TELFON:zelle

Gegenstände und Einrichtungen die für uns heute selbstverständlich sind und den Alltag bestimmen, waren vor einigen Jahrzehnten nicht selbstverständlich. Nicht jedes Haus oder Wohnung hatte einen Telefonanschluss. Es war ein Fortschritt, dass von der Post auch in kleineren Ortschaften so genannte Telefonzellen errichtet wurden. Von diesen öffentlichen Telefonzellen aus konnte man am Wochenende mit Bekannten Telefongespräche führen und war nicht an die Öffnungszeiten der Postämter gebunden. Es war möglich im Notfall einen Arzt, Polizei, Rettung, Feuerwehr oder Tierarzt  zu verständigen. Die Telefonzelle bildete einen Treffpunkt für die Jugend, sie ersetzte oft einen Bildstock oder Wegkreuz. Für die Ortschaft bedeute eine Telefonzelle den Einzug der modernen Zeit. Am Samstagabend ist  es zu Wartezeiten bei der Telefonzelle gekommen, weil manche lange mit ihrer Freundin oder ihrem Freund in der Stadt telefoniert haben. Man hielt die Tür der Telefonzelle geschlossen, sodass niemand die Möglichkeit hatte mitzuhören. In Möselstein wurde von den Flüchtlingen aus Bosnien und Kroatien,  welche aus ihrer Heimat wegen dem Jugoslawienkrieg geflüchtet sind, viel von den öffentlichen Telefonzellen aus telefoniert. 

Heute sind in vielen Orten die Telefonzellen verschwunden, sie wurden abmontiert, weil sie nicht mehr benützt werden. Das Handy hat sich überall verbreitet. Es gibt keine privaten Gespräche mehr. Auf öffentlichen Plätzen, in Cafes oder Schwimmbädern wird für jeden hörbar telefoniert. Es gibt keine Tabuzonen mehr. 

Nicht privat.   

MUND:art

SCHREIBN 

Nit olle sehgn in

da Nocht de helln Stern,

monche firchtn sich

vur da Dunklheit,

vur da Zukunft,

vur de schlechtn Tram.

Wonns um mi gonz still weard

fong i on zan Schreibn,

vom Olbtram zua an

neichn Gedicht…  

 

RECLAME 

Wer heit om Lond

in an Urt einefoahrt,

der siaght zerst dos

haushoche Reclameschüld

vom Supamorkt, glei ba

da Urtseinfoahrt, erst

späta den Kirchturm.

Im Urtszentrum draht sich

ka Wettahohne om Doch,

auf an Reclamemost draht

sich a Plastiktrogtoschn… 

 

MENSCH 

Es weard oft gfrogt,

woas is a Mensch,

wo kimmta her,

wo geahta hin.

Woas gschiacht mit

seine Gedonkn,

wonna  stirbt.

Vüle Frogn, de mon

goar nit olle beontwortn

konn, weil miar schterbn

vül zua friah…

 

 

DREIECK:schnitte

Dass sich vieles ändert, bemerkt man an den kleinen Dingen des Alltags. Als ich die erste Klasse in der neu errichteten Volksschule in St. Paul besuchte, wurde gegenüber der Volksschule ein kleiner Kiosk mit Schulartikel, Süßigkeiten und Wurstsemmeln eröffnet. Im Kiosk bediente der Sohn vom nahe gelegenen Gemischtwarengeschäft. Sein Wunsch war Schlagersänger zu werden, das Radio war immer eingeschaltet. Jeden Schlager hat er mitgesungen oder mitgepfiffen. Er wurde später Mitglied des Männergesangsvereins und übernahm das elterliche Geschäft. Unter dem Druck der Supermärkte musste er zusperren. Die letzten Arbeitsjahre verbrachte er als Lagerarbeiter in einem Lebensmittelabholmarkt. Er ist kein Einzelschicksal. In vielen Großhandelshäusern findet man Angestellte die selbst einmal einen Laden geführt haben, diesen aber schließen mussten. Sie sind  dankbar einen Job gefunden zu haben und sind die fleißigsten Arbeiter. Nur wenige Kinder konnten sich außer den Schulartikeln noch Süßigkeiten kaufen, heute sind die Kinder mit Süßigkeiten übersättigt. In der Pause tauschten wir Bergbauernkinder unsere Speckbrote gegen die Wurstbrote der Arbeiterkinder.  Die Lehrerin sammelte Obst für die Kinder in Heiligenblut am Großglockner.  

