radiolosn II

Samstag, spätabends, gab es für uns Jugendliche die Sendung Tanzmusik auf Bestellung. Schlagerwünsche konnten wir keine aufgeben, da wir am Bergbauernhof keinen Telefonanschluss hatten. Brauchte es einen dringenden Telefonanruf, dann erledigten wir dies beim Gasthof Rader in der Nachbarschaft, dort gab es eine öffentliche Fernsprechstelle. In den 80er Jahren errichtete die Schwester mit ihrem Ehemann in der Nähe vom Bauernhaus ein Einfamilienhaus und verfügte dort über einen Viertel Telefonanschluss. In den späten 60er Jahren startete der Österreichische Rundfunk ein neues Programm, Ö3. Mit dem Empfang von Ö3 gab es beim Eumig Radio Probleme, soviel ich am Senderknopf drehte und die Drahtantenne neu positionierte, der Empfang war von Nebengeräuschen unterlegt. Die Mutter hatte dazu ihre eigene Meinung, dass Eumig Radio ist für die laute und schrille Popmusik, wie sie in Ö3 gesendet wurde, zu alt. Die Popmusik könnte dazu führen, dass die Radioröhren kaputt gingen.

Im Internat in Tanzenberg gelang uns Zöglingen mit wenigen technischen Bauteilen einen sogenannten Detektor zusammenzubasteln. Mittels Kopfhörer konnten wir Radiohören, wobei die Senderauswahl eine untergeordnete Rolle gespielt hat. An erster Stelle stand, dass wir überhaupt etwas gehört haben.  

Zu Beginn meiner Selbstständigkeit in Arnoldstein, im Jahr 1972, kaufte ich mir einen Radio – und Kassettenrecorder, ITT Schaub-Lorenz, welcher den Geschäftsalltag musikalisch untermalte. Der Radio – und Kassettenrecorder, ein Holzdekor Modell, war bis im Juni 2011 in der Papierhandlung in Gebrauch. Mit dem Recorder bestand die Möglichkeit Radiosendungen aufzunehmen, ich erstellte ein persönliches Archiv von Ö1 Sendungen: Diagonal und Im Gespräch von Ö1.  Die Sammlung enthält auch Tonkassetten der Radiosendung „Aus der Dichterstubn“ in der ich meine Mundartgedichte vorgetragen habe.

radiolosn

Das Radio oder der Rundfunkempfänger wie sie in den 60er Jahren genannt wurden sind heute Museumsstücke und in speziellen Ausstellungen zu besichtigen. In Österreich wird das hundertjährige Bestehen des öffentlichen Rundfunks gefeiert. Das Radio spielt seit meiner Jugend eine wichtige Rolle. Ich erinnere mich an das Eumig Radio, dieses hatte auf dem Bergbauernhof seinen Platz in der Küche, über dem Esstisch auf einer Konsole. Am Radio, ein viereckiger Quader, befanden sich vorne eine Taste zum Ein- und Ausschalten, eine Taste für Mittelwelle und UKW. Links ein Drehknopf um die Lautstärke zu regulieren und rechts der Drehknopf mit dem wir den Rundfunksender einstellen konnten. Damit wurde ein Zeiger auf einer Skala mit ganz vielen Städtenamen bewegt. In der Mitte von der Frontseite befand sich ein Auge und war hier der grüne Strich ganz schmal, dann hatte man den besten Empfang ohne Nebengeräusche.

Das Radio begleitete das Mittagessen und das Abendessen. Neben den Nachrichten und den Unterhaltungssendungen waren auch die Zeitansagen und Wetterberichte wichtig. Ein fester Bestandteil zu Mittag war die Sendung Autofahrer unterwegs, obwohl in unserer Familie niemand einen Pkw hatte. Die Sendung begann um zwölf Uhr mit dem Geläut der Kirchenglocken aus den verschiedenen Pfarren in ganz Österreich. Zwei populäre Moderatoren von Autofahren unterwegs waren Rosemarie Isopp und Walter Niesner. Für Stimmung während der Sendung sorgten Aufnahmen von Blasmusikkapellen. Am Sonntagnachmittag gab es das Wunschkonzert von Radio Kärnten und an einem Abend unter der Woche die Kärntner Jägerstunde. Die Mutter war eine begeisterte Radiohörerin und dies war eines der wenigen Vergnügen die sie am Hof hatte. In der Küche konnte sie neben dem Kochen für eine mehrköpfige Familie, radiolossn.

