charly:undine

Bekommt ein Haustier Beschwerden, gibt es Anzeichen einer Krankheit, wie vor kurzem bei unserer Katze Undine, dann leidet man genauso wie bei einem menschlichen Familienmitglied. Wobei wir unsere Beschwerden auf jeden Fall besser mitteilen können. Im mitleidsvollen Blick der Haustiere sehen wir den Vorwurf, warum könnt ihr mir nicht helfen, warum muss ich Schmerzen ertragen. Die Symptome, bis zur Abklärung  der Beschwerden sind einander ähnlich. Kaum Appetit und unruhig durch die Wohnung streunen. Nach der Operation versuchen wir mit Zuwendung und dem sogenannten Placebo Effekt, die Katze zum Durchhalten zu bewegen. Es ist dies der aufmunternde Spruch, Pfote hoch. Weiters an ihren Stolz zu appellieren, sie ist eine Politzner Kampfkatze und verfüge über mehr Kraft und Energie als jede andere Rassekatze. Bei ihrem Lebenswillen und die Unterstützung der Medizin wird sie wieder genesen. Tante Charly, ihre Schwester, habe ich per Drau aufgefordert,  die Pfoten hoch zunehmen, ihre Schwester befindet sich in einer kritischen Situation. Zufall, dass mein Namenspatron Franz von Assisi auch der Schutzheilige der Haustiere und der Tiere im allgemeinen ist? Ein Stoßseufzer zu ihm erleichtert meinen Gemütszustand.

Im Allgemeinen kann man Menschen bei vielem unterstützen, nur annehmen müssen sie es selbst. Nach der Operation von Undine befinden wir uns in einer ähnlichen Situation. In den ersten Tagen zeigte sie keinen Appetit, obwohl ich ihr vielerlei Spezialitäten vorsetze. Ist es ihr Stolz oder der Starrsinn einer verwöhnten Katze, dass sie nur von den aller feinsten Leckerbissen etwas zu sich nimmt und von allen anderem demonstrativ ihren Kopf abwendet.

Den Kopf verdrehen.

leben:ereignis III

Bei mir taucht eine Frage unweigerlich auf, wohin geht der Geist, die Seele des Verstorbenen? Glaubt man den Weltreligionen, dann gibt es ein Weiterleben und Wiedersehen mit den Angehörigen im Jenseits. Heute spricht niemand mehr von einer Gewissheit, wie dies vor Jahrzehnten noch üblich war, sondern man hofft auf die Auferstehung. In welcher Form und mit welchem Bewusstsein? Nehmen wir die Vorurteile, den Neid, die Rachegelüste, wie wir sie hier im Irdischen haben, in das Jenseits mit?  Oder werden diese gelöscht und wir verkehren im Jenseitigen nur noch in Liebe miteinander? Die Menschheit wäre bereit viele Euro zu zahlen, wenn sie auf diese Fragen eine Antwort bekäme.

Ich verbrüdere mich mit dem Gedanken, unsere seelischen Einheiten  gehen im Universum auf  und wir sind im Jenseits von einem Wohlbefinden umgeben. Gibt es ein Danach, dann gibt es dies für alle. Gott wäre ansonsten kleinlich, wie die irdische Gerichtsbarkeit. Die Weltkirche hat uns mit einer Theorie aus Sünde, Leiden und Strafe über Jahrhundert geknebelt.

In der Totenhalle gibt es vor dem Beten für den Verstorbenen ein stummes, ein schweigendes Zunicken zu Bekannten, ein Wiedererkennen in den Gesichtszügen. Bei mir dazu die Feststellung, dass manche aus dem Ort gealtert sind. Ob der Verstorbene von unserer Anwesenheit noch etwas gespürt hat? Früher hieß das Beten für den Verstorbenen Wachen. So auch der Refrain des Liedes: Wachet und bleibet bei mir…

???

