TRADIT:ion

Nach den Feiertagen, ist es in Möselstein ruhig geworden, der Alltag, die Arbeit steht im Vordergrund. Der Einkauf beschränkt sich auf das Notwenigste, das Alltägliche. Manchmal wird ein Stück dreimal in die Hand genommen und wieder zurückgelegt, weil man es nicht wirklich braucht. Dazu gehören der Reimmichlkalender und der „Alte Bauernkalender”, kurz Mandlkalender bezeichnet. Die Heiligen, der Mond und das voraussichtliche Wetter werden mit Hilfe von Symbolen, Mandln, abgebildet. Vor zwei Jahren hätte man das eine und das andere mitgenommen, aus Tradition. Heute bricht man mit dieser Tradition. Das Wort Finanzkrise, welches aus den Zeitungen und dem Fernsehen überschwappt, lässt auch die Tradition einbrechen. 

Aus Tradition kommen zu den Feiertagen bei vielen Familien die erwachsenen Kinder, Geschwister, aus ganz Europa zu einem Besuch nach Hause in den Heimatort. Viele lassen es sich nicht nehmen aus Tradition, zu einer kurzen Begrüßung  in das Geschäft zu kommen,  um zu hören wie es uns geht. Sie sind weggezogen nach London, New York, Wien oder Klagenfurt. Das Geschäft gehört zu den Kindheitserinnerungen. Manchmal verlangen sie Stollwerk, Dreieckschnitten, Caramba oder Eiszuckerln. Die Zeit für stückweise, offene Ware ist vorbei. 

Kommt es zu einem Kontakt mit ehemaligen Schülern, in Werkstätten, Büros oder Gesundheitseinrichtungen, so werden wir freundlich und schnell bedient. Von der Sympathie, mit der wir ihnen begegnet sind, kommt jetzt etwas zurück.   

Mandln mochn.

SIEBEN:tage

Es ist einige Jahrzehnte her, dass man die Fünftage-Woche eingeführt hat. Dies hat bewirkt, dass wir mehr Freizeit, mehr Erholung und mehr Lebensqualität bekommen haben. Heute geht der Trend in die Richtung, dass man in den Produktionsbetrieben, bei den Handelsketten, dazu übergeht sieben Tage in der  Woche zu schaffen. So bleibt von der Möglichkeit einen Tag gemeinsam feiern zu können, die sozialen Kontakte zu pflegen, nicht viel übrig. Das Einkaufen ist zu einer Freizeitbeschäftigung geworden, auf die man auch am Sonntag nicht verzichten will. In der Bibel steht, dass Gott die Welt in sechs Tagen erschaffen hat und am siebenten Tag ruhte und sah, dass alles gut war. Dieses Beispiel aus der Bibel diente auch zum Schutze des arbeitenden Menschen, der Gemeinschaft, dass man sich einmal die Woche trifft, Spiele und Feste feiern kann.  

Sieben Tage alt ist das Neugeborene vom Neffen und liegt im Kinderbett in der Küche, ganz klein in einer Ecke. Der Kopf ist zur Seite gedreht, die Augen geschlossen, der Mund leicht geöffnet, es atmet. Später öffnet es die Augen, verzieht den Mund, runzelt die Stirn und bewegt den Kopf. Es fährt mit der geschlossenen Faust in das Gesicht, sucht die Augen und öffnet den Mund weit, zum Gähnen. Die Mutter beugt sich über das Kind. 

Einem neugeborenen Kind steht die Welt offen, es bieten sich viele Chancen. In jedem Kind steckt viel Kreativität und Entfaltungswillen. Wir wünschen uns, dass es sich an unsere Normen und Vorstellungen anpasst. In einer Funktionsgesellschaft, Konsumgesellschaft,  in einer  autoritären Gesellschaft  ist das Individuelle ein Problem. 

Im Anfang war das Wort.

