NOBL . WEIN

 

Das Aussehen einer Stadt prägt meistens ein historisches Bauwerk, ein  großer Dom, ein Schloss auf einem Felsen, eine imposante Brücke, gut erhaltene Fassaden am Hauptplatz,  ein mit Stuckatur verziertes Rathaus, eine großzügige Fußgeherzone. In Ptuj steht ein Schlossanlage mit meterdickem Mauerwerk über der  Stadt. In den Strassen gibt es verwitterte Fassaden, Verputz der abbröckelt. In den Innenhöfen stürzen Mauern ein und Fenster sind ohne Glas, dahinter Finsternis, unbewohnt. Eingangstüren sind beschädigt und aufgebrochen, im Stiegenhaus leere Flaschen, Dosen, Plastiktragtaschen am Boden. Die Menschen sitzen im Dezember bei einem Cafe auf dem Rathausplatz. Die schöne Fassade des Rathauses ist das bessere Ambiente, als das kleine Lokal im Hinterhof, wo Drähte aus der Verteilerdose hängen, der Ventilator schief von der Decke hängt und nur zwei Glühbirnen brennen. Ein verstaubter, in die Jahre gekommener Vorhang und trübe Glasfenster nehmen den Blick in den Innenhof wo sich unbrauchbare Möbel  an der Mauer stapeln. An mehreren Stellen in der Stadt stehen Eisenplastiken, mit Figuren aus dem Alltag, Fischer, Radfahrer, Marktfrau und andere. Die Plastiken sind nicht verchromt oder poliert, es ist rostiges Eisen.
 
Unter den Häusern der Stadt befindet sich der über 500 Jahre alte Weinkeller, mit allen Jahrgängen seit 1946. Die Weinkellerei wird als Genossenschaft geführt und mit Geschmacksexperten aus den USA oder Argentinien wird ein zeitgemäßer Geschmack gekeltert. Wie in der Modebranche ändert sich der Weingeschmack und die Weinbörse in London bestimmt, was gerade Mode ist. Die neue Weinmarke heißt  „Nobl”.
 
Alles Fassade.  

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 2 Kommentar(e)     

weichensteller / Website (14.12.07 16:28)

Der künftige Fassadenwein und die überkommene Originalstadt. Das Stiegenhaus und die Cafe-Atmosphäre machen mich neugierig!
Wann warst du dort?
Wie komm ich hin….

LGW


schlagloch


Hallo Weichensteller!
Die Stadt Ptuj, Pettau, liegt in der Nähe von Marburg.

BLOG . THEATRE

Aus dem Gästebuch
 
Werter Schlagloch!

Ich habe bereits einige Texte von Ihrem Blog in unser Forum gebracht. Bitte schauen Sie auf: http://stg.beepworld.de/blogtxt/forum/viewtopic.php?t=93 

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Worum geht es hier werte Leser von Schlagloch? Es geht um ein Projekt der Grazer Bühnen. Mehr darüber erfahren Sie auf:  http://www.blogtheatre.net/

Liebe Grüße aus Graz!
Lindita (Blogscout Austria)

TREIB . EIS

Das Hotelzimmer bietet viel Platz, es ist  neu möbliert. Die Kleiderschränke sind geräumig, es gibt einen Schreibtisch, eine Sitzgarnitur und eine Stehlampe. Eine Steuerung für die Heizung, ein bequemes Bett mit neuer Bettwäsche und ein Bad mit Badewanne. In der Wand zum Bad gibt es ein Fenster, ein neuer Trend in den Hotels. Durch das Fenster des Hotelzimmer blicke ich auf die Burg von Ptuje in Slowenien. In der Drau spiegeln sich die Burg und die Häuser der Stadt. Eine Fußgeherbrücke, zwei Autobrücken und eine Eisenbahnbrücke führen in diesem Bereich über den breiten dunklen Strom. Beim Blick auf die Drau spiegelt sich meine Kindheit. Die Brücken sind der Übergang zu der Jugend.

 

Das Wasser der Drau schießt durch das Drautal. Ich sitze in meinem ungeheiztem Zimmer, im Winter sind die Fenster vereist. Auf der Fensterbank liegt eine alte Wolldecke, damit die kalte Luft nicht hereinströmt. Die Tür vom Kleiderschrank lässt sich nur mit Mühe öffnen, am Boden stehen Schachteln mit Nüssen. Am Tisch steht die Kasserolle mit der Sulze und einige Laib Brot. Am Boden stapeln sich die Steigen mit den Winteräpfel, eine Decke schützt sie vor der Kälte. Das Bett knarrt, die Matratzen abgelegen, beim Schlafen decke ich mich mit drei Steppdecken zu. In der Früh laufe ich aus dem Haus auf das Klo und dann in die Küche zur Waschschüssel.
 
