landgemeinden

Bei einer Jause anlässlich eines Familientreffen wurde vor kurzem über Mobilität diskutiert, über den Umstieg auf die propagierten öffentlichen Verkehrsmittel. Im konkreten über die Situation in den sogenannten Landgemeinden, in den kleinen Ortschaften, welche eine Landgemeinde ausmachen. Dazu gab es eine eindeutige Meinung, ohne eigenes Auto geht es nicht, auch wegen des unterschiedlichen Alters der Bewohner. In den Häusern leben zumeist zwei oder drei Generationen unter einem Dach. Dabei ist die älteste Generation, die des Öfteren keinen Führerschein besitzt darauf angewiesen, dass die Jüngeren mit dem Auto Fahrdienste leisten, um an einem Seniorennachmittag oder am Sonntagsgottesdienst teilzunehmen. In diesem Lebensabschnitt stehen Arzttermine an der Tagesordnung, beim Hausarzt, dem Augenarzt, dem Urologen und dem Orthopäden oder ein Termin bei einem Hörakustiker. Im Alter fehlt die Fitness eine dreiviertel Stunde zur Bus- oder zur Bahnhaltestelle zu gehen. Die Gehöfte liegen in vielen Bundesländern zerstreut in Hanglagen. Den Weg in das Tal zu einem öffentlichen Verkehrsmittel wäre von manchen noch zu schaffen, der Rückweg auf den Berg würde an den körperlichen Einschränkungen scheitern. Mit Müh und Not können manche Rentner fünf Minuten lang bergangehen.

Die Umstände der Mobilität am Politzner Berg kenne ich aus meiner Jugend. Über Jahre bin ich eine dreiviertel Stunde zum Bahnhof nach Ferndorf gegangen, frühmorgens bei Sonnenschein, aber auch im Halbdunkel im Winter. Die Kälte im Winter, morgens beim Weggehen und abends beim Heimkommen, ist mir in Erinnerung geblieben. Zumeist war ich gegen sie unzureichend geschützt, egal ob beim Schuhwerk oder bei der Bekleidung. Es waren dieselben Schuhe, Sommer wie Winter. Keine warme Jacke, auch im Winter einen Sakko, der zumeist zu klein war und die Knöpfe vorne geöffnet.

politzen

Die Registrierung von Asylanten und Migranten gestaltet sich nach Aussagen von Beamten oftmals schwierig, wenn es unvollständige oder keine offiziellen Papiere gibt. Es gibt Probleme bei der Feststellung des Geburtsjahres und des Geburtsortes, wann und wo geboren. Dazu kommen fehlende Zeugnisse von der Schul- und Berufsausbildung. Zudem gibt es ausreichende Erzählungen über die Erlebnisse während der Flucht, wo und wann die Dokumente abhandengekommen sind. Verlässlich ist der Besitz von einem Smartphone. 

Im österreichischen Beamtenstaat, mit den Strukturen und dem Umfang wie es in der Monarchie notwendig war, kam es am Meldeamt zu einer Diskussion. Bei der Abmeldung von meinem Zweitwohnsitz wurde ich vom Administrator gefragt, wo ich jetzt geboren wurde, in Politzen oder in Ferndorf? Zuerst war ich irritiert weil ich nicht weiß, war ich eine Hausgeburt oder kam ich im Wöchnerinnenheim in Ferndorf zur Welt. Bei einer Hausgeburt wäre der Geburtsort Politzen, vulgo Unterdabernig, gewesen. In den fünfziger Jahren sind die meisten Erdlinge in der Gemeinde Ferndorf im Wöchnerinnenheim der Hebamme Sulzenbacher auf die Welt gekommen. In einem Wohnheim hatte sie auf einer Etage mehrere Zimmer gemietet. Schon einmal, als ich meinen desolaten rosaroten Lappen, den Führerschein, in ein Scheckkartenformat umtauschte, wurde angezweifelt, dass ich in Politzen geboren wurde. Niemand kannte bei der KFZ-Behörde den Ort Politzen. Zur Überprüfung wurde auf der Geburtsurkunde nachgesehen, hier steht: Geboren in Politzen, Gemeinde Ferndorf. Jeder kann darauf vertrauen, da wir am Tag der Geburt Geburtsort und Geburtsdatum nicht persönlich wahrnehmen, dass die Eintragung in der Geburtsurkunde stimmt. Meine zehn Jahre ältere Schwester erzählte mir, dass ich in Ferndorf bei der Frau Sulzenbacher zur Welt gekommen bin. An einem Sommerabend sei der Vater von Ferndorf heimgekommen und sagte, sie hat ein Brüderchen bekommen. Um den Status des fraglichen Geburtsortes hervorzuheben, unterschreibe ich manchmal in Gästebüchern oder Anwesenheitslisten mit Franz von Politzen.

