aus:zeit I

Wir klagen: Reißt ein Fingernagel ein und wir bleiben dann  mit der  Hand in der Westentasche hängen. Stoßen wir mit dem Oberarm bei einem  Kasten  an und der Arm schmerzt. Fügen wir uns beim Öffnen einer  Fleischschmalzdose am Daumen einen kleinen Schnitt zu. Diese harmlosen Verletzungen verursachen bereits Schmerzen und wir sehen darin eine Behinderung, die uns den Alltag vergrämt. Noch aufgeregter verhalten wir uns, schmerzt ein Zahn und es wird zu einem Problem, die Zahnschmerzen zu ignorieren. Zahnschmerzen treffen uns an einer empfindlichen Stelle, wenn es deshalb zu Schwierigkeiten beim  Essen kommt. Jeder weis um den Zustand, wenn man nach einer Zahnbehandlung sehnsüchtig darauf wartet, dass die zwei Stunden in denen man nichts essen soll, vorbei sind. Während diesen zwei Stunden plagt einen der Hunger, gerade so, als hätte man zwei Tage nichts mehr gegessen. Ähnliches empfindet man, wenn man zu einer Untersuchung beim Facharzt oder zu einer Blutabnahme nüchtern kommen muss. Nie ist die Lust zu essen größer, als wenn wir enthaltsam sein müssen, dies kennen wir auch an Fasttagen.

Ich habe den Eindruck, je geringer die Beschwerden, umso ärgerlicher empfinden wir sie. Zu der betreffenden Körperstelle verhalten wir uns unwirsch. Wir sehen sie als lästige Störfaktoren, die unsere Aktivitäten und unseren Lebensfluss stören. Gerade ist die winterliche Grippewelle vorbei und man kann einen Vergleich herstellen. Es regt einem ein Schnupfen oder ein leichter Husten ungemein mehr auf, als eine wirkliche Grippe. Täglich stellt man sich die Frage, wann der Schnupfen vorbei sein wird. Die Heilung versucht man mit Vitamin C Tabletten zu beschleunigen. Eine alte Volksweisheit sagt, ein Schnupfen dauert bei Einnahme von Medikamenten eine Woche und ohne Medikamente auch eine Woche. Bei einer echten Grippe erkennt man, dass jeder emotionale Widerstand zwecklos ist, man muss sich der Krankheit ergeben. Alles, was man in den nächsten Tage erledigen wollte, verlieren an Bedeutung.  Von dem einen werden sie mit leichten Herzen, von den anderen mit schweren Herzen verschoben. Manche merken bei der unfreiwilligen Bettruhe unter welchen Anspannungen und Arbeitsdruck sie die letzten Monate gelebt haben. Jetzt kann die Bettruhe zugleich eine Auszeit sein.

Dahindösen.

sünden:fall II

Lässt sich zwischen einem Papst und einem Landeshauptmann eine Verbindung herstellen? Beide sind Fürsten, der Kirchenfürst und der Landesfürst. Beide gewählt, der eine von einer kirchlichen Elite, der andere vom Volk. Der Papst auf Lebenszeit und unfehlbar, der LH abwählbar und fehlbar. Der Sündenfall ist im Kärntnerparadies oftmals geschehen, beschleunigt durch den Satan in der Person einer Schlange. Politiker, Wähler und Wählerinnen haben sich von der Schlange verführen lassen. Durch die Gier, die Verblendung und weil sie werden wollten wie Gott. Sie waren fasziniert von der Aussicht auf hohe Spekulationsgewinne in den südosteuropäischen Ländern. Von der Verlockung auf Ruhm, für zwei Spiele bei der Fußball Europameisterschaft, ein Stadion für zirka dreißigtausend Zuschauer zu bauen. Ein Stadion, welches ansonsten nie, auch nicht annähernd, gefüllt werden kann. Eine sechsseitige Expertise eines Steuerberaters war zwölf Millionen Euro wert, um unterm Tisch damit Parteienfinanzierung zu betreiben.  Nach einem medialen Aufschrei gab es dafür einen Patriotenrabatt von sechs Millionen Euro. Bei einem Gerichtsverfahren wurde festgestellt, dass diese Expertise durch den Steuerberater maximal dreihunderttausend Euro wert war. Von den kleinen Vergehen, den nachlässigen Sünden weiß man nichts.

Wenn ich ehrlich bin, hatte sich ein Großteil der Kärntner  Wähler an diese Verhältnisse gewöhnt. Zum Teil hatten die Aussagen und die Versprechungen der regierenden Politiker einen gewissen Unterhaltungswert.

