sonntagnachmittag

Zu Hause bereitete die Mutter für die große Familie das Mittagessen vor. Nach dem Heimkommen half ich ihr die Erdäpfel zu schälen, den Salat zu waschen und auf dem Küchentisch die Teller und das Besteck aufzulegen. Das bevorzugte Sonntagsessen war eine Frittatensuppe und ein Schweinsbraten. Die Ausnahme Rindsrouladen und Wienerschnitzel. Als Beilage gab es Kartoffelsalat, Bratkartoffeln oder Reis.  Einen Salat, welcher gerade im Garten aktuell war. Ein Highlight war die Nachspeise, ein Vanille- oder Schokoladepudding mit Himbeersirup. Für die Erwachsenen stand ein Krug Most am Tisch, wir Kinder bekamen den Most mit Wasser verdünnt und gezuckert.  Das Abwaschen des Essgeschirrs, für fünf und mehr Personen, geschah im Abwaschwanndl händisch. Das Abwaschwasser wurde in einen Kübel geschüttet und abends Kleie oder gestampften Kartoffeln dazugegeben und an die Schweine verfüttert.

In den Nachmittagsstunden bis zur Stallarbeit, je nach Jahreszeit, versammelte sich ein Teil der Familie zu einem Kartenspiel wie Bruckenmuhle, Watten oder Mensch ärgere dich nicht. Für die Mutter war das hören der Wunschsendung von Radio Kärnten eine Herzensangelegenheit. Bei den Schlagern von Freddy Quinn und Heintje kamen ihr die Tränen. Während des Radiohören hat sie die zerrissenen Hemden und Hosen geflickt, den einen und anderen Knopf wieder angenäht. In einer Ecke von der Küche stand eine Singernähmaschine mit Fußbetrieb. Vom Frühjahr bis in den Herbst verteilten sich die Familienmitglieder etwas im Haus oder außer Haus. In den Wintermonaten war es nur in der beheizten Küche gemütlich, der einzige Raum, wo wir uns ohne zu frieren aufhalten konnten. Am späten Nachmittag saßen alle am Küchentisch zur Nachmittagsjause, danach begann die Stallarbeit. Wir Kinder leisteten je nach Alter und Können unseren Beitrag, die einen bei der Fütterung und dem Melken im Kuhstall, die Anderen unterstützten die Mutter beim Schweinefüttern, und sorgten für das Holz und das Wasser in der Küche.

sonntagseinkauf

Sonntags, nach dem Besuch der Heiligen Messe, besorgten wir einige Lebensmittel beim Greisler neben der Pfarrkirche in St. Paul ob Ferndorf.  In den 60er Jahren waren die Handelsgeschäfte sonntags normalerweise geschlossen, hier gab es ein extra Service.  Üblicherweise waren es in den Landgemeinden Gemischtwarenhändler, es gab hier keine Lebensmittelmärkte, wie wir es heute kennen. Die großen Lebensmittelgeschäfte erweitern heute das Angebot mit saisonbezogenen Artikeln.

Die seinerzeitigen Gemischtwarengeschäfte waren von einer anderen Art. Hier hat man Gummistiefel ebenso bekommen wie Arbeitshandschuhe, einen Leckstein für die Kühe, genauso wie eine Schere zum Schafe scheren. Dazu die gängigen Lebensmittel, welche von der bäuerlichen Bevölkerung zugekauft wurden, wie Öl und Essig, Salz und Zucker, Kaffee und Rosinen. Nach dem Gottesdienst versammelten sich ein paar Personen beim Hintereingang vom nahen Gemischtwarenhändler. Der Mutigste öffnete die Haustüre, betrat den Vorraum und klopfte an der Küchentüre. Zumeist erklang ein mürrisches Herein, man öffnete die Küchentür und am Küchentisch saß Herr Peternell, ein kleiner dürrer Herr bei einer Schale Kaffee. „Die Mama schickt uns, können wir ein paar Sachen einkaufen“. Missmutig erhob er sich und nahm den Schlüssel von der Kredenz und sperrte den Hintereingang zum Geschäft auf. Auf Kommando stürmten alle Wartenden in das Geschäft und stellten sich vor der Budel auf. Wir waren mehrere Kinder, alle hatten einen Zettel von der Mama in der Hand, darauf standen die Nahrungsmittel, welche wir nach Hause bringen sollten. Das Rollo vom Haupteingang des Geschäftes blieb herunten. Zuerst eine Schubserei jeder wollte der Erste sein. Eines nach dem Anderen stellte der Herr Peternell auf die Budel und notierte den Preis auf einem Notizblock der Villacher Brauerei. Bevor er die Posten händisch zusammenzählte kontrollierte er, ob die Posten am Kellner Block und die Stückzahl an Lebensmitteln übereinstimmten. Erst dann addierte er die Posten und machte eine zweite Kontrolle. Ich kann mich nicht erinnern, dass er sonntags einmal nicht geöffnet hätte.

mobilität

Groß war die Freude, als ich nach der Hüftoperation das erste Mal im Freibecken der Sonderkrankenanstalt Warmbad schwimmen konnte. Zuerst vorsichtig, als würde ich dem neuen Hüftgelenk nicht trauen. Das Alter hat auch seine Vorteile, man braucht sich niemandem gegenüber beweisen. Den Beweis für die Lebenstüchtigkeit hat man schon erbracht, ansonsten ist es zu spät. Der Schwerpunkt liegt auf einigermaßen, niemand will sich vor der Zeit aufgeben.  Ganz oben steht bei älteren Leuten der Wille gehfähig zu bleiben, heute spricht man vom mobil bleiben. Ein vielgebrauchtes Wort ist die Mobilität, auch gegen die uneingeschränkte Mobilität wie sie in den siebziger und achtziger Jahren begrüßt und gefördert wurde.  Dem Auto- und Flugverkehr kehrt man den Rücken zu. Dazu möchte ich anmerken, dass besonders in der Jugend und gerade in der Pension die Mobilität, das Autofahren, eine besondere Aktualität hat.