radiolosn II

Samstag, spätabends, gab es für uns Jugendliche die Sendung Tanzmusik auf Bestellung. Schlagerwünsche konnten wir keine aufgeben, da wir am Bergbauernhof keinen Telefonanschluss hatten. Brauchte es einen dringenden Telefonanruf, dann erledigten wir dies beim Gasthof Rader in der Nachbarschaft, dort gab es eine öffentliche Fernsprechstelle. In den 80er Jahren errichtete die Schwester mit ihrem Ehemann in der Nähe vom Bauernhaus ein Einfamilienhaus und verfügte dort über einen Viertel Telefonanschluss. In den späten 60er Jahren startete der Österreichische Rundfunk ein neues Programm, Ö3. Mit dem Empfang von Ö3 gab es beim Eumig Radio Probleme, soviel ich am Senderknopf drehte und die Drahtantenne neu positionierte, der Empfang war von Nebengeräuschen unterlegt. Die Mutter hatte dazu ihre eigene Meinung, dass Eumig Radio ist für die laute und schrille Popmusik, wie sie in Ö3 gesendet wurde, zu alt. Die Popmusik könnte dazu führen, dass die Radioröhren kaputt gingen.

Im Internat in Tanzenberg gelang uns Zöglingen mit wenigen technischen Bauteilen einen sogenannten Detektor zusammenzubasteln. Mittels Kopfhörer konnten wir Radiohören, wobei die Senderauswahl eine untergeordnete Rolle gespielt hat. An erster Stelle stand, dass wir überhaupt etwas gehört haben.  

Zu Beginn meiner Selbstständigkeit in Arnoldstein, im Jahr 1972, kaufte ich mir einen Radio – und Kassettenrecorder, ITT Schaub-Lorenz, welcher den Geschäftsalltag musikalisch untermalte. Der Radio – und Kassettenrecorder, ein Holzdekor Modell, war bis im Juni 2011 in der Papierhandlung in Gebrauch. Mit dem Recorder bestand die Möglichkeit Radiosendungen aufzunehmen, ich erstellte ein persönliches Archiv von Ö1 Sendungen: Diagonal und Im Gespräch von Ö1.  Die Sammlung enthält auch Tonkassetten der Radiosendung „Aus der Dichterstubn“ in der ich meine Mundartgedichte vorgetragen habe.

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Das Radio oder der Rundfunkempfänger wie sie in den 60er Jahren genannt wurden sind heute Museumsstücke und in speziellen Ausstellungen zu besichtigen. In Österreich wird das hundertjährige Bestehen des öffentlichen Rundfunks gefeiert. Das Radio spielt seit meiner Jugend eine wichtige Rolle. Ich erinnere mich an das Eumig Radio, dieses hatte auf dem Bergbauernhof seinen Platz in der Küche, über dem Esstisch auf einer Konsole. Am Radio, ein viereckiger Quader, befanden sich vorne eine Taste zum Ein- und Ausschalten, eine Taste für Mittelwelle und UKW. Links ein Drehknopf um die Lautstärke zu regulieren und rechts der Drehknopf mit dem wir den Rundfunksender einstellen konnten. Damit wurde ein Zeiger auf einer Skala mit ganz vielen Städtenamen bewegt. In der Mitte von der Frontseite befand sich ein Auge und war hier der grüne Strich ganz schmal, dann hatte man den besten Empfang ohne Nebengeräusche.

