Über schlagloch

Er hat es sich zur Aufgabe gemacht mehrmals die Woche eine kleine Studie zu verfassen und teilt dies per Weblog „schlagloch“ einer stetig wachsenden Internetgemeinde mit. Einzelne Leser treten auf der Internetplattform mit ihm auch in eine Diskussion über das Geschriebene ein. Vom Deutschen Literaturarchiv Marbach werden ausgewählte Online-Publikationen, so auch das Blog „schlagloch“ auf der Plattform Literatur-im-Netz langzeitarchiviert. Einige „Schlaglöcher„ hat er materialisiert und zu Büchern gemacht: Zeitenwandel (2009); Die Beobachtungen (2011); Bruchstellen (2015).

DAS . ÜBEL

Es ist heute selbstverständlich, dass man täglich eine halbe oder eine Stunde lang zur Arbeit fährt. Wenn es einen Stau gibt oder schlechte Straßenverhältnisse sind, dann dauert es länger. Auf der Fahrt zur Arbeit ist man unter vielen anderen  unterwegs, für die der Tag auch mit einer Autofahrt beginnt. Nach Arbeitsschluss, meistens ist es am Abend wiederholt sich dieser Vorgang in die andere Richtung. Man verlangt von den Menschen, dass sie flexibel sein müssen, weil immer weniger im Wohnort eine Arbeit finden. So verbringen wir viel Zeit beim Autofahren, ohne produktiv zu sein und verfahren auch Zeit, in der wir uns erholen und entspannen könnten. Viele verbringen auch ihre Freizeit am liebstem im Auto und fahren irgendwo hin.
 
Das Übel ist, dass wir die Arbeitsplätze von den Wohnplätzen trennen. Das Schönste für Menschen ist, wenn Arbeiten und Wohnen im selben Haus möglich ist. In der Landwirtschaft erleben wir dies noch oder bei Handwerkern, wie Schuster oder Bäcker. Die Menschen sind viel glücklicher, weil sie auf das Auto verzichten können. In der Gründerzeit wurden die Arbeiterwohnhäuser in der Nähe der Fabriken errichtet und so für einen kurzen Arbeitsweg gesorgt.
 
Zusammenwachsen.

24.11.06 07:56 verlinken / 1 Kommentar / kommentieren

 

ZU . ALT

In einem Fernsehfilm wurde ein Berufstaucher entlassen, weil er für seinen Beruf zu alt war, er war Jahrgang 1951. Er begibt sich auf Arbeitssuche, findet aber keinen Job. In der Zeitung liest er, dass in seiner Hafenstadt ein Taucher bei der Arbeit tödlich verunglückt ist. Am nächsten Tag meldet er sich bei der Werft und bewirbt sich um die Stelle des verunglückten Tauchers. Die erste Frage beim Einstellungsgespräch gilt seinem Alter und er sagt Geburtsjahr 1961 statt 1951. Der Chef verlangt sein Taucherbuch, dieses hat er absichtlich zu Hause liegen gelassen. Er verspricht es, vor seinem erstem Einsatz vorzuweisen. Zu Hause fälscht er das Geburtsjahr in seinem Taucherbuch. Wie sein Leben weiter verläuft weiß ich nicht, auch nicht, ob man mit fünfundfünfzig Jahren zum Tauchen zu alt ist.
 
Mein Gedanke ist, dass viele ältere Bewerber auf dem Arbeitsmarkt keine Chance bekommen sich vorzustellen und zu beweisen, weil alle Bewerber die über fünfzig Jahre sind, schon vorher aussortiert werden. Von Vorzimmerdamen, die um die Dreißig sind. Für diese ist die fünf eine Horrorzahl, weil das erinnert sie daran, dass sich ihre drei in eine fünf verwandeln wird. Da vertreibt man dieses Gespenst indem am es tötet, es in den Papierkorb wirft.
 
Die Macht der Jahreszahl. 

21.11.06 12:26 verlinken / 8 Kommentare / kommentieren

 

GRAD . MESSER II

Neben der Lufttemperatur, die äußere Temperatur, gibt es auch die Körpertemperatur, die innere Temperatur. Sprechen die Menschen von der Hitze, dann meinen sie die Sommerhitze. Spreche ich von der Hitze, dann meine ich die innere Hitze, die im Körper auftritt und nicht mit dem Fieber zu verwechseln ist. Diese innere Hitze reinigt die Gedanken, es ist eine Kettenreaktion, ein inneres Feuer. Diese Hitze kann nicht mit einem Fieberthermometer gemessen und nicht mit Aspirin bekämpft werden. Die Haut bleibt kühl, egal ob es draußen Winter oder Sommer ist.
 
Jetzt machen die Gemeinden eine Rückschau auf die Sommerveranstaltungen, auf die Kultur- und Gesundheitswochen. Für viele Veranstalter ist der Gradmesser, ob eine Veranstaltung erfolgreich war oder nicht, die Besucheranzahl. Oft geschieht es, dass man bei der Programmerstellung den Wunsch hat, viele Besucher anzusprechen. Ein Garant für viele Besucher ist, wenn man einen Chorabend mit mehreren Chören veranstaltet oder wenn man einen Vortrag über Rückenschmerzen plant.
 
Bei den Veranstaltungen könnte man einen äußeren und inneren Gradmesser einsetzen. Einen äußeren Gradmesser für die Besucherzahlen und einen inneren Gradmesser für den Inhalt der Veranstaltung.
 
Der Wirkungsgrad.        

17.11.06 08:50 verlinken / kommentieren

 

GRAD . MESSER

Im Spätherbst denkt man bei dem Wort Gradmesser an einen Thermometer. Dies kann ein Zimmer- oder Außenthermometer sein. Die traditionellen Quecksilberthermometer werden heute von den digitalen Wetterstationen abgelöst. Wir haben es schon lange verlernt das Wetter aus den eigenen Beobachtungen selbst vorher zu sagen. Wir verlassen uns auf den Wetterbericht vom Radio oder vom Fernsehen. Dabei kommt es oft zu großen Unsicherheiten in der Wettervorhersage. Der Wetterbericht in den Weltnachrichten unterscheidet sich meistens von der Wetterprognose bei den Landesnachrichten. Jeder präsentiert ein anderes Wetter.
 
Zu einer eigenen Sendung wird der Wetterbericht im Fernsehen. Die verschiedenen TV-Sender wetteifern um die beste und spektakulärste Wettershow. Die Präsentatorin des Wetterberichtes ist oft bekannter, auf jeden Fall gestylter, als die Nachrichtensprecherin. Es ist erstaunlich wie viele Wörter und Sätze man verwenden kann um zu sagen, dass es Regen oder Sonnenschein geben wird. Gibt es über einen längeren Zeitraum ein gleichbleibendes Wetter, egal ob Regen oder Sonnenschein, dann versucht man jeden Tag die selbe Prognose mit neuen Wörtern zu beschreiben. Dadurch wird manche Wettervorschau so verwirrend, dass man nach der Vorschau weniger weiß als vorher.
 
Eine verlässliche Art der Wettervorhersage, vor dem Einzug des Fernsehen, gab es am Bauernhof in Politzen. Im Hof ragte ein Eisenrohr aus dem Erdreich und daraus floss das Wasser für den Brunnentrog. War das Rohr außen trocken, so gab es eine  stabile Wetterlage. Fing das Eisenrohr zu „schwitzen” an, das heißt es wurde außen immer mehr feucht, so deutete dies auf einen Wetterumschwung hin.
 
Außen nass und innen kalt.

14.11.06 07:47 verlinken / 5 Kommentare / kommentieren

 

FÄHR . MANN

Am wildesten rauscht die Gail wenn die Schleusen geöffnet sind. Dieses Rauschen übertrifft das Brummen der Motorräder. Mit meinen Augen nehme ich auf einer Bank bei Federaun das Fließen der Gail wahr und mit meinen Ohren höre ich den Verkehrslärm auf der Südautobahn. Beides ist eine Gefahr für mich, es kann mein Leben zum Einsturz bringen. Das Herz kann mitschwimmen und die Kraft kann aus meinen Füßen fließen. Die Gail und der Verkehr hört nicht auf .

