maria:sibylla:merian I

Vor ein paar Tagen habe ich eine Biografie über Maria Sybille Merian zu Ende gelesen. Ihr Leben in der zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts hat mich fasziniert. Auch die Art wie dies von Barbara Beuys erzählt wurde. Bewusst hat Barbara Beuys ein Augenmerk daraufgelegt, wie sich Maria Merian, in einer von Männern bestimmten Welt, Gehör verschafft hat. Ihrem Können in der Malerei und ihren Erkenntnissen in der Forschung konnte sich die Riege der gebildeten Männer nicht entziehen. Es dürfte sich eine größere Anzahl von Frauen unter den Künstlern und Wissenschaftlern im Anbruch zur Neuzeit gegeben haben, als heute wahrgenommen werden. Vieles von ihnen dürfte nicht in die Archive und Bibliotheken gelangt sein. Noch besteht Hoffnung, dass manche Schriften, verfasst von Frauen aus frühen Jahrhunderten in verschiedenen Archivschachteln schlummern. Material, welches bis jetzt von Forschern achtlos beiseite gestellt wurde.

Sibylle Maia Merian hat sich seit dem dreizehnten Lebensjahr der Erforschung der Raupen gewidmet. Was wird aus den Puppen und Raupen und welche Stadien nehmen sie ein, bis aus ihnen ein Schmetterling, ein Vöglein entschlüpft, wie damals die Schmetterlinge bezeichnet wurden. Sie hat die Raupen in der Natur gesammelt und sie in Kartons isoliert. Dort mit den Pflanzen, worauf sie die Raupe gefunden hat, gefüttert. Dabei den Zusammenhang zwischen der Wirtpflanze und dem Überleben der Raupe erkannt. Alle Stadien der Entwicklung als begnadete Zeichnerin, Malerin und Kupferstecherin festgehalten. Ihre Erkenntnisse hat sie mit allen Details in Bildbänden veröffentlicht. Zu dieser Zeit hat der Mensch begonnen Fragen zu stellen, er begnügte sich nicht mehr damit, was in der Bibel über die Pflanzen und Tiere stand.

Bordano

milch:bauer

Meine Reaktion auf den Bericht Das Vieh und der liebe Bauer : 

“Mit einem gewissen Schmunzeln habe ich von den Forschungsergebnissen der Verhaltensbiologin Stephanie Lürzel gelesen. Seit fünf Jahren widmet sie sich der Wohlergehensforschung, in ihrem Fall der Mensch-Kuh-Beziehung. Ihr bisherigen Ergebnisse sind in Kürze zusammengefasst: Kühe, die gestreichelt werden, wachsen schneller, geben mehr Milch und sind weniger aggressiv.

Dazu meine persönliche Erfahrung. Ich bin auf einem Bauernhof in Politzen, im mittleren Drautal, in den sechziger und siebziger Jahren großgeworden. Die ersten fünfundzwanzig Jahre habe ich in der elterlichen Landwirtschaft, Milchwirtschaft und Viehzucht, mitgearbeitet. Dies, was Frau Lürzel in fünfjähriger Forschungstätigkeit erforscht hat, wurde dort von einer Generation zur Nächsten weitergegeben. Sowohl bei uns, als auch bei den Nachbarn. Es war selbstverständlich, dass man die Kühe, und damals trugen sie noch Hörner, liebevoll behandelt hat. Wann immer man mit den Kühen Kontakt hatte, im Stall beim Füttern und beim Melken, auf der Weide um Nachschau zu halten, sie wurden gestreichelt. Es war Usus, dass wir die Kühe beim Melken vorher mit ihrem Namen angesprochen haben und mehrmals über den Rücken gestreichelt und am Hals gekrault haben. Schon damals im Bewusstsein, dass durch diese Zuwendungen die Kühe lieber und mehr Milch geben. Diese Zuwendung wurde auch beibehalten, als eine elektrische Melkanlage installiert wurde. Die Kälber hatten während der Aufzucht den Status wie der Hofhund.