Das Radio begleitete das Mittagessen und das Abendessen. Neben den Nachrichten und den Unterhaltungssendungen waren auch die Zeitansagen und Wetterberichte wichtig. Ein fester Bestandteil zu Mittag war die Sendung Autofahrer unterwegs, obwohl in unserer Familie niemand einen Pkw hatte. Die Sendung begann um zwölf Uhr mit dem Geläut der Kirchenglocken aus den verschiedenen Pfarren in ganz Österreich. Zwei populäre Moderatoren von Autofahren unterwegs waren Rosemarie Isopp und Walter Niesner. Für Stimmung während der Sendung sorgten Aufnahmen von Blasmusikkapellen. Am Sonntagnachmittag gab es das Wunschkonzert von Radio Kärnten und an einem Abend unter der Woche die Kärntner Jägerstunde. Die Mutter war eine begeisterte Radiohörerin und dies war eines der wenigen Vergnügen die sie am Hof hatte. In der Küche konnte sie neben dem Kochen für eine mehrköpfige Familie, radiolossn.

insektenmast

Vielerorts werden Alternativen ausprobiert um das Fleisch durch andere Lebensmittel zu ersetzen. Für das lebensnotwendige Eiweiß und die Proteine bietet sich der Verzehr von gezüchteten Würmern und Raupen an. In der Wirtschaftskammer in Klagenfurt gab es ein Buffett mit Würmern und Raupen. Eine Nichte hat daran teilgenommen und erzählte, dass sie sich nicht entschließen konnte beim Raupen- und Heuschreckenbuffet zu zugreifen. Sie bediente sich am traditionellen Buffet. In Kärnten gibt es einen innovativen Betrieb im Lavanttal der in großem Umfang Insekten, Würmer, Raupen und Heuschrecken züchtet. Bei dieser Menge muss man sagen, mästet. Die Populationen befinden sich in den Schubladen einer Schrankwand. Wird eine Lade geöffnet, dann wuselt es nur so. Ist dies Art von Zucht ein landwirtschaftlicher Mastbetrieb, statt Rinder sind es Insekten oder ist es ein Industriebetrieb, statt Vitaminpillen sind es Insekten? Gibt es dabei eine Trennlinie? Ob Schwein, Rind oder Insekt, um es als Nahrungsmittel zu verwenden, ist ein Tötungsvorgang notwendig. Im Lavanttaler Betrieb erfolgt die Tötung oder ist es eine Schlachtung im Kollektiv dadurch, dass die Temperatur auf etwa Minus fünfzehn Grad abgekühlt wird. In diesem Minusbereich stellen die Insekten ihre Lebensfunktion ein.

Um eine Facette reicher wird die Mästung von Insekten, wird auf diese der Tierschutz angewendet, wie er für Hühner, Schweine oder Rinder gilt.  Die Tierschutzorganisationen bemängeln, dass es in den industriell geführten Mastbetrieben für die Tiere nicht den nötigen Platz und Auslauf gibt. Dabei wird verdrängt, dass Tiere Gefühle und Emotionen haben, bis zu der Annahme, dass die Tiere ihren Tod, die bevorstehende Schlachtung, instinktiv spüren. Wie steht es mit dem Tierschutz bei der Insektenmast?  Hier leben Tausende von Rauben und Würmer auf kleinsten Raum in Schubladen. Einer kraxelt über den Anderen, es ist ein Wirrwarr wie bei einem Ameisenhaufen. Laut einem TV- Bericht haben neue Forschungen festgestellt, dass auch Insekten Gefühle haben und sich organisieren.