MARIA:empfängnis

Ob zwischen dem Straßennamen Mariahilfergürtel in Wien und der Bitte, „Maria Hilf“ ein Zusammenhang besteht, weiß ich nicht. An jedem Samstag versammelt sich am Straßenrand vom Mariahilfergürtel, in der Nähe vom Westbahnhof,  in der Früh eine Gruppe von etwa zwanzig Menschen um gegen die Abtreibung zu protestieren. Die Gruppe setzt sich aus jüngeren und älteren Männern und Frauen zusammen. Ein junger, schlanker Mann hält ein lebensgroßes Marienbild. Maria in einen blauen Mantel gehüllt, mit einem Glorienschein und einem Rosenkranz in den Händen. Die Frauen zeigen vor ihrem Unterleib vergrößerte Fotos von Ungeborenen in der dritten, neunten und zwölften Schwangerschaftswoche. Verstärkt durch ein Megaphon beten sie den Rosenkranz und singen Marienlieder. Ist die Ampel auf rot geschaltet und die Autos werden für eine Minute angehalten, dann kann man ihre Gebete gut hören . Bei grün gehen die Gebete im Autolärm unter. Aus der Nähe beobachten drei Polizisten das Geschehen.

 

Das Wunschkind.         

DRAUTAL:fenster

In der Vorweihnachtszeit finden in den Ortschaften, in den Tälern von Kärnten, die traditionellen Kunsthandwerkausstellungen und Adventbasare statt. Diese Initiativen gehen vom Seniorenbund, den Frauen der Pfarre oder der Trachtengruppe aus. Dort zeigen und verkaufen die heimischen Hobbykünstler ihre Arbeiten. Bei der Kunstausstellung „Drautalfenster“ wurden von einer kreativen Frau alte Teppiche, Kleider, Jacken usw. zu Umhängetaschen verarbeitet. Diese Ausstellungen unterscheiden sich wesentlich vom Weihnachtsmarkt oder Christkindlmarkt in der Stadt, wo zum Großteil industriell gefertigte und importierte Waren angeboten werden.

 

Auf keinen Fall fehlen bei diesen Kunstwerkausstellungen die selbst gebastelten Krippen. Eine besondere Begabung hat die Lobabäuerin, sie formt aus Maisfedern die Krippenfiguren. Die ausgesuchten Maisfedern werden in das Wasser getaucht und dann geformt, sie behalten beim Trocknen die Form bei. Der Stall wird vom Mann hergestellt. Ein Lob der Einfachheit, eine Anleitung zum glücklichen Leben liefert sie beim Verkauf einer Krippe dazu. Sie spricht von der Freude die sie beim Modellieren der Figuren hat, vom Zufriedensein, wenn man ein schönes Hobby gefunden hat. Nicht das Geld sei für sie entscheidend, sondern dass der Käufer seine Freude an der Krippe hat.

 

Der göttliche Funke.      

KUNST:kinder

Es wird oft gesagt, dass für manche Menschen die Haltung von einem Hund oder eine Katze ein Kinderersatz, oder ein Ersatz für einen Lebenspartner ist. Die Menschen erzählen die unterschiedlichsten Begebenheiten aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis. Spricht man mit einem Hunde- oder Katzenbesitzer über ihre Haustiere, dann kann man mit einem längeren Gespräch rechnen. Wie bei den eigenen Kindern ist der eigene Hund oder die Katze die Schönste, der Bravste und die Gescheiteste. Hat eine Katze oder Hund dagegen in der Wohnung eine Vase oder einen Vorhang kaputt gemacht, dann sagt der eine Partner zum Anderem, dies war dein Hund oder Katze. Ähnlich verhält es sich, wenn es um die  Betreuung von Kindern oder Tieren geht. Die Arbeit wird gerne auf den Anderen abgeschoben. Gibt es eine Krise oder einen Streit in der Partnerschaft dann ist es oft das Kind, welches als Pfand gegenüber dem Partner benützt wird. Im schlimmsten Fall wird damit gedroht, das Kind zu entführen. So werden auch Haustiere als Pfand benützt und mit dem Freilassen des Tieres gedroht. In solchen Situationen ist der Mensch grausamer als das Tier, er droht dem Anderem das zu vernichten, was dem Anderem an das Herz gewachsen ist. Man will sein Herz brechen.

