ffp2:masken II

Vor der Pandemie konnte man sich im ersten Augenblick verlieben, den anderen sympathisch sein oder von seiner Nase fasziniert sein. Meiner Einschätzung nach werden uns die Mundnasenschutzmasken im Alltag noch länger begleiten. Die nächsten Jahre uns vor weiteren Mutationen des SARS Virus schützen. Die Masken ziehen bei einer Begegnung unsere Aufmerksamkeit auf sich. Es gibt keinen Händedruck und die Augen des anderen muss man erst im Gesicht suchen. Ob Brillenträger oder nicht, oft wird die FPP2 Maske so hoch getragen, dass die Augen halb verdeckt sind. Es müssen schon ausdrucksstarke Augen sein, dass sofort ein Augenkontakt hergestellt wird. In öffentlichen Räumen, wo eine gedrückte Stimmung mitschwingt, begegnet man sich mit halboffenen Gesicht. Wie lange dieser Zustand im öffentlichen Bereich noch anhalten wird, weiß niemand. Was bedeutet geimpft, es dient zur eigenen Absicherung vor einer Ansteckung, in gewissen Rahmen.

Wie verschiedene Menschen durch die Größe der Hotelanlage einschränkt werden, sieht man bei der Benützung des Verbindungsganges. Der Übergang von der Therapieabteilung zu den Zimmern. Die geschickten Senioren bewältigen den Weg mit einem Schupf Roller, welcher bei der Rezeption ausgeborgt werden kann. Andere sind nicht mehr so mobil und benützen einen Rollator, im Körbchen den Therapieplan, das Badetuch und Kosmetikartikel. Alles hat seine Zeit, die Zeit der leichten Bewegung, die Zeit des schnellen Schrittes und die Zeit des Schlurfens über den Gangteppich.

Wehe dem, der die Zeit der aktiven Beweglichkeit nicht nützt, er wird später neidisch auf jene schauen, die an ihm vorbei drängen. Kann er von sich sagen, so flott war ich auch einmal unterwegs?. Das Laufen in den Hotelgängen wird nicht gern gesehen, wie einst in Tanzenberg, wo das Laufen durch die Arkadengänge oder über die breiten Stiegen verboten war.

ffp2:maske I

In Pandemiezeiten ist es schwierig live Beobachtungen zu machen. Halten sich alle an die strengen Einschränkungen begegnet man nur dem Eigenen Inneren, in sich gekehrten Menschen. Besonders ausgeprägt bei älteren Personen. Diese spazieren mit dem Dolch hinter den Rücken durch den Schlosspark in Bad Vöslau. Der Entgegenkommende könnte ein Gefährder ihrer Gesundheit sein. Der offizielle Kurpark befindet sich oberhalb des Ortes und ist über eine steile Stiege erreichbar. Keine gute Entscheidung, da ein überwiegender Teil der Kurbesucher ältere Leute sind. Für den Kurpark spricht die Waldesluft, da er in einen Föhrenwald übergeht. Ein weites Feld für Beobachtungen bietet der Betrieb in einem Kurhotel. Nimmt man eines der verschiedenen Kurpakete in Anspruch, kann man sich bei einem Lockdown unter COVID Schutzmaßnahmen frei bewegen. Das Gespräch untereinander ist durch Abstand halten und FFP2 Masken rückläufig. Ansonsten wurden beim Warten vor den Therapiestationen gerne die Beschwerden ausgetauscht. Dem anderem von den eigenen Wehwehchen erzählen, von den deformierten Fingern, dem abgenützten Kniegelenk. Von dem schmerzvollen Verzicht auf die süße Nachspeise bei den Mahlzeiten, da man an Alterszucker leidet. In Corona Zeiten herrscht tiefes Schweigen. Es könnte dem Schweigen, wie wir es aus den Klöstern kennen, ähnlich sein. Einzig der Therapeutin öffnet man für einen kurzen Moment das Ohr und seinen Mund.

Die FPP2 Maske verhindert das Lesen im Gesichtsausdruck seines Gegenübers, die Arten wie er sein Gesicht verzieht, ob Lächeln, Schmunzeln oder ein zorniger Ausdruck. Menschen die ein schlechtes Gehör haben, anderen die Wörter vom Mund ablesen, haben wegen der Maskenpflicht ein Problem. Es wundert mich nicht, dass es zu vielen Rückfragen oder falschen Handlungen bei den Kuranwendungen kommt. Mit der Maske im Gesicht ist das gesprochene Wort oft nicht so deutlich zu vernehmen und zudem fehlt die Übernahme der Laute vom Mund.

corona:sample

Wir gehen davon aus, dass die Lebenserwartung in den letzten Jahrzehnten gestiegen ist. Gerade führt uns die Corona Pandemie vor, dass im höheren Lebensalter die Gefahr steigt einer Pandemie zum Opfer zu fallen. Wer es schafft zwischen 60 und 65 Jahren in den wohlverdienten Ruhestand zu kommen, geht zumeist mit einigen Plänen und Wünschen in die Rente. Bei mir waren es die Wünsche nach Fortbildung in geisteswissenschaftlichen Fächern und die Zuwendung zu meinem literarischen Endlosprojekt, dem Verfassen von Blogtexten. Geglückt ist mir die Herausgabe von einigen Sammelbänden aus den Blogjahren. Von mir in das Auge gefasst, nach dem Pandemieende, ein Corona Sample.