Treibeis auf der Drau.       

 

 1 Kommentar(e)     


Gerhard (12.12.07 22:03)


Ja, Schlagloch, damals gab es kein Geld, um Dinge zu erneuern. Altes Bett blieb altes Bett. Kalt blieb kalt. Die Scharniere knarrten nun einmal, manche Dinge funktionierten nicht, einige blieben einfach schadhaft.
Heutzutage wird dem kleinsten Mangel abgeholfen. Funktionierende Dinge werden ausgetauscht, weil sie nicht mehr modern (up-to-date) wirken. Es gibt vielleicht sogar Zimmer, die kaum betreten werden, weil sie musealen Vorzeigecharakter haben.

Gruß
Gerhard

BLOG . THEATRE

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Lindita (Blogscout Austria)
 

TROMML . FEUER

Zu dieser Jahreszeit wird es am Abend früh dunkel. Ist der Himmel bewölkt und es regnet, dann ist die Landschaft trostlos. Die Laubbäume sind jetzt kahl und vieles, was man im Sommer nicht gesehen hat, wird jetzt sichtbar. Beim Nachhausegehen sieht man auf einem Baum einen Zettel hängen. Im ersten Moment denkt man an eine Suchmeldung für eine entlaufene Katze oder einen vermissten Hund. Beim Näherkommen sieht man den schwarzen Rand und liest, „dass mein  geliebter Mann, unser lieber Vater und Großvater, Bruder und Onkel plötzlich und unerwartet im fünfundfünfzigstem Lebensjahr gestorben ist”. Die Parte gehört zum Nachbarhaus.
 
Das Wasser tropft von den Fichtenzweigen vor dem Esszimmer. Man sitzt bei Kaffe und Weihnachtsstollen am Tisch, blickt auf den Wintergarten des Nachbarn und rätselt über die Todesursache. Vor kurzem hat man den Verstorbenen bei der Arbeit im Garten und beim Spaziergang mit dem Enkel gesehen. Es sind noch zwei Wochen bis Weihnachten. Draußen wird es finster. Bevor man etwas sieht, hört man aus der Ferne eine Trommel und einen Dudelsack spielen. Eine Menschengruppe kommt mit Fackeln, angeführt vom Trommelspieler, die Strasse entlang und bleibt vor dem Haus des Nachbarn stehen. Sie sind gekommen um die Seele des Verstorbenen frei zu trommeln.
 
Im Trommelfeuer.  
   

 7 Kommentar(e)     

Schlafmütze / Website (7.12.07 16:59)


Hallo Schlagloch,
Das ist jetzt der 95. Test, ob ich bei dir wieder kommentieren kann 🙂

Das ist ein sehr schöner Brauch mit dem Trommeln. Ist der aus deiner Heimat? Ich habe noch nie davon gelesen / gehört.
Schade, das man sich oft weniger mit dem Leben eines Nachbarn befasst, als mit seinem Tod.
Lieben Gruß

Schlafmütze / Website (7.12.07 17:01)
Ha !!! ;-))) *freu*
Gerhard (8.12.07 10:14)


Die Trommler sollten eher öfters mal zu Lebzeit kommen, um die Seele freizutrommeln. Jetzt ist sie doch frei wie nie.

Schlafmütze / Website (9.12.07 15:44)


Hallo Gerhard,
das ist ein sehr schöner Satz .. noch dazu absolut wahr: “Jetzt ist sie doch frei wie nie !”
Einen lieben Gruß zum Advent 🙂

Gerhard (9.12.07 23:11)


“ES IST NICHT GUT, IN EINEM MENSCHEN LEIB ZU LEBEN”
Dieser Filmtitel von Peter Buchka über das Werk Rainer Werner Fassbinders ist mir seit jeh im Gedächtnis.
Ich hab es für mich in den Jahren unbewusst umgewandelt zu “Es ist nicht leicht, in einem Menschen Leib zu leben”. Will meinen, es scheint, als gäbe es einen Ausweg.

Schöne Adventszeit
Gerhard

schlagloch


Hallo Schlafmütze!
Glaubst du, dass sich die Seele in unserem Körper eingesperrt fühlt, sie wird ja “freiwillig” bei uns sein. Manchmal stellt man nach dem Tod von einem Nachbarn fest, man hätte öfter miteinander reden sollen. In Kärnten ist ein Begräbnis, ein gesellschaftliches Ereignis.
Gruss schlagloch.

Super, es klappt wieder.


schlagloch


Hallo Gerhard!

Die Filme von Werner Fassbinder habe mich fasziniert. Auch sein Satz über seine Rastlosigkeit zu arbeiten : “Schlafen kann ich wenn ich tod bin”. Die Seele schläft nie.
Gruss schlagloch.