TRÖDEL:markt I

Jedes Jahr im Herbst zieht der Dreiländerflohmarkt, der am Hauptplatz und  rund um die Stadtpfarrkirche stattfindet, Besucher  aus den Nachbarregionen und allen Bevölkerungsschichten  an. Die Aussicht, für wenig Geld etwas Kurioses oder Nützliches  kaufen zu können, lässt schon am frühen Morgen die Leute auf den Hauptplatz strömen. Er ist der Börsenplatz des „kleinen Mannes“ mit der Möglichkeit des Verkaufens, Kaufen und Handeln,  mit der Aussicht auf ein Schnäppchen.  Die Innenstadt verwandelt sich zu einem Marktplatz mittelalterlicher Prägung, wie ich es aus historischen Filmen kenne. Dort war der Markt ein zentraler Ort des täglichen Lebens. Gerade in Städten die am Meer oder an einem Fluss gelegen waren, trafen Waren aus allen Weltgegenden ein, wurden verteilt und  weiterverkauft.  Ähnliches sieht man heute noch in einer Fernsehdokumentation aus einer Stadt in Indien, Türkei oder Algerien.  Gezeigt werden Menschenschlangen die sich durch zumeist schmale Gassen drängen und Händler, die  lautstark und mit  vielen Gesten versuchen  ihre Ware den vorbeieilenden Menschen anzupreisen. Von diesen Bildern lasse ich mich verführen und mische mich unter die Flohmarktbesucher. Die verschiedenen Sprachen vermischen sich zu einem Gemurmel, dazwischen tönt eine Lachsalve , eine gebieterische Stimme verlangt nach Aufmerksamkeit und manche Zurufe der Händler untereinander klingen so, als würden sie über die Köpfe der Besucher hinweggehen. Der Trödelmarkt ist ein buntes Gemisch von brauchbaren und unbrauchbaren Waren, von Zweckdienlichem und Sammlerstücken. Er ist das Gegenteil von den steril wirkenden Läden der Handelsketten und braucht keine  künstlichen Dekorationselemente um Stimmung zu erzeugen. Die Tandlerinnen und Tandler sind jeder ein Original für sich, mal in luftigen Kleidern, mit großen Dekolleté um den Kaufreiz zu erhöhen, mit Bärten und ausgefallenen Hüten. Eines ist  allen gemeinsam, der gelangweilte  Gesichtsausdruck, als wollten sie von ihrem Tand nichts verkaufen und doch lugen sie unter den Hüten und Schirmmützen hervor und versäumen keinen, der einen Blick  auf die ausgestellte Ware wirft. Schon die Geste, wie jemand nach einer Porzellaneule  greift, lässt den Preis im  Kopf der Händlerin ansteigen, von fünfzehn Euro auf zwanzig Euro, um dann  beim Feilschen nach dem lautstarken Protest des Kunden,  zwei Euro nachzulassen.

Fortsetzung….

 

SCHREIB:schrift III

Mit ihrer Musik haben die Beatles und die Rolling Stones in den sechziger Jahren die  Musiksendungen im Radio erobert. Diese Musik wollten wir als Jugendliche auch körperlich spüren und haben die Lautstärke erhöht, sodass das Radio vibrierte. Die Mutter war besorgt, dass das Küchenradio durch die Musik Schaden nehmen könnte und bei uns ein Gehörschäden eintreten könnte. Dieser „Lärm“, so wurde die Beatmusik von den Erwachsenen bezeichnet, macht das Gehör und das Gehirn kaputt. “Am Land” öffneten die ersten Diskotheken, wie die Bussi Bar und die Seppi Stubn ihre Pforten. Bei Schönwetter konnte man am Sonntagnachmittag am Innsberg, in der Nähe der drei Kreuze, Jugendliche treffen, welche sich in der Wiese um ein Transistorradio  niedergelassen hatten. Ein transportables Transistorradio stand bei den Mädchen, und bei den Burschen ein KTM Moped, auf der Wunschliste ganz oben.

Heute trifft man am Hauptplatz, im Bus, in der  Straßenbahn und  im Park auf Jugendliche, die mit Kopfhörer unterwegs sind. Der MP3Player versorgt sie über Stunden mit Musik, die vom Ohr direkt in das Gehirn dringt und so laut, dass die Nachbarn mithören. Bei den Joggern hört der Wald als Naturkulisse mit. Dem Enkel ist es langweilig, wenn einen halben Tag lang keine Fun-Aktion geplant ist. Vor zwei Jahrzehnten wurde der Fernseher in der Früh eingeschaltet,  danach der Gameboy und jetzt der MP Player. Ist man unterwegs zum nächsten Event, dann wird derweil am Handy gespielt.

Spielsüchtig.

SCHREIB.schrift II

In den heutigen Autos findet sich die neueste Unterhaltungselektronik, um vieles mehr, als dies vor vier Jahrzehnten der Fall war. In den siebziger Jahren konnte man ein Mädchen zum Mitfahren überreden, in dem man sagte: „Im R4 ist ein Autoradio eingebaut“. Das Autoradio sorgte  für Unterhaltung und Spaß beim Fahren. Die nächste Generation der Autoradios verfügte über einen Kassettenteil  zum Abspielen von Musikkassetten. Damit habe ich mir die Tonbandkassetten von den  Ö1 Sendungen „Tonspuren“ und  „Im Gespräch“ angehört.  Die Aufzeichnungen dieser Sendungen gab es in “Zehner  Boxen”, noch heute  besitze ich diese MC. Zum  Abspielen habe ich meinen Radiorekorder ITT   behalten und nicht entsorgt.  Dieser Radiorekorder besitzt ein eingebautes Mikrofon, sodass es möglich ist Gespräche aufzuzeichnen. Damit habe ich Interviews mit interessanten Menschen aus Arnoldstein aufgezeichnet und sie im Nachrichtenblatt veröffentlicht. Diese Tonbänder befinden sich heute im Heimatmuseum, von wo mir mitgeteilt wurde, dass die MC digitalisiert und auf eine CD gebrannt werden. In staatlichen und halbstaatlichen Institutionen wird die Möglichkeit genützt, verschiedene Dokumente, auf die jeweils neuesten Techniken zu überspielen. Im Vergleich dazu haben sich die Bücher in ihrer Art  über Jahrhunderte erhalten und werden noch einige Jahrhunderte dazulegen.