Der Fluss des Lebens gerät in das Stocken, wenn man sich einer Hüft- oder Knieoperation unterziehen muss. Im Park der Orthopädie in Warmbad Villach üben die Patienten nach der Operation die ersten Schritte unter Anleitung einer Therapeutin. Bei Sonnenschein sind dies Schritte in ein neues Leben. Der Therapiegang führt durch den Garten, wo die Herbstblumen verblühen. Einmal vorwärts gehen, einmal rückwärts, einmal seitwärts, einmal nach rechts und links.

Auf der Außenwand der Georgskirche in Faak am See ist ein lebensgroßes Fresko zu sehen, wo Christophorus den jungen Christus durch den Fluss trägt. Ein symbolträchtiges Bild, wobei sich jeder fragen kann, wen trage ich, wer trägt mich oder was trägt mich? Ohne tragen und getragen werden ergibt das Leben keinen Sinn.

Der Fährmann.

10.11.06 12:50 verlinken / 3 Kommentare / kommentieren

 

BUCHWOCHE . GMÜND

BUCHWOCHE  GMÜND  
 

FRANZ  SUPERSBERGER 


liest aus seinem Mundartbuch

„An schean Tog”  

mit musikalischer Umrahmung.  
 

Samstag, 11. November 2006,  16 Uhr 

Gmünd – Kärnten, Lodronsche Reitschule

6.11.06 18:32 verlinken / 2 Kommentare / kommentieren

 

ALLES . FLIESST

Vieles wird heute in der Physik neu entdeckt, vieles wurde im letztem Jahrhundert erforscht. Eine Erkenntnis, die von den Griechen erkannt wurde, ist immer noch gültig, dass alles fließt. Im Alltag gehen wir meistens von stabilen Verhältnissen aus. Von festen Möbeln, von massiven Häusern, von stabilen Beziehungen und von dauerhaften Arbeitsverhältnissen. Umso mehr sind wir überrascht, wenn sich die Beziehung oder der Arbeitsplatz als unstabil herausstellen. Wir sprechen von festen Persönlichkeiten oder sicheren Meinungen und dann kann es passieren, dass feste Persönlichkeiten Mühe haben sich stabil zu zeigen. Wenn man überlastet ist kann es vorkommen, dass sich die massive Einrichtung aufzulösen beginnt, der Stuhl als fester Halt zerfließt, in seine Moleküle zerfällt. Ein Sprichwort sagt, dass die Kraft aus den Händen und Füßen fließt. Niemand weiß wohin, sie kommt nicht mehr zurück. Wir wollen alles festhalten, den Besitz, die Beziehung oder die Kontakte und plötzlich zerfließen sie in unseren Händen. Die Gesundheit bleibt nicht ein Leben lang stabil, sie ändert sich mit den Jahren. Oft spricht man von einem fließendem Eindruck, von fließenden Verhältnissen. Es braucht viel Ausgleichvermögen um das Fließen im Alltag auszuhalten. Wir Menschen lieben das Statische, das Stabile. Im Fluss des Leben.

2.11.06 17:03 verlinken / 4 Kommentare / kommentieren

KUNST . MUEHLE

Während meiner Ausbildung in Spittal an der Drau bin ich in der Mittagszeit oft zu der Lieserbrücke spaziert und dabei an der Kunstmühle Glanzer vorbeigegangen. Mein Weg führte vom Bahnhof die Bahnhofstraße entlang, an den Schaukästen der Stadtlichtspielen vorbei, um vor einer Landmaschinenwerkstatt rechts abzubiegen. In dieser Strasse gab es eine Obstimport und -Exporthandlung mit einer Bananenreifanlage. Der Geruch der Bananen drang bis auf die Strasse. Hier kaufte ich im Hof für einen Schilling ein Kilo überreifer Bananen, die den Transport in ein Lebensmittelgeschäft nicht mehr vertragen hätten. So bestand mein Mittagessen an vielen Tagen aus einem Kilo Bananen. Von hier aus konnte ich schon die hohen Silos der Kunstmühle sehen und beim Näherkommen den Mehlstaub auf den Dächern. Wenn ich heute die Aufschrift „Kunstmühle” sehe, denke ich an diese Kunstmühle meiner Jugend zurück. In den letzten Jahrzehnten wurde den kleinen Getreidemühlen durch die großen Fabriken im wahrstem Sinne des Wortes das Wasser abgegraben. In Müllnern bei Villach wurde in einer ehemaligen Kunstmühle ein Ort geschaffen, der Künstlerinnen Platz bietet zum Arbeiten und zum Ausstellen. Jetzt stehen dort große und kleine Webstühle und von zwei Frauen werden Vorhänge, Wandteppiche und Decken gewebt. Von der Kunst des Getreidemahlens zur Webkunst.

30.10.06 10:55 verlinken / 2 Kommentare / kommentieren

 

WEG . DREIECK

Ein sonniger Spazierweg führt vom Kindergarten Fürnitz durch die Felder in Richtung Korpitsch und St. Job. Der Rundweg bildet ein Dreieck und führt an drei Wegkreuzen vorbei. Die Kreuze stehen jeweils unter einem Baum und daneben steht eine Bank. Für die Spaziergänger eine Möglichkeit zum Ausruhen, vor allem für die Müden und Beladenen. Im Evangelium steht: „Kommt zu mir, die ihr müde und beladen seid”. In der Herbstsonne tanzen die Mücken, die Maisfelder werden abgeerntet, die Äcker gepflügt und das Läuten der Kuhglocken vermischt sich mit dem Glockenschlag von der Kirche in St. Job.  Dunkelgelbe und hellbraune Schmetterlinge lassen sich auf dem Gras nieder und ein großer, grasgrüner Heuschreck kommt durch die Luft geflogen. Die Größten sterben zu letzt. Die Laubbäume in den Karawanken leuchten ocker und bräunlich zwischen den Nadelbäumen hervor. Die Bergkette erhebt sich in drei Stufen, zwischen den Bergen liegt ein Dunstschleier. Die Sonne wärmt den Boden, die Bank und das Herz.
 
Die Motorsäge brummt.  
 

27.10.06 13:44 verlinken / 2 Kommentare / kommentieren

 

SINN . FRAGE

Die Frage, „Was ist ein Missionar, was ist die Mission”, stellte Bischof Kräutler in den Mittelpunkt seiner Predigt bei der Sonntagsmesse im Kloster Wernberg, „Vor  Jahrzehnten stellte man sich unter einem Missionar jemanden vor, der Österreich verläßt und in ein wildes Land reist , sei es nach Afrika, Südamerika oder China, um nicht wiederzukommen. Heute sind diese Kontinente im Kopf nicht mehr so weit entfernt, wir  kennen  die Pflanzen, die Tierwelt und die Menschen aus den Reportagen und Dokumentarfilmen im Fernsehen oder vom Urlaub. Von einem Unglück in einem Bergwerk in Brasilien erfahren wir heute in den Nachrichten nach wenigen Minuten. Heute ist jeder von uns aufgerufen ein Missionar zu sein. Sich in Gedanken, Worten und Taten für die Mitmenschen in anderen Ländern einzusetzen, ihre Armut zu lindern. Armut ist kein Schicksal, Armut wird gemacht, jemand trägt für die große Armut in der dritten Welt die Verantwortung. Wir Österreicher dürfen nicht die Hand zurückziehen, wenn eine Hand mit einer anderen Hautfarbe nach unserer Hand greift. Faire Bedingungen und gerechte Preise schaffen für Produkte aus Entwicklungsländern. Uns nicht abwenden von sozialen und wirtschaftlichen Missständen in Teilen von unserer einen Welt. In Österreich geht es uns gut, trotz der Fülle die wir haben sind viele unzufrieden.”
 
Es fehlen nicht die Waren, oft fehlt der Sinn.