Aus dem Tagebuch, Feber 2013…

sünden:fall I

Die Frau vom mobilen Kiosk auf dem Villacher Hauptplatz greift mit einer Serviette nach dem letzten Kaiserbrezen, dem letzten großen Bierbrezen und reicht ihn mir. Ich bin gerade auf dem Weg zur Post, dazu schenkt sie mir einen warmen Tee ein. In den letzten Febertagen ist es abends kühler, obwohl der Föhn aus Oberitalien den Winterfrost gebrochen und die kalte Luft aus dem Villacher Becken weggeblasen hat. Die Neugier der Passanten soll geweckt werden, weil  wenige Meter weiter auf einem LKW mit transportabler Bühne, der noch amtierende Landeshauptmann zu einer Abschlusskundgebung geladen hat. Noch weiß niemand, wer nach der Landtagswahl am Sonntag  der neue Landeshauptmann sein wird. Die große Ansprache ist schon vorbei, geblieben ist ein Rest von Leuten, mit ein paar Losen in der Hand. Von den Wahlhelfern wurden sie unter der Menge  verteilt, zum Abschluss werden Kärntner Schmankerln verlost. Der Landeshauptmann  erzählt gerade einige Witze und  nebenbei werden Kärntner Brettljausn und Villacher Bier verlost. Dafür lohnt es sich auszuharren, weniger zwecks der politischen Schlagwörter und den politischen Phrasen.

Um 20 Uhr beginnen von allen Stadtpfarrkirchen die Kirchglocken, aus Anlass des Papstrücktrittes, zu  läuten. Die Veranstaltung wird  abgebrochen, der LH verschwindet von der Bühne und die Musik wird abgedreht. Die Kirchenglocken haben die Funktionäre der  Landeshauptmannpartei erschreckt, sind diese Töne des Abschieds? In einer schlechten Verfassung würde man sagen, die Sterbeglocken läuten. Wird der Abschied des LH eingeläutet, muss er in Kärnten abdanken wie der Papst? Vom Papst sagt man, er sei freiwillig zurückgetreten. Politiker verzichten nicht freiwillig auf ihren Politikersessel, sie müssen von ihren Sesseln gestoßen werden. Es liegt im Ermessen der Wähler und – innen, am Sonntag haben sie dazu Gelegenheit.  Am Sonnabend wird man die Bedeutung der Glockenschläge kennen, waren es Sieges- oder Verliererglocken.

Aus dem Tagebuch, Feber 2013…

buß:kleid

Nach dem letzten Höhepunkt des österreichischen Faschingstreibens, der Übertragung der Villacher Faschingssitzung im Fernsehen, überrollt uns die volle Wucht der schlechten Nachrichten.  Während des Faschings konnte man zwischendrin mit einer humoristischen Pointe rechnen. Jetzt stehen wir ohne Karnevalskostüm, ohne Narrenhut und Schminke im Büßergewand da. Wobei die meisten darüber rätseln, wie sie dazukommen, für die riesigen Geldprobleme der südlichen EU- Mitgliedsstaaten zu zahlen. Warum sollen die Normalverbraucher  von  ihren Löhnen und Pensionen dazuzahlen,  um die Milliardenschulden zu begleichen, die von den Verantwortlichen an der Regierungsspitze verludert wurden. Es mangelhafte Kontrollen durch die Bankenaufsicht der EU gegeben hat. Eine breite Bevölkerungsschicht  hat das Geld in Griechenland verprasst und jetzt sollen andere dafür gepfändet werden.  Hier frage ich mich, inwiefern die Gleichnisse aus der Bibel in der heutigen Wirtschaft anwendbar sind.  Dazu fällt mir ganz spontan ein, wie der Vater dem verlorenen Sohn, bei seiner Heimkehr, obwohl er das ganze Erbteil verprasst hat, ein Festmahl bereitet. Dabei hat die Reue des Sohnes eine Rolle gespielt. Im Fall Griechenland höre ich, wie die Bankmanger und die Spekulanten höhnisch lachen, dass es durch Mark und Bein geht.

Es sind nicht die Griechen allein, es gibt auch andere EU-Länder, die nach Unterstützung rufen. Die EZB druckt unvorstellbare Summen an Euros und kauft damit wertlose Staatsanleihen auf. Man kauft den Banken ihre spekulativen Staatspapiere ab. Die einzigen die davon profitieren sind die Banken und die Spekulanten. Angeblich soll damit der private Konsum und die Wirtschaft angekurbelt werden. Wie dies geschehen soll ist mir ein Rätsel?  Der einzelne EU- Bürger erhält nicht mehr an Lohn. Einzig die Spekulanten, welche sich zu günstigen Kursen mit faulen Staatspapieren eingedeckt haben, machen jetzt Gewinne.  Es beschleicht mich  ein ungutes Gefühl, wenn ich darüber nachdenke.  Es entsteht der Eindruck, als würden die EU-Finanzminister mit den Bankmanagern und den Spekulanten unter einer Decke stecken. Wir durchschnittlichen Staatsbürger bekommen von den Politikern zu hören, dass man den Bank-und Börsensektor stärker kontrolliert. In der Politik und im Bankwesen gibt es dasselbe Muster,  man muss genau mit dem Gegenteil rechnen, von dem was veröffentlicht wird.

Von Bekannten habe ich erfahren, dass beim Wertpapiersparen genau die Wertpapiere, welche vom Bankberater empfohlen wurden, sich am schlechtesten entwickelten. Wahrscheinlich hat der Kundenberater für diese Papiere die größte Provision erhalten.

Verkehrte Welt.