Von den aktuellen Datenträger und Speichermedien weiß man nicht, ob es sie in hundert Jahren noch geben wird. Nach den MCs sind die Singles und die Langspielplatten aus den Läden verschwunden, sie alle wurden von der Compact Disc abgelöst. Wie lange wird es noch Geräte geben, mit denen man eine MC oder LP abspielen kann?  Ähnliches passiert bei der Benützung des PC, nur  wenige verfügen noch über ein Diskettenlaufwerk.  Weil er leicht zu bedienen ist gehört die nahe Zukunft dem USB- Stick. 

Literaturarchiv Marbach – schlagloch/supersberger  

SCHREIB:schrift

In einer deutschen Tageszeitung lese ich, dass in Deutschland darüber diskutiert  wird, das Erlernen der Schreibschrift als Unterrichtsfach abzuschaffen. Die Schüler sollen in Zukunft nur die Druckschrift erlernen, da die elektronischen Geräte, wie Computer, Handy und auch andere elektronische Anzeigen, sei es im Auto, beim Fahrkartenschalter und Bankomat, mit der Druckschrift arbeiten. Noch besteht beim PC die Möglichkeit für den Schriftverkehr eine Schreibschrift zu wählen.

In ausgesuchten Papierfachgeschäften erhält man in Kärnten Redis-  und Breitfedern, dazu ein Tintenfass und einen Federstil. Verwendet werden diese Federn im Schönschreibunterricht. Von meinem Zeichenprofessor wurden die gotischen Buchstaben kunstvoll auf die Tafel geschrieben und wir mussten sie “nachmalen”. Auf Grund meiner Sehschwäche, die aber unbehandelt war, konnte ich die feinen Details nicht  erkennen und meine gotischen Buchstaben waren fehlerhaft. Dies hat den Zorn des Professors geweckt und er hat aus meinem Federstil „Kleinholz“ gemacht.

In jener Zeit beherrschten manche Erwachsene die Lateinschrift, andere schrieben ihre Briefe noch in Kurrentschrift. Die Briefe, welche die Mutter mir in das Internat sandte, schrieb sie in einer  Mischung aus beiden Schriftformen. So lernte ich ein wenig Kurrent lesen. Als ich einen Bericht über die Kriegsjahre in Arnoldstein verfasste wurden mir Briefe von einem KZ Häftling zur Verfügung gestellt. Die Briefe waren in Kurrentschrift abgefasst. Um diese Briefe dem Bericht anzufügen habe ich sie  an einen Verwandten weitergereicht, der sie mir in die Lateinschrift übertragen hat.

Österreichische Schulschreibschrift.     

KUR:haus IV

Nach den Kneippanwendungen gehe ich in der Wandelhalle des Kneipp-Kurhauses in Schärding auf dem roten Teppich auf und ab um die Füße warm zu laufen.  Dabei blicke ich auf den, nach zwei Regentagen, angeschwollen und schmutzigen Inn. Für die Dauer des Kuraufenthaltes verkörpert er für mich den Fluss des Lebens. Der Inn fragt nicht welchen Zweck sein Fließen hat, welche Aufgaben auf ihn warten. Er weis auch nicht wohin er fließt. Wir verhalten uns anders, wir stellen den ganzen Tag über Fragen. Die Fragerei lässt keine geordnete Arbeit zu, sie verhindert, dass man den Fragen Anderer zuhört. Manche werden auch in der Nacht ihre Fragen nicht los, die offenen Fragen lassen keinen Schlaf zu. Im Allgemeinen lobt man die Fragesteller, aber es gibt ein Übermaß an Fragen. An der Beantwortung der Fragen:  „Wozu und warum leben wir, wohin gehen wir und was ist der Sinn unseres Leben“,  scheitert man.

Als Krönung der Schöpfung bemühen wir uns diese Fragen zu erörtern. Wir sind das einzige Lebewesen, dass die Chance hat, diese komplexen Fragen zu beantworten. Die Ungewissheit in diesen Fragen ist  geeignet die Schulter- und Nackenmuskeln zu verspannen, die Fragen sind Ballast für den Schulterbereich. In der Kur befinden sich Menschen, die sich diese Fragen gestellt haben und sich von den Massagen, den Nackengüssen und – wickel Linderung versprechen. Im Innersten erwarten sie sich eine Antwort auf diese Fragen. Nach der Linderung der körperlichen Beschwerden werden die Fragen wieder kommen.  

Im Kneippkurhaus gibt es im Erdgeschoss einen Gang mit vielen Türen, die alle  kein Türschild haben, sie führen in die Hauskapelle. Dort, so wird es versprochen, findet sich für alle diese Fragen eine Antwort. Es gibt auch eine Antwort  auf die Frage: “Nach dem Leben nach dem Tod”.

Alle fragen.