29. März:2003

Es dauert nur noch wenige Stunden bis wir aus Gaschurn abreisen, ich sitze oberhalb vom Posthotel Rössle. Jetzt fühle ich mich müde, das Hoch lässt nach, es kommen die Gedanken an das Morgen. Der Urlaub ist vorbei. Zu Hause warten auf uns Charly & Undine. Das Radfahren in diesen Tagen war schön, bis auf den geplagten Hintern. Die Vögel singen, ein Blick auf den Gaschurner Berg, welcher in dieser Woche grün geworden ist. Noch gibt es ein paar weiße Flecken.

Warum können Menschen untereinander das Gegenüber nicht als gleichwertig akzeptieren? Immer wird versucht über den anderen zu bestimmen und zu herrschen. Was im Kleinen passiert setzt sich im Großen fort, wie jetzt im Irakkrieg. Welche Folgen dieser Krieg für uns in Österreich haben wird, weiß man noch nicht. Auf der Kirchturmuhr ist es halb sechs Uhr abends, es beginnt zu dämmern.

Ausreichend an meinen Texten gearbeitet. Schreiben wird für mich zur besten Therapie, einschließlich dem Führen der Tagehefte. Froh darüber, dass ich mir Grundkenntnisse am PC erworben habe, diese will ich noch vertiefen. Zu Hause werde ich mir die Internet -Tagebücher, die Weblogs ansehen, eventuell ist dies etwas für mich?

götter:speise

Zwischen zwei Übungen an den Geräten im Rückenstudio schwärmte die Nachbarin von einem verflossenen Wochenende.  An diesem hatte sie ihre studierende Tochter in Wien besucht und gemeinsam fuhren sie am Samstagnachmittag mit dem Fahrrad auf dem Donauradweg in die Wachau. In Dürnstein machten sie eine Pause in einer Konditorei, von der Torte schwärmte sie heute noch. Die Konditorei befand sich in der Nähe der Pestsäule.

Von einem Ausflug nach Dürnstein, der schon zwei Jahrzehnte zurückliegt, hat sich bei mir die Kirche mit dem blauen Kirchturm, direkt am Donauufer, eingeprägt. Damals haben wir ebenfalls in einer Konditorei eine Pause gemacht. Dazu, wo diese gelegen und wie sie innen ausgestattet war und was wir dort konsumiert haben, konnte ich keine Angaben machen. Die Wahrnehmung den Kuchen und den Kaffee betreffend war sehr eingeschränkt, völlig zugedeckt von meiner Verliebtheit. Damals bin ich mit der Angebeteten auf Händen in den siebenten Himmel entschwebt. Dürnstein verleiht der Liebe Flügel. Was bedeuten irdische Genüsse, wie der Fruchtgeschmack einer Torte, wenn das Manna vom Himmel fällt. Der blaue Kirchturm hat sich gut in unsere Gefühle integriert, wird doch der Aufenthalt im Himmel als ein Ort der Glückseligkeit verheißen. Dort müssen wir nicht mehr leiden und sind unsere Sorgen los, ein neues Wohlbefinden. Wir verlieben uns in den lieben Gott, ein ewiges Glücksgefühl, welches nie enden wird. Die irdische Verliebtheit ist eine Vorspeise des Himmels, eine Götterspeise. Deshalb sind die Götter mit dem Austeilen so sparsam. Egal um was es im Leben geht, überall herrscht Zuckerbrot und Peitsche, so auch beim Vorgeschmack auf das Ewige Leben.

lo:vran

Mit den Nordic Wanderstöcken bin ich auf dem Lungomare von Opatija in Richtung Lovran unterwegs. Wechselhaftes Wetter ist kein Grund auf die Bewegung zu verzichten und so komme ich dem Meer am Lungomare ganz nahe. Das Weite Meer gehört fast mir alleine, ich muss es nur mit wenigen Schiffen teilen. Von Lovran bin ich noch etwa eine Stunde entfernt. Der Blick auf die Unendlichkeit des Meeres, in Richtung Horizont hat etwas Tröstliches. In den Alpentälern endet der Blick auf der gegenüberliegenden Talseite. Die Felsabhänge des Mittagskogel stoppen die Gedanken, will jemand darüber hinaus, prallen alle Fluchtversuche an den Felswänden ab.