leben:ereigniss II

Beim Telefonieren vor einigen Wochen war die Zuversicht aus seiner Stimme verschwunden. Er wollte uns besuchen, sobald er sich von den Therapien erholt haben würde. Wie hätte ich mich ihm gegenüber, in seinem kritischen Zustand, verhalten? Bis zum Abend türmen sich in meinem Kopf, rund um das Sterben und den Tod, immer mehr Fragen auf. Gehört der Prozess des Sterbens noch zum Leben, wie wir es verstehen?  Der Tod ist kein Ereignis des Lebens. Den Tod erlebt man nicht, sagte Ludwig Wittgenstein. Ab wann kann und soll man jemanden bei einer schweren Krankheit sagen, er soll sich auf das Letzte vorbereiten? Wann äußert sich der Arzt dazu und hat man als Betroffener ein Recht auf die Letzte Wahrheit? Möchte ich dies bei einer tödlichen Krankheit meinerseits wissen und wie würde dies das Verhältnis zu den Angehörigen verändern?  Diese Fragen kann ich für mich nicht beantworten, wer könnte dazu eine Antwort geben?

Zumeist nehmen die Menschen ihre Empfindungen, Wünsche und offenen Fragen mit ins Grab, wie man sagt. Vielleicht kann ich einige Fragen klären, wenn ich verschiedene Ebenen des Ablaufes betrachte. Der Prozess des Sterben, ob qualvoll oder gefasst, hängt wahrscheinlich mit der Bereitschaft das Leben loslassen zu können, ab. Für wen gibt es schon den richtigen Zeitpunkt, wohl die Meisten werden sagen, der Tod kommt zu früh. Er soll in ein paar Monaten oder in ein paar Jahren wiederkommen. Danach bei den Hinterbliebenen Bestürzung und Wut. Als Angehöriger fühlt man sich allein gelassen. Dazu kommt der mahnende Finger, dieses Schicksal erfasst  jeden.

Ludwig Wittgenstein

leben:ereignis I

Vor ein paar Wochen wurde für dieses Jahr im Gailtal das letzte Kirchweihfest gefeiert, der Kirchtag. Eine Augenweide ist die Gailtaler Tracht, welche die Mädchen und Burschen aus diesem Anlass tragen.Der Kirchtag beginnt mit dem Böllerschießen in Hergottsfrüh, gefolgt von einem Hochamt in der Kirche, beidem die Burschenschaft rund um den Altar Aufstellung nimmt. Nach der Messfeier ziehen sie hinaus auf den Kirchenplatz, wo der Lindentanz stattfindet. Bei zünftiger Volksmusik vergnügen sich die Einheimischen und die “Konta”. Vom Zechmeister werden ortsbekannte Leute auf den Tanzboden gerufen und für sie ein Tusch gespielt. Für dieses, Hoch sollst du leben, dreimal hoch, gibt es von den Bespielten eine großzügige Spende. Vor der Mittagspause zieht die Konta  von einem Haus zum Anderem um die Hausleute hoch leben zu lassen und zum Kufenstechen einzuladen. Am späten Nachmittag folgt der Höhepunkt des Kirchtagsgeschehens, das Kufenstechen. Die Burschen reiten ohne Sattel auf einem Pferd die Dorfstraße entlang und versuchen dabei ein kleines Fass mit einem Faustkeil zu treffen. Bei wem das Fass zersplittert, der ist der Sieger vom Kufenstechen. Nach diesem Spektakel geht es auf den Tanzböden unterhaltsam weiter.

Die Bezeichnung für die Gailtaler Kirchtagssuppe ist verschieden, anderorts heißt sie auch die Gelbe Suppe, ob ihres Farbtons, hervorgerufen durch den Safran. In die Suppe kommen fünf verschiedene Sorten von Fleisch, sowie Rahm und Eidotter. Dazu wird der Kärntner Reindling, eine Süßspeise serviert. Es ist ein lieber Brauch, dass ich von einer befreundeten Familie zum Saure Suppen Essen eingeladen werde. Wir sitzen auf der überdachten Terrasse, mit Blick auf den Hausberg, dem Dobratsch. Für mich ist es der verlorene Berg, weil aus meinem jetzigen Alltagsleben verschwunden. Nach der Begrüßung erfahre ich, ein guter Bekannter ist am Vortag verstorben. Diese Mitteilung hat für den Verlauf des Nachmittags keine Bedeutung, die neue Wirklichkeit musste erst Stufe für Stufe in mein Bewusstsein einsickern.

Augenblick