Die Volksschule wurde mit acht Schulstufen geführt, nicht alle Schüler besuchten nach der vierten Klasse die Hauptschule oder das Gymnasium. 

Die Dreieckschnitte.

GOLD:grube

 Vor kurzem ist der Computerwissenschaftler Joseph Weizenbaum gestorben. Er war Mathematiker und Entwickler von Softwareprogrammen. Er sah sich als Warner vor der bedingungslosen Wissenschafts- und Zukunftsgläubigkeit. Über das Internet meinte er: „ Es ist ein Misthaufen. Neunzig Prozent sind Schrott, es finden sich aber auch ein paar Perlen und Goldgruben darunter.”

In allen Lebensbereichen haben wir es mit den unterschiedlichen Qualitäten zu tun. Nehmen wir die Vielfalt bei den Zeitschriften und bei den  Fernsehsendungen. Jeder muss für sich entscheiden, was für ihn Schrott und was für ihn eine Perle ist. Man kann damit argumentieren, dass Schrott eine Fundgrube für Rohstoffe ist. In einer Recyclinganlage werden aus Schrott wertvolle Rohstoffe gewonnen. In einer Müllverbrennungsanlage gewinnt man aus dem Müll Energie. Ob mein Blog eine Schrott- oder Goldgrube ist,  kann jeder Besucher selbst entscheiden.

Die Internetmüllverbrennungsanlage.    

NOT:arzt

Beim Abendessen sitzt am Nebentisch eine schlanke Frau mit heller Gesichtsfarbe, langen Haaren und drei Kindern, das Jüngste an ihrer linken Seite. Sie essen gerade die Nachspeise. Ein Gedeck steht unberührt am Tisch, für ihren Mann? Ihr Blick ist gesenkt, sie spricht zu den Kindern mit gedämpfter Stimme. Die Kinder stellen keine Fragen.
Am nächsten Morgen sind die Kinder beim Frühstücksbuffet, die Frau wendet den Blick zur Seite. Man lobt wie brav und artig die Kinder sind. Die Frau gibt ihre Hände vor das Gesicht und bricht in Tränen aus. Ihre Kinder befinden sich noch im Schockzustand, der Mann sei gestern im Funpark mit den Skiern vor den Augen der Kinder gestürzt. Beim  Springen über die Schanze sei er aus den Skiern gekippt und so unglücklich auf der Piste aufgeprallt, dass er auf der rechten Seite Serienrippenbrüche habe und das Schultergelenk verletzt ist. Das Schlimme sei, dass die Lungenfunktion beeinträchtigt ist. Nach dem Sturz sei er bewusstlos am Boden gelegen und die jüngste Tochter habe gefragt, ob der Papa jetzt tot ist? Mit dem Rettungshubschrauber ist er in das nächstgelegene Krankenhaus gebracht worden. Er liegt auf der Intensivstation, sein Zustand sei über Nacht stabil gewesen, eine Operation ist zurzeit wegen der schwachen Lungenfunktion nicht möglich. Sie weint noch mehr. Vor den Kindern bleibt sie tapfer, ein Besuch mit den Kindern im Krankenhaus sei wegen des schlechten Gesundheitszustands nicht möglich.   
 
Bei unserer Anreise haben wir der Notarzthubschrauber aus dem Tal fliegen gesehen. Das Hubschrauberdröhnen in den Bergen gilt im Winter den gestürzten Skifahrern und im Sommer den abgestürzten Bergsteigern.
 
Kein schöner Tag.