Vor Lovran, direkt neben dem Lungomare gibt es einen Kiosk mit bunt zusammengewürfelten Sitzgelegenheiten vom Flohmarkt. Weiters Tische und Stühle aus alten Paletten. Hier gönne ich mir zur Regeneration eine Dose Coca-Cola um € 2.50. Stimmt mein Gefühl, dass dieses Jahr die Getränke, Speisen und Imbisse in Istrien teurer geworden sind?  Auf einem Sofa sitzen Mutter, mit Skripten und Bleistift, sowie die Tochter mit einem Buch. Es sind die ersten Spaziergänger welche ich bei einer Lektüre ertappe. Der Kiosk steht im Schatten von Bäumen, in der Nähe ist ein Kinderspielplatz. Eine Gruppe von Schülern, ausgestattet mit Schreibzeug, Collegblock und Handys, gehen vorbei. Der Standard bei den Joggern ist ein Smartphone am Oberarm zur Pulsmessung, Kopfhörer für die Musikberieselung und eine umgeschnallte Trinkflasche. Das Meer wird vor Lovran immer offener.

Die ernsten Gedanken mit weitreichenden Folgen erhalten auf der Terrasse vom Restaurant in Lovran mit Meeresblick eine gewisse Leichtigkeit. Urlaubs- und Heimatgefühle vereinigen sich bei einem Glas Hirterbier, welches gerade aus Kärnten in die Gaststätte angeliefert wurde.   

be:gräbnis ll

Der Diakon hat ein geschlossenes Weltbild, das irdische Leben endet mit dem Tod und beginnt im christlichen Himmel neu. Aber wie sieht dieses neue Leben und dieser neue Körper aus, von dem in der Bibel berichtet wird? Petrus Abaelard, ein französischer Theologe lehrte, dass im Tod sich die Seele vom irdischen Körper trennt und bei der Auferstehung der Toten, einen neuen, einen himmlischen Körper bekommt. Thomas von Aquin kommt zum Wesen der Seele zu weiteren Erkenntnissen: Sie ist im ganzen Körper gegenwärtig und es stirbt der ganze Mensch und steht als ganzer Mensch wieder auf. 

Wie steht es um das Wissen unserer Seele: Die einen verstehen die Seele als etwas Festgefügtes, mit dem leiblichen Körper verbunden, die Anderen als etwas Eigenständiges. Die einen empfehlen sich ganz in die Obsorge Gottes fallen zu lassen, andere plädieren für die Selbstverantwortung. Manche suchen Trost bei ihrem Haustier, einem Hund, einem Kanarienvogel oder einer Katze. Es sind tierische Schutzengel, welche man von überall anrufen kann.  Der Theologe Huber räumt ein, dass sich die Gedanken und die Ideen jedes einzelnen Menschen in ein größeres Gedankenuniversum einfügen. Umgekehrt Gedanken und Ideen aus diesem größeren Universum von einzelnen Menschen abgerufen werden können.

Nach meiner momentanen Gefühlslage brauche ich im Jenseits keinen neuen und auch keinen alten Körper, bei dem durch das Alter noch die Gebrechlichkeit dazukommt. Über das Bewusstsein und die Erinnerungen nach dem Tod mache ich mir Gedanken. Werde ich mich im Jenseits als schrulligen Papierhändler erleben, wie mich Peter Zimmermann in seinem Aufsatz „Geschichte und Geschichten”, auf der Ö1Webseite beschreibt: „Hätte sich nicht zufällig der schrullige Papierhändler in unseren Ort Arnoldstein verirrt, dann wäre die Literatur an mir abgeprallt wie die Fächer Chemie, Physik und Nachmittagsturnen. Im Alter von sechzehn Jahren hatte ich im Geschäft eines dichtenden Papierhändlers zur Literatur gefunden“.  Die Auferstehung kann spannend werden, falls die Seele noch das Attribut von Spannung und Überraschung kennt, wie ich es im Heute erlebe.

ERHOLSAME OSTERFEIERTAGE WÜNSCHT ALLEN LESER*INNEN schlagloch