für alle Caffeehausbesucher die Sonne auf. Zu den besten Aussichten während der Pandemiezeit zählen die sonnigen Tage. Das Schönwetter lockt die Menschen in das Freie und dort bildet sich, dass für eine gute Gemütsverfassung notwendige Vitamin D. Zum Geburtstag der Partnerin, zum rechten Zeitpunkt, öffnen die Restaurants wieder und ein Mittagessen im Restaurant wird uns wie das Manna in der Wüste schmecken. Nach dem Lockdown unter Menschen sein, kein Bad im Goldspeicher von Donald Duck, sondern ein Bad unter zuversichtlich gestimmten Restaurantbesucher. Das Frühjahr hat auch dieses Jahr bei den kleinen Dingen ein besonderes Geschenk bereit.

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Während der Lockdowns war es unmöglich sich mit Bekannten zu treffen. Vor allem für jene welche sich streng an die Beschränkungen halten. Leicht, mittel oder schwer, im Frühjahr habe ich nicht mehr gewusst um welche Art von Lockdown es sich gerade handelt. Im kleinen Staat Österreich hat es für die Verordnungen drei verschiedene Zonen gegeben, der Westen, der Süden, sowie der Osten. Spontan fällt mir ein, dass sich nur Personen aus zwei Haushalten gleichzeitig treffen konnten. An einem Sonntagnachmittag, wo die Temperaturen die zwanzig Grad überschritten machte ich eine Fahrradtour. Von Judendorf zur Gail, die Gail und die Drau entlang zurück in die Stadt. In den Gail Auen gibt es mehrere Grillplätze, die an diesem Nachmittag voll belegt waren. Ob es sich bei den Gruppen um Personen aus nur zwei Haushalten gehandelt hat, will ich nicht kommentieren. Von sich und vielen anderen weiß man, dass wir alle das Eingesperrt sein und die Corona Regeln satthaben. Da ist es menschlich im Freien, bei schönem Wetter, mehr als nur eine Familie einzuladen. Der Parkplatz bei den Grillwiesen, welcher beim ersten Lockdown vor einem Jahr von der Polizei gesperrt wurde, war von Autos übervoll. Auf dem Radweg freute ich mich darüber, dass mir auf dem Rad Menschen ohne Mundnasenschutzmaske entgegenkommen und Großteils freundlich zunicken.

Dieselbe Erfahrung habe ich am Vortag mit der Lebensgefährtin gemacht, als wir von Warmbad aus durch den Wald zur Napoleon Wiese spaziert sind. Obwohl uns die anderen Spaziergänger unbekannt waren, hat es niemanden gegeben der unseren oder wir ihren Gruß nicht erwidert hätte. Ist der Gruß mit einem lächelnden Gesicht einhergekommen, dann steigerte er die Stimmung. So anspruchslos hat uns die Pandemie gemacht.

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Geht es um einen Sonntagsausflug mit der betagten Oma oder den Eltern, so ist die erste Priorität in einem Restaurant ein gutes Essen zu verzehren. Zum Ausklang im Winter ein großes Stück Torte oder einen üppigen Eisbecher im Sommer. Weniger sorgt man sich um ihre inneren Bedürfnisse, um mehr Unterhaltung für die Tage zu Hause oder um Neues Kennenzulernen. Erleben sie etwas Neues, so können sie sich von ihren immer gleichen Erinnerungen lösen. Hirnforscher sagen, die die Jugenderlebnisse bleiben am meisten lebendig, teilweise verklärt.

In der Pandemie fehlen den älteren Senioren, außerhalb der Seniorenheime, die Möglichkeiten etwas Neues zu erleben. Sie könnten sich frei bewegen, aber wie frei ist man, wenn man alleine in einer Wohnung lebt? Auf das ungebundene Leben, welches man nach dem Tod des Partners geführt hat, war man stolz. In vielen Ehen sterben zuerst die Männer, weil sie ein ungesundes Leben führten und zumeist älter waren. Es gibt Töchter, Söhne und Enkerln aber oft weggezogen. Jene sind gut dran, welche nur in einer zu groß gewordenen Miet- oder Eigentumswohnung wohnen und nicht allein in einem Einfamilienhaus. In Zeiten wie diesen wird es für sie immer kälter, weil der tägliche Spaziergang mit einem Plauscherl in einem Café, mit Freundinnen nicht möglich ist. Schon über Monate finden keine Sprachkurse und der Englischstammtisch statt. Es gibt keine Schnapserunden, Kreativ- und Seniorennachmittage sind ausgesetzt. All dies macht etwas mit der inneren Befindlichkeit.

Jetzt sitzen sie alleine beim Selbstgekochten, beim zwanghaften Mittagessen zu Hause. Zu normalen Zeiten gab es wenigstens monatlich einen Geburtstag oder Namenstage von Bekannten beim Stadtwirt zu feiern. Die Psyche fühlt sich unterfordert, schlecht betreut. Fehlt dazu der Partner, welchem man sein aktives Leben bis zu den Jugenderlebnissen erzählen kann, dann sind die Tage stumm. Kinder und Enkerln beschränken sich auf die Nachfrage, ob die Mutter oder Oma genug zu essen hat und keine neuen körperlichen Beschwerden aufgetreten sind? Von den alten Geschichten, wie sich die flotten Enkeln ausdrücken, wollen sie nichts hören.