23.10.06 18:39 verlinken / 2 Kommentare / kommentieren
BISCHOF . KRÄUTLER

Viele Blogger schreiben in ihren Onlinetagebücher über die eigene Befindlichkeit, von den großen und kleinen Störungen, die es in unserem Alltag gibt. Für den, welchen es betrifft, ist dies der momentane Mittelpunkt. Dazwischen sollten wir Blogger über unseren eigenen Tellerrand hinausblicken. Zu den großen Problemen der Menschheit zählt, dass die Güter dieser Erde ungleichmäßig verteilt sind. Gegen diesen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Missbrauch kämpft Bischof Erwin Kräutler aus Brasilien. Dieses Wochenende weilt Erwin Kräutler in Kärnten und dazu zwei Termine:
 
Samstag, 21. Oktober 2006, um 19 Uhr, Parkhotel Villach, Bambergsaal
Vortrag von Bischof Erwin Kräutler : „Von der Mitwelt der Mitmenschen”
 
Sonntag, 22. Oktober 2006, um 9 Uhr, Kloster Wernberg
Gottesdienst mit Bischof Erwin Kräutler
 
http://www.kath-kirche-kaernten.at/pages/home.asp   

18.10.06 12:30 verlinken / 2 Kommentare / kommentieren

 

WOHNUNG . SUCHE

Wenn man sich auf Wohnungssuche begibt besteht die Gefahr der Überforderung. Es ist nicht möglich bei einer oder zwei Besichtigungen alle guten und schlechten Eigenschaften einer Wohnung wahrzunehmen. Die guten Eigenschaften werden sofort vom Vermieter aufgezählt. So nimmt man zur Kenntnis, dass es einen Tischtennisraum und ein Dampfbad im Haus gibt. Selbst hat man noch nie ein Dampfbad benützt und will es auch in Zukunft nicht tun. Wann die Sonne in die Wohnung  scheint erfährt man sofort, die Tage an denen sie nicht scheint, erfährt man nach dem Einzug im ersten Jahr. Zwei Bäder bedeuten mehr Komfort, bringen aber auch mehr Fließgeräusche in die Wohnung. In jedem Zimmer ein Fernsehanschluss hebt die Stimmung eines TV-Freaks, aber nur dann, wenn sie am richtigen Ort sind.
 
Jahresregent Sonne. 

17.10.06 14:11 verlinken / 2 Kommentare / kommentieren

 

WOHN . LICH

In der Jugend macht man sich kaum Gedanken über das Wohnen, über das eigene Zimmer. Meistens ist das Zimmer ein Ort zum Musikhören und zum Schlafen. Ein Raum, wo man alles abladen kann und nie aufräumen muss. Für einen Jugendlichen spielt sich das Leben nicht im Haus, sondern außerhalb des Hauses ab. In diesem Alter ist das Leben draußen, man will am Leben im öffentlichem Raum, auf den urbanen Plätzen der Stadt teilhaben, auf den Sportplätzen, in den Veranstaltungshallen, den Cafes und Gastgärten. Auch die Tankstellen, Autowaschanlagen und Einkaufszentren sind heute beliebte Treffpunkte für die Jugend.
 
Über das Wohnen denkt man erst später nach, wahrscheinlich ab dem Zeitpunkt, wenn man beginnt den eigenen Körper wahrzunehmen. Vor allem dann, wenn er nicht mehr so reibungslos funktioniert. Der Körper dient als Wohnung für den Geist. „Sage mir wie du wohnst und ich sage dir wer du bist”, sagt ein Sprichwort. Wir müssen nicht annehmen, dass man nur mit viel Geld eine Wohnung einrichten kann. Zuerst muss man sich Zeit nehmen um sich über die Ausgestaltung und Einrichtung der Wohnung Gedanken zu machen und einige Dinge beachten die das Wohnen angenehm machen.
 
Der Monat Oktober steht in der Kirche Völkendorf  unter dem Motto „Wohnen”  und der Gottesdienst wird um Vorträge von Gastautoren erweitert. Es ist dem Pfarrer ein Anliegen wie die Menschen seiner Pfarrgemeinde, der Stadt, wohnen. Den ersten Vortrag hielt ein Einrichtungsberater, der von den runden und eckigen Kanten bei den Möbeln, vom Licht und von der Sonne in der Wohnung sprach. Eine Wohnung soll für die Bewohner Schutz bieten, aber auch Bewegungsfreiheit. Er sprach vom Ballast abwerfen, sich von Dingen, welche man lange Zeit nicht braucht trennen und diese nicht in der Wohnung horten.
Neugierig sein auf den nächsten Vortrag zum Thema Wohnen vom Univ. Prof. für Philosophie, Dr. Manfred Moser.
 
Die Wohnküche. 
 

12.10.06 11:44 verlinken / kommentieren

 

NISCHEN . LEBEN

In diesen warmen Herbsttagen versucht man etwas von der Wärme als Wegzehrung  für verregnete Spätherbsttage mitzunehmen. Wenn ich auf der Fuß- und Radfahrerbrücke bei Erlendorf Rast mache, sehe ich, wie sich die Sonne auf der Wasseroberfläche spiegelt, in der Mitte des Flusses einige Felsbrocken aus dem Wasser ragen und darauf Blumen und Gras wächst. Das Wasser ändert bei den Steinen seinen Lauf, hin zum anderem Ufer. Die Pflanzen haben für sich auf den Felsen eine Nische gefunden. Diese Situation führt ganz selbstverständlich zu Betrachtungen über die Nischen im Leben. Ein jeder versucht für sich eine Nische im Alltag zu finden. Manches mal auf Plätzen die das Leben abstoßen und die gegen den Menschenstrom gerichtet sind. Inmitten der Megaeinkaufszentren als kleiner Handelsbetrieb eine Nische zu finden ist eine Kunst. Hier am Gailfluss wird es von ein paar Blumen und Gräsern vorgelebt.
 
Nischen braucht das Leben.  

9.10.06 14:12 verlinken / 1 Kommentar / kommentieren

 

WAHL . ANALYSE

In diesen Tagen beschäftigt man sich in den  Parteizentralen mit dem Ausgang der Nationalratswahl in Österreich. Die einen Parteien befinden sich in Siegerlaune, die anderen im Leid des Verlierers. Laut den Statements der Parteisekretäre hat es nur Gewinner gegeben. Die einen freuen sich, die anderen lecken ihre Wunden, noch ist der Parteialltag fern. Jetzt wird das Wahlergebnis analysiert, nachgeforscht wo man Stimmen verloren hat und wo man welche dazu gewonnen hat. Sogenannte Wähleranalysen und Wählerstromanalysen.
 
Das auf meiner Startseite installierte Webstats4u.com – Programm http://www.webstats4u.com/s?tab=1&link=3&id=2668852 macht es möglich, dass ich, aber auch jeder Blogsurfer, nachsehen kann, woher die Leser von meinem Weblog „schlagloch” kommen. Die Besucher kommen aus über siebzig verschiedenen Ländern. Darunter sind einige exotische Länder wie Sri Lanka, Papua Neuguinea, Indonesien oder Paraguay. Ähnlich verhält es sich mit welchen Suchwörtern die Internetsurfer auf meinem Blog landen. Hier gibt es auch ganz  weit auseinanderliegende Begriffe wie, Hitze, Kiefermuskeln, Melkmaschine, Emailbadewanne oder Clothhose,
 
Die Besucheranalyse.

4.10.06 18:16 verlinken / kommentieren

 

ZAUN . GAST

Heute, einen Tag nach dem Wahlsonntag in Österreich, sind bestimmt schon viele der Luftballons zerplatzt welche an die Kinder, am Samstag von den Parteien bei ihren Abschlusskundgebungen am Villacher Hauptplatz, verschenkt wurden. An manchen Kinderwagen baumelten Luftballons in allen Parteifarben.
 
Auch bei vielen Parteimitgliedern und Parteifunktionären dürften nach dem gestrigem Wahlergebnis manche Hoffnungsballons zerplatzt sein. Jetzt kommen die Parteienverhandlungen zur Regierungsbildung und da stehen viele Türen zur Macht offen, ohne dass man sich um die Wählergunst kümmern muss. Die Politiker sind bei diesen Parteienverhandlungen sozusagen unter sich, ohne dass sie von den Wählern, sprich Bürgern, gestört werden. Wir Wähler sind ausgesperrt, wir sind nur die Zaungäste der Regierungsverhandlungen. Wir dürfen das eine oder andere mal  bravo oder pfui rufen, dies hat aber noch keinen Parteifunktionär oder Minister beeindruckt.
 
