MILLSTATT:see II

Die  Vorstellungswelt, in der einzelne Berufs- oder Gesellschaftsgruppen leben, haben des öfteren mit der Wirklichkeit nichts mehr gemeinsam. Verschiedene Unternehmer übersehen, dass sie sich den Lebensstandard von gestern, heute nicht mehr leisten können. Die Aufträge im Betrieb lassen nach, aber nach außen will man keinen Schritt zurückmachen, dies lässt der eigene Stolz nicht zu. Die Generation fünfzig plus versucht mit  aller Kraft den Betrieb, der meistens ein Traditionsbetrieb ist,  zu erhalten. Es geht darum, den Betrieb noch zwei oder drei Jahre aufrecht zu erhalten, um dann in Pension zu gehen. Die älteren Selbstständigen empfinden es als persönliche Schande, wenn man Konkurs anmelden muss. Obwohl die Ursache oft nicht am mangelnden Einsatz, sondern an den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen liegt. Zum Scheitern trägt bei, wenn man als Subunternehmer vom Bauträger sein Geld für die geleistete Arbeit nicht bekommt. Dabei glauben Außenstehende, dass man gut verdient. Es gibt kein Arbeitslosengeld für Unternehmer.

Die  Verschuldung wird als persönliche Schuld gesehen und Schuld verlangt nach Buße. Am Vormittag hat der selbstständige Handwerksmeister in der Werkstatt gearbeitet, zum Mittagessen war er zu Hause und war am Nachmittag auf einer Baustelle. Am späten Abend ist die Frau von der Polizei verständigt worden, dass sich ihr Mann auf der Alpen Adria Autobahn vor einen rumänischen Sattelschlepper geworfen hat und tot ist. Sein Auto hat er am Pannenstreifen abgestellt.

Bekannt ist, dass er vor seinem Freitod zwei Briefe abgeschickt hat. Einen Brief an einen befreundeten Betrieb, sie sollen seine offenen Aufträge übernehmen und einen Abschiedsbrief an seine Frau. Beide Briefe wurden am nächsten Tag von der Post zugestellt.

Amen.

Zu Kommentar von Peter

Gerade die Selbststaendigen identifizieren sich stark mit dem Betrieb, >stuerzt< der Betrieb ab, koennen sie auch menschlich abstuerzen.

MILLSTATT:see

Kommt in der Regionalzeitung oder im lokalen Fernsehsender ein Bericht aus dem Raum des  Millstättersee, dann lese und schaue ich genauer hin. Mir fällt sofort ein, dass ich als Lehrling meinem Chef beim Hausbauen am Millstätter See geholfen habe, meistens am Samstagvormittag. Für diese Stunden wurde ich extra entlohnt. Ich habe gerne geholfen, da ich der Arbeit in der Buchhandlung manchmal überdrüssig war und mich darauf freute, etwas handwerkliches zu machen. Es handelte sich um das  Anlegen eines Steingarten. Nachdem der Bungalow fertig war, fanden hier die eine und andere Betriebsfeier statt.  Als Buchhandlung belieferten wir die Kioske auf den Campingplätzen mit Taschenbücher. In meiner Lehrzeit war ich in den Sommermonaten immer wieder am Millstättersee und verbinde damit schöne Erinnerungen. Viele Spittaler Kaufleute haben sich in den fünfziger und sechziger Jahren ein Grundstück am nahegelegenen Millstättersee gekauft.

Den Seegrundkäufern der fünfziger Jahre folgten in den achtziger Jahren andere Spittaler nach. Zu dieser Zeit hatten die Grundpreise bereits kräftig angezogen und das Errichten eines Eigenheimes hatte sich enorm verteuert. Nicht mehr alle konnten die Kosten in ihren Betrieben erwirtschaften. Für manche Handwerksbetriebe war die Zeit der vollen Auftragsbücher vorbei. Beim Wohnbau haben sich  bei den Fenster und Türen Fertigteile durchgesetzt und die örtlichen Tischler und Glaser verdrängt. Diese Umsatzeinbuße im  Baunebengewerbe hat ein  Handwerksmeister erfahren und musste sein Eigenheim am Millstättersee verkaufen. Die Familie siedelte zurück in die Stadt, in eine Mietwohnung.

Die Grundstückspreise am Millstättersee sind inzwischen für Bürgerliche unerschwinglich geworden und die Traditionsbetriebe in  der Gastronomie und Zimmervermietung haben wirtschaftliche Schwierigkeiten. Auf den noch unverbauten Seegrundstücken werden Eigentumswohnanlagen mit Seeblick gebaut und an reiche Touristen, die auf der Suche nach einem Zweitwohnsitz sind, verkauft. In manchen Orten agieren internationale Konzerne mit neuen Tourismusideen.

Beheiztes Seebad.