Wer es selbst erlebt weiß, dass es mit zunehmendem Alter mühsamer wird größere oder steile Wegstrecken mit vollen Einkaufstaschen zurückzulegen. Es gibt öfters Termine in der Innenstadt, die zwar mit dem Bus erreichbar sind, aber schon der Weg bis zur nächsten Bushaltestelle kann eine Herausforderung darstellen, der man nicht mehr gewachsen ist. Dies, obwohl man in der Vorstadt von Villach lebt. In Politzen, wo ich aufgewachsen bin, beobachte ich wie Bekannte altern. Am Land spielt die eigene Fahrtauglichkeit zum Arzt, zum Kaufhaus, zur Kirche oder zu einer Veranstaltung eine besondere Rolle. Nur die topfitten Achtzigjährigen schaffen es zu Fuß zum Gemeindezentrum nach Ferndorf. Der Weg dorthin ist etwa vier Kilometer lang. Hinunter ist es manchen möglich, aber auf den Politzner Berg hochzugehen ist eine Herausforderung. Glücklich jene Haushalte, wo mehrere Generationen im Haus wohnen und einer der Bewohner einen Shuttledienst anbietet.

sonntagsgewand

Das beliebte Ausschlafen am Sonntag während dem Arbeitsleben macht für einen Rentner wenig Sinn, dazu habe ich jetzt während der Woche Zeit. Nach dem Ausschlafen freute ich mich darauf etwas Besonderes zu unternehmen und am Sonntag gab es ein besonders schmackhaftes Essen. Das Besondere des Sonntags zieht sich durch mein ganzes Leben, wird bis zum Lebensende so bleiben. Die Erinnerungen an die Sonntage setzen mit den ersten Volksschuljahren ein. In den 60er Jahren gab es die sechs Tage Schulwoche und der Pfarrer fragte im Religionsunterreicht jeden danach, ob er am Sonntag in der Heiligen Messe war. Am Sonntag bekamen die Geschwister und ich am Bauernhof zum Frühstück nicht Milch und Polenta, sondern Kakao und Weißbrot mit Rosinen. Der Kirchgang war bei sommerlichem Wetter abenteuerlustig, bei Schnee und Kälte hat er uns herausgefordert. Wir bekamen ein sauberes und ein schöneres Gewand zum Anziehen. In der Kirche sind die Volksschüler, im Sonntagsgewand, in den vordersten Kirchenbänken gesessen und wir waren mucks Mäuschen still. Der Pfarrer hat dem Kirchenvolk den Rücken zugewandt, nur beim Verlesen des Evangeliums und der Predigt zeigte er sein Gesicht.

Das lateinische Gemurmel des Pfarrers blieb den meisten Gläubigen unverständlich. Nach dem 2. Vatikanischen Konzil, Ende der 60er Jahre, hat sich die Messliturgie grundsätzlich geändert. Die Priester verwenden die Muttersprache und sind dem Gottesvolk zugewandt. Eine Angleichung an den Frontalunterricht in der Schule. Im Altarraum der Priester, welcher um den Glauben Bescheid weiß, in den Kirchenbänken die Gläubigen, welche belehrt werden. Fragen zu den einzelnen liturgischen Handlungen, Texten oder zu den Inhalten der Predigt zu stellen, ist bis heute nicht möglich.

unbefleckt

Wer es über Jahre gewohnt ist die Regionalzeitung morgens vor der Wohnungstüre zu finden, der möchte diese nicht mehr missen. Manche zögern das Holen der Zeitung bewusst hinaus, sie möchten den neuen Tag nicht mit einer schlechten Meldung belasten. Es kann sehr schön sein eine Weile zu beobachten wie sich die Dämmerung verflüchtigt oder dem Aufgehen der Sonne zuzusehen. Von draußen dringen Vogelstimmen in das Wohnzimmer. Beim Aufstehen kann ich mit den Vögeln nicht mithalten, dies schafft nur die Katze Sissi. Sie liebt die Morgenstunden und sprintet nach dem Aufwachen ein paar Mal durch die Wohnung, von einem Balkon zum Nächsten, immer den Vögeln nach. Solange die Regionalzeitung vor der Tür liegt, bleibt der Tag unbefleckt von schlechten Nachrichten.  Eine Ausnahme, man hat ein Ärgernis vom vergangenen Tag des Nachts über mitgeschleppt und es meldet sich jetzt wieder. Wer gut drauf ist, macht es wie die Sonnenblume und wendet sein Gesicht der Sonne entgegen.

Beim Blättern in der Regionalzeitung stolpere ich über eine Vielzahl an Kurzmeldungen. Hier ist Platz für die Meldung, dass in Kötschach Mauthen eine junge Katze in der Nähe vom Pfarrhof mit einen Luftdruckgewehr angeschossen wurde. Sie wurde so schwer verletzt, dass sie eingeschläfert werden musste. Ist diese Nachricht auch für die Leser in Völkermarkt interessant, frage ich mich? Wer selbst eine Hauskatze hatte und sie nach achtzehn Jahren wegen Nierenversagen einschläfern musste, kann sich in diesen Fall etwas einfühlen. Wie traurig es für die Katzenbesitzerin ist, dass die vergötterte Katze wegen einem bösen Menschen oder einem Nachbarn, welchen die Katze gestört hat, eingeschläfert werden muss.