MARIA:empfängnis

Ob zwischen dem Straßennamen Mariahilfergürtel in Wien und der Bitte, „Maria Hilf“ ein Zusammenhang besteht, weiß ich nicht. An jedem Samstag versammelt sich am Straßenrand vom Mariahilfergürtel, in der Nähe vom Westbahnhof,  in der Früh eine Gruppe von etwa zwanzig Menschen um gegen die Abtreibung zu protestieren. Die Gruppe setzt sich aus jüngeren und älteren Männern und Frauen zusammen. Ein junger, schlanker Mann hält ein lebensgroßes Marienbild. Maria in einen blauen Mantel gehüllt, mit einem Glorienschein und einem Rosenkranz in den Händen. Die Frauen zeigen vor ihrem Unterleib vergrößerte Fotos von Ungeborenen in der dritten, neunten und zwölften Schwangerschaftswoche. Verstärkt durch ein Megaphon beten sie den Rosenkranz und singen Marienlieder. Ist die Ampel auf rot geschaltet und die Autos werden für eine Minute angehalten, dann kann man ihre Gebete gut hören . Bei grün gehen die Gebete im Autolärm unter. Aus der Nähe beobachten drei Polizisten das Geschehen.

 

Das Wunschkind.         

KUNST:kinder

Es wird oft gesagt, dass für manche Menschen die Haltung von einem Hund oder eine Katze ein Kinderersatz, oder ein Ersatz für einen Lebenspartner ist. Die Menschen erzählen die unterschiedlichsten Begebenheiten aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis. Spricht man mit einem Hunde- oder Katzenbesitzer über ihre Haustiere, dann kann man mit einem längeren Gespräch rechnen. Wie bei den eigenen Kindern ist der eigene Hund oder die Katze die Schönste, der Bravste und die Gescheiteste. Hat eine Katze oder Hund dagegen in der Wohnung eine Vase oder einen Vorhang kaputt gemacht, dann sagt der eine Partner zum Anderem, dies war dein Hund oder Katze. Ähnlich verhält es sich, wenn es um die  Betreuung von Kindern oder Tieren geht. Die Arbeit wird gerne auf den Anderen abgeschoben. Gibt es eine Krise oder einen Streit in der Partnerschaft dann ist es oft das Kind, welches als Pfand gegenüber dem Partner benützt wird. Im schlimmsten Fall wird damit gedroht, das Kind zu entführen. So werden auch Haustiere als Pfand benützt und mit dem Freilassen des Tieres gedroht. In solchen Situationen ist der Mensch grausamer als das Tier, er droht dem Anderem das zu vernichten, was dem Anderem an das Herz gewachsen ist. Man will sein Herz brechen.

 

Überrascht waren die Gäste in einem Restaurant in Möselstein, als eine Frau mit zwei Hunden an der Leine den Speisesaal betrat und einen Kinderwagen hinter sich herzog. In einem Gespräche sagte sie, dies sei ein Hundewagen mit Schiebedach. So sei es möglich, die Hunde in alle öffentlichen Gebäude und Lebensmittelmärkte mitzunehmen. Der Hundewagen wurde neben dem Esstisch platziert und die Hunde hineingesetzt. 

 

Kunstherz. 

STICH:eln

Wird es in einem Theaterstück ganz dramatisch, meistens zum Ende der Aufführung, dann wird der Liebhaber, der Widersacher mit einem Messerstich in das Herz getötet. Dies ist eine ehrliche und offene Auseinandersetzung, wenn auch mit tödlichen Folgen. Bei Familientreffen zu einer Geburtstagsfeier kann man bei älteren Ehepaaren beobachten, wie sie einander sticheln. Männer neigen dazu, dass sie im Anblick von jungen, gut aussehenden Frauen auf die Schwächen bei der Figur der Ehefrau hinweisen. Die festen prallen Brüste einer jungen Frau, in einem Kleid mit einem tiefen Dekolletee, lassen sich nicht mit den gealterten Brüsten der Ehefrau vergleichen. Dieser Wettbewerb führt zu mancher Stichelei. Manche Paare haben keine andere Gesprächsbasis als sich gegenseitig die Schwächen und Unzulänglichkeiten des Anderen vorzuhalten. Die Ehemänner selbst sind auch nicht mehr so attraktiv, wie sie es einmal waren. Sticheleien über Jahre sind schmerzhafter als ein tödlicher Stich in das Herz.  

 

Alte Liebe.