preislexikon

Ein Strichcode auf den Artikel für die Abrechnung war Mitte der sechziger Jahre unbekannt. Während meiner Lehrzeit haben wir bei den Büchern den Verkaufspreis mit Bleistift auf dem hinteren Umschlagdeckel angeschrieben. Dazu das Einkaufsdatum, zum Beispiel 6/66, hinzugefügt. Dies bedeutete das Buch wurde im Juni 1966 eingekauft. In meinem Bibliotheksbestand gibt es zwei Bücher, welche aus der Buchhandlung Petz stammen: Götter, Gräber und Gelehrte, Roman der Archäologie, von C. W. Ceram. Die Signatur ist am hinteren Buchdeckel ersichtlich: Schilling 158,40, Lieferdatum 11/62. Ein Weihnachtsgeschenk von meinen Eltern. Das Buch, „Die Verbesserung von Mitteleuropa von Oswald Wiener”, habe ich mir während meiner Ausbildungszeit gekauft: 53,60 Schilling, Lieferdatum 3/69.  Nach diesem System wurden auch Wareneingangsbücher, Kassabücher und Durchschreibebücher mit Preisen versehen.  Farbstifte, Locher, Heftmaschinen, Stempelkissen, Deckfarben, Lupen und andere Papierwaren bekamen auf der Rückseite ein selbstklebendes Preispickerl.

Die erste Verkäuferin, Manuela, war ein lebendes Preislexikon. Gab es eine Unsicherheit ob der angeschriebene Preis stimmte oder fehlte das Preispickerl, dann wusste sie den Preis auswendig. Die Allwissenheit der ersten Verkäuferin hatte auch seine Schattenseiten. War die Manuela im Urlaub oder erkrankt und gab es eine Situation wo bei einem Artikel der Preis fehlte, waren wir ratlos. Eine schlampige Preisauszeichnung erweckte den Unmut des Chefs, aus Ärger darüber hat er mehrmals mit ein paar Zeitungen auf das Verkaufspult geschlagen.

Bei den Schulheften, Hefteinbänden, Notizblöcken und anderen Papierwaren, welche in größerer Menge in einem Fach lagernden, befand sich am Regalfach ein Preisetikett. Staffelpreise gab es für Papierwaren, welche in größeren Mengen verkauft wurden: Trinkbecher, Servietten, Kuverts, Fettpapier oder Klopapier. Die Staffelpreise befanden sich auf Karteikarten in einem Karteikasten. Auf der Karteikarte Blaue Kuvert waren die Staffelpreise je nach Abnahmemenge aufgelistet. Der Preis für Blaue Kuvert wurde günstiger bei fünfhundert Stück, bei zweitausend Stück oder bei fünftausend Stück Blaue Kuvert. So funktionierte dies auch mit dem Fettpapier, der Preis wurde günstiger je mehr Kilo man davon kaufte.

gummiringe

Beim Infopoint vom Hypermarkt machte ich die Service Mitarbeiterin darauf aufmerksam, dass der Rabatt beim Blumenstrauß nicht abgezogen wurde. Von mir wurde verlangt, dass ich den Rabattaufkleber vorlegen möge, nur dann kann die Differenz rückerstattet werden. Ich habe nach dem Kauf direkt einen Krankenhausbesuch gemacht und den Kassa Bon erst abends zu Hause überflogen. Die zugezogene Abteilungsleiterin vertrat die Meinung, es wäre meine Pflicht als Kunde gewesen, die Kassiererin auf die Reduktion aufmerksam zu machen. Eine nachträgliche Vergütung sei nicht möglich. Mein Einwand, es kann nicht Sache des Kunden sein auf etwaige Vergünstigungen und Rabatte beim Zahlvorgang aufmerksam zu machen, dies falle in die Kompetenz der Kassiererin. Dass die Blumensträuße vom Wochenende reduziert verkauft wurden, wurde nicht in Abrede gestellt. Nach Aussage des Supermarktpersonal haben sie schlechte Erfahrungen mit Kundenreklamationen. Kunden versuchen mit vielen Tricks Rabatte und Prozente zu bekommen, welche ihnen nicht zustehen. Ich versicherte der Abteilungsleiterin, dass ich nach fünfundvierzig Jahren Tätigkeit im Verkauf kein Gummiringel aneignen würde, ohne zu bezahlen. Der Differenzbetrag von zirka fünf Euro wurde aus der Portokassa rückerstattet.

