03.03.2004 JAGD . GESELLSCHAFT
Wir sind stolz auf unsere Umgangsformen gegenüber den Mitmenschen, auf unsere Anstandsregeln und Höflich-keitsformeln. Wir benützen die Grußformeln „Guten Morgen oder Guten Tag”, die Wörter „Bitte und Danke”, und beenden einen Brief „mit freundlichen Grüßen”. Wir sprechen unsere Mitmenschen mit „Liebe Kollegen oder Liebe Mitbewerber” an, wir sind die „Lieben Bürger”. Diese Höflichkeitsformeln dienen dazu unsere Absichten vor den anderen zu verschleiern, unsere wirklichen Wünsche zu verheimlichen. In Wirklichkeit sind wir eine Jagdgesellschaft, ist jeder von uns ein Jäger, wo der Eine dem Anderen auflauert um ihm die Beute zu entreißen. Unsere Gesellschaft ist ein menschliches Tierreich. Wo bei einer Schwäche des Mitbewerbers ihm die Beute, sprich das Geschäft, der Arbeitsplatz oder die Geliebte aus dem Mund gezerrt wird.
Wenn ein Handelsgeschäft oder ein Handwerksbetrieb zusperren muss vergehen nur ein paar Tage und schon bietet ein sogenannter lieber Kollege den Kunden in diesem Gebiet seine Dienstleistungen an. Die neuen Geschäftsmöglichkeiten sichern ihm für einige Zeit sein geschäftliches Überleben bis ein Stärkerer kommt und ihm die Beute , das Geschäft, aus dem Mund reißt.
Jagen bedeutet leben.
Kommentare:
B. am 4. März 2004 um 04:57
Einmal mehr sprichst du mir aus der Seele.
05.03.2004 SCHLARAFFEN . LAND
Zwei Tage vor den Kärntner Landtagswahlen ver-sprechen die Parteien uns Wählern das Schlaraffenland:
Aufholjagd für Kärnten
Keine Pensionskürzungen
Mietensenkung für alle
Der Jugend alle Chancen
Familienfreundlichstes Bundesland
Arbeitsplätze und Gesundheit für alle
Aufschwung für Kärnten
Das Märchen vom Schlaraffenland.
Kommentare:
W. am 6. März 2004 um 22:13
Ach was sag ich groß, glückliches Österreich. Bei uns versprechen einem die Politiker schon lange nichts mehr und halten tun sie noch weniger. Wenigstens drohen sie euch nicht mit schrecklichen Steuererhöhungen, höheren Arbeitslosen-zahlen und dergleichen. Das machen die bei uns ungeniert und der Witz dabei ist, dass unsere Politiker auch noch dafür sorgen, dass genau das Wirklichkeit wird! Armes Deutschland!
schlagloch am 10. März 2004 um 08:28
Wie es mit den Wahlversprechen weitergeht kannst du in meinem heutigen Eintrag lesen. Ich versuche immer ein kleine Geschichte zu erzählen.
08.03.2004 WEB . LOG
Auch wenn die Fußgängerampel grün war habe ich es schon erlebt, dass Autofahrer nicht stehen geblieben sind. Das Rot für den Autoverkehr wurde missachtet oder übersehen. Der sicherste Ort für die Fußgänger im öffentlichen Verkehr sind die Fußgängerzonen in den Städten. Einen Vergleich dazu gibt es mit unserem täglichem Leben. Im öffentlichen Leben kann man sich Niederlagen, Verletzungen oder Ablehnungen holen. Im Weblog erschaffen wir uns eine Welt ohne Schmerzen und Neid, wo sich der/die Blogger ohne Gefahren bewegen können.
Das Weblog ist die Fußgängerzone des Leben.
Kommentare:
Z. am 8. März 2004 um 10:14
Das hat was. Aus jahrzehntelanger Fahrraderfahrung kann ich nur eines sagen: Sei schneller als die Autos und du hast eine Überlebenschance!
schlagloch am 8. März 2004 um 15:46
Morgen erschaffen wir den beschleunigten Fußgänger.
Z. am 8. März 2004 um 22:56
Ja genau, das nenne ich innovativen Geist! Ich werd mich gleich an die Entwicklung von entsprechenden Schuhen machen. Mein Slogan: Dem Auto einen Schritt voraus.
