uni:tag II

Als Selbstständiger war es für mich ungewöhnlich mich an Andere anzupassen. In den vergangenen Jahrzehnten habe ich Anderen vorgegeben wie eine Aufgabe gelöst wird. Dieser Umstand war bei Beginn meiner Unibesuche mein größtes Handikap, die Anpassung an das System. Beim Studium musste ich bestimmte Regeln einhalten und Aufgaben nach einem vorgegebenen Schema erledigen. Meiner Kreativität konnte ich nicht immer freien Lauf lassen. Im Hinblick auf die Note war ich mir unsicher, ob meine Phantasie von den Studenten, wie auch vom Professor verstanden wird.

Weiß man über das Thema einer Lehrveranstaltung ein wenig Bescheid, dann bemerkt man, wie wenig die Studenten wissen. Das geringe Allgemeinwissen der Studierenden hat mich erstaunt, sie hatten ja die Reifeprüfung abgelegt. Vieles interessiert sie nicht. In manchen Fällen hatte ich den Eindruck, dies ist eine Generation, welche sich nicht für gesellschaftliche und soziologische Vorkommnisse interessiert. Ihr Interesse beschränkt sich auf das Notwendigste, man will den Professor nicht herausfordern. Es gibt kaum Nachfragen und Einwände von ihrer Seite. Während der Vorlesung beschäftigt man sich oft mit den neuesten Postings auf Facebook. Als ich meine Erfahrung mit dem literarischen Schreiben, die manches Mal konträr zur Meinung des Professors gestanden ist in die Lehrveranstaltung eingebracht habe, bin ich wahrgenommen worden.

Im Moodle konnte ich verfolgen, dass viele ihre Aufgaben im letzten Moment eingereicht haben. Dem Inhalt dieser Arbeiten war anzumerken, dass sie nur um der Abgabebestätigung willen eingereicht wurden. Bei der Lehrveranstaltung “Schreiben & Publizieren” war jeder Autor zugleich auch Kritiker anderer Texte. Manche Texte waren sehr fantasievoll. In den zwei  Semestern „Schreiben & Publizieren“ habe ich eine Vielzahl von Texten und Beiträge geschrieben. Davon werde ich einige auf dieser Webseite unter der Kategorie „Uni Texte“ veröffentlichen.

Sprachlos.

uni:tag

Gedanken sollte man sich um die eigene Zukunft machen, auch wenn man  im Ruhestand ist. Nicht nur in die Vergangenheit zurückzublicken. Das Verharren im Gestern blockiert die Energie für die Zukunft. Man kann auf der Stufe des Erfolges und der gleisteten Arbeit der letzten Jahrzehnte kurz innehalten und dann diesen Lebensabschnitt abschließen. Die Meisten sind gegenüber ihrer vergangenen Arbeit zu selbstkritisch, selbst, wenn es zum Abschied Lob gegeben hat. Sie verlängern damit in die Pension hinein die Unzufriedenheit. Besser ist es mit den gelebten Jahre Frieden zu schließen. Neben dem  Beruf als Kaufmann habe ich bei der Organisation von kaufmännischen und kulturellen Veranstaltungen mitgeholfen. Ist der Wille vorhanden, zahlt es sich aus sich weiterzubilden: Mit dem Besuch einer Schreibwerkstatt, eines philosophischem Seminar und einer Vorlesung zur regionalen Geschichte.

Nach ein paar Semestern als außerordentlicher Student auf der Uni, kann ich vom Unialltag einiges erzählen. Ich, sechzig Plus, empfinde vieles anders, als die Studentinnen und Studenten, zwanzig Plus. Betritt man als Neuer die Aula der Alpenadria Universität, dann ist der erste Eindruck verwirrend, ein wenig chaotisch. In allen Ecken und Enden sitzen, stehen und plaudern junge Menschen. Der größere Teil von ihnen arbeitet am Laptop oder blättert am Handy. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man inmitten dieses Gewirrs von Stimmen, des Kommen und Gehens, seine Aufgaben erledigen kann. Zusätzlich werden dazu noch die Emails und die neuesten Postens auf Facebook und Twitter verfolgt. Am Buffet herrscht immer ein Gedränge, die Aufbruchsstimmung  macht die jungen Menschen hungrig. Ohne einen Sandwich und einem Coca Cola kann man nicht lernen. In meiner Jugend hat es geheißen: „ Ein leerer Magen studiert nicht gerne“.

