zahn:reise

Unsere Zähne funktionieren wie ein Zahnradgetriebe, wo ein Zahn in den Anderen eingreift. Solange alles funktioniert ist man zufrieden, die Zähne werden geschmiert, gereinigt und geputzt. Schmerzhaft wird es, wenn es im Zahnradgetriebe zu knirschen anfängt. In der zweiten Lebenshälfte haben die wenigsten Menschen noch alle eigenen Zähne. Das Zahnfleisch schwindet, man fragt sich wohin? Manche besuchen den Zahnarzt wegen der Optik, die meisten kommen zum jährlichen Pflichttermin. Man hört sich in der Verwandtschaft um, welche Erfahrungen andere mit den Zahnärzten gemacht haben. Man befindet sich auf einer Zahnreise, von einem Zahnarzt zum Nächsten, bis man den passenden Zahnarzt oder Zahnärztin gefunden hat. Im Umgang mit den Patienten, in der Art der Behandlung, hat sich in den vergangenen Jahrzehnten vieles geändert.

Meine langjährige Zahnärztin hat die Patienten liebe- und respektvoll behandelt. Fragwürdig habe ich die Art und Weise der Sprechstundenhilfe gefunden, die in der Anmeldung hinter einer Glasscheibe saß. Ist ein Patient in das Wartezimmer eingetreten, hat sie die Glasscheibe zur Seite geschoben und sich nach den Beschwerden erkundigt. Man musste der Sprechstundenhilfe den Mund öffnen und zeigen, wo die Beschwerden sind. Dabei musste man sich bücken und sie hat mit einem Finger in den Mund gegriffen.

An einem Gründonnerstag habe ich Zahnschmerzen bekommen und da die Schmerzen stärker geworden sind, bin ich am Karfreitag zur Zahnärztin gefahren. Die Ordination war geschlossen. Daraufhin habe ich bei den Zahnärzten in der Umgebung angerufen, aber niemanden erreicht. Ich erinnerte mich an einen Zahnarzt in der Bezirksstadt, bei dem ich einmal einen Kontrolltermin hatte. Diesen wollte ich aufsuchen, als ich in der Stadt ankam, war es Mittag. An der Ordinationstür klebte ein Zettel, dass die Ordination verlegt wurde, sie befand sich jetzt in nächster Nähe. Seine Tochter führte die Praxis fort, die neuen Ordinationsräume waren hell und angenehm. Inzwischen war es zwölf Uhr und ich hatte keinen vorgemerkten Termin. Wo viele Ärzte schon an das Osterwochenende denken, machte sie eine Röntgenaufnahme und führte eine Wurzelbehandlung durch. Der Zahn war danach schmerzfrei. Sie machte mir den Vorschlag, dass ich nach den Feiertagen die Fertigstellung der Behandlung bei meiner Zahnärztin durchführen könnte. Ich bin ihr als neuer Patient geblieben.

Zahnradgetriebe.

Osterbilder kostenlos Bild 06

 

ALLEN BESUCHERN/INNEN FRIEDLICHE UND SCHMERZFREIE OSTERN !

nächsten:liebe

In der Verwandtschaft, in der Gemeinschaft, im Ort, gibt es immer wieder die Diskussion darüber, wer ist mein Nächster. In einer Partnerschaft kann es dazu kommen, dass, zeigt man für den Nächsten zu viel Aufmerksamkeit, dies vom Partner falsch verstanden wird. Die Vorstellung, dass man nur für einen Menschen Interesse zeigt, ist eine Einengung der menschlichen Möglichkeiten. Nützen wir die Möglichkeiten, sich für die Arbeit und das Schaffen eines Nächsten zu interessieren, ihm zuzuhören und Fragen zu stellen. Warten wir nicht  darauf, dass man uns zuhört, dass man uns Fragen stellt. Wie weit darf die Nächstenliebe gehen? Geht man zu sehr auf Distanz, dann sieht man im nächsten Menschen nur ein Objekt, eine Ware. Man schätzt, was ist diese Ware wert oder wie viel Kosten wird dieses Objekt verursachen. Der Mensch als Kostenfaktor der Gesellschaft. Leben zwischen Offenheit und Verschlossenheit.

Liebe deinen Nächsten.       

foto:termin

Zum Fototermin sind alle „Drei“ pünktlich, es gibt keine Steigerung. Um Punkt fünfzehn Uhr meldet sich die funkgesteuerte Kirchturmuhr der Nikolaikirche zu Wort, der Mittagskogel ist zur Stelle und der Fotograf drückt auf den Auslöser. Das Versprechen, die Zeit betreffend ist eingelöst. Kann man von Fotografie sprechen, wenn immer wieder Fotos mit denselben Einstellungen und am selben Standort gemacht werden? Wie ist es mit der Wahrheit, der Suche nach der Wahrhaftigkeit?

Zuvor bin ich über den Villacher Hauptplatz spaziert, ich wollte nicht zu früh und nicht zu spät auf der Draubrücke sein, gerade im rechten Augenblick. Es ist ein Vorfrühlingstag, mit Temperaturen über zehn Grad. In den Gesichtern der bummelnden Menschen ist etwas aufgebrochen, der Sonnenschein hat bei vielen die Stimmungslage verändert. Vor den Cafés stehen Stühle und die Leute genießen es, den ersten Cappuccino im Freien zu trinken. Der Hauptplatz ist von Verkaufsbuden und  Dekorationen aller Art leergeräumt und als Platz erkennbar. Ein Zeichen für das Kommen einer neuen Jahreszeit ist, dass die Kinder herumtollen und bei einem Kinderwagen liegen im Einkaufskorb die ersten Schokoladeosterhasen. Ich bin etwas vor drei Uhr auf der Draubrücke und beim Warten auf den Fototermin verkürzt sich meine Zeitwahrnehmung. Eine andere Wahrnehmung wird die Oma haben, die mit dem Kinderwagen über die Brücke fährt. Sie wird hoffen, dass die Zeit sich dehnt, dass das Omaglück lange dauern wird. Für Andere, welche über die Brücke eilen und noch in einem Geschäft etwas besorgen wollen, wird die Zeit schneller vergehen. Auch für das Paar, welches sich auf der Brücke küsst. Anders beim Mädchen, welches gerade am Handy telefoniert und eine Einladung für den Abend erhält. So lange noch bis zum Abend. Die Zeitwahrnehmung des Radfahrers, der Richtung Bahnhof fährt ist eine andere, als denjenigen, der mit quietschenden Autoreifen von der Nikolaigasse in die Bahnhofstraße einfährt.

Wir  rennen der Zeit immer hinterher, wie wir der Wahrheit und der Wahrhaftigkeit immer hinterherhinken. Wir wollen von der Zukunft alles wissen.

Tagebuch.

alle:zeit

Nachdem einige Lebensjahrzehnte hinter mir liegen erkenne ich, wie viel Sorgen und Leid die Zeit verursacht. Diese Einsicht habe ich heute, im letzten Drittel des Lebens, zurückblicken war früher kein Thema. Im ersten Drittel des Lebens, die ersten dreißig Jahre, gab es kein  Zeitproblem. Im Vergleich zu heute wurde vieles in der halben Zeit erledigt. Ich orientierte mich an Dingen, die mir Spass gemacht haben und dafür war keine Zeit zu kostbar und es gab keinen ungünstigen Zeitpunkt. Ist es um Unterhaltung gegangen, dann war jede Tages- und Nachtzeit recht. Die Zeit für die dringenden Arbeiten sah ich in der nahen Zukunft, nicht in der Gegenwart.

Den größten Ärger mit der Zeit gab es im zweiten Drittel des Lebens. Dort ging es um  den Erwerb, den Aufbau, ich hatte das Gefühl anderen hinterherzuhinken. Ich dachte an Dinge die ich auf keinen Fall versäumen wollte, dies hat zu Zeitproblemen geführt.  Einige  berufliche und menschliche Wünsche waren in meiner voraussichtlichen Lebenszeit nicht mehr unterzubringen. Für manche Wünsche gab es biologische Grenzen, andere Vorhaben können im Alter rein körperlich nicht mehr durchgeführt werden. Dieser Lebensabschnitt hatte auch seine gesundheitlichen Tücken, dabei konnte ich zuschauen, wie die Zeit den Berg hinab rinnt.

Wo vieles geglückt ist, ist der Moment gekommen, mit der Zeit Frieden zu schließen. Über manches, was ich  erreicht habe staune ich, ich habe nicht mehr damit gerechnet. Heute betrachte ich jeden Tag als Geschenk, der nicht ungenützt verstreichen soll, aber ich will keine Forderungen stellen. Zum bisherigen Erlebten das Eine und das Andere neu dazu fügen. Meine Einstellung zur Zeit hat sich verändert. Ich denke daran, dass sich einige Dinge durch die Zeit selbst erledigen, aber auch von mir verschiedene Handlungen und Entscheidungen verlangt werden. Ich führe keinen Streit mehr mit der Zeit, kein Hadern, einmal hat die Zeit für mich ein Ende.

Alles hat seine Zeit.    

faschen:trauma

In den sechziger Jahren wurden die Babys in den ersten Lebensmonaten nach dem Füttern und dem Trockenlegen „eingefascht“. Dies war ein Vorgang, als ob man bei einem offenen Fuß eine Wunde mit einer Binde versorgt hat. Dabei wurden auch die Beine eingewickelt,  es waren nur die Hände frei. Die Babys hatten das Aussehen von Modepuppen. Als Volksschüler  musste  ich in den Sommermonaten, wenn die Eltern und die Geschwister bei der Heuernte waren, auf meinen jüngsten Bruder, der ein paar Monate alt war, aufpassen. Nach dem Füttern schlief er, aber nach dem Aufwachen wurde er unruhig. Er fing an zu greinen, beim Raunzen das Gesicht zu verziehen, die Hände zu  bewegen und versuchte es auch mit den Füßen. Kaum hatte ich die Faschen von seinen Füßen entfernt, beruhigte er sich und fing zum Lachen an. Sofort strampelte er mit beiden Füßen auf das Heftigste. Wahrscheinlich war ich als Baby in einer ähnlichen Lage. Heute bezeichnet man solche  Erfahrungen schnell als Kindheitstrauma.

Ähnliche Erfahrungen macht man bei einer Kneippkur und ich nehme an, dass man bei bestimmten Anwendungen auf ein Kindheitstrauma stößt.  So wehrt  man sich bei manchen Therapien ganz fest eingeschnürt zu werden. Dabei ist dies bei Moorpackungen, egal ob für die Hüfte, die Lenden oder für die Schultern,  unerlässlich. Wurde es mit den Faschen ganz eng,  dann habe ich mich dafür stark gemacht, dass ich eine meiner Extremitäten im Freien lassen durfte. Keine Möglichkeit sich zu wehren besteht,  wenn man zur Stärkung des Immunsystems um fünf Uhr morgens aus dem Bett geholt wird und der Oberkörper mit einem Frotteehandschuh und  mit kaltem Wasser abgerieben wird. Dabei gibt es keinerlei „Nachsicht“. Ähnlich überfallsartig wird frühmorgens ein kalter Salzwickel zur Anregung und Entgiftung  der Leber  angebracht. Danach wird man bei beiden Anwendungen mit Decken  und Tüchern eingefascht.

Kaltwasseranstalt