10.03.2004 WAHL .VERSPRECHEN
Nach dem Wahlsonntag ist die persönliche Post wieder frei von Wahlbroschüren. Beim Lesen der „Kleinen Zeitung” werde ich nicht mehr auf jeder zweiten Seite in Anzeigen aufgefordert diese oder jene Partei zu wählen. Auch die Fotos der Politiker werden weniger und es ist mehr Platz für die Fotos zum Tagesgeschehen. Genauso wie vor der Wahl wird auch nach der Wahl das Wesentliche von den Kärntner Bürger geleistet, nicht von den Politikern. Heute früh wartete ich mit einer aufgespannten Schürze im Freien: Es regnete, nicht wie vor der Wahl versprochen Sterntaler vom Himmel sondern die Schürze füllte sich mit Schnee. Der starke Schneefall deckte die Plakatständer der Wahlsieger und der Wahlverlierer mit einer weißen Decke zu.
Wahlversprechen sind Schnee von gestern.
Kommentare:
4X am 10. März 2004 um 07:29
Das ist sicher ein Vorteil des Schnees.
14.03.2004 TOD . HOFFNUNG
Nach den schrecklichen kriegerischen Auseinander-setzungen im 20. Jahrhundert, welche man im Rückblick als den Ersten und den Zweiten Weltkrieg bezeichnet, hatte ich am Ende des 20. Jahrhunderts die Hoffnung, dass das 21. Jahrhundert friedlich und gewaltfrei sein wird. Mit jedem Krieg und mit jedem Terroranschlag wird diese Hoffnung mitgetötet.
Gewalt erzeugt Gegengewalt.
17.03.2004 RUHE . SANFT
Beim Langlaufen mache ich eine Pause und setzte mich auf eine Bank am Gaildamm gegenüber der Ortschaft Emmersdorf. In der Luft höre ich das Rauschen der Flügel von den Vögeln. Von der Geschwätzigkeit des Vormittags in die Stille der Gailauen. Hier braucht es keine künstlichen Atemübungen, keinen starren Blick auf eine brennende Kerze oder konzentrierte Aufmerk-samkeit auf das Sonnengeflecht. Beim Langlaufen kommt die Entspannung von selbst, ohne Schwere- und Wärmeübungen für die Arme und Beine. Nach einer halben Stunde Langlaufen reguliert sich der Atem, die Wadenmuskeln entspannen sich und die Daflontabletten können in das Schlagloch der Vergangenheit fallen. Eine Fliege, schmal und zart, läuft über den Schnee und aus dem braunem Schilf erhebt sich ein orangenfarbener Schmetterling zu seinem erstem Flug. Ein Vogel ruft mir aus dem blauem Himmel etwas zu und fliegt weiter gegen die Schattseite.
Stress ruhe sanft.
19.03.2004 WA(H)RE . HELDEN
Nach dem Ende der Weltcupsaison werden die besten Skirennläufer mit dem Weltcouppokal geehrt. Sind sie die wahren Helden des Skisport? Heute sind die Skisportler eine Ware der Werbewirtschaft. Die Skianzüge sind vollgeklebt mit Reklameaufschriften von Carrera über Iglo bis zu Salomon. Wenn die Skisportler als Botschafter von Österreich in aller Welt auftreten, dann geschieht dies nicht nur aus Liebe zu Österreich, sondern aus Liebe zum Geld. Der Name ist die Marke und eine Markenware hat ihren Preis.
Ich lernte während meiner Schulzeit in Tanzenberg Skifahren. Der Skikurs unter der Leitung von Prof. Sch. fand auf der Flattnitz statt. In der Jugendherberge hatten wir Zöglinge Freiheiten, die wir im Internat nicht hatten. Beim Abschlussrennen schaffte ich im Stemmpflug ein fehlerfreies Rennen. Die Zeit spielte bei mir keine Rolle. Bei der Siegerehrung gab es für die drei Schnellsten und für mich eine Tafel Schokolade.
Wa(h)re oder Schokolade.
Kommentare:
A. am 20. März 2004 um 11:00
Zuviel Schokolade schadet den Milchzähnen.
W. am 21. März 2004 um 16:54
Aber Hauptsache sie hat geschmeckt.
22.03.2004 ROT . WEISS . TOT
Die rot- weiß – rote Spitze des Sendemasten löst sich aus dem Nebel. Die Dobratschspitze ist schneeweiß. Im März fällt die Nachmittagssonne in einem schrägen Winkel auf die schneebedeckten Felder der Gailauen. Die Schatten der Äste von den Bäumen wirken auf dem Schnee wie ein Holzschnitt. Über dem Länderdreieck Slowenien, Friaul und Kärnten kreist ein Hubschrauber. Das Motorenge-räusch wird von den Felswänden zurückgeworfen. Ist jemand im Länderdreieck an der grünen Grenze auf der Flucht? In den Gailauen treten zwei Rehe aus dem Wald auf das offene Feld und stecken bis zum Bauch im Schnee. Das Hubschrauberdröhnen treibt sie in die Flucht. Eine rote Markierungssäule der Ölpipeline mit der Nummer einundfünfzig ragt aus dem Schnee. Es fällt ein Schuss. Vor den Augen färbt sich der Schnee rot. Ist wer tot ?
