hof:hund l

   

Über dem Ehebett der Eltern hing dieses Bild. Abend für Abend bin ich davor am Holzboden gekniet, habe meine Hände gefaltet und gebetet: „Heiliger Schutzengel mein, lass mich dir empfohlen sein. In allen Nöten steh mir bei und halte mich von Sünden frei. Auch in dieser Nacht, halte bei mir treue Wacht. Amen.“

Von der Mutter wurde ich danach in die Mitte der breiten und hohen Ehebetten gelegt und roch den Duft von frischem Stroh, mit dem die Bettsäcke gefüllt waren. Der Schutzengel war für uns Kinder eine bildliche Vorstellung, der uns im Schlaf beschützte. Der Hofhund “Wächter”, der immer ein wachsames Auge auf mich hatte war der leibliche Schutzengel“. Er war auf dem Bauernhof das Kindermädchen, er trottete mir immer hinter her. Egal, ob ich mich im Freien aufhielt, in den Viehstall ging oder auf dem Tennboden spielte. Eines Tages war er fort und abends beim Einschlafen sah ich ihn als Schatten auf der Zimmerwand laufen. Es half kein Gebet zum Schutzengel, in meinen Träumen lief ich ihm hinterher und die Eltern hörten mich nach dem „Wächter“ rufen. Sie beruhigten und trösteten mich damit, dass der „Wächter“ jetzt im Himmel bei den Engeln sei. Nach einigen Tagen konnte ich wieder ruhig schlafen.

Der Hofhund war schon sehr alt und ist unheilbar krank geworden. Er wurde von einem Jäger aus der Nachbarschaft erschossen und auf dem Acker hinter dem Stall verscharrt.

Hundetreue.

schutz:engel

Dieses Bild ist über dem Kinderbett im Elternschlafzimmer gehangen. Abend für Abend bin ich davor gekniet, habe die Hände gefaltet und folgendes Gebet gesprochen:

Heiliger Schutzengel mein,

lass mich dir empfohlen sein.

In allen Nöten steh mir bei

Und halte mich von Sünden frei.

Auch in dieser Nacht,

halte bei mir treue Wacht.

Amen. 

Danach legte mich die Mutter in das Bett auf den Strohsack und deckte mich mit dem Gulda zu. Der Hofhund Wächter war das wachsame Auge des Schutzengels, er war mein Kindermädchen. Egal ob ich im Stall, auf den Tennboden oder im Garten unterwegs war, er trottet mir nach,. Eines Tages war Wächter nicht mehr da. Beim Einschlafen konnte ich seinen Schatten auf der Zimmerwand sehen. In meinen Träumen rief ich nach dem Hund. Der Schutzengel konnte nicht verhindern, dass ich von Alpträumen geplagt wurde. Eines Tages sagte die Mutter, der Wächter sei im Himmel beim lieben Gott.

Kreuzzeichen.

schoppen:shoppen

Bei dem Wort schoppen oder Schopper wird man dem ersten Gefühl nach sagen, dies verweist auf das Einkaufen in einem Einkaufszentrum. Bei dieser Schreibweise handelt es sich um einen Rechtschreibfehler, die richtige Schreibweise ist shoppen, ein Fremdwort aus dem Englischen für Einkaufen. Ich kenne das Wort „ schoppen“ aus meiner Kindheit und damals gab es weit und breit keine Einkaufszentren, keine Shoppingcenter, keine Shoppingmaile und auch nicht die Freizeitbeschäftigung shoppen. In Ferndorf gab es ein Kaufhaus, das Gemischtwarengeschäft Bacher, wo man alles bekommen hat, was man zum Leben gebraucht hat. Nicht nur Lebensmittel, sondern auch Haushaltsgeräte, Werkzeuge, Kleider und Schuhe. Auch Wandfarbe, Viehketten, Pökelsalz, Zement und vieles mehr. Für die Fabrikarbeiter des Herakltihwerkes gab es die Möglichkeit im Werkskonsum die Lebensmittel vergünstigt einzukaufen.

Das Wort „Schopper“ oder es hat sich „geschoppt“ hörte ich vom Vater oder vom älteren Bruder beim Mähen mit dem Motormäher. War das Gras besonders dicht, durch Regen verfilzt oder es wurde vom Mähwerk eine Graswurzel erfasst, dann kam es zu einem Schopper und das Mähmesser wurde blockiert. Das Mähen musste abgebrochen werden und das eingeklemmte Gras aus den Fingern des Mähbalkens entfernt werden. Danach konnte sich das Mähmesser wieder frei bewegen und man konnte mit dem Mähen des Grünfutters fortfahren.

Wurde eines der Tier krank, eine Verkühlung oder Verdauungsbeschwerden, so musste man versuchen die Medizin, meistens eine Kräutersuppe, dem Tier eineschoppen. Weigerte sich ein Baby eine bittere Medizin einzunehmen, dann wurde sie ebenfalls einegeschoppt. Meinten es die Tanten mit uns Kindern gut und überhäuften uns zum Kirchtag mit Süßigkeiten, dann hieß es von den Eltern, man soll uns nicht alles hineinschoppen. Es ist schon zu viel des Guten.