Auszeit.

 

welt:wunder

Unter dem Begriff „Wunderwelt“ kann man sich als Erwachsener wenig vorstellen und will sich auch nicht auf unerklärliche Phänomene einlassen. Die meisten bevorzugen die Realität, sprechen über die Aufgaben im Alltag.  Gerne lässt man sich für einen Abend bei einem Altstadtfest, wo Gaukler und Schausteller aus allen Ländern Europas ihre Kunststücke  darbieten, verzaubern. Zu so einem Fest gehören Jongleure, die mit  immer mehr Ringen und in immer schnellerem Tempo jonglieren. Bei Eintritt der Dämmerung begeistern die Feuerschlucker und locken immer mehr Zuseher an.  Sie sitzen in einem Halbkreis am Boden und werden aufgefordert mehr Abstand zu halten. Für den Feuerschlucker wird es brenzlig, wenn die eine und andere Flamme zu nahe an den Körper kommt. In diese wundersame Stimmung taucht man als Realist gerne für eine Weile ein.  Auch für den Besuch einer Zirkusveranstaltung gönnt man sich ein paar Stunden Auszeit. Zu den magischen Welten zählen die Vorführungen der Shaolinmönche mit ihren gestählten Körpern. Andere magische Räume, wie Märchen und Sagen, überlässt man den Kindern.

Auf Personen, die wirklichkeitsfremd sind, sieht man gerne von oben herab. Sie nennt man  Träumer und im schlimmsten Fall Spinner. Dabei wird oft übersehen wie viel Kreativität in solchen Menschen steckt. Kreativität verlangt, dass man etwas von der Wirklichkeit verleugnet,  Teile der Realität ausklammert. Bei vielen Poeten, Musiker,  Maler und Philosophen fehlt es oft am Bezug zur Wirklichkeit,  zu den sogenannten praktischen Dingen im Leben. Im günstigsten Fall wird dies vom Partner, der Partnerin ausgeglichen. Bei einem Vortrag im Rahmen des Carinthischen Sommers war es dem Philosophen Peter Sloterdijk,  nachdem eine Glühbirne im Saal explodiert war, nicht möglich seinen Vortrag weiterzuführen. Nach dem Vorfall hat er den Vortrag abgebrochen.

Kleine Hindernisse bei den alltäglichen Aufgaben  können  eine Störung im kreativen Prozess auslösen. Auch Wissenschaftler, wie Botaniker, Biologen oder Astronomen ziehen es vor, von der Wirklichkeit abgeschirmt zu werden. Sie erforschen die realen Dinge der Welt, die Pflanzen, die Tiere und die Planeten. Oftmals sind ihre Erkenntnisse so erstaunlich, dass sie zum Reich der Wunder  gezählt werden.

Eine  andere  Art von Wunderwelt ist für mich der Zustand der Pension. Ich bin aus dem Arbeitsleben ausgeschieden,  muss keiner geregelten Arbeit nachgehen und kann die Zeit genießen. Ohne Arbeit habe ich ein finanziell gesichertes  Auskommen. Dabei fühle ich  mich in dieser  Wunderwelt manches Mal unwohl und sehne mich nach  der Realität der Arbeitswelt zurück.

Wunderkammer .

 

mit:arbeiter

Wer arbeitslos ist und beim Arbeitsmarktservice „AMS“ gemeldet ist, wird zu verschiedenen Trainingseinheiten geschickt, um sich in der Art der Bewerbung schulen zu lassen. Dazu gehört die Erstellung eines Persönlichkeitsprofils, das Herausarbeiten seiner Stärken und Schwächen, wobei an den Schwächen gearbeitet wird. In weiterer Folge wird ein Bewerbungstext erstellt, der auf die Anforderungen der offenen Arbeitsstellen eingeht. Eine Auflistung der Fähigkeiten und Erfahrungen, über die man verfügt.  Mit einem Hinweis, welchen Vorteil es für das Unternehmen hätte, wenn man eingestellt wird. Die Vorstellungen über den künftigen Gehalt. Dazu einen Lebenslauf, darin aufgeführt die Schulausbildung, die Familienverhältnisse und Hobbys, als Beilage Kopien von den Arbeitszeugnissen. Die Auskünfte, die man bei einer Bewerbung um einen Arbeitsplatz geben muss sind umfangreich. Heute ist es üblich, dass diese Unterlagen nicht  formlos in einem Schnellhefter abgeheftet werden, sondern man setzt auf ein attraktives Erscheinungsbild, sogenannten „Bewerbungsmappen“. Die Personalchefin hat einen gläsernen Menschen vor sich.  Auf Facebook schaut sie nach, was über den Bewerber und vielleicht zukünftigen Mitarbeiter, alles zu erfahren ist. Diese Anforderungen werden schon gestellt, wenn man sich um die Stelle eines Friseurs oder einer Verkäuferin bewirbt. Bei manchen Berufen muss man auch ein Gesundheitszeugnis vorlegen. Hier wird nach vererbten und ansteckenden Krankheiten, nach Operationen, Behinderungen und nach Suchterkrankungen gefragt. Diese Fragen gehen soweit,  dass über die Regelmäßigkeit der Verdauung und die Häufigkeit des Stuhlganges Auskunft verlangt wird. 

Gänzlich anders stellt sich die Situation dar, wenn man einen Nachfolger oder Nachfolgerin für einen Betrieb sucht. Bei sogenannten Übergeberseminaren wird man geschult die Wirtschaftlichkeit des Betriebes zu vermitteln, es wird von den rechtlichen und steuerlichen Notwendigkeiten gesprochen. Von den Vorteilen einen bestehenden Kundenstock zu übernehmen, den Geschäftsaussichten und Geschäftsmieten. Nicht aber darüber, wie man den Interessenten an einer Betriebsübernahme entgegentritt. Kein Wort darüber, das man sich ein Persönlichkeitsbild vom Übernehmer holen soll, sowie  Auskünfte über seinen beruflichen Werdegang und seine finanziellen Möglichkeiten einzuholen. 

Blindflug.

 

messe:messen

Mit voller Aufmerksamkeit sitze ich in der Kirchbank der Barockstadt Schärding und suche das  Gesicht des Pfarrers. Die Bewegungen des Mundes und der Augen kann ich wahrnehmen. Das Gesicht, er ist Afrikaner, ist im Halbdunkel der Kirche nicht sichtbar. Beim Vorlesen der Messtexte und erst recht bei der Predigt, ist manches durch die Aussprache unverständlich geblieben. Zudem war das Thema für mich ein unverständliches, weil man vom Tod und der Zeit danach nichts weiß. Man hofft, dass man ohne Schmerzen und quälende Gedanken sterben wird. Man erwartet Momente der Reue und des Bedauern, dass man an den Vorkommnissen der Vergangenheit nichts ändern kann.

Von den neuesten Erkenntnissen der Physik kommt Zuversicht, die Gedanken bewegen sicher schneller als mit Lichtgeschwindigkeit. So kann man Handlungen wieder ausradieren und ungeschehen machen. Sobald eine Tat, sei es eine Gute oder eine Böse, aus dem Gedächtnis gelöscht ist, ist sie auch aus der Wirklichkeit, der Welt entfernt.Bei physikalischen Untersuchungen, wie einem Blutbild oder einer Röntgenaufnahme vom Körper kann man Mängel und Fehler messen und sehen. Bei Sätzen aus der Bibel braucht es einen Interpreten, dass die Augen geöffnet werden. Die guten und schlechten Taten wird uns Gott vor Augen führen und uns sehend machen. Oder ist es unser Gewissen selbst, das Gott ist und über die Guten und die bösen Taten urteilen wird. Ist Gott in unserem Wesen eingebaut, wie ein Wiederherstellungspunkt in einem Laptop. Ein Reparatursystem unserer Taten und Gedanken, wenn einmal etwas ausfällt.

Hört man entspannende Musik, am besten Klassik, dann spürt man wie der Körper reagiert. Die Muskeln im Nackenbereich entspannen sich, der Herzmuskel beruhigt sich, über die Handfläche der rechten Hand einatmen. Bei den Kneippgüssen ist das Wasser, das über die Oberschenkel fließt, einmal warm und dann wieder kalt. Im Moment des Wechselgusses zieht sich die ganze Kopfhaut zusammen. Für einen Moment sind alle Poren der Haut gegen den Wechsel, das ganze Gehirn wird durcheinander gerüttelt, als hätte es einen Stromstoß bekommen. Man weiß nicht, ob sich dieser Sturm im Kopf wieder legt und wie sich die Gedanken wieder ordnen.

Sterbestunde.