Ich glaube nicht, dass sich bei den heutigen Bauern die Umgangsweise mit den Kühen geändert hat. Ich würde dem Team der Ved-Med-Uni Wien nahelegen, auch Feldforschung bei Landwirten zu betreiben. Sie könnten dort Ergänzendes, weil Anderes erheben.

Weibelen, gosch, gosch.

brut:pflege III

Ich kenne diesen Vorgang vom heimischen Bauernhof, wo nach der Geburt die jungen Kälber von der Mutterkuh intensiv abgeschleckt werden. Dieser Ritus wiederholt sich in den nächsten Tagen immer wieder. Nach Auskunft der Rangerin soll dies bei den Ameisen ähnlich ablaufen. Meine Bitte, ich würde gerne unter dem Mikroskop die  Zunge einer Ameise betrachten, hat sie abgewehrt. Meinem Begehren, sie möge einer Ameise sagen, sie solle die Zunge herausstrecken, ist sie nicht weiter nachgegangen. So bleibt mir die Erfahrung  wie die Zunge einer Ameise aussieht, versagt. Von einer Kuh weiß ich es genau. Solche detaillierte Erkenntnisse, wie bei der Brutpflege der Ameisen, werden auch dadurch begünstigt, dass seit einigen Jahrzehnten immer mehr junge Menschen studieren. In Österreich gibt es den freien Universitätzugang, man braucht keine Studiengebühren zu bezahlen und für gute Leistungen gibt es Stipendien.  Die Universitäten werden von der Jugend gestürmt.

Die Öffnung der Unis für die breite Bevölkerung erfolgte unter dem Bundeskanzler Kreisky und seiner Wissenschaftsministerin Hertha Firnberg. Kreisky wollte, dass jeder der das  geistige Potential hat, eine Universität besuchen kann. Zwischenzeitlich wurden wegen des großen Andranges für manche Studien wieder Eignungstest und Aufnahmeprüfungen eingeführt.

In der Samstagsausgabe der österreichischen Tageszeitung DiePresse wird auch aus der Forschung der Universitäten und der Fachhochschulen berichtet. So berichtete die Presse vom 2.6.2017 unter dem Titel Das Vieh und der liebe Bauer  über die fünfjährige Forschungsarbeit der Verhaltensbiologin Stephanie Lürzel. Diesem Bericht habe ich aus meiner Erfahrung, nicht Wissen, etwas entgegengesetzt.

Fortsetzung folgt..

brut:pflege II

Die Älteren liegen bei den Erfahrungen besser im Rennen, weil Erfahrungen sich mit den Jahren summieren. Wobei es auch damit zu tun hat, in welchem gesellschaftlichen Milieu man aufgewachsen ist. Um sich einen Platz in der Gesellschaft zu sichern, beginnen für manche die Erfahrungen schon sehr früh. Zumeist spricht man von harten Erfahrungen, bei einer schlechten sozialen Position der Eltern. Ist man ein behütetes Kind, bei dem die Eltern verhindern, dass man in der Dorfgemeinschaft Erfahrungen sammelt, können später die ersten eigenen Erfahrungen umso schockierende sein. Reife beruht nicht auf Wissen, sondern hat mit persönlich Erlebtem zu tun. Manche Einsichten  könnte man den Jüngeren mitgeben und ihnen unliebsame Erlebnisse ersparen. Aber in unseren Genen steckt das Bedürfnis alle Erfahrungen selbst zu machen. Manche legen es darauf an kein Abenteuer auszulassen. Die ganz Extremen suchen sie, um die andere einen weiten Bogen machen. Jeder weiß um die Gefahren der Extremsportler, sei es Rennfahrer, Kunstflieger, Skifahrer und andere.