Die Zaungäste bleiben.   

2.10.06 14:56 verlinken / kommentieren

DER . FÜRST

Viele gehen noch bekleidet mit einem Kurzarmhemd über den Villacher Hauptplatz und im Freien sitzen die Leute bei einer Tasse Kaffe. Die Diskussionen über die kommende Nationalratswahl lassen das Blut der Pensionisten in Wallung geraten und aus den Augen blitzt es. Am späten Vormittag schlendern die Schülerinnen bauchfrei in Richtung Bahnhof. In einer Ecke des Hauptplatzes steht heute zum erstenmal der Maronibrater. Im Schaukasten der Stadtgemeinde wirbt ein Plakat für die Altstadtoffensive. Hier gehen die Menschen vorbei um einen Blick auf die Samonig Schaufenster zu werfen oder in das Kaufhaus einkaufen zu gehen. Es sind dies die letzten Monate bevor das Kaufhaus, wie es viele seit Generationen kennen, schließt.
 
„Schöner Schreiben und Schenken mit Pelikan, für Muttertag, Vatertag, Hochzeit und Erstkommunion” steht auf einem Plakat im Schaufenster der Papierhandlung am Hauptplatz. Vor dem Geschäft reiht sich ein Billettständer nach dem Anderem, dazwischen ein Ansichtskartenständer. Hier bleiben die Leute stehen und reden über die Meldung in der Zeitung, dass auch dieses Geschäft in ein paar Monaten zusperren wird. Von der anderen Platzseite strömt der Duft der Globalisierung aus der Douglas Parfümerie und verzaubert die Besucher der Innenstadt. Es reichen sich die Hände:
&H&M&Cecil&Fielmann&Gazelle&Hartlauer&Intissimo&
Niedermayer&Piba&Bonita&
 
Der Fürst ist schon gegangen.
 

28.9.06 10:19 verlinken / kommentieren

 

WIR . SIND . WIR

Wer sind wir? Oft weiß man selbst nicht, wer man ist. Einmal ist man in der Rolle eines Autofahrers, welcher zur Arbeit fährt oder Waren ausliefert, ein anderes mal besorgt man Einkäufe und bringt sie mit dem Auto nach Hause. Am freiem Samstag ist man mit dem Rad auf dem Drauradweg von Villach nach Rossegg unterwegs und sieht dabei den Leuten auf den Äckern beim Kartoffelgraben und Aufklauben zu. Die steilen Felswände des Mittagskogels, die aschgrau sind, werden studiert. Sie sind nicht so rötlich wie die  Abbruchstellen des Dobratsches. Über der Drauschleife erhebt sich das Kloster Wernberg und der Blick geht, über den Kirchturm hinaus, in das Jenseitige. Manches mal streift einem das Lächeln eines Vorbeiradelnden. Wer bin ich ?
 
Auf dem Freizeitpark in Stadtnähe spielen Kinder und Jugendliche mit verschiedener Hautfarbe und unterschiedlichem Aussehen miteinander. Die einen laufen dem Fußball nach, andere zeigen auf dem Skateboard ihr Können oder spielen Volleyball. Mehrere Kinder sitzen im Gras und spielen auf ihrem Computer oder versenden auf ihrem Handy SMS.  Ältere Männer genießen auf einer Bank den schönen Tag  und schauen den jungen Müttern, die mit ihren Kleinkindern in der Sonne spazieren gehen, nach. Wo sind wir.
 
Am Montag ist man wieder an der Arbeitsstelle und hilft einer gutgelaunten Frau eine passende Strickweste mit dazupassendem Hemd für ihren Mann zu finden. In einer gefälligen Farbe für den Winter. Neben der Herbstware ist schon Platz für die erste Winterkollektion. Warum sind wir hier.
 
Grüßen und lächeln.

25.9.06 08:48 verlinken / 3 Kommentare / kommentieren

 

GLAS . HAUS

Wer Erfahrungen als kleiner Handelsbetrieb hat weiß, wie schnell jede Veränderung in der Umgebung des Geschäftes, sei es die Verlegung einer Bushaltestelle oder die Schließung einer Fabrik, sich auf den Umsatz auswirkt. Eine vielgelobte Form der Verkehrsberuhigung in den Städten, die Schaffung von Fußgängerzonen, hat schon manches kleine Handelsgeschäft mit seiner Schließung bezahlt. Der heutige Kunde/in ist mobil, das heißt, er geht beim Einkaufen nicht gerne zu Fuß und will bis vor die Geschäftstür mit dem Auto fahren. Dieser Faktor, der Mobilität, hat die Großmärkte auf der grünen Wiese vor den Städten groß und größer gemacht. Wer gehofft hat, dass die hohen Benzinpreise eine Änderung bringen werden, wurde eines Besseren belehrt. Manches mal sind verschiedene Trends und Entwicklungen unumkehrbar.
Zu den schlimmsten Situationen gehören Baumassnahmen in der Umgebung von einem Handelsbetrieb, wie die Sanierung einer Strasse oder die Errichtung von einem Neubau der eine Straßensperre nötig macht, sodass es den Kunden nur unter Schwierigkeiten möglich ist das Geschäft zu erreichen. In diesen Fällen sinken die Umsätze in kurzer Zeit und bedrohen die Existenz. So ist es verständlich, wenn die betroffenen Unternehmer versuchen von den öffentlichen Stellen einen Zuschuss zur Miete, oder vom Vermieter der Lokale einen Senkung des Mietzinses zu erreichen. Unchristlich finde ich es, wenn sich die Kirche als Vermieter weigert den Mietzins zu senken.  Nebenan in der Kirche wird  von der Hilfsbereitschaft für den Nächsten gepredigt.
 
Wer ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein.    

21.9.06 18:19 verlinken / 6 Kommentare / kommentieren

 

KOPF . BAUCH

Ich steige in Villach in einen Intercity Zug ein. Nachdem ich Platz genommen habe und der Zug abfährt, blicke im mich im Zugabteil ein wenig um. Mich interessiert, wer noch in diesem Zugabteil sitzt. Zwei Drittel der Plätze werden von einer Jugendgruppe eingenommen. Die Jugendlichen gehören, den verschiedenen Hautfarben nach zu schließen, zu verschiedenen Nationen. Darunter befinden sich auch Mädchen mit einem Kopftuch, wie sie der Islam vorschreibt. Die Jugendlichen werden nie laut, noch laufen oder raufen sie im Zugabteil. Der Umgang untereinander ist sehr höflich. Alle Flaschen und Verpackungsmaterialien werden ordentlich in den Müllbehältern entsorgt. In meinem Blickwinkel sitzt eine Leiterin der Gruppe. Sie ist mit einem weißem Kopftuch, weißer Bluse, weißer Hose und einer blauen Jacke bekleidet. Zwischen der Muslimin und einigen Jugendlichen kommt es zu einem Gespräch über das Kopftuchtragen. Sie verweist darauf, dass in der christlichen Kirche viele Ordensschwestern ein Kopftuch tragen, ein Leben ohne Familie, Mann und Sex führen und niemand nimmt daran Anstoß. Eine muslimische Frau entscheidet sich freiwillig für das Kopftuch und führt ein erfülltes Ehe- und Familienleben. Trotzdem nehmen manche Leute Anstoß am Kopftuch.

 
Im nächstem Bahnhof steigt ein junges Pärchen zu. Das Mädchen trägt ein Top. Die Schultern und der Bauch sind frei. Sie umarmen und küssen sich.

 
Kopftuch oder Bauchfrei.