STIMMEN:hören

Es ist einerlei wo man sich aufhält, ob am Hauptplatz, in einem Geschäft oder in einem Café, auf einem Bauernmarkt oder im Einkaufszentrum, überall hört man Musik und Werbedurchsagen. Diese sogenannte Hintergrundmusik soll die Einkaufsstimmung stimulieren. Oft fällt uns die Musik nicht mehr auf, es ist umgekehrt, es fehlt uns etwas, wenn keine Musik zu hören ist. Ist es in einer Gaststätte zu ruhig, dann löst diese Ruhe bei den Menschen Nervosität aus. Der Spruch, „mit Musik geht alles besser“, hat sich tief in unseren Kopf eingeprägt. Bei der Feststellung, „ich habe Musik im Kopf“, wird niemand weiter nachfragen. Sagt jemand, „er kann Stimmen hören“, dann wird man dies mit Argwohn zur Kenntnis nehmen. Von manchen Entscheidungen sagen wir: „Ich bin der inneren Stimme gefolgt“. Die innere Stimme gilt als Indikator, dass man die richtige Wahl getroffen hat. Es ist notwendig, aus den vielen inneren Stimmen, die Richtige zu wählen. Verzichten kann auf die innere Stimme niemand.

Die Kulturgeschichte ist voll mit Zeugnissen von Propheten und Prophetinnen die eine innere Stimme hörten und diese Offenbarungen aufgeschrieben haben. Mit dem gesprochenen Wort fühlen wir uns stärker verbunden, als mit dem geschriebenen Text.  Zu den Zeiten, als man beim Telefonieren noch die Wählscheibe benutzte, hat man ausgerufen: „Wie schön deine Stimme zu hören und ruf doch bald wieder an“. Dagegen ist das SMS eine anonyme Angelegenheit. Wir fühlen uns bei einer Wanderung in unbewohnten Gegenden gleich sicherer, wenn wir plötzlich Stimmen hören. Die Stimmen hört man meistens schon lange vorher, bevor man die Menschen sehen kann.

Stimmbruch.      

ZU:letzt

Es gibt die Überschaubaren, die menschenfreundlichen Supermärkte, die eine Ähnlichkeit mit den früheren Greißler haben, obwohl die Verkaufsflächen heute dreimal so groß ist. Das Sortiment besteht aus Artikel für den täglichen Verbrauch, Nahrungsmittel, Getränke und Artikel zur Körperpflege. Beim Greißler oder beim Gemischtwarenhändler, wie die größere Variante geheißen hat, konnte man außer den Lebensmittel auch ein Paar Gummistiefel, einen Besen und eine Packung Stahlnägel kaufen. Ein solche Produktbreite gibt es in den heutigen Nahverkehrsläden nicht mehr. Für die Getränke wird eine große Verkaufsfläche zur Verfügung gestellt. Wasser, in seiner natürlichen Form, hat als Getränk ausgedient. Das Mindeste ist Mineralwasser mit Zusatzgeschmack, Limonaden in allen Farben und ein breit gestreutes Sortiment an Bier- und Weinsorten.

Ungemütlich wird es, wenn man für den Einkauf des täglichen Bedarfes einen Megamarkt aufsuchen muß. Dann kann es eine halbe Stunde dauern, wenn man nach einem Bioapfelsaft und einem laktosefreien  Joghurt sucht. Im Segment Joghurt gibt es fast fünfzig verschiedenen Sorten, aus allen EU-Staaten.

Den Genuss in der schrillsten Ausformung kann  man in einem Feinkostgeschäft Am Graben in Wien erleben. Hier werden Delikatessen nach dem Motto, wer hat noch nicht, wer will einmal, wer probiert es, angeboten. In der Gemüseabteilung kann man zwischen achtzehn verschiedenen Kartoffelsorten wählen. Es gibt auch solche mit rotem Fruchtfleisch, passend zum Steak. Für die gesunde Jause am Nachmittag kann man zwischen zwanzig Apfelsorten wählen. Die prall gefüllte Käse-, Speck- und Wurstvitrine ist nicht zu übersehen, von der Decke hängen die Salamistangen. Ein ähnliches Bild bot sich in meiner Kindheit im Schlaf- und Wirtschaftsraum des Bauernhofes, von der Zimmerdecke hingen die Hartwürstel.

Beim Einpacken an der Kassa gibt es keinen Stress, weil dies wird durch eine Verkaufskraft erledigt, egal ob der Einkauf aus drei Artikel oder Dreißig besteht. Vom Reindling wird die Lebensgefährtin sagen, dass er der Beste seiner Art war.

Zu guter letzt.

SENIOREN:card II

Die Suche nach einer pensionsgerechten Beschäftigung kann sich schwierig gestalten. Bei den Männern gehört dazu das Besorgen von einzelnen Lebensmittel, wenn im Haushalt etwas überraschend ausgegangen ist. Den wöchentlichen Einkauf will die Frau selbst erledigen, weil trotz vorhandener Einkaufsliste könnte der Mann die falsche Auswahl treffen. Den Bauernmarkt besucht er alleine, die Lebensmittel vom Markt sind der Frau zu deftig. Sie besorgt die meisten Lebensmittel im Supermarkt, weil sie traut, wenn es um die Sauberkeit bei der Herstellung geht, den Marktfieranten nicht. Sie vertraut lieber den Kontrolloren der Lebensmittelketten. Bringt der Mann in der Papiertragetasche von der Engel Apotheke ein paar Kärntner Hauswürstel mit nach Hause, dann ist auch die Frau von Bio überzeugt.

Eine Art von Beschäftigung liegt darin, im Frühjahrsprogramm der Volkshochschule zu blättern und einige Kurse zu buchen. Jeden Vormittag ein Kurs, am Nachmittag Lernen und am Abend Fernsehen. Jetzt ist Zeit, seinem musischen oder handwerklichen Können mehr Raum zu geben.

Schreiblehrgang.