Rot, weiß, tot.
24.03.2004 VENEN . KNOTEN
Beim internationalem Radiologenkongress Anfang März 2004 in Wien wurde berichtet, dass es heute in zwölf Minuten möglich ist vom ganzem Menschen eine MRT – Untersuchung zu machen. Mit dieser Methode kann man auch noch nicht akute und versteckte Erkrankungen erfassen. An eine flächendeckende Untersuchung ist nicht gedacht, weil es würden sich dadurch verschiedene Probleme ergeben. Die bestehenden Krankenhäuser wären nicht in der Lage die vielen Menschen, bei denen durch diese Reihenuntersuchung eine Erkrankung festgestellt würde, aufzunehmen. Die Krankenkassen könnten die Kosten für die notwendigen Behandlungen in diesem Ausmaß nicht bezahlen. Das stärkste Argument gegen eine Reihenuntersuchung aller Bürger ist die Tatsache, dass nicht jeder Krankheitsherd oder versteckte Erkrankung auch wirklich akut wird und zu Beschwerden führt. Bei mir verursachte das Kontrastmittel für eine MRT- Untersuchung Knoten in den Venen.
Heute sind die Knoten in den Schlaglöchern des Körpers verschwunden
26.03.2004 MARCO . PANTANI (+2004)
In ein paar Wochen beginnt die neue Fahrradsaison und ich werfe schon ab und zu einen Blick auf mein Fahrrad in der Garage. Dabei mache ich mir Gedanken über den einsamen Tod des Radprofi Marco Pantani. Das Fahrrad-fahren erlebe ich als einen Ausgleich zu meinem Berufs-Alltag. Beim Radfahren erkunde ich meine nähere Umgebung. Ich kann vieles entdecken, was beim Blick durch das Autofenster verborgen bleibt. Mit jedem Kilometer lasse ich den Alltag hinter mir und im Kopf wird Platz für kreative Gedanken. Es kommt der Zustand, wo ich nicht in der Natur Rad fahre, sondern wo ich zu einem Teil der Natur werde. Ich fahre nicht bei Sonnenschein Rad, sondern ich bin Teil der Sonne.
Marco Pantani ist an der Sonne zerschellt.
Kommentare:
F.B. am 26. März 2004 um 18:28
Denke nicht über die anderen nach! Vielleicht dachte Pantani anders. Du bist du, du bist nicht Pantani, nur weil du auch gern Fahrrad fährst. Du bist du.
Z. am 28. März 2004 um 06:28
Ja, die Radsaison steht wieder vor der Tür . Sag mal, was gibt es über das Buch “Elementarteilchen” zu berichten?
schlagloch am 8. April 2004 um 22:16
In “Elementarteilchen” ziehen zwei Halbbrüder eine Spur der Verwüstung durch ihr Leben und das Leben anderer. Von der Studentenrevolution bis zur Genreevolution. Zitat: “Wenn es um die Vergangenheit geht haben wir überhaupt keinen Zweifel, dass sich alles so abgespielt hat”.
29.03.2004 MONTAG . DEPRESSION
“Manchmal schließen wir die Augen, weil uns die Wirklichkeit nicht gefällt”. Dieser Satz stand auf der Homepage von Marco Pantani. Probleme mit der Wirklichkeit haben viele, weil es die Wirklichkeit die nur angenehm ist nicht gibt. Die einen mögen den Montag nicht, weil sie wieder zur Arbeit gehen müssen, die anderen fürchten das Wochenende, weil sie nicht in die Firma können und sich zu Hause langweilen. Wir wünschen uns Harmonie in der Partnerschaft und dann kommt es zum Streit darüber, wer mit dem Hund spazieren geht. So schließen wir die Augen vor der Wirklichkeit und ziehen uns in unsere Tagträume zurück. Wir ziehen die TV-Welt von „Big Brother” und von „Gute Zeiten, schlechte Zeiten” dem realem Leben vor. Marco Pantani hat sich in die Depression zurückgezogen und verloren.
Schutzmantel Depression.