schütt:liebe II

Seit der Jahre in Arnoldstein ist die Schütt für mich ein Erholungsgebiet. Im ersten Jahrzehnt bin ich zumeist am Wochenende mit dem Auto zum Kraftwerk Schütt gefahren und von dort den Kraftwerkskanal entlang spaziert. Dabei richtete sich mein Blick auf die Abbruchstellen des Dobratsch, wo die Felsen je nach Sonneneinstrahlung und Jahreszeit in verschiedenen Brauntönen leuchten. Eine tiefe Verbundenheit mit dem Berg, welcher sich seit dem Bergsturz im vierzehnten Jahrhundert seiner schützenden Hülle, dem Wald, entledigt hat. Die Gesteinsblöcke und die südliche Vegetation rechts und links vom Werkskanal sind ein Unikum für mich. Am Gail Ufer erstrecken sich die Sandstrände, ein beliebter Ort zum Grillen und Chillen. Chillen nennt man es heute, damals Sonnenliegen. Die Erzählung Urban gibt etwas von der Stimmung dieser Jahre wieder. Beim Radfahren ist die Straße entlang des Kraftwerkskanal geeignet für ein meditatives dahingleiten. Von der Rast in der Oberschütt habe ich Zuversicht für die kommende Berufswoche mitgenommen. In den letzten zwei Sommer war der Rastplatz in der Oberschütt eine Rückzugsort vor den Corona Unbilden und Meldungen. Ein Kraftort in der Pandemiezeit, welche in den ersten Monaten als die Seuche des einundzwanzigsten Jahrhunderts bezeichnet wurde.

Beim Eintragen in das Tageheft vor denken, welche Möglichkeiten sich bieten um mir im fortschreitenden Alter das Leben zu erleichtern, Ballast abzuwerfen. Nicht das immaterielle Erbe, im Ort Arnoldstein eine Papier- und Buchhandlung gegründet zu haben. In den Köpfen vieler Arnoldsteiner, welche vor der Jahrtausendwende geboren wurden, heißt es noch immer gehen wir zum Supersberger eine Packung Farbstifte oder Hefte kaufen. Bei einem Besuch hat mir der derzeitige Verkäufer erzählt, dass er immer wieder von Erwachsenen angesprochen wird, sie hätten als Schulkinder beim Supi Stollwerk gekauft. Im Kärntner Landesarchiv sind unabhängig von mir, meiner Verwandtschaft oder meinem Betriebsnachfolger vierzig Jahre Firmengeschichte archiviert.   

schütt:liebe

Die Ortschaft Oberschütt hat für mich eine bestimmende Bedeutung, dies habe ich wieder einmal bei einer Rast, während einer Fahrradtour von Villach nach Arnoldstein, festgestellt. Die zwei markanten Gebäude in der Oberschütt sind die Pfarrkirche, rundherum derFriedhof und das Feuerwehrhaus der Freiwilligen Feuerwehr Oberschütt. Dazwischen dehnt sich der Parkplatz, mit einer Informationstafel zum Naturpark Dobratsch, aus. Nach dem Feuerwehrhaus gibt es einen Ruhebereich mit zwei Holzbänken, durch einen Grünstreifen von der Straße getrennt. Dieser befindet sich gegenüber dem Haus Schütterstraße Nr.115. Im Grünstreifen hat man Ebereschen gepflanzt. Während der Berufszeit stand das Verfärben der Früchte in den Sommermonaten für das Verstreichen der Ferienwochen. Verfärbten sich die kleinen Kügelchen der Ebereschen rot, war es etwa Mitte August und für mich als Papier- und Buchhändler an der Zeit, mit den Vorbereitungen für das neue Schuljahr zu beginnen. Vom Auffüllen der Schulartikel im Laden, dem Erstellen der Lieferscheine für die Schulbuchaktion, bis zur deren Auslieferung. Der Rastplatz in der Oberschütt ist nicht nur ein Ort welcher an die verstreichende Zeit erinnert, sondern auch ein Ort wo ich mir eine Auszeit gönne.

Die Rast benütze ich dazu etwas in meine Tagehefte einzutragen. Tagebücher hat jemand als Selbstgespräche bezeichnet, eine Möglichkeit mit seinen Wünschen in das Reine zu kommen. Sich ein klares Bild von einer Idee zu machen, was wird möglich sein? Anderseits etwas festhalten was einem geärgert oder beunruhigt hat und damit von der Causa Abschied zu nehmen. Nach dem ich nach dem vierzigsten Geburtstag zum Radfahren begonnen habe, war dieser Bereich ein geliebter Haltepunkte. Nach Jahren habe ich die Bewohner vom Haus gegenüber wie Nachbarn gegrüßt.

ukraine:russland

Für den größten Staat in Europa, Russland, haben wir im Haus Europa eine Abstellkammer mit einem gewissen Luxus bereitgestellt. Wir brauchen uns nicht wundern, wenn der Herr im Abstellkammerl obsolet und aggressiv wurde und die feine, westliche Wohlstandsgesellschaft aufrüttelt. Jetzt suchen wir nach einem Menschenflüsterer, welcher den in Rage geratenen Herrn beruhigt. Letztendlich ist der Tag gekommen wo die russische Armee in der Ukraine einmarschiert ist und der Krieg nicht mehr befürchtet, sondern begonnen hat. Am nächsten Tag gab es eine Sonderausgabe der „Kleinen Zeitung“, Krieg in Europa? Seitdem folgten Wochen wo täglich über den Krieg und seine Folgen berichtet wurde mit dem Effekt, welche Zeitung oder Nachrichtensender berichtet mehr von der Kriegsfront. Schrecklich die Zahl der Gefallenen, das Ausmaß der Zerstörung und die Angst der Zivilbevölkerung. Niemand weiß wie lange noch und wie das Ende aussehen wird? Bei mir gab es ein Aufatmen als vor ein paar Tagen die Schlagzeile, Ruf nach Bremse beim Spritpreis, den Morgen eröffnete. In diesem Moment konnte ich sagen, o glückliches Österreich. Wie überhaupt die österreichische Bevölkerung, der österreichische Staat in der Vergangenheit um vieles glücklicher war.

Die Ukrainer haben sich im Verhalten der Westeuropäer geirrt. Sie haben erwartet, dass sie im Kampf gegen Russland real militärisch unterstützt werden. Wo immer möglich kauft sich der Westler mit Geld von allem frei, dies hatte schon im Mittelalter Tradition. Mit einem finanziellen Beitrag für den Bau vom Petersdom konnte man sich von den Sünden und der ewigen Verdammnis freikaufen. Die Corona Pandemie und der Ukrainekrieg, beides sind üble Plagen des 21. Jahrhundert, die den sieben Plagen in der Bibel nichts nachstehen. Tageweise frage ich mich, was will Putin? Ein konkretes Ziel oder Kriegsgrund, außer dubiosen Vorwürfen gegenüber der Ukraine, hat er nicht genannt.  

russland:ukraine

Zurzeit weiß ich nicht wie ich mich verhalten soll, welche Zeitungen ich lesen und welche Nachrichten ich hören soll. Der Aufwecker morgens ist für uns die „Kleine Zeitung“, welche vor unserer Wohnungstür liegt. In den letzten zwei Jahren war vieles über Corona, Omikron Regeln, Intensivstationen, Pandemie und Lockdown zu lesen. Wir haben gehofft, dass dieses Jahr die Schlagzeilen der Zeitung wieder eine gewisse Normalität widerspiegeln. Die Titelschlagzeilen es wieder bunt gemischt treiben. Einmal eine Nachricht aus der Umgebung, ein Bericht über einen Zusammenschluss im Alpen Adria Raum oder eine neue Attraktion in Kärnten. Das Gegenteil ist eingetreten. Wochenweise wurde über die Entwicklung der Omikron Pandemie spekuliert, weil mehr als Spekulationen sind nicht möglich. Alle Prognosen der Virenforscher wurden in einen Topf geworfen, dann kräftig geschüttelt und wie bei Lotto „sechs aus 45“ statt Zahlen, Prognosen gezogen. Wie im Lotto, alles ist möglich. Von der Bundesregierung könnte man sagen dort wird gewürfelt, je nach Augenzahl, hoch oder nieder werden die Corona Maßnahmen verstärkt oder gelockert. Einstein hat einmal gesagt, Gott würfelt nicht, aber unsere Bundesregierung ist nicht Gott.

Ende Jänner begannen die Spekulationen darüber, wird es in Europa einen Krieg geben? Will Russland die Ukraine mit der es schon über Jahre in einem Kleinkrieg befindet, großflächig angreifen? Putin wurde zu einem Dämon hochstilisiert, wobei ich mich frage, wo war unsere bzw. die europäische Diplomatie. Eine Heerschar von hochbezahlten Diplomaten haben es die ganzen Jahre, seit dem Fall des sogenannten Eisernen Vorhanges nicht geschafft, ein Haus Europa zu schaffen. Gesprochen und geschrieben wurde oft und viel über das gemeinsame Haus Europa. Für mich gehört dazu auch Russland, der größte Staat Europas. Waren die Außenminister und die Diplomatenriege so vom Wohlstand verblendet, dass sie unter gemeinsam nur jene Staaten verstanden haben, welche in der Lage sind sich finanziell am Festgelage zu beteiligen? In allem haben wir es uns gut gehen lassen und darauf vertraut, dass das tolle Haus von der Nato geschützt wird.

eisenbahn:krippe

Die Generationen der 50er, 60er und 70er Jahre des 20. Jahrhunderts begleiten zumeist noch kirchliche Riten durch das Jahr. Zwei- bis dreimal besuche ich während der Weihnachtszeit die Eisenbahnerkrippe in der Nikolei Kirche in Villach und lasse mich auf das Weihnachtswunder ein. Eisenbahnerkrippe nenne ich sie, den Stall zu Bethlehem bildet ein offener Eisenbahnwaggon. Er steht auf einem Abstellgleis am Villacher Hauptbahnhof, im Hintergrund sind Teile vom Bahnhofsgebäude und die Türme der Stellwerke zu sehen. Auf der Rückwand der Dobratsch und der Mittagskogel. Im offenen Güterwaggon befinden sich das Jesuskind, Maria und Josef, sowie Kuh und Esel. Das faszinierende an der Krippe sind die vielen Figuren, verteilt auf dem Bahnhofsgelände, die alle dem Waggon zustreben. Jahr für Jahr werden es mehr. So gibt es eine Gruppe von Eisenbahner, die Arbeiter der Stadtverwaltung, eine Kindergartengruppe, Reisende am Bahnhofsgelände, Ministranten und Pfarrer. Neu hinzugekommen sind Menschen mit anderer Hautfarbe und arabischer Bekleidung, sowie Flüchtlinge. Bauern und Landarbeiter mit ihren Haustieren, eine Karawane von Kamelen und deren Begleiter. Die Figuren strahlen durch ihre typische Haltung und Bekleidung eine große Authentizität aus. Alle bewegen sich auf den offenen Eisenbahnwaggon zu, um dem Jesuskind zu huldigen. Nach christlichem Verständnis endet der Weihnachtskreis am 2. Februar zu Mariä Lichtmess. An diesem Tag werden die Krippen und die Weihnachtsdekorationen in den Kirchen weggeräumt.

Über Jahrzehnte definierte sich Villach als Eisenbahnerstadt, als Eisenbahnknoten mit Verwaltungsstellen der ÖBB. Hier kreuzt sich die Eisenbahnstrecke welche von Salzburg kommt mit der Strecke aus Wien. Weiter geht es nach Venedig, Rom bis nach Neapel und in die andere Richtung nach Laibach, Rijeka bis nach Istanbul.

Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern eine stimmungsvolle Weihnachtszeit !