  

19.9.06 09:30 verlinken / 1 Kommentar / kommentieren
HERBST . ZEIT

In den vergangenen Tagen wurden noch Temperaturen von über 30 Grad gemessen. In Villach gab es mit 31,7 Grad ein Höchstwert für den September. Trotzdem sieht man die ersten Anzeichen für den Herbst. Auf den Feldern liegt das gemähte Gras, es ist viel weniger als im Sommer, zum Trocknen. Das Grün der Blätter an den Bäumen wird dunkler und die Ebereschen mit ihren roten Beeren heben sich von allen anderen Bäumen und Sträuchern ab. Nach der großen Hitze in diesem Jahr sieht man viele dürre Nadelbäume in der Schütt, entlang der Gail. Zwischen den grünen Blättern leuchten die blauen Zwetschken und roten Äpfel hervor. Die Schmetterlinge werden weniger und auf den abgemähten Wiesen weiden die Kühe um das letzte Gras zu fressen. Auf einer Weide, nahe der Ortschaft Oberschütt, grasen sechs junge Kälber mit ihren Mutterkühen. Wer selbst erlebt hat, wie viel Freude die Geburt eines gesunden Kalbes auf einem Bauernhof auslöst, weiß um das Glück, wenn man sechs Kälber großziehen kann. Das ist ein gutes Jahr.
 
Jetzt ist Erntezeit auf den Feldern, Äckern und im Obstgarten. Es ist auch die Erntezeit für das Leben, dabei die Sonne noch einmal zu genießen.  An die schönen, aber auch traurigen Erlebnisse des Frühling und des Sommers zurückzudenken. Etwas von der Wärme des Sommers und die Freude über die schönen Erlebnisse in den Herbst und in den Winter mitnehmen. 
 
Herbstzeit des Leben.  

14.9.06 08:51 verlinken / 7 Kommentare / kommentieren

 

KAMPUSCH . OE 1

Durch das ORF- Live Interview mit Natascha Kampusch ist unsere Neugier gestillt worden. Wir wissen jetzt  mehr über sie und ihre Leben seit ihrer Entführung bis zu ihrer Flucht. Überrascht hat viele, wie sprachgewandt sich N. K. ausgedrückt hat, und woher ihre Bildung kommt. In einer Zeitung habe ich die kurze Notiz gelesen, dass sie viel Radio und im speziellem OE1 gehört hat, den Kultursender vom ORF. OE1 verschont seine HörerInnen  mit billigen Inhalten und belanglosem Moderatoren Gequatsche. Bevor dieses Interview gesendet wurde, habe ich die Meinung vertreten, dass uns nicht eine hilflose Jugendliche gegenübertreten wird, sondern eine erwachsene Frau.
 
Die Abstinenz von der Welt, zumindest was die Gesellschaft für die Welt hält, schadet niemanden. Isolation ist eine gute Schule für den Geist, der die Sinne schärft, natürlich auf freiwilliger Basis. Umso mehr besteht jetzt die Gefahr, dass Natascha Kampusch von den Medien in die Weltöffentlichkeit gezerrt wird.
 
OE1 bildet.
 
 
 
 
     
 
 

11.9.06 12:16 verlinken / 2 Kommentare / kommentieren

 

VOLL . MOND

Die untergehende Sonne färbt den Mittagskogel karminrot. Dann wird er zu einem dunklen Quader, welcher in den dunkelblauen Abendhimmel ragt. Der Mond kommt links vom Mittagskogel als gelbe Sichel hinter einer Wolke hervor, von Minute zu Minute wird er größer, bis er als runde Scheibe am Himmel steht. Er ist so kräftig gelb, dass man nach der Sonnenbrille greift. Der Verkehr auf der Tangente wird ruhiger, die Fenster der angrenzenden Häuser bleiben dunkel. In der Nähe hört man ein Kind weinen und die Geräusche vom Öffnen einer Balkontür. Leises Gemurmel in der Nachbarschaft, niemand wagt seine Stimme zu erheben. Der Mond steht jetzt über dem Mittagskogel und leuchtet den Balkon aus. Die Schatten der Gräser und Rosensträucher sind auf der Mauer zu sehen. Im Ort Heulen die Hunde. Ein Mopedfahrer dreht seine Runde. Es wird immer stiller, die Katzen kriechen unter die Liegestühle, um im nächsten Augenblick hervorzuschießen und einem Nachtfalter hinterher zujagen.
 
Das Jaulen der Hunde hört auf, das Kind ist eingeschlafen. Der Mond ist weitergewandert und verschwindet langsam hinter einer Wolke. Da heult die Sirene und zwei Feuerwehrauto fahren mit Blaulicht und Folgetonhorn durch die Nacht. Im Haus hört man Schritte.
 
Vollmond ist.

7.9.06 16:56 verlinken / kommentieren

 

BESUCH . SONNTAG

Über die geometrische Marmorskulptur am Vorplatz des Seniorenheim rinnt das Wasser. Die Blumenbeete sind kreisförmig angelegt und neben dem Weg zum Eingang blühen gelbe, rosarote, weiße und karminrote  Rosen. In der  Eingangshalle bewundert man die schönen Glastüren die in den Aufenthaltsraum und in das Cafe führen. An vielen Stellen stehen Blumentöpfe und die stilvollen Sesseln laden zum Niedersitzen und Entspannen ein. Diese geschmackvolle Einrichtung hätte man gerne in der eigenen Wohnung.
 
Wenn man im Rollstuhl sitzt und das Seniorenheim nur mit einem Besuch oder mit einer Betreuerin verlassen kann, dann wird die Schönheit der Anlage zu einem Alptraum. Den Besucher fragt man, welcher Tag heute ist, weil das Gestern, Heute und Morgen immer das Selbe ist. Bei der Auskunft, dass heute Sonntag ist, erschrickt man. Sie hat dies gar nicht gewusst und hätte für diesen Tag etwas Schöneres angezogen. Jeder Tag verläuft im Seniorenheim gleich, außer es kommt der Pfarrer.
 
Beim Sonntagstisch.

4.9.06 14:09 verlinken / kommentieren

SISSI

Seit Anita vor achtzehn Jahren in das Haus an der Fernstraße eingezogen war, hat der Autoverkehr stark zugenommen. Ein kleiner Vorgarten und eine hüfthohe Hecke trennen das Haus von der Fahrbahn. Immer weniger Sträucher werden im Frühjahr grün und sie verlieren bereits im Sommer die Blätter. Zurück bleibt eine Hecke aus dürren Ästen. Der Fahrtwind schleudert den Split und die Sägespäne auf den Rasen im Vorgarten. Auf den Fensterbänken ihrer Wohnung im Erdgeschoss liegt ein Gemisch aus Öl, Rußpartikel und Staub. Wenn es schneit, ist der Schnee nach wenigen Tagen grauschwarz. Beim Kochen spürt sie hinter dem Küchenstore die Blicke der Fernfahrer auf ihrem Gesicht. Fährt ein LKW knapp an der Hecke vorbei, tritt sie instinktiv ein paar Schritte zurück. Die Gespräche mit ihrem Freund Bruno beim Mittagessen werden oft durch die Geräusche der Sattelschlepper unterbrochen. Er zieht sich auf die Bank hinter dem Haus zurück. Das Haus gehört seiner Mutter, die im Obergeschoss wohnt. Die überladenen LkW bringen den Boden zum Zittern. Die Erschütterungen spürt man in der Wohnung beim Sitzen, beim Liegen im Bett und sie lassen sie abends lange nicht einschlafen. In ihren Träumen kehrt  eine Situation immer wieder: Ein LKW kommt in das Schleudern, fährt auf das Küchenfenster zu, durchbricht die Hausmauer und landet in der Küche. Sie ist zwischen Motorblock und Wohnzimmerwand eingeklemmt, der Fahrer beugt sich aus dem Autofenster und verlangt von ihr einen Kaffee.  
 