Meine Aussage, nicht einmal ein Gummiringerl ohne zu bezahlen mitzunehmen hat seinen Ursprung in meinen Lehrjahren in der Papierhandlung Petz . Statt Tixo wurde dort in den sechziger Jahren ein Semperit Gummiringerl verwendet. Die Hartpost, ein universelles Papier für die Schreibmaschine, wurde blattweise verkauft. Zehn oder zwanzig Blatt Hartpost wurden zusammengerollt und mit einem Gummiringerl versehen. Die Hartpost hatte in den 60er und 70er Jahren dieselbe Rolle wie heute das Kopierpapier. Die Klarsichtfolien wurden ebenso stückweise verkauft. Der private Verbraucher konnte sich damals den generösen Verbrauch von Hartpost und Klarsichthüllen, wie heute beim Druckerpapier, nicht leisten. Im Magazin fielen immer wieder Gummiringe auf den Holzboden und blieben unbemerkt. Kam die betagte Seniorchefin in das Geschäft um Harry ein wenig Gesellschaft zu leisten, dann hatte sie einen Blick für die Gummiringe.  Sie ermahnte uns das Gummiringerl vom Boden aufzuheben und damit sorgsam umzugehen.  

insektenmast

Vielerorts werden Alternativen ausprobiert um das Fleisch durch andere Lebensmittel zu ersetzen. Für das lebensnotwendige Eiweiß und die Proteine bietet sich der Verzehr von gezüchteten Würmern und Raupen an. In der Wirtschaftskammer in Klagenfurt gab es ein Buffett mit Würmern und Raupen. Eine Nichte hat daran teilgenommen und erzählte, dass sie sich nicht entschließen konnte beim Raupen- und Heuschreckenbuffet zu zugreifen. Sie bediente sich am traditionellen Buffet. In Kärnten gibt es einen innovativen Betrieb im Lavanttal der in großem Umfang Insekten, Würmer, Raupen und Heuschrecken züchtet. Bei dieser Menge muss man sagen, mästet. Die Populationen befinden sich in den Schubladen einer Schrankwand. Wird eine Lade geöffnet, dann wuselt es nur so. Ist dies Art von Zucht ein landwirtschaftlicher Mastbetrieb, statt Rinder sind es Insekten oder ist es ein Industriebetrieb, statt Vitaminpillen sind es Insekten? Gibt es dabei eine Trennlinie? Ob Schwein, Rind oder Insekt, um es als Nahrungsmittel zu verwenden, ist ein Tötungsvorgang notwendig. Im Lavanttaler Betrieb erfolgt die Tötung oder ist es eine Schlachtung im Kollektiv dadurch, dass die Temperatur auf etwa Minus fünfzehn Grad abgekühlt wird. In diesem Minusbereich stellen die Insekten ihre Lebensfunktion ein.

Um eine Facette reicher wird die Mästung von Insekten, wird auf diese der Tierschutz angewendet, wie er für Hühner, Schweine oder Rinder gilt.  Die Tierschutzorganisationen bemängeln, dass es in den industriell geführten Mastbetrieben für die Tiere nicht den nötigen Platz und Auslauf gibt. Dabei wird verdrängt, dass Tiere Gefühle und Emotionen haben, bis zu der Annahme, dass die Tiere ihren Tod, die bevorstehende Schlachtung, instinktiv spüren. Wie steht es mit dem Tierschutz bei der Insektenmast?  Hier leben Tausende von Rauben und Würmer auf kleinsten Raum in Schubladen. Einer kraxelt über den Anderen, es ist ein Wirrwarr wie bei einem Ameisenhaufen. Laut einem TV- Bericht haben neue Forschungen festgestellt, dass auch Insekten Gefühle haben und sich organisieren.