Bei schönem Wetter shoppen viele Menschen durch Villach, beim Hausarzt schoppte es sich bei der Anmeldung. Nach dem Arztbesuch gehe ich in die Gastwirtschaft einen Schoppen Bier trinken.

Hopfen und Malz.

TRÖDEL:markt III

Plötzlich sind die Stimmen der Trödelmarktbesucher weit weg, ich stehe vor einem Verkaufsstand  mit Bildern, Holzschnitten, kolorierten Zeichnungen, verblassten Aquarellen  und Heiligenbildern. Ich weiß nicht genau, sehe ich das Bild hier am Trödelmarkt oder sehe ich es vor meinem geistigen Auge, wie es im Schlafzimmer der Eltern über dem Ehebett gehängt ist. Ein Bub und ein Mädchen, mit einem Korb voller Blumen in einer Hand, gehen über eine desolate Holzbrücke, darunter fließt der schäumende Wildbach. Über den Kindern, die sich an den Händen  halten, schwebt ein Schutzengel mit ausgebreiteten Flügeln in einem weißen Kleid. Er hat lange goldgelbe Haare, einen  Glorienschein und hält  eine Hand schützend über die Kinder. Den Hintergrund bilden einige Bäume und ein Wolkenhimmel.

Vor so einem Bild bin ich abends  am Holzboden gekniet und habe mit gefalteten Kinderhänden das Abendgebet gesprochen:

„Heiliger Schutzengel mein,

lass mich dir empfohlen sein.

In allen Nöten steh mir bei

und halte mich von Sünden frei.

Auch in dieser Nacht,

halte bei mir treue Wacht.

Amen.“

Mit meiner kleinen  Faust hat mir die Mutter das Kreuzzeichen auf die Stirn, den Mund und die Brust gemacht und mich in ihr Bett gelegt, auf einen Strohsack und mit dem Gulda zugedeckt.

TRÖDEL:markt II

Ich schlendere an den Verkaufstischen vorbei und denke mir, dass man vieles nicht mehr verwenden kann, manche Dinge stoßen ab, gebrauchte Gebisse und Nachttöpfe. Bei dem Kaffee- und  Teegeschirr handelt es sich meistens um Garnituren mit fehlenden Einzelstücken.  Tafelgeschirr wie es einmal  im gehobenen Mittelstand, bei den Kaufleuten und Handwerksmeistern verwendet wurde, mit verschnörkelten Griffen und mit einem Goldrand versehen. Dazwischen viele Nippes, in Glas, Porzellan und Keramik  von denen ich annehme,  dass sie einmal für eine freudige Überraschung bei einem Geburtstag oder unter dem Christbaum sorgten. Nicht zu übersehen sind  die alten  Radios aus den sechziger Jahren, in Holz gefasste Kästen, vorne mit einer Skala auf der die einzelnen Sender angeführt sind, rechts und links ein großer runder Drehknopf, womit man die Sender einstellen und die Lautstärke regeln konnten. Dazu an der Vorderfront weiße Tasten zum Auswählen von MW , LW und UKW. Ein ähnliches Radio stand  in unserer Küche auf einer Konsole  im Herrgottswinkel, so hoch oben, dass wir es als  Kinder nicht erreichen konnten. Daneben eine Küchenwaage, mit zwei Waagschalen, bei der man auf der einen Seite das Mehl, die gedörrten Pflaumen oder Nüsse gelegt hat und auf die andere Waagschale die einzelnen Gewichte.  Beim Verkauf der Kirschen und Zwetschken in der Barackensiedlung in der Bezirksstadt war auch eine solche Küchenwaage dabei. Immer findet man am Flohmarkt eine große Anzahl aussortierter Bücher. Ich nehme eine Fibel für Leseanfänger in die Hand  und schaue sie mir genauer an, die nostalgischen Zeichnungen vom  Apfelbaum, vom Hund, vom Kind im Regenmantel und die Drachen im Herbstwind. MO, MA, MIMI, MAMA, waren die ersten Wörter die ich schreiben und lesen lernte. Der Bummel über den Flohmarkt führt mich Schritt für Schritt in die Kindheit zurück, und  blicke  über allzu  modernes wie Schreibmaschinen, PC und viele Dekoartikel hinweg. Bei einem Stand mit gebrauchten  Werkzeugen,  wie Sense, Beißzangen, Stemmeisen, Hobel und Raffmesser, diese Werkzeuge befanden sich in der hauseigenen Getreidemühle.  Ich höre in meinen Kopf  das Rieseln des Getreides, das Knirschen der sich reibenden Mühlsteine, das Geknatter des Mehlfilters. Über dem ganzem Werkzeug lag nach einem Mahlvorgang ein feiner Film Mehlstaub.

Fortsetzung….