Der Tag beginnt mit einer Lkw-Lawine. Anita wird von einem Grollen, einem hohem Pfeifton und dem ununterbrochenem Klappern eines Kanaldeckels aus dem Schlaf gerissen. Ohne auf den Radiowecker zu blicken weis sie, dass es fünf Uhr ist, Bruno sich im Bett umdrehen und ihr den Rücken zuwenden wird. Er wird die Bettdecke über seinen Kopf ziehen und weiterschlafen. Auch an Tagen mit LKW- Fahrverbot  wird sie um die selbe Zeit wach, es ist ihr nicht möglich durchzuschlafen. Sie bleibt im Bett liegen, bis um sechs Uhr die Werkssirene in der naheliegenden Spannplattenfabrik den Schichtwechsel ankündigt. Nach dem Verstummen der Sirene beginnen ihre Katzen an der Schlafzimmertür zu kratzen. Anita erhebt sich, schlüpft in den grünen Morgenmantel und geht, ohne einen Blick auf Bruno zu werfen, aus dem Zimmer. Vor der Schlafzimmertür wird sie von den drei Katzen mit hochgestellten Schwänzen begrüßt. Die Katzen laufen durch die Diele in die Küche, wo sie das Dosenfutter erhalten. Anita bückt sich, streicht ihnen mehrmals über das Fell und lobt sie. Nach der Fütterung beginnt sie ihre Morgentoilette. Beim Frühstück legt die Katze Sissi ihren Kopf und ihre Vorderpfoten auf ihre Oberschenkel. Bei der ersten Berührung durch ihre Hand beginnt sie leise zu schnurren. Um halb acht Uhr verlässt Anita die Wohnung um ihren Halbtagsjob in der Annahmestelle einer Kleiderreinigung anzutreten. Vor dem Verlassen des Hauses kontrolliert sie, ob alle Fenster und Türen geschlossen sind.
 
Kommt Anita zu Mittag nach Hause, ist Bruno bereits aufgestanden und hat sich für seinen Nachmittagsdienst als Kellner im Burgcafe zurechtgemacht. Sie wärmt das vorgekochte Mittagessen auf. Bruno deckt den Tisch. Im Obergeschoss öffnet sich eine Tür und Brunos Mutter erkundigt sich, was es heute zum Essen gibt, bevor sie die Stiege herunterkommt. Seitdem sie unter einer Katzenallergie leidet, verlässt sie die Wohnung im Obergeschoss ungern. Die Küchentüre bleibt  während des Essen geschlossen, damit keine Katze in die Nähe der Mutter kommt. Durch das Küchenfenster sieht man, das ein Auto nach dem anderem wie ein Film vorbeirast, in der Küche läuft dazu der Ton ab. Sie erheben sich vom Küchentisch. Die Mutter  geht in ihre Wohnung zurück, der Sohn verlässt das Haus und geht zur Arbeit.
 
Als Anita aus dem Küchenfenster blickt und ihre Katze Sissi ausgestreckt neben einer Blutspur auf der Strasse liegen sieht, beschließt sie, aus dem Haus an der Fernstraße wegzuziehen.

 

Hallo Schlagloch,
gut beobachtet, gut beschrieben, gut geschrieben, wie wir Autoren sagen und eigentlich die einzige Möglichkeit für die Figur, der Misere zu entfliehen – Auszug.
Herzliche Grüße gen Niederösterreich
Buchfinder

schlagloch
Hallo Georg!
Es freut mich, daß du Zeit hattest, die Geschichte zu lesen. Im Internet sagt man, ist man immer auf “dem Sprung”, von einer Webseite zur Nächsten. Man widmet sich einer Webseite gerade zehn Sekunden lang. Aus diesem Grund habe ich gezögert die Geschichte in mein Blog zu stellen.
Gruss schlagloch.
Rosenherz (13.8.06 18:17)
Hallo Schlagloch!

Ja, oft sind es nur wenige Sekunden, die sich ein Leser, eine Leserin auf einer Seite aufhält. Ich habe mich entschieden, weniger Seiten aufzusuchen und länger dort zu verweilen. Das fühlt sich gut an.
Liebe Grüße
Rosenherz

schlagloch /
Hallo Rosenherz,
oft vergeht die Zeit im Internet sehr schnell, man verliert sich in der Fülle.
Gruss schlagloch.
Windrider (5.12.06 15:43)
Hallo Schlagloch,
danke für dein Mitgefühl in meinem Blog – ich wäre froh gewesen, wenn aus meinem Benny eine Wohnungskatze hätte werden können. So mußte er früh sterben – grüß’ mir deine lieben Katzen!
viele liebe Grüße Windrider
schlagloch /
Hallo Windrider,
ich weiß nicht was die Katzen mehr schätzen würden, die Freiheit der Natur oder die Sicherheit der Wohnung. Wobei sich unsere Katzen in den Loggien frei bewegen können. Ich hoffe du erholst dich von deinem Schmerz.
Gruss schlagloch.
jary / Website (1.12.07 09:03)
jim jarmusch in worten… jedenfalls beim ersten mal lesen und von der stimmung her. gefällt mir. wer öfters vorbeischaun…

schlagloch / Hallo Jary!

Ich musste zuerst nachsehen wer Jim Jarmusch ist. Danke für den Besuch und für die Verlinkung. Ich werde ein “Auge” auf deinen Blog werfen.
Gruss schlagloch.

IRGENDWO . HIN

Aus der großen, weißen Plastiktragtasche schaut ein Gummistiefel hervor. „Wir gehen zu Samonig”, steht auf der Einkaufstasche die als Reisetasche für die Schuhe verwendet wird.  Auf dem Bahnsteig in Villach läuft ein junges Mädchen von einer Bank zu nächsten, während die jungen Eltern sich voneinander verabschieden und sich dabei immer fester umklammern. Der Mann ist seinen Handbewegungen nach nicht der Vater und das Mädchen versucht sich dazwischen zu drängen. Sie verlangt von der Mutter immer wieder, dass sie ihr eine Rolle Kekse aus dem Süßwarenautomat besorgt. Die Mutter weigert sich dafür einen Euro auszugeben. Kurz vor der Ankunft des Zuges nimmt sie eine Rolle Keks aus ihrer Handtasche und gibt sie ihrer Tochter.
 
Am Bahnsteig warten Radfahrer, Senioren mit Nordic Walking Stöcken, Jugendliche mit einem Rucksack und Geschäftsreisende mit dem Laptop. Bei der Einfahrt des Zuges schauen alle in die selbe Richtung.
 
Irgendwohin fahren.     

31.8.06 12:50 verlinken / kommentieren

 

BE . WEGLICHKEIT

Am Himmel sind dunkle und helle Wolken in verschiedenen Größen und Formen.  Ovale, sechseckige und übereinandergeschichtete Wolken. Für kurze Zeit scheint am Morgen die Sonne, dann wird sie von einer Wolke verdeckt. Der Junghase bleibt in der Mitte vom Fahrradweg stehen und verschwindet beim nächstem Pedaltritt mit einem Sprung in der Wiese. Dann sind die spitzen Ohren zwischen den Grashalmen zu sehen. Zwischen den Nadelbäumen blitzen verschiedene Farben auf, blau, orange, silber, hellgrün, rot  das ganze Spektrum der Farben und verschwinden wieder. Zurück bleibt ein gleichmäßiges Rauschen, einmal drückt es auf das Ohr, ein andermal betäubt es den Kopf. Für einige Flügelschläge ist es ruhig und das Plätschern der Gail ist zu hören. Niemand hört ihr zu.
 
Hier, in Federaun, kreuzen sich auf verschiedenem Niveau die Bundesstrasse, die B83, die Südautobahn, die A2, die Eisenbahn, die Südbahn, die Schütter Landesstrasse, der Fluss, die Gail und der Fahrradweg R3. Überall bewegt man sich mit verschiedenen Geschwindigkeiten, alle sind mobil. Als Radfahrer hat man die Möglichkeit die Landschaft, die Häuser und den Verkehr neben dem Radweg zu beobachten.
 
Im ersten Stock eines Hauses, dessen Fassade schon viele Flecken aufweist und der Verputz teilweise von der Mauer abgebrochen ist, sitzt eine Frau im Rollstuhl am Fenster und schaut auf den Urlauber- und Schwerverkehr auf der Autobahn, die vor dem Fenster vorbeiführt. Die Fensterrahmen sind von der Sonne schwarz gebrannt, vor ihrem Fenster hängt ein Blumenkistchen mit roten Geranien. Sie ist am Ende ihrer Beweglichkeit angekommen.
 
Behindertengerecht.     

