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Ein erfolgreicher Hit von Udo Jürgens war: Mit Sechsundsechzig Jahren, da fängt das Leben an, mit Sechsundsechzig Jahren, da hat man Spaß daran.. Wenn dies stimmt, dann befinde ich mich in einer neuen Lebensphase. Udo, wie er liebevoll genannt wurde, hat diesen Schlager zu seinem Sechsundsechzigsten Geburtstag komponiert. Nach Berichten der Medien hat er sich in diesem Alter fitter gefühlt, als vergleichsweise zwanzig Jahre früher. Mit Sechsundsechzig Jahren hat er mehr auf seinen Körper geachtet, als in anderen Jahren. Auf dem Papier fühlen sich zwanzig Jahre früher sorglos an, umgekehrt stellt sich die Lebenssituation um vieles unkomplizierter dar. Da tauchen ernste Bedenken auf, Blockaden, ob noch zwanzig Jahre dazu kommen werden? Und wenn, in welchen körperlichen oder geistigen Zustand, man kann nur hoffen. Der Schlager, Mit Sechsundsechzig Jahren, da fängt das Leben an, wird bestimmt bei vielen Menschen wieder Saison haben, zum Lebensmotto werden. In vielen europäischen Staaten drängt man darauf, hauptsächlich aus budgetären Gründen, dass die Menschen bis Fünfundsechzig Jahren arbeiten. Wobei es unter den Senioren einen kleinen Teil gibt, die freiwillig über das vorgesehene Rentenalter hinaus tätig sein wollen. Hauptsächlich findet man diese unter den Selbstständigen, unter den höheren Angestellten und Freiberuflern.

Nach einem Jahr werde ich wissen, ob mein Alltag mit Sechsundsechzig  eine neue Blüte erlebt. Nach den ersten Pensionschnupperjahren hoffe ich auf mehr Gelassenheit und weniger Ehrgeiz. Wobei ich der Meinung bin, dass sich schon viele Jahre vor dem Rentenantritt, zumindest in kleinen Dosen, Hobbys und Talente zeigen müssen. Wer bis zu seiner Pensionierung kein handwerklicher Typ war, wird auch nach Sechzig nicht zum professionellen Heimwerker mutieren. Dafür gebe es jetzt zahlreiche andere Beispiele, eines will ich noch anfügen. Wer bis Fünfundsechzig achtlos an Ameisen und Ameisenhaufen vorüber gegangen ist, sie zumeist zertreten hat, wird mit Sechsundsechzig Jahren bestimmt zu keinem Ameisensachverständigen. Die Wurzeln für ein geglücktes Alter liegen in der Aktivphase. Jedem wünsche ich, dass er die Jahre nach Sechsundsechzig genießen und sich sinnerfüllt beschäftigen kann.

bahn:tunnel II

Bei der Feldarbeit in Politzen hatten wir keine Uhr dabei, die Jausenzeit und das Mittagessen richteten sich nach den, auf der Strecke verkehrenden, Personenzügen. Die Geschwister, welche abends die Kühe versorgten, machten sich nach dem Fünfuhrzug auf den Heimweg. Die übrigen Familienmitglieder blieben sommers auf dem Feld, bis die Arbeit erledigt war oder die Dunkelheit hereinbrach.

Das radikalste Ansinnen ist, die Bahnstrecke Villach – Klagenfurt zu untertunneln.  Dies wäre eine Strecke von zirka dreißig Kilometer. Dafür gibt es bis dato kein Einlenken von der ÖBB, noch auf politischer Ebene. Konkrete Planungsunterlagen fehlen. Nach dem Motto, man versenkt Milliarden von Euro im Wörthersee. Die Finanzierung erscheint  mir utopisch, diese könnte die Größenordnung vom Semmeringbasistunnel erreichen. Derzeit betragen die Baukosten für den Semmeringtunnel 3,3 Milliarden Euro. Mit einem Vorschlag möchte ich mich an den Planungen beteiligen. Abschnittsweise könnte man beim Wörtherseebahntunnel den Blick auf die Unterwelt des Wörthersees freigeben. Dies wäre für die Bahnreisenden, welche die Südbahnstrecke benützen, ein besonderes Zuckerl. Vielleicht wird man dabei der einen oder anderen Sagengestalt, die mit der Entstehung des Sees verbunden sind, wieder ansichtig. Für Sagengestalten hat unsere Zeitrechnung keine Gültigkeit.

