Auch an Orten, bei Wohnungen, wo die nächste Straße mehrere Hunderte Meter entfernt ist, kann man den Straßenlärm hören. An schönen Tagen, wenn der Wind weht und dazwischen aus einem angrenzenden Garten der helle Ruf eines spielenden Kindes. Gegen dieses Rauschen, das am frühen Vormittag und am späten Nachmittag am stärksten ist, gibt es keine Rechtshandhabe. Wir leben in einer Gesellschaft mit klaren Rechtsregeln, wir sind in einem stabilen Rechtssystem aufgewachsen. Es ist ein seltener Zustand, wenn es im Kopf völlig still wird, wir sind nicht nur dem Lärm von außen ausgesetzt. Die moderne Hirnforschung sagt, dass wir unsere Tätigkeiten unabhängig von unserem Willen ausführen. Wir bestätigen im Nachhinein die Entscheidung unsers Gehirn, dies ist der freie Wille. Wir haben die Möglichkeit etwas nicht zu tun, uns gegen unser Gehirn aufzulehnen.
Als Kind lernen wir, dass es menschliche Regeln gibt, jeder seine Freiheiten hat, aber keine endgültigen Freiheiten. Ohne Regeln würden wir ständig agieren, wir würden die Grenze des Nächsten überschreiten. Grenzenlose Freiheit würde uns in die Unfreiheit führen, das sichere Leben würde zur Unsicherheit ausarten. Jedes Lebensalter bietet andere Freiheiten, Lebensabschnittsfreiheiten. Die Freiheit der Jugend, bei Mode, Unterhaltung oder Verantwortung unterscheiden sich in vielen Punkten von den Freiheiten des Alters. Die unfreiste Zeit des Lebens ist die Zeit der Lebensmitte. Im Alter nützt man noch einmal die menschlichen Freiheiten aus, besitzt man ein gesundes Mass an Selbstbewusstsein und blickt auf sein Leben mit Selbstachtung zurück. Es ist die Zeit, sich noch einmal gegen gesellschaftliche Entwicklungen aufzulehnen, vieles nicht gut zu heißen. Sich nicht durch Jugend und Schönheit in das Abseits drängen lassen. Die einzige Grenze der Altersfreiheit ist die Grenze des eigenen Lebens, die Begrenztheit der Lebensjahre.
Altersfreiheit gegen Jugend.