Inzwischen ist unser Streben nach Kenntnis immer ausgeprägter und wir profitieren alle davon, dass wir über fast alles immer mehr wissen. Ich schaue mir gerne im Fernsehen die Serie Universum an, wo von erstaunlichen Dingen über die Tier- und Pflanzenwelt berichtet werden. Von vielen Eigenschaften die Pflanzen, Blumen oder Insekten haben, habe ich bis dato kaum etwas gewusst. In den Kärntner Naturparks bemüht man sich in sogenannten Biosphärenhäusern  anschaulich und bei Wunsch mit einer Führung, manche Geheimnisse der Wildtiere, Farne und Alpenblumen zu lüften. Ein Highlight im Biosphärenpark in Mallnitz ist ein Ameisenhaufen in einem Glasbehälter mit verschiedenen Querverbindungen. Die Ameisen können ihre Ressourcen, wie Nahrung und Material für den Nestbau selbst holen. Sowie auch auswärts die Toten, ihre Ausscheidungen und leeren Larvenhüllen entsorgen. Die Rangerin hat erzählt, dass die Brutpflege sehr ausgeprägt ist. Die frisch geschlüpften Ameisen, die Ameisenbabys,  werden von den Pflegerinnen mit der Zunge abgeschleckt. Bei mir hat diese Nachricht Staunen ausgelöst.

Mutterbindung.

brut:pflege I

Als Erwachsener ist man oft der Meinung schon alles zu wissen. Woher diese Auffassung stammt, eventuell handelt es sich um einen Irrtum, liegt im Dunkeln. Möglicherweise sollte ich zwischen Wissen und Erfahrung eine Unterscheidung treffen. Alles zu wissen ist heute schwieriger als es noch vor einem halben Jahrtausend war. Wir sind davon überzeugt, das Allwissen immer bei uns zu haben, in unserer Hosentasche. Ich spreche vom Handy mit Internetverbindung. Über dieses Gerät lassen sich sehr schnell und viele Fragen beantworten. Egal, ob man sich dabei der Suchmaschine Google bedient oder gleich bei Wikipedia nachschlägt. Wobei ich hier einwerfe, dass dabei eine Frage beantwortet wird, es aber wenig um Wissen, Erkenntnis im Sinne von Hintergrundwissen und Zusammenhänge geht. Zum Beispiel lässt sich bei Wikipedia in Sekundenschnelle ermitteln, wie viele Einwohner hat Villach. Am 1. Jänner 2017 waren es 61.662 Einwohner. Dazu findet man weitere  Hinweise, wie sich die Bevölkerung  in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat, teilweise auch die soziologischen und wirtschaftlichen Ursachen. Diese Zahl sagt nichts über das Lebensgefühl der Villacher/innen aus, welche Distanz oder Nähe sie zu ihrer Stadt haben? Wie sie sich als Einwohner der südlichsten Stadt Österreichs fühlen? Die Antwort bei der Frage nach der Zahl der Einwohner erschöpft sich in einer Zahl.

Wir scheuen immer mehr die Anstrengung uns Wissen zu erwerben. Die Bemühungen um eine Gesamtschau und sei es nur die Idee einer Gesamtschau. Im Unterricht sieht man heute die Aufgabe darin, möglichst früh zu spezialisieren. Schon nach dem vierzehnten Lebensjahr werden die Schüler aufgesplittert, sei es in einen sportlichen, in einen gesundheitlichen oder in einen naturwissenschaftlichen Zweig. Dies, was einmal ganz oben im Ranking der Gymnasien stand, eine humanistische Bildung und Weltsicht zu vermitteln, ist in das Out gedrängt worden. Als Schüler einer katholischen Koranschule bedaure ich dies zu tiefst. Die vielen Informationen, wie wir sie heute haben, vielmehr als vor dreißig oder fünfzig Jahren, würde eine Bildung notwendig machen,um entscheiden zu können, was ist wichtig?  Was verbirgt sich hinter dieser Story, was ist das Umfeld und wie konnte es geschehen?

Suchmaschine.