Früher war es Usus entlang der Straßen ganze Ortsteile zu errichten, weil Straßen bedeuten Mobilität und für einige eine wirtschaftliche Existenz. Dies traf in besonderem auf Gastwirtschaften, Tankstellen, Bäcker und Fleischauer zu, zumeist auch auf Lebensmittelgeschäfte. Auf der Fahrt zu ihrem Urlaubsort haben Durchreisende Hunger und Durst. Mit der Straße kam der Verkehr und mit dem Verkehr die Touristen. Siedlungen, welche an Verkehrsknotenpunkten liegen, entwickeln sich besonders gut, dies kann man seit der Antike beobachten. Die Abneigung gegen den Straßen-, Bahn- und Flugverkehr  gibt es erst die letzten dreißig Jahre. Es ist paradox, da wir zumeist auf eines dieser Verkehrsmittel angewiesen sind. Wahrscheinlich wird auch die jetzige Euphorie für Drohnen dereinst einmal in Ablehnung umschlagen.

Flieg, Biene flieg.

bahn:tunnel I

Die Jahre, in denen man vom fahrenden Auto heraus die Gegend und die Landschaft beobachten konnte, sind endgültig vorbei. Zum Einem werden entlang der Autobahnen immer mehr Lärmschutzwände aufgestellt, man fährt in einem Tunnel seinem Ziel entgegen. Zum Anderem führen kaum noch Hauptverkehrsstraßen durch die Ortschaften. Inzwischen sind in großem Umfang Umfahrungsstraßen gebaut worden. Sehr zum Vorteil der Ortsbewohner, das Nachsehen  haben die Reisenden, denen manches Kleinod verborgen bleibt. Die Errichtung von Lärmschutzwänden passiert zumeist aufgrund von Bürgerinitiativen, die sich um den Lärmpegel sorgen.

Vor Jahrzehnten konnte man von der Autobahn, bei der Fahrt von Villach nach Klagenfurt, von oben einen Blick auf den Wörthersee genießen. Heute erkennt man anhand der Straßenschilder bei den Ausfahrten, dass man den Wörthersee entlang fährt. Ähnliches gilt für die Bahnstrecke, welche am Nordufer vom See verläuft. Der Bahnlärm verärgert die neu hinzugezogenen, welche sich ein Eigenheim in der Nähe der Bahngeleise gebaut haben. Es sind dies Leute, welche in der Landeshauptstadt Klagenfurt gut verdienen, und sich den Blick auf den Wörthersee leisten können.

Die Hoteliers entlang des Nordufers haben eine rabiate Forderung aufgestellt, die Bahn muss weg, in das Rosental verlegt werden. Vor einem Jahrhundert nahm, mit der Errichtung der Südbahn von Wien nach Triest, der Fremdenverkehr in Kärnten seinen Anfang. Dies ist heute noch nachvollziehbar, da damals die schönen Hotels und Villen entlang der Bahnstrecke gebaut wurden. Sie strahlen noch den Glanz der Jahrhundertwende aus. Die feine Wiener Gesellschaft kam zur Sommerfrische an den See. Ohne die Bahnverbindung wäre dies kaum möglich gewesen. Der Bahn sollte man eine neue Chance geben, kein Verkehrsmittel ist so  umweltverträglich.  Zudem stelle ich die Frage, was ist so schlimm am Bahnlärm?  In meiner Jugend bedeuteten die regelmäßigen Züge auf der Tauernstrecke, so etwas wie das Angebundensein an die weite Welt. Obwohl ich von der weiten Welt keine Vorstellung hatte.

Bahnhofshalle