28.8.06 16:32 verlinken / 2 Kommentare / kommentieren

 

NACH . MITTAG

Im Montafon kehrt der Bauer, bekleidet mit einer Lederbundhose, von der Arbeit in das Haus zurück. Er geht durch den Garten, wo jetzt, Mitte August, die  Preiselbeeren reifen. Er blickt auf die kurz gemähten Bergwiesen neben dem Stall. Dort sind die Sommergäste beim Golfspielen. Auf der anderen Seite der Silvretta Hochalpenstraße grasen weiße und braune Pferde. Der weiße Hengst ist beim Brunzen und hat seinen Schwanz in voller Länge und Größe ausgefahren. Die Damen, welche vor dem Golfclubhaus bei einer Tasse Kaffee sitzen, blicken mit Bewunderung zum Hengst. Die Bäuerin öffnet die Stalltür und treibt sechs Ziegen auf die Weide.
 
Einen schönen Nachmittag.

24.8.06 16:37 verlinken / 3 Kommentare / kommentieren

 

TODT – ARBEITER

Auf einer Schautafel im Park des Schlosses Duino steht, dass die Stollen im Schlosspark von Todt – Arbeiter gebaut wurden. Gemeint sind Zwangsarbeiter während des 2. Weltkrieges. Das Wort Todt – Arbeiter trifft das Los der Zwangsarbeiter genau. 

Das die Sichtweise über die Zeit des Nationalsozialismus ganz unterschiedlich ist, kann man erfahren, wenn man mit Menschen der Kriegsgeneration in das Gespräch kommt. Wir, die Nachkriegsgeneration, würden viel zu schnell urteilen und verurteilen, ohne selbst diese Zeit erlebt zu haben. „Man muss die dreißiger Jahre erlebt haben, um urteilen zu können, meinte ein Zeitzeuge. Es zogen viele Zigeuner, Bettler und Musikanten durch die Ortschaften des Unteren Gailtales. Sie spielten vor den Häusern für ein Stück Brot oder zehn Groschen. Es herrschte soviel Armut und Arbeitslosigkeit. Nach dem Einmarsch Hitlers in Österreich haben alle Arbeit bekommen, ein wirtschaftlicher Aufschwung hat eingesetzt. Die Bettler und die Zigeuner sind von der Straße verschwunden. Man sollte diese schönen Seiten von der NS-Zeit sehen und nicht sofort vom Krieg und von der Judenverfolgung sprechen”.
 Heute sollte jeder wissen, wohin die Zigeuner und die Bettler verschwunden sind, warum und wofür alle Arbeit gefunden haben, und weshalb es zum Wirtschaftsaufschwung gekommen ist.
 
Wo sind die Zigeuner geblieben.
 

21.8.06 18:16 verlinken / 2 Kommentare / kommentieren

 

SPRACH . LOS

Lese ich andere Blog dann sehe ich, dass man oft zu aktuellen Tagesereignissen Stellung nimmt. Verbunden wird der Beitag mit einem Link zu einer Tageszeitung oder Zeitschrift. Dabei kommen mir meine Einträge weltfremd, fern dem aktuellen Geschehen vor. Ich wäre überfordert zu jeder Spitzenmeldung des Tages einen Kommentar zu schreiben. Zum Bestechungsskandal bei der Polizei, zum Bankenskandal bei der Bawag und Hypobank, zum Krieg im Nahen Osten oder zu den Terroranschlägen. In den meisten Blog wird dazu etwas geschrieben, was schon bekannt ist. Manche Ereignisse sind für mich zu weit entfernt. Wir werden davon nicht berührt, obwohl man vom globalem Dorf spricht.
 
Die Spekulationsverluste bei der Bawag und die Deckungsversuche durch den ÖGB sind ein innenpolitisches Thema, dass Auswirkungen auf den Ausgang der Nationalratswahl am 1. Oktober haben wird. Daher ist es nicht zu spät, wenn ich dazu etwas einbringe. Hier wurden Milliarden Euro verspekuliert und die Spitzenmanager der Bawag und die Spitzenfunktionäre des ÖGB haben sich Luxusgehälter und Luxusvorteile aus ihren Positionen beschafft. Dabei sind Mitgliedsbeiträge von Gewerkschaftsmitgliedern, die unter schweren und mühsamen Arbeitsbedingungen leben, verwirtschaftet worden. Die Manager und Funktionäre haben sich von der Arbeitswelt einer Arbeiterin die im Akkord an einem Fließband arbeitet entfremdet. Sie können sich die Leistung eines Kfz Mechaniker, der unter Zeitvorgabe einen bestimmten Arbeitsvorgang durchführen muss nicht vorstellen. Der Monatsgehalt eines Arbeiter reicht bei den Spitzenmanager für einen Tag.
 
Ich bin sprachlos, wenn in Erwägung gezogen wurde, dem Vorstand der Hypo Bank, obwohl kein Vorstand mehr, den Gehalt für vier Jahre weiterzubezahlen. Dabei ist der Monatsgehalt so hoch wie der Jahresgehalt eines gut verdienenden höheren Angestellten.  Ein Vorstand sollte einmal in die Situation eines kleinen Gewerbe- oder Handelstreibenden mit einem zehn Stunden Tag, sechs Tage die Woche kommen. Dazu gibt es keine Garantie, ob es in den nächsten Monaten genug Aufträge und Arbeit geben wird.
 
Sprachlos.   

17.8.06 13:56 verlinken / 4 Kommentare / kommentieren

 

FERRA . GOSTA

In Italien werden die Tage in der Augustmitte als Ferragosta  bezeichnet, viele Firmen haben in dieser Zeit geschlossen. Der 15. August wird als Höhepunkt des Sommers überall mit Festessen, Tanzveranstaltungen und als Abschluss des Tages mit einem Feuerwerk gefeiert. Wer am 15. August in Venedig die Promenade am Meer in der Nähe des Markusplatz entlang spaziert wird feststellen, dass alle Anlegeplätze besetzt sind. Man sieht einfache Ruderboote genauso wie Luxusjachten. Überall wird gekocht, getanzt, und gesungen. Alle warten mit Spannung auf das große Feuerwerk am Abend zwischen dem Markusplatz und dem Lido.
 
In den letzten Jahren verbreitet sich ein wenig Ferragostastimmung auch in Kärnten, da viele italienische Familien die Tage in der Augustmitte für einen Kurzurlaub nützen. Für einige Tage sind die Parkplätze in Warmbad Villach von Autos mit blau-weiß-blauen Kennzeichen voll belegt. Im Erlebnisbad ist deutsch die Fremdsprache. Beim Mittagessen versammeln sich die Großeltern, die Kinder, die Enkel, die Tanten und der Onkel um den Tisch für ein geselliges Ereignis. Im Kurpark schiebt die Oma den Kinderwagen über den Kiesweg und der Rest der Familie folgt ihr plaudernd und lachend. Die modisch gekleideten Herrn schwingen in einer Hand die „Il Gazzetta dello Sport” und die andere Hand hat das Handy am Ohr.  Beim Teich stellt sich die ganze Familie für ein Erinnerungsfoto auf.
 
Ferragosta in Kärnten.

14.8.06 12:38 verlinken / kommentieren
SISSI

Seit Anita vor achtzehn Jahren in das Haus an der Fernstraße eingezogen war, hat der Autoverkehr stark zugenommen. Ein kleiner Vorgarten und eine hüfthohe Hecke trennen das Haus von der Fahrbahn. Immer weniger Sträucher werden im Frühjahr grün und sie verlieren bereits im Sommer die Blätter. Zurück bleibt eine Hecke aus dürren Ästen. Der Fahrtwind schleudert den Split und die Sägespäne auf den Rasen im Vorgarten. Auf den Fensterbänken ihrer Wohnung im Erdgeschoss liegt ein Gemisch aus Öl, Rußpartikel und Staub. Wenn es schneit, ist der Schnee nach wenigen Tagen grauschwarz. Beim Kochen spürt sie hinter dem Küchenstore die Blicke der Fernfahrer auf ihrem Gesicht. Fährt ein LKW knapp an der Hecke vorbei, tritt sie instinktiv ein paar Schritte zurück. Die Gespräche mit ihrem Freund Bruno beim Mittagessen werden oft durch die Geräusche der Sattelschlepper unterbrochen. Er zieht sich auf die Bank hinter dem Haus zurück. Das Haus gehört seiner Mutter, die im Obergeschoss wohnt. Die überladenen LkW bringen den Boden zum Zittern. Die Erschütterungen spürt man in der Wohnung beim Sitzen, beim Liegen im Bett und sie lassen sie abends lange nicht einschlafen. In ihren Träumen kehrt  eine Situation immer wieder: Ein LKW kommt in das Schleudern, fährt auf das Küchenfenster zu, durchbricht die Hausmauer und landet in der Küche. Sie ist zwischen Motorblock und Wohnzimmerwand eingeklemmt, der Fahrer beugt sich aus dem Autofenster und verlangt von ihr einen Kaffee.  
 