Wer im Alter noch etwas zu seinen Leistungen, zu seinen Spuren, zu seiner winzigen Rille im Sand etwas zulegen will, soll sich nicht darauf verlassen, dass die nächsten Jahre unendlich dauern werden. Plötzlich steht man wie bei einem Kuraufenthalt, ausgelöst durch ein inneres Gefühl vor den letzten Jahren oder Monaten. So schmerzlich diese Erkenntnis sein kann, alle Vorhaben zu verwirklichen wird nicht mehr möglich sein. Es bleibt sich auf etwas konkretes, dass die letzten Jahre bereichert hat, zu konzentrieren. Beruhigend, wenn es die Arbeit an etwas ist, was nicht mit einem Ende behaftet ist. Wo der Schlussstrich nicht verstörend wirkt, so blickt man nicht bei jedem Hinweis panisch auf das Ende. Lieber in die Ferne und freut sich über jede Erhöhung die überwunden wird und sieht vor sich etwas Neues liegen.

corona:kur II

Eines der banalen Vorhaben am Ende einer dreiwöchigen Kur ist, was soll ich Familienmitgliedern oder Bekannten als Mitbringsel kaufen? Wem möchte ich noch eine Ansichtskarte schreiben oder am letzten Drücker eine WhatsApp Nachricht senden? Dem einen oder anderen habe ich versprochen während des Kuraufenthaltes öfters anzurufen, weil so viel Freizeit gibt es nicht so bald wieder. Irgendwie habe ich den Anruf von einem Tag auf den anderen verschoben, von einem Wochenende zum Nächsten und plötzlich sind die letzten Tage angebrochen. Zudem hat sich das Wetter gebessert und es besteht die Möglichkeit noch die Wanderung nach Gumpoldskirchen, durch die Weinberge, zu machen. Für den Anruf bleibt keine Zeit mehr übrig, außer man plant ihn in die Wanderung ein. Mit dem Smartphone telefonierend durch die Weinberge, so splittert man die Zeit. Ein bisschen Wandern, ein bisschen die Natur genießen und ein bisschen mit den Gedanken bei einem Bekannten. Dies könnte man als Kurpanik bezeichnen und diese Panik trifft oft auch im Alter ein.

Dabei stehe ich vor der Herausforderung zu bestimmen, wann beginnt das Alter? Ist es heute akkurat vom Alter zu sprechen und wer lässt es zu, dass man über sein Alter spricht. Wird man auf seine Lebensjahre angesprochen zuckt man instinktiv zusammen. Besonders dann, bricht ein neues Jahrzehnt an. Um den Begriff Alter nicht im zahlenleeren Raum stehen zu lassen, würde ich für österreichische Verhältnisse sagen, das Alter beginnt mit dem Eintritt in die Pension. Jahrzehntelang hat es dabei Vorschwindler gegeben, die um die Lebensmitte, um die Fünfzig in die Pension gehen konnten. Dies zumeist in staatsnahen Betrieben der Republik Österreich. In den neunziger Jahren wurden diese Pensionsprivilegien aufgehoben. Nicht verwunderlich, wenn sich jetzt viele vehement dagegen wehren, bis zum derzeitigen Pensionsregelalter von 65 Jahren zu arbeiten.

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Mit den Wünschen, Tätigkeiten und Vorhaben im Alter dürfte es sich ähnlich verhalten wie mit den Vorhaben in den letzten Tagen eines Kuraufenthaltes. Bei Kurantritt kommen einem die 21 Tage endlos lange vor. Nähern sich die letzten Kurtage gibt es einen Schrecken, dass das Ende da ist. Es ist erstaunlich was sich manche bei einem Kuraufenthalt, der zur Wiederherstellung der Gesundheit dienen soll, vornehmen? Wie vielen Nebenbeschäftigungen man sich zuwendet. Dem Einen sind Ausflüge in das benachbarte Ausland, dem Anderen der Besuch von Museen oder Einkaufsmöglichkeiten wichtig. Erlaubt es die Verordnung zur Nachtruhe, ein Konzertbesuch. Andere vertiefen sich in schwer verständliche Bücher oder arbeiten an einem ausgefeilten Geschäftsmodell. Durch die Digitalisierung besteht die Möglichkeit und oft die Gefahr sich von überall der Arbeit zuzuwenden, sich nie von der Heimarbeit zu lösen. Diese Kurfalle besteht besonders bei den Selbständigen, vieles lässt sich über das Internet planen und verkaufen. Der Kontakt mit den Kunden reist nicht ab. In der Coronapandemie wurde notgedrungen vieles im Internet abgewickelt, die Videokonferenzen haben die leiblichen Besuche bei den Kunden ersetzt.

Mein Eindruck nach der Teilnahme an Videokonferenzen war, dass auch dies erst einmal gelernt werden muss. Ich habe mich in der Rolle eines Schauspielers wiedergefunden, der sich damit auseinandersetzen muss, wie komme ich im Fernsehen oder im Kinofilm rüber. Der Schrecken fährt mir in die Glieder, betrachte ich morgens mein Gesicht genauer im Spiegel oder nachts im Halbschlaf auf der Toilette. Oft gewinne ich den Eindruck, bin ich das noch selbst oder habe ich mir ein Nachtgesicht zugelegt, welches sich augenscheinlich vom Taggesicht unterscheidet? Dieses unterscheidet sich wesentlich von dem Gesicht, welches ich in meinem Innersten herumtrage.