 

Überrascht waren die Gäste in einem Restaurant in Möselstein, als eine Frau mit zwei Hunden an der Leine den Speisesaal betrat und einen Kinderwagen hinter sich herzog. In einem Gespräche sagte sie, dies sei ein Hundewagen mit Schiebedach. So sei es möglich, die Hunde in alle öffentlichen Gebäude und Lebensmittelmärkte mitzunehmen. Der Hundewagen wurde neben dem Esstisch platziert und die Hunde hineingesetzt. 

 

Kunstherz. 

KUNST:halle

Der Kunstbegriff wird heute sehr weit ausgelegt. Viele vertreten die Meinung, dass die zeitgenössische Kunst das Wort Kunst nicht verdient. Die bessere und schönere Kunst hat es vor dreihundert Jahren gegeben. Für sie endet die Kunst vor hundert Jahren. Die Bilder von Schiele oder Kolig sind vor hundert Jahren von den meisten Zeitgenossen empört abgelehnt worden. Die Kunst der Wiener Aktionisten aus den sechziger Jahren, von Günter Brus, Valie Export oder Hermann Nitsch, findet heute in der Kunstszene Beachtung, wird aber von der Bevölkerung noch immer abgelehnt.  Dafür präsentiert man heute in der Kunsthalle die neuen Automodelle. Den neuen VW Golf als Kunst- und Kultobjekt. Die Menschen gehen vorbei an den Kultobjekten in den letzten Ausstellungsraum, dort erhält man mit dem Gutschein gratis ein Getränk.

 

Ein Capuccino.

LEBENS:zeit

Ein ungelöstes Rätsel ist, von wem und nach welchen Kriterien unsere Lebenszeit ausgewählt wird. Niemand kann zu seiner oder der Lebenszeit seiner Nächsten etwas Bestimmtes vorhersagen. Noch weniger weiß man, wie viel Freude und Schmerz man in seiner Lebenszeit erleben wird, wer die Lebenszeiträuber sein werden. Manchen macht die Arbeit, der Beruf, Spass, andere empfinden die Arbeitszeit als einen Lebenszeiträuber. Sie fühlen sich bei ihrem Hobby oder in ihrer Freizeit wohl. Solche, die eine Berufung in sich spüren, warten darauf, bis sie ihre Berufung ausüben können. Manche vertrödeln ihre Lebenszeit. In der Bibel gibt es dazu das Beispiel, wie der Herr drei Dienern während seiner Abwesenheit Talente zur Verwaltung übergibt. Zwei von ihnen vermehren ihre Talente, der dritte vergräbt seins. Er wird vom Herrn verstoßen, weil er es nicht genützt hat.

  

Bevor man entdeckt, dass man mit der Lebenszeit sparsam umgehen soll, ist es im Leben sehr spät. Man fragt sich, was man aus seinen Talenten gemacht hat, ob man diese vermehrt oder vergraben hat. Diese Selbstanalyse kann einen zufriedenstellen, ernüchtern oder frustrierend sein. Bekommt man Lebenszeit geschenkt, das heißt, man kann früher mit der Arbeit aufhören, so heißt es, mit dieser Zeit sorgsam umzugehen. Sein Talent nicht zu vergraben, sondern es zu vermehren. Viele benützen ihre Pension dazu, um länger zu schlafen, sie verzetteln sich in Kleinigkeiten, in den belanglosen Dingen des Alltags. Sie verlieren ihr Ziel aus den Augen, sie geben sich dem Genuss hin.

 

Apfelmus.