Der Tag beginnt mit einer Lkw-Lawine. Anita wird von einem Grollen, einem hohem Pfeifton und dem ununterbrochenem Klappern eines Kanaldeckels aus dem Schlaf gerissen. Ohne auf den Radiowecker zu blicken weis sie, dass es fünf Uhr ist, Bruno sich im Bett umdrehen und ihr den Rücken zuwenden wird. Er wird die Bettdecke über seinen Kopf ziehen und weiterschlafen. Auch an Tagen mit LKW- Fahrverbot  wird sie um die selbe Zeit wach, es ist ihr nicht möglich durchzuschlafen. Sie bleibt im Bett liegen, bis um sechs Uhr die Werkssirene in der naheliegenden Spannplattenfabrik den Schichtwechsel ankündigt. Nach dem Verstummen der Sirene beginnen ihre Katzen an der Schlafzimmertür zu kratzen. Anita erhebt sich, schlüpft in den grünen Morgenmantel und geht, ohne einen Blick auf Bruno zu werfen, aus dem Zimmer. Vor der Schlafzimmertür wird sie von den drei Katzen mit hochgestellten Schwänzen begrüßt. Die Katzen laufen durch die Diele in die Küche, wo sie das Dosenfutter erhalten. Anita bückt sich, streicht ihnen mehrmals über das Fell und lobt sie. Nach der Fütterung beginnt sie ihre Morgentoilette. Beim Frühstück legt die Katze Sissi ihren Kopf und ihre Vorderpfoten auf ihre Oberschenkel. Bei der ersten Berührung durch ihre Hand beginnt sie leise zu schnurren. Um halb acht Uhr verlässt Anita die Wohnung um ihren Halbtagsjob in der Annahmestelle einer Kleiderreinigung anzutreten. Vor dem Verlassen des Hauses kontrolliert sie, ob alle Fenster und Türen geschlossen sind.
 
Kommt Anita zu Mittag nach Hause, ist Bruno bereits aufgestanden und hat sich für seinen Nachmittagsdienst als Kellner im Burgcafe zurechtgemacht. Sie wärmt das vorgekochte Mittagessen auf. Bruno deckt den Tisch. Im Obergeschoss öffnet sich eine Tür und Brunos Mutter erkundigt sich, was es heute zum Essen gibt, bevor sie die Stiege herunterkommt. Seitdem sie unter einer Katzenallergie leidet, verlässt sie die Wohnung im Obergeschoss ungern. Die Küchentüre bleibt  während des Essen geschlossen, damit keine Katze in die Nähe der Mutter kommt. Durch das Küchenfenster sieht man, das ein Auto nach dem anderem wie ein Film vorbeirast, in der Küche läuft dazu der Ton ab. Sie erheben sich vom Küchentisch. Die Mutter  geht in ihre Wohnung zurück, der Sohn verlässt das Haus und geht zur Arbeit.
 
Als Anita aus dem Küchenfenster blickt und ihre Katze Sissi ausgestreckt neben einer Blutspur auf der Strasse liegen sieht, beschließt sie, aus dem Haus an der Fernstraße wegzuziehen.

11.8.06 14:46 verlinken / 8 Kommentare / kommentieren

 

SCHLAGLOCH . SUCHE

Oft erzählt jemand, dass er auf der Suche nach sich selbst ist. Man weis nicht, wer man ist und wohin man will. Der Zweifel an sich selbst gehört zum menschlichem Leben. Nicht immer ist die Suche nach der eigenen Persönlichkeit abgeschlossen, es gibt Menschen die beenden das Leben als Suchende. Diese sind im Menschsein weitergekommen als diejenigen, welche die Suche frühzeitig abgebrochen haben, weil sie glauben, sich selbst gefunden zu haben.
 
Einen Monat lang war ich bei Google auf der Suche nach meinem Blog. Von der Suchmaschine Google wurde mein Blog „schlagloch” nicht mehr nach Stichwörtern durchsucht.  Als Beispiel „Reimichlkalender”: Zu diesem Wort gibt es bei Google nur einen einzigen Eintrag und dieser bezieht sich auf mein Weblog. Auch wurde meine Webseite nicht mehr angezeigt. Ich habe mich durch Googleanleitungen und Hilfen für erfolgreiche Webseiten durchgeackert und verschiedenes umgesetzt, alles blieb ohne Erfolg. Ich hatte mich damit abgefunden, dass mein Blog  „schlagloch” im Schlagloch der Googlesuchmaschine verschwunden ist.
 
Manchem wird das Weblog zur zweiten Identität, zum zweitem Leben. Ich beschreibe mein Weblog so: „Im Weblog erschaffe ich meine Welt neu. Jeder Eintrag im Weblog ist ein Eintrag über meine Umgebung und mich. Unsere erlebte Wirklichkeit ist eine Konstruktion unseres Gehirn”.
 
Ich bin da.
 

7.8.06 18:57 verlinken / 2 Kommentare / kommentieren

 

EIN . PARKEN

Es gibt keine Pflanze, kein Tier, dass ohne Intelligenz auskommt. Egal ob dies eine Blume, ein Baum, eine Schlange oder Katze ist. Uns selbst sprechen wir die größte Intelligenz zu. Zu den größten Fortschritten der menschlichen Entwicklung gehören die Sprache und die Schrift. Sich in der Natur zu  behaupten, sein Leben zu verteidigen und die notwendige Nahrung zu beschaffen, machen auch Pflanzen und Tiere. Die Verständigung mit Artgenossen durch Stimmen und ein soziales Netz findet sich bei vielen Lebewesen, ebenso das Weitergeben von Erfahrungen an die nächste Generation. Aber Informationen und Erfahrungen aufzuzeichnen über Jahrhunderte bzw. Jahrtausende ist nur dem Menschen möglich.
 
Heute spricht die Autoindustrie von der automobilen Intelligenz. Noch ist es dem  Durchschnittsauto nicht möglich einem Hindernis auszuweichen und jeder Autofahrer hat es schon erlebt, dass eine Mauer dem Auto eine Schramme zugefügt hat. Die automobile Intelligenz lässt beim Einparken viele Wünsche offen.
 
Fehlerfrei Einparken.

5.8.06 13:45 verlinken / kommentieren

 

BUCHS . BAUM

Immer öfter sieht man in größeren Blumentrögen oder in Gartenanlagen kunstvoll zugeschnittene Buchsbäume, als Herz, als Kugel, als Reh oder auch als Schwan. In der Kindheit stand ein großer Immergrünstrauch im Hof unseres Anwesen. Der Strauch wurde von allen gemieden. Der Immergrünstrauch hatte Bereitschaftsdienst unter den Sträuchern. Gab es einen Todesfall, egal ob im Sommer oder  Winter, wurden vom Immergrünstrauch Zweige abgebrochen und damit das Aufbahrungszimmer im Haus geschmückt. Damals wurden die Toten im Sterbehaus aufgebahrt. Am Fuße des Sarges stand eine Schüssel mit Weihwasser und darin ein Zweig Immergrün, mit dem man die Toten beim Ankommen besprengte. Der Immergrünstrauch war resistent gegen den kleinen Tod, den die übrigen Sträucher im Winter erfahren.
 
Kein Buchsbaum vor dem Schlafzimmer.
 
       

2.8.06 21:46 verlinken / 1 Kommentar / kommentieren