LEHR:meisterIn

Das Wort LehrmeisterIn hat viele Bedeutungen und jeder verbindet damit seine persönlichen Erfahrungen. Es kommt darauf an welche Schule man besucht hat, welchen Beruf man erlernt hat. Es gibt LehrmeisterIn im Sport, LehrmeisterIn in der Liebe, LehrmeisterIn im Beruf oder in der Lebensbewältigung. Früher war der  patriarchalische Begriff Lehrherr gebräuchlich. Von meinem Lehrherrn in einer Buchhandlung am Bahnhof in Spittal an der Drau habe ich vieles gelernt. Genauer ausgedrückt  hat er mir Raum gelassen vieles zu lernen, meine Neugierde und Wissenshunger nicht eingebremst oder eingeengt. Eine Buchhandlung ist ein Ort des Lernens, wie eine Bibliothek ein Ort des Wissens ist.

 

Zur Arbeit fuhr ich mit dem Zug. Damals waren die Übergänge von einem Waggon zum Nächsten offen und die Waggons mit Holzbänken ausgestattet. Heute ist der Zug eine  geschlossene Einheit und man sitzt auf gepolsterten Sitzen in klimatisierten Abteilen, ohne Zugluft. Mir gegenüber setzt sich ein älterer Herr und packt aus seiner Frischhaltedose zwei Speckbrote aus. Speck vom Nachbarn, wie er mir erzählt. In meiner Lehrzeit waren zwei Speckbrote meine Jause.

 

Täglich Speckbrote.

 

AUS:zeit

Es gibt jetzt die Möglichkeit in einem Arbeitsverhältnis eine „Auszeit” zu nehmen. In der Praxis bedeutet dies, dass man für ein halbes oder für ein ganzes Jahr Urlaub machen kann, um sich einen Lebenstraum, meistens ist es eine lange Reise, zu erfüllen. Die Firma garantiert, dass man nach der Auszeit weiter beschäftigt wird und geht dafür ein Jahr später in Pension. Bei vielen Firmen wird die Auszeit von den Arbeitsabläufen und den Aufstiegsmöglichkeiten nicht möglich sein. Andere können sich ein Jahr Auszeit finanziell nicht leisten. Oft bleibt der Wunsch ein Land, die Orte und die Bevölkerung besser kennen zu lernen, ein unerfüllter Traum. Bereist man als Junger mit dem Zug ein Land, fährt mit dem Fahrrad oder ist zu Fuß unterwegs, dann ist der  Kontakt mit der Bevölkerung sehr intensiv. Viele erhoffen sich diese Reise wenn sie in Pension sind, dann wird die Zeit vorhanden sein und das Geld. Eine organisierte Busreise hat nur den halben authentischen Charakter. Ist man über sechzig, dann ist man bei den Busreisen manchmal einfach müde und kann nicht alles aufnehmen. Oft sind Busreisen einseitig. Man glaubt, wenn man viele so genannter Sehenswürdigkeiten besichtigt hat und mit einer Fülle von Fakten und Zahlen gefüttert wurde, dann hat man die Stadt gespürt. Versteht man die Sprache, dann erfährt man bei einem Marktbesuch mehr über die Stadt, als bei einer fünfstündigen Führung. 

Der schönste Ort in einer Stadt anzukommen ist der Bahnhof. Bei den Kiosken in der  Bahnhofshalle begegnete man den ersten typischen Stadtbewohnern, nicht immer der Mittelschicht. Die Kioske verkaufen auch regionale Speisen. Durch den Trend in den Bahnhofsgebäuden Einkaufszentren zu errichten droht  eine Einheitskultur. 

Fischmarkt in Triest.      

SONNTAG:morgen

Durch die Trockenheit und die Hitze der letzten Wochen ist das Gras auf der Wiese rund um den Teich an manchen Stellen braun und versengt. Eine schwarze Katze  mit mehreren weißen und braunen Flecken erhebt sich aus dem Gras, streckt ihre Vorderpfoten aus und trampt langsam zur Straße. Sie geht den Gehsteig entlang ohne die vorbeifahrenden Autos zu beachten. Beim Fußgeherübergang bleibt sie stehen, geht bis zur Gehsteigkante vor und hebt ihren Kopf. Ein Blick nach rechts, nach links, die Ohren werden in alle Richtungen gedreht, kein Geräusch ist zu hören. Im nächsten Augenblick geht sie mit erhobenem Schwanz  auf dem Zebrastreifen über die Strasse. 

Frühstück.

AUS:spannen

Für die Art wie man am besten ausspannen kann gibt es unterschiedliche Vorschläge und Ansichten, es spielt eine Rolle von wem die Vorschläge kommen. Für den Bienenzüchter ist der Aufenthalt bei den Bienen auf der Hochebene oberhalb von Möselstein der ideale Zeitvertrieb, für einen Fischer das Angeln in der Gail. Entspannung bringt eine Wanderung durch die Schütt oder eine Radtour am Drauradweg. Ein Bauer findet Erholung  beim Aufstieg zur Alm oder bei einem Sonntagsspaziergang durch die eigenen Felder. Der gläubige Mensch wird sich bei einem Kirchenbesuch entspannen. Manchmal genügt es eine Stunde am Balkon in einem Buch zu lesen und die Katze schnurrt daneben. Diese Aufzählung ist sehr herkömmlich, die Beispiele klammern das hypermoderne Leben aus. Ob ein Openairkonzert,  ein Sommerevent oder Internetsurfen zum Ausspannen geeignet sind?

Auf einem grauen, kantigen Stein zwischen den dunkelgrünen Sträuchern am Flussufer Platz nehmen. Mit der Hand kann man das vorbeifließend Wasser der Gail berühren. Sich auf dem Felsbrocken bequem machen und das Gesicht den Karawanken zuwenden. Das kräftige Rauschen des Wassers hören, es stürzt über eine kleine Flussschwelle. Der Fluss macht einen Bogen, die Spitzen von den Wellen glitzern in der Sonne. Der Uferwald ist blickdicht, die nächste Siedlung kann hundert Meter oder einen Kilometer entfernt sein. Zwischen zwei Ufersteinen sprudelt eine Quelle hervor. 

Eine Notiz  schreiben. 

MITTAGS:kogel

Der Mittagskogel ist ein drei geteilter Berg, weil im Gesichtsfeld ein Hochspannungsmast steht. Der Felsen glüht, wenn die Abendsonne scheint. Die Sonnenstrahlen werden schwächer, zuerst rötlichgrau, dann nur mehr grau. Die hellgrauen Wolken türmen sich auf, dazwischen hellschwarze. Die Blitze zerteilen sich und hüpfen von einer Wolke zur nächsten, wie Schlangen. Am Berghang beginnt  ein heller Fleck zu leuchten und dann schießen Flammen in die Höhe, immer höher. Das Wetterleuchten entlang der Berggipfel nimmt kein Ende. Rot leuchtet die Reklameschrift vom Elektromarkt und vom Einkaufscenter. Die Flammen brechen in sich zusammen. An vielen Ecken schießen die Blitze zur Erde, der Wind tobt.

Blitzgewitter.