schöpfer:macht

Könnten wir einen unbefangenen Blick von außerhalb auf unseren Körper machen, mit dem Blick eines Außerirdischen, dann würden wir erkennen wie zerbrechlich dieser ist. Diese Sicht auf unseren Körper wäre vergleichbar mit den Erfahrungen die Astronauten gemacht haben. Kehrten sie von einer Mondumkreisung oder von der Raumstation Mir zurück zur Erde, erzählten sie von einer bläulich gefärbten Kugel, die Erde. Sie waren erschüttert von der Einsamkeit und der Gebrechlichkeit der Erde im Universum. Manche Astronauten hätten der Erde am liebsten einen Mantel umgehängt, um sie vor kosmischer Kälte oder einer Infektion durch Weltraumviren zu schützen. Dabei sind es die Raumfahrer, welche sich in einer unvorstellbar verletzlichen Situation befinden. Zu zweit oder zu dritt in einer Raumkapsel im weiten All, beim kleinsten Missgeschick könnten sie verloren sein. Vielleicht stärkt dies ihre Vorstellung, dass hinter dem Zusammenspiel der einzelnen Gestirne und Planeten eine Schöpfermacht steht.

Abseits sozialer Strukturen empfinden wir im Allgemeinen ähnlich. Wir vermuten für unseren Körper, für die Erde, für das Universum eine Schöpfermacht. Nur herbeigesehnt, um in der Zerbrechlichkeit nicht allein zu sein? Zum Anderem hängt es von der eigenen Stabilität ab, ob man sich auf das Wahrnehmbare verlässt. Dem Zweifel, einmal könnte die Phase der Ausgewogenheit vorbei sein, keinen Platz einräumt. Das Leben als ein ständiges Wechselspiel zwischen Wohlfühlphase und Problemphase deuten. Es ist ein Vorteil wenn man über einen stabilen Körper verfügt, dem man einiges zumuten kann und der einiges abfedert. Es geht uns allen so, dass wir über unserem sozialen Gefüge hinaus eine schützende Hand wünschen. Wie stark jeder diese fürsorgliche Hand annimmt und sich auf diese einlässt, ist seine persönliche Entscheidung. Ist da jemand?

digital:amme

Während eines Aufenthaltes im Hotel oder bei einem Besuch einer Jungfamilie erlebt man, dass das Smartphone oder Tablett bei Kleinkindern als digitale Amme dient. Heute die ideale Kinderbetreuung. Beim Abendessen verlangt das einjährige Mädchen vehement nach dem Smartphone, es liegt mehrfach in Griffweite auf dem Familientisch. Es gibt nicht Ruhe, bevor es nicht eingeschaltet wird. Das Mädchen starrt auf das Display des Handys, während die Mutter mit einem Kaffeelöffel versucht einen Brei in den Mund des Kindes zu stopfen. Das Kleinkind hat den Mund halb offen, bemüht sich aber nicht nach dem Brei zu schnappen, den Löffel abzuschlecken. So eingenommen ist es von den Figuren und Bildern auf dem Bildschirm. Der Versuch das Smartphone zu entfernen, endet jedes Mal mit einem Zornesausbruch.

Vor kurzem mahnte eine Kinderärztin in einer Zeitung, Kleinkindern unter zwei Jahren ein Smartphone zur Beschäftigung zu überlassen. Ein digitales Gerät kann kein Ersatz für eine spielerische Beschäftigung mit dem Kleinkind sein. Die Realität ist in den Jungfamilien und im öffentlichen Raum eine andere. Welche Folgen dieser frühe Konsum von digitalen Medien für die Wahrnehmung der Realität und der sozialen Kommunikation in späteren Jahren einmal haben wird, bleibt offen. Ich bin froh darüber, dass in meiner Kindheit Bilderbücher, Märchenbücher und Kinderbücher die wichtigsten Quellen zur Beschäftigung und Unterhaltung waren.

Kartoffelbrei

früh:geburt

Zu den Auswirkungen des übermäßigen Internet- oder Handykonsum gibt es viele Studien, Zeitungsartikel und Bücher, unübersehbar. Was den Internet- und Handykonsum betrifft, befindet sich die Generation über sechzig in einer glücklichen Lage. Sie befindet sich in der Gnade der frühen Geburt.  In Zusammenhang mit den Kriegs Greul im Zweiten Weltkrieg spricht man von unserer Generation von der Gnade der späten Geburt. Durch die extensive Internet- und Handybenützung und damit folgende Entwicklungsschäden im Kindesalter oder digitales Suchtverhalten, haben die vor den siebziger Jahren Geborenen das Glück der frühen Geburt. Wir waren schon erwachsen und sind dem Überkonsum des Handy und Internet entgangen. In einer entscheidenden Entwicklungsphase, im Kleinkindalter, wurden wir noch nicht von einer digitalen Amme betreut.

Mit Autos zum Aufziehen, Teddybären, Holztraktor und Bilderbücher wurde versucht unsere Aufmerksamkeit und Stillverhalten zu erwirken. Ältere Geschwister haben Märchen vorgelesen. Zum Büldl schauen genügte ein alter Bauernkalender oder Reimmichlkalender vom verflossenen Jahr. Teilweise waren sie schon mit einem Bleistift oder Buntstiften vom älteren Bruder vollgekritzelt. Um einzelne Blätter zu zerreißen und später um einzelne Bilder herauszuschneiden waren sie immer noch zu gebrauchen.

Märchenkubus

irak:krieg

Die Fernsehnachrichten am Abend des 17. Januar 1991 kann ich vor meinen Augen abrufen. Ich hatte den Eindruck als würde am Bildschirm ein Computerspiel ablaufen. Es waren Nachtaufnahmen und in rascher Folge flogen am Himmel Geschosse auf Bagdad. Der Himmel war in ein grünliches Licht getaucht und helle Kugeln, wie bei einem Silvesterfeuerwerk. Man sah keine Menschen, auch keine Gebäude, es war ein Gefecht wie am Bildschirm eines Gameboys. Die Ansagen der Reporter verkündeten, nicht ohne Stolz, es würden nur militärische Einrichtungen, Kasernen und Waffen zerstört. So, als stünden diese im unbewohnten Gelände und man war begeistert von der Präzision der Raketen, welche sich neuerdings selbst das Ziel suchten. Ein Krieg der Waffensysteme zwischen dem Irak und der westlichen Allianz. Die Raketenangriffe dauerten Tage und nie ist ein Wort darüber gefallen, dass durch das permanente Bombardement auch Soldaten und Zivilisten betroffen sind. Der Krieg der Zukunft, wo es nur um die Zerstörung von gegnerischen Waffen und Infrastruktur geht, ein humaner Krieg. Es gab keine Berichte auf denen tote Soldaten oder Zivilisten gezeigt wurden.

Während des halbjährlichen Aufmarsches der westlichen Bündnispartner steigerte sich in mir die Ungewissheit. Zeitungen und Fernsehen, Journalisten und Kommentatoren spekulierten darüber, wie sich der Golfkrieg auf unsere Wirtschaft, auf die Versorgung mit Erdöl auswirken könnte. Zuoberst kam die Furcht, kann der Krieg auf Europa übergreifen? Liefern sich hier, in Mitteleuropa, die beiden großen Kontrahenten, USA und UDSSR einen Stellvertreterkrieg. So viele unsichere Faktoren und Optionen setzten mir zu, die Fernsehbilder vom Erstschlag lösten die Spannungen. Ein großes Risiko stellte das Verhalten von Israel dar. Da es Zielscheibe von Raketen aus dem Irak wurde stellte sich die Frage, wird sich Israel aus dem Kriegsgeschehen heraushalten?  Oder greift es zur mächtigsten Keule der Menschheit, zu seinen Atomwaffenarsenal. Im Inneren glaubte ich den Berichten der Journalisten nicht. Nach Wochen stellte sich heraus, dass so und so viele zivile Einrichtungen, Wohnhäuser, Schulen und Krankenhäuser zerstört wurden und in etwa dreißigtausend Menschen ihr Leben ließen.

Klinik

eu:brexit

Seit ein paar Jahren gibt es viel Wirbel um den Austritt Englands aus der Europäischen Union. Eines ist gewiss, auch in der Zukunft wird bei den meisten Konferenzen, sei es auf politischer oder wirtschaftlicher Ebene, als Konferenzsprache Englisch verwendet. Unterhalten sich Personen aus verschiedenen Kontinenten, dann greift man zumeist auf die englische Sprache zurück. Ebenso bei der Kommunikation im Internet oder bei technischen Begriffen. Wie praktisch Englischkenntnisse sind, erfährt man beim Reisen oder wenn man von Touristen nach einer Auskunft gefragt wird. Zumeist wird man in Englisch angesprochen, ganz egal ob man sich im Montafon oder in der Provence aufhält. Die Vormachtstellung der englischen Sprache rührt meinerseits daher, dass die Seefahrernation England seit der frühen Neuzeit weltweit Handelsniederlassungen gegründet hat.

Dessen ungeachtet gibt es in manchen Provinzen von England einen Dialekt, den selbst in England nicht alle verstehen. Eine Englisch Dozentin der Volkshochschule führte als Vergleich den Dialekt vom Hochmontafon in Vorarlberg an. Wir sprechen alle Deutsch, aber der Dialekt vom Hochmontafon klingt für die übrigen Österreich wie eine Fremdsprache. Dazu ergab sich ein Disput mit der Dozentin, da ich mit einer Frau aus dem Hochmontafon zusammenlebe.  Die Frage von ihr war: “Wie es mir ergangen ist, als ich meine Partnerin kennen lernte, wie wir uns verständigt haben?” Der Dozentin habe ich versichert, dass beim Kennenlernen die sprachliche Kommunikation nicht vorrangig ist, vieles erfolgt durch Augenkontakt und körperliche Gesten. Bewegungen mit den Gesichtsmuskeln bringen einander näher, als das Verstehen einzelner Sätze. Eine zärtliche Berührung auf der Schulter drückt mehr Zuneigung aus, als fünf Sätze im